Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-108992/10/Br/Gam

Linz, 19.05.2003

 

 VwSen-108992/10/Br/Gam Linz, am 19. Mai 2003

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 31. März 2003, VerkR96-5331-2001/OJ/NC, nach der am 19. Mai 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten-beiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51e Abs.2 Z1 VStG.

Zu II: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider die Berufungswerberin gemäß § 99 Abs.3 lit.a iVm § 58 Abs.1 1. Satz StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 218,02 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt und ihr zur Last gelegt, sie habe am 29.10.2001 um 16.50 Uhr den Kombi, mit dem Kennzeichen, im Gemeindegebiet O, auf der H in Richtung T, in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung gelenkt, in welchem sie ein Fahrzeug nicht zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften nicht zu befolgen vermochte, da sie im übermüdeten, erregten und durch Krankheit beeinträchtigten Zustand das Fahrzeug gelenkt habe.

1.1. Die Behörde erster Instanz folgte in ihrer Entscheidung im Ergebnis der Bewertung des Meldungslegers, wonach schon dieser vorerst den körperlichen Zustand der Berufungswerberin dahingehend beurteilte, dass deren Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt gewesen sein könnte. Dies habe der Meldungsleger, BezInsp. K, in der blassen Gesichtsfarbe, der trägen Pupillenreaktion, in der erregten Stimmung, im Zittern der Hände, den geröteten Bindehäuten zu vermuten geglaubt. In weiterer Folge um 18.15 Uhr sei die Fahruntauglichkeit durch eine Amtsärztin festgestellt worden.

2. Die Berufungswerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis binnen offener Frist Berufung. Sie verwies darin im Ergebnis auf ihr Einspruchsvorbringen vom 13.12.2001. Im Detail führte sie Folgendes aus:

"Zum Ergebnis der Beweisaufnahme möchte ich anmerken, dass ich meinen Einspruch vom 13.12.01 vollinhaltlich aufrecht erhalte, da dieser sowohl inhaltlich sowie in der Zeitabfolge vollständig der Wahrheit entspricht. Weiters möchte ich anmerken:

 

1. Dies war meine zweite Verkehrskontrolle

 

2. Zur Zeugenaussage des Herrn Inspektor K habe ich anzumerken dass: er keine allgemeine Fahrzeugkontrolle abhielt sondern ausschließlich auf mich wartete (mein Fahrzeug ist leicht zu erkennen, da ich auf Grund meiner beruflichen Tätigkeit das Firmenlogo V S H und H, dazu noch ein H, auf der Motorhaube habe, welches auch aus größerer Entfernung zu erkennen ist). Noch dazu fuhr besagter Gendarmeriewagen als ich zur Musikschule fuhr vor mir und es wurde weder an dieser noch an einer anderen Stelle Verkehrskontrollen durchgeführt. Der Vordermann wurde als er stehen blieb sofort weiter gewunken, es wurde weder vor noch nach mir ein Fahrzeug kontrolliert. Bei der angeblichen Fahrzeugkontrolle war nur ein Gendarm anwesend obwohl doch bei Fahrzeugkontrollen immer zwei dabei sind. Die Kontrolle wurde an einem Ort durchgeführt an dem seit den zwölfeinhalb Jahren in denen ich in O wohne noch nie eine Kontrolle statt fand da dieser Platz nicht besonders geeignet ist, der Platz bietet aber Gelegenheit jederzeit meinen Heimweg zu überprüfen.

 

3. Mein Fahrtempo betrug vom Kreisverkehr kommend höchstens 30 kmh und selbst als mein Vordermann bremste um den Gendarmeriewagen einfahren zu lassen betrug mein Abstand mind. 8 m. Es war mir also jederzeit möglich rechtzeitig anzuhalten

 

4. Zu den Angaben über die Verwahrung der Kinder ist anzufügen dass ich und meine Kinder wie bereits erwähnt nicht für einen Aufenthalt im Freien angezogen waren, es war der 29.10.01 17 Uhr und ziemlich kalt, Frau M transportierte bereits 2 ihrer eigenen Kinder auf dem Rad und es erschien mir Verantwortungslos ihr nun auch noch meine 3 Kinder mitzugeben. Sie hätten dann alle zu Fuß ohne ausreichende Bekleidung nach Hause gehen müssen.

 

5. Die Freiwilligkeit meiner Harnabgabe bestand darin, dass dies die einzige Möglichkeit war, meinen Führerschein wieder zu bekommen. Ich hätte zwar den Posten verlassen können, dies wäre aber einer Verweigerung der Amtsärztlichen Untersuchung gleichgekommen. Als ich nach mehreren Versuchen noch immer nicht urinieren konnte, trank ich bei der Wasserleitung einen Schluck Wasser, da ich hoffte dies würde helfen. Als der Inspektor dies bemerkte brachte er mir ein Glas lauwarmes Wasser in einem Becher. Ich trank diesen und versuchte es ein weiteres mal, da es nicht half überreichte mir der Inspektor nochmals einen weiteren Becher Wasser. Als dies wieder nicht nützte ersuchte ich darum zum Amtsarzt zu fahren, da es bereits ziemlich spät war, die Kinder aber noch Abendessen sollten und dann ins Bett müssen und wir zu diesem Zeitpunk bereits über eine Stunde in Polizeigewahrsam waren. Keines Falls lag es in meiner Absicht irgendetwas hinauszuzögern, denn auch im Sinne meiner Kinder wollte ich die Angelegenheit so rasch als möglich geklärt wissen.

 

6. Die Angabe, dass ich am heutigen Abend auf Grund der Vorkommnisse selbst nicht mehr Autofahren möchte, machte ich nur gegenüber der Amtsärztin, nicht gegenüber dem Gendarmen. Zu den Angaben der Amtsärztin Frau Dr. M ist hinzuzufügen:

Es schockiert mich zu tiefst, dass Frau Dr. M in ihrer Stellungnahme angibt ich wäre nicht in der Lage gewesen die Sorgfaltspflicht über meine 3 (bei der amtsärztlichen Untersuchung waren nur 2 meiner Kinder anwesend) Kinder zu übernehmen. Weiters wundert es mich, dass die durchgeführten Tests nun derart negativ beurteilt werden, da mir Frau Dr. M unmittelbar nach der Untersuchung mitteilte: "dass alles in Ordnung sei und sie sehr gut verstehe, dass ich auf Grund der vorangegangenen Erlebnisse aufgeregt bin". Die Untersuchung beinhaltete den Finger Nasen Test, dann wurde mir mit einer Lampe in die Augen geleuchtet und ich musste mich mit geschlossenen Augen drei mal im Kreis drehen und anschließend auf einem Bein stehen. Dabei wackelte ich etwas, die Ärztin meinte aber da passe schon so. Ich wurde neuerlich zum Urintest aufgefordert, konnte aber leider wieder nicht urinieren. Daraufhin erhielt ich wieder ein Glas Wasser. Da dies wieder nicht half wurde ich gefragt ob ich bereit wäre Blut abzugeben. Ich teilt der Amtsärztin daraufhin meine große Angst vor Spritzen mit, worauf sie mir entgegnete: "ein Bluttest wäre auch nicht unbedingt nötig, ich solle draußen warten. Nach ca. 5 min. wurde ich wieder hineingeholt und es wurde mir mitgeteilt: "dass keine Beeinträchtigung festgestellt werden konnte, sie mich aber auf Grund meines zu diesem Zeitpunkt geschwächten Zustandes für den heutigen Abend fahruntauglich schreibt'. Ich entgegnete dass ich heute sowieso nicht mehr Autofahren möchte, bedankte mich und ging hinaus. Dann wurde der Gendarm in die Ordination gerufen und nach weiteren ca. 10 min. wurde ich von der Gendarmerie wieder zurück nach O gebracht. Zu meinem angeblich stark reduzierten Zustand auf Grund meines Gewichts muss ich anmerken, dass ich seit 20 Jahren das selbe Gewicht habe und mich weder mein Hausarzt noch ein Amtsarzt jemals deswegen in irgendeiner Form beanstandete.

Als ich am nächsten Tag 30.10.01 telefonisch bei der BH Urfahr erfuhr, dass ich meinen Führerschein erst nach einer neuerlichen amtsärztlichen Untersuchung wieder ausgefolgt bekommen würde überraschte mich dies natürlich. Ich rief daraufhin bei Fr. Dr. M an und schilderte ihr die Tatsachen worauf sie mir entgegnete: "sie habe nur die Fahruntauglichkeit für den gestrigen Abend verfügt und könne sich ein derartiges Vorgehen der Exekutive nicht erklären, sie sei aber gerade mitten in einer Wundversorgung und könne mir jetzt keine weiteren Auskünfte geben, ich soll doch nochmals mit dem zuständigen Herrn auf der BH Urfahr telefonieren um die Sache abzuklären".

Meine Angaben wurden auch in einem Gedächtnisprotokoll, welches ich am 29.10.01 unmittelbar nach der Amtshandlung zuhause anfertigte, festgehalten.

Ich beantrage abermals das Verfahren einzustellen."

3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19. Mai 2003. Anlässlich dieser Berufungsverhandlung wurde die Berufungswerberin als Beschuldigte gehört. Der als Zeuge geladene RevInsp. K konnte urlaubsbedingt den Termin nicht wahrnehmen. Ebenfalls wurde der von der Amtsärztin erhobene klinische Befund und die daraus gezogene Schlussfolgerung sowohl durch die Anhörung der Amtsärztin Dr. M als sachverständige Zeugin, sowie der Einholung einer gutachterliche Stellungnahme von der medizinischen Amtssachverständigen der Sanitätsdirektion des Landes , Frau Dr. H, im Rahmen der Berufungsverhandlung.

Auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

4. Der sich schon aus der Aktenlage ergebende Sachverhalt wurde im Rahmen des Beweisverfahrens als erwiesen erachtet:

4.1. Zum Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens wird eingangs festgestellt, dass mit der Strafverfügung vom 4.12.2001 der Berufungswerberin im Punkt 2. auch noch die Unterschreitung des Mindestabstandes zum Vorderfahrzeug (§ 18 Abs.1 StVO) und im Punkt 3. die nicht vorschriftsmäßige Beförderung der Kinder (§ 106 Abs.1a KFG) zur Last gelegt wurde, wofür eine Geldstrafe von (damals) 1.000 S und 3.000 S verhängt wurden. Mit Aktenvermerk vom 26.3.2003 wurde der Punkt 2. mangels zweifelsfreier Beweisbarkeit nach § 45 Abs.1 VStG eingestellt und zum Punkt 3. eine Ermahnung ausgesprochen.

4.1.1. Die Berufungswerberin lenkte am 29.10.2001 um 16.50 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet von O , wobei sie ihre Kinder von der etwa 500 m von ihrem Wohnort entfernten Musikschule abholte. Dabei soll sie laut Angabe des Meldungslegers im oder nach einem Kreisverkehr in "sehr kurzem Abstand" zum Vorderfahrzeug gefahren sein. Die Fahrgeschwindigkeit und der konkrete Abstand zum Vorderfahrzeug lässt sich der Anzeige jedoch nicht entnehmen. Der Meldungsleger wurde im Zuge seiner fernmündlichen Ankündigung der urlaubsbedingten Verhinderung vom zuständigen Mitglied hinsichtlich der Fahrgeschwindigkeit und des Nachfahrabstandes beiläufig befragt. Er gab an diesbezüglich keine Angaben (mehr) machen zu können.

Die Berufungswerberin erklärte, sie habe damals vier Kinder im Fahrzeug mitgeführt, jedoch keine entsprechenden Rückhalteeinrichtungen verwendet. Nach der Anhaltung ca. 100 m nach dem Kreisverkehr, wobei sie im Kreisverkehr vielleicht
10 km/h und danach maximal 30 km/h schnell gefahren sei, habe sie einen "normalen" Sicherheitsabstand zum Vorderfahrzeug eingehalten. Diesbezüglich sei in der Folge das Verfahren gegen sie auch eingestellt worden. Der Gendarmeriebeamte habe den Lenker des Vorderfahrzeuges zum Weiterfahren aufgefordert, sie jedoch einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen. Hinsichtlich der Nichtverwendung der entsprechenden Rückhaltevorrichtungen (Gurten) sei sie zur Bezahlung eines Organmandates bereit gewesen. Der Gendarmeriebeamte habe jedoch gemeint es bestehe bei ihr der Verdacht einer Alkoholisierung und sie müssen auf den Posten mitkommen. Während auf das Eintreffen eines angeforderten Dienstfahrzeuges gewartet wurde, habe über ihre Verständigung die Mutter des bei ihr mitfahrenden Kindergartenkindes dieses noch mit dem Fahrrad vom Anhalteort abgeholt.

In weiterer Folge sei am Gendarmerieposten O ein negativ verlaufener Alkotest absolviert worden. Dem nachfolgend geforderten Harntest konnte sie physisch nicht erbringen. Dies auch nicht nach dem Konsum eines oder mehrer Gläser Wasser. Sie habe schließlich selbst gebeten einem Amtsarzt vorgeführt zu werden um die Zeit der Anhaltung zu verkürzen. Durch das lange Warten und die damit einhergehenden Strapazen sei sie jedoch in einen Zustand gelangt, dass sie sich selbst nicht mehr fahrtüchtig fühlte.

Diese Darstellung steht durchwegs auch im Einklang mit der Anzeige.

Der Meldungsleger vermeinte bei der Berufungswerberin nach der Anhaltung einen übermüdeten, erregten und die Fahrtauglichkeit beeinträchtigenden Zustand feststellen zu können. Die Berufungswerberin wäre aus diesem Grund auf den Gendarmerieposten O verbracht worden, wo um 17.21 Uhr eine Atemluftuntersuchung mit einem Ergebnis von 0,0 mg/l durchgeführt wurde. Ebenfalls wurde die Berufungswerberin zu einer Harnabgabe aufgefordert und folglich zu einer klinischen Untersuchung der Amtsärztin Dr. M vorgeführt. Diese stellte um 18.15 Uhr wegen Übermüdung, Krankheit und Erregung eine Fahruntauglichkeit fest, wobei sich aus dem verwendeten Erhebungsblatt zur Feststellung von Suchtgiftbeeinträchtigungen keine nachvollziehbaren Angaben entnehmen lassen inwiefern dieser Zustand bereits zum Lenkzeitpunkt bestanden hat. Die handschriftlichen Anmerkungen der Amtsärztin auf diesem Erhebungsblatt entbehren letztlich einer nachvollziehbaren fachlichen Schlussfolgerung im Hinblick eine Rückschließbarkeit der Fahruntauglichkeit auch zum Lenkzeit.

Die untersuchende Amtsärztin räumt dies im Rahmen der Berufungsverhandlung letztlich auch selbst ein. Sie erklärt den Wortlaut der unleserlichen handschriftlichen Anmerkungen, welche sich auf die sogenannte Rhombergprobe und den klinischen Befund bezogen. Gleichzeitig vermeinte die Zeugin unter Hinweis auf ihre 30-jährige Erfahrung als Amtsärztin, ohne jedoch diesbezüglich sachliche Aspekte ins Treffen zu führen, sie könne sich nicht vorstellen, dass sich die Berufungswerberin zum Zeitpunkt des Lenkens in einem wesentlich besseren Zustand befunden hätte. Dies vermag jedoch nicht zu überzeugen, sondern belegt vielmehr das damit die Amtsärztin der Beweiswürdigung der Behörde vorgreift. Wenig in der Sache überzeugen vermochte die Amtsärztin auch damit, wenn sie es als unverantwortlich zu erachten vermeinte, dass die Berufungswerberin in diesem Zustand mit ihren Kindern unterwegs war. Sollte sie sich dadurch in ihrem Kalkül leiten haben lassen, wäre diese Wertung eines Verhaltens den ausschließlichen Auftrag der Feststellung der Fahrtauglichkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt jedenfalls überschießend.

Die dem Verfahren beigezogene Amtssachverständige Frau Dr. H vertrat hierzu die fachliche Auffassung, dass hier ein Rückschluss auf einen klinischen Zustand auf einem Zeitpunkt von eineinhalb Stunden vor einer entsprechenden Untersuchung und einem sich dabei ergebenden - hier die Fahruntauglichkeit iSd § 58 Abs.1 StVO bedingenden - Zustand, nur schwer und wohl nicht in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit möglich wäre.

Dieser Auffassung schließt sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat mit der Überzeugung an, dass schon aus der Anzeige kaum nachvollziehbare Anhaltspunkte auf eine Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit abgeleitet werden können. Die Berufungswerberin holte ihre Kinder von der nahe gelegenen Musikschule ab und befuhr einen Kreisverkehr. Schon der als Begründung der Anhaltung genannte Grund erfüllte letztlich nicht den vorgeblichen Tatbestand, weil er bereits von der Behörde erster Instanz zur Einstellung gebracht wurde. Demnach kann der Berufungswerberin kein fehl- oder verkehrsinadäquates Fahrverhalten vorgeworfen werden. Damit entfällt ein weiteres und vor allem das tragende Indiz einer fehlenden Fahrtauglichkeit.

Durchaus der Lebensnähe entspricht es jedoch, dass nach einer fast zweistündigen Anhaltung am Gendarmerieposten bei der körperlich zierlichen Berufungswerberin Erscheinungen auftreten konnten, die die Amtsärztin zu ihrem Kalkül der Fahruntauglichkeit kommen ließen. Die räumte sogar die Berufungswerberin selbst ein. Dies kann aber keinesfalls als tauglicher Beweis der Fahruntauglichkeit fast zwei Stunden vorher herhalten. Dies wird letztlich auch sachverständig klar bestätigt, ja musste letztlich selbst die Amtsärztin Dr. M auf den Lenkzeitpunkt bezogen einräumen.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Der § 58 Abs.1 StVO lautet: Unbeschadet der Bestimmungen des § 5 Abs. 1 darf ein Fahrzeug nur lenken, wer sich in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befindet, in der er ein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermag. Sind diese Voraussetzungen offenbar nicht gegeben, so sind die Bestimmungen des § 5b sinngemäß anzuwenden.

Tritt eine die Beherrschung eines Fahrzeuges ausschließende körperliche und geistige Verfassung erst nach Antritt der Fahrt auf, so hat der Betroffene die Fahrt sofort zu unterbrechen. Der Nachweis, dass - durch welche Umstände auch immer der bevorstehende Anfall schon vor Antritt der Fahrt bekannt gewesen sein könnte oder zumindest zu ahnen gewesen wäre, konnte hier nicht in Ansätzen und noch weniger mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit erbracht werden, sodass ihr auch nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass sie sich zum Zeitpunkt des Antrittes der Fahrt in einer nicht entsprechenden körperlichen und geistigen Verfassung befunden hat (vgl. etwa h. Erkenntnis vom 30.4.1992, VwSen-100301/4/Weg). Zu ermüdungsbedingten Einflüssen iSd. zit. Rechtsvorschrift (VwGH 26.2.1968, 1768/67, ZVR 1969/52; zur körperlichen und geistige Nichteignung, VwGH 14.9.1965, 36/65, ZVR 1966/150, sowie UVS Kärnten v. 17.4.1991, Senat-KS-91-003).

Es war daher der Berufung Folge zu geben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gegen die Berufungswerberin einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Klinische Untersuchung, Rückschluss auf Lenkzeit

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum