Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109008/19/Bi/Sta

Linz, 06.11.2003

 

 

 VwSen-109008/19/Bi/Sta Linz, am 6. November 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M, vom 5. Mai 2003 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 25. April 2003, VerkR96-8343-2002-Hol, wegen Übertretung der StVO 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 7. Oktober und 4. November 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 2. Alt. und 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.2 iVm 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.250 Euro (2 Wochen EFS) verhängt, weil er am 28. November 2002 um 00.35 Uhr den LKW der Marke Honda Civic mit dem amtlichen Kennzeichen
im Gebiet der Gemeinde A im Ortsgebiet M aus Fahrtrichtung Reichersberg kommend in Fahrtrichtung S bis auf Höhe des Hauses, gelenkt und sich anschließend gegenüber einem Bundesgendarmerieorgan des GP Antiesenhofen (und daher gegenüber einem ermächtigten und hiezu besonders geschulten Organ der Straßenaufsicht), welcher ihn dort im Rahmen einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten gehabt habe, nach Aufforderung um 00.40 Uhr des 28. November 2002 bis 1.04 Uhr des 28. November 2002 am GP Antiesenhofen geweigert habe, seine Atemluft mit dem dort befindlichen Atemalkoholmessgerät nach seiner Verbringung dorthin auf Grund der bei ihm vorgelegenen Alkoholisierungsmerkmale (starker Alkoholgeruch, schwankender Gang, lallende Aussprache und leichte Bindehautrötung) untersuchen zu lassen, da er trotz vier Blasversuchen kein gültiges Messergebnis zustandegebracht habe und weitere Blasversuche mit der Bemerkung, er hätte geblasen, wenn das Gerät nicht gehe, sei ihm das egal, er werde nicht noch einmal blasen und jetzt heimgehen, abgelehnt habe, weshalb er sich trotz Vorliegen der in
§ 5 Abs.2 StVO 1960 genannten Voraussetzungen geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 125 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 7. Oktober und
4. November 2003 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, des Behördenvertreters Herrn A und der Zeugen RI Rund RI H durchgeführt. Weitere Beweismittel wurden anschließend eingeholt.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei vom Meldungsleger Rl R (Ml) nicht aufgefordert worden, weitere Untersuchungen mit einem anderen Alkomaten bei einem anderen GP durchführen zu lassen. Unter Hinweis auf die Niederschrift vom 17. März 2003 macht er weiters geltend, der Alkotest beim GP A habe kein verwertbares Ergebnis erbracht, sodass er selbst eine Blutabnahme und weitere Blasversuche vorgeschlagen habe. Der Ml sei auf sein Angebot der Blutabnahme aber nicht eingegangen und habe selbst gesagt, es sei sinnlos, weitere Blasversuche zu absolvieren. Ihm sei vielmehr angekündigt worden, er würde heimgefahren werden, was dann auch geschehen sei. Er sei sich keiner Übertretung bewusst, insbesondere auch keines Verweigerungsdeliktes, sodass er Verfahrenseinstellung beantrage.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, Einholung der relevanten Serviceberichte des verwendeten Atemalkoholmessgerätes sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und der Ml sowie der bei der Amtshandlung anwesende Zeuge unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw lenkte am 28. November 2002 um ca 00.35 Uhr den Kombi auf der Reichersberger Landesstraße 512 im Ortsgebiet Mitterding in Richtung Suben und hatte sein Fahrzeug mit laufendem Motor am Straßenrand nach der Abzweigung nach A abgestellt, als die beiden Gendarmeriebeamten auf ihrer Streifenfahrt auf ihn aufmerksam wurden. Bei der Lenker- und Fahrzeugkontrolle gewannen beide Zeugen den Eindruck, dass sich der Bw in einem erheblich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinde, was dieser in der Verhandlung gar nicht abstritt, zumal er von einem Gasthaus gekommen sei und zuvor Alkohol konsumiert habe.

 

Der Auforderung des Ml, zur Durchführung eines Alkotests im Gendarmeriefahrzeug zum GP Antiesenhofen mitzufahren, leistete der Bw Folge, worauf er zum GP gebracht und dort dezidiert vom für solche Amtshandlungen speziell geschulten und behördlich ermächtigten Ml über die genaue Durchführung des Alkotests belehrt wurde.

Der Alkotest wurde mit dem beim GP Antiesenhofen befindlichen Atemlufttestgerät Dräger Alcotest 7110 A, SerienNr. ARLM-0073 durchgeführt, wobei sich aus den Messstreifen ersehen lässt, dass der Bw zunächst um 00.58 Uhr einen Fehlversuch wegen unkorrekter Atmung absolvierte, dann aber um 00.59 Uhr einen "relevanten Messwert" von 0,95 mg/l erzielte. Es wurde daraufhin ohne Zutun des Bw oder des Ml ein Messstreifen ausgedruckt, der den Vermerk "Probe nicht verwertbar - Messung(en) nicht verwertbar" aufweist.

Nach der neuerlichen Aufforderung zu einem weiteren Alkotest erfolgte um 1.03 Uhr wieder ein Fehlversuch wegen zu kurzer Blaszeit und um 1.04 Uhr wieder ein "relevanter Messwert" von 0,94 mg/l AAG. Daraufhin wurde erneut ein Messstreifen ohne Zutun des Bw oder des Ml ausgedruckt.

 

Der Ml betonte in der mündlichen Verhandlung, er habe zunächst gemeint, der Bw habe das Ausdrucken ausgelöst und ihn deshalb nochmals aufgefordert. Der Bw habe sich aber dazu zu weit vom Gerät entfernt befunden. Beide Zeugen haben bestätigt, dass sich der Bw beim Alkotest "gespielt" habe, RI H hat angegeben, der Bw habe schon nach der halben Blaszeit - dies sei beim Dräger-Gerät durch das Aufleuchten von Sternchen am Display ersichtlich - zu blasen aufgehört. Nach den Aussagen beider Zeugen sei der Bw auch immer frecher geworden und habe ständig den GP verlassen wollen.

 

Der Bw hat ausgesagt, ihm sei mitgeteilt worden, es sei kein richtiger Wert zustande gekommen, die erzielten Messungen seien jedenfalls nicht verwertbar. Die Zeugen hätten sich nach seinem Eindruck beraten, er habe aber nicht verstanden, worüber sie gesprochen hätten. Er habe schließlich eine Blutabnahme vorgeschlagen, was vom Ml mit der Bemerkung abgelehnt worden sei, das habe keinen Sinn. Die vier Blasversuche seien als Verweigerung des Alkotests gewertet und ihm sofort der Führerschin abgenommen worden. Er sei nie aufgefordert worden, mit einem anderen Gerät bei einem anderen Gendarmerieposten noch einen Alkotest zu absolvieren.

Der Ml und auch der RI H konnten sich nicht erinnern, dass der Bw zu einem neuen Alkotest beim GP Obernberg - RI H hätte den do Schlüssel gehabt - aufgefordert worden wäre oder dass bei der Amtshandlung von einer Blutabnahme die Rede gewesen wäre. Da der Bw die Auffassung vertrat, er könne nichts dafür, wenn das Gerät kaputt sei, und werde nicht noch einen Blasversuch machen und im Übrigen wolle er heim gehen, überlegten die Zeugen, den Bw heimzubringen, um die mögliche Verursachung eines Unfalls in seinem Zustand auszuschließen. Der Bw wurde schließlich im Gendarmeriefahrzeug heimgebracht.

Beide Zeugen betonten, der Zustand des Bw sei als der einer starken Alkoholbeeinträchtigung eingeschätzt worden, wobei die "relevanten Werte" von 0,95 mg/l bzw 0,94 mg/l AAG durchaus mit dieser Einschätzung übereingestimmt hätten.

 

Der Servicebericht der Fa Dräger vom 6. August 2002, also vor dem Vorfallstag
28. November 2003, ergab keine Auffälligkeiten. Der Servicebericht vom 12. Februar 2003, also nach dem Vorfall, ergab jedoch einen Gerätefehler "Error 72", der eine Reparatur des Gerätes und eine Neujustierung der Sensoren erforderte.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen ...

Gemäß § 5 Abs.2 2. Satz Z1 leg.cit. sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht (außerdem) berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Zunächst ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für eine Aufforderung zum Alkotest insofern vorgelegen haben, als der Bw als Lenker eines Fahrzeuges auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr - zum Zeitpunkt der Beanstandung bei der Inbetriebnahme - feststand, wobei er erhebliche Alkoholisierungssymptome aufwies, die er auch nicht bestritten hat, weil er tatsächlich zuvor in einem Gasthaus Alkohol konsumiert hat. Der Ml war für Amtshandlungen gemäß § 5 StVO besonders geschult und behördlich ermächtigt.

Bei RI Häring hat sich in der Verhandlung ergeben, dass er zwar bei der Amtshandlung anwesend war, aber weniger mit Alkoholamtshandlungen befasst ist, sondern ihm kriminalpolizeiliche Agenden obliegen. Er war auch bei konkreter Befragung in der Verhandlung nicht in der Lage, die Funktionstüchtigkeit des Atemalkoholmessgerätes, insbesondere anhand der Messstreifen, zu deuten.

Auf der Grundlage der Zeugenaussage des Ml, der vorliegenden Messstreifen und des Serviceberichtes vom 12. Februar 2003 war zweifelsfrei davon auszugehen, dass das verwendete Atemluftalkoholmessgerät defekt war.

Eine Blutabnahme wurde nicht in Erwägung gezogen - da es sich nicht um eine in der Person des Probanden gelegene Unmöglichkeit des Tests im Sinne des § 5 Abs.5 Z2 StVO handelte, war eine solche auch nicht vorgesehen - und eine Aufforderung, zum beim GP befindlichen Atemluftalkoholmessgerät mitzukommen und dort einen neuerlichen Alkotest zu absolvieren, wurde an den Bw offenbar nicht gestellt - diesbezüglich stimmen die Aussagen der Zeugen und des Bw überein.

 

Eine weitere Durchführung von Blasversuchen mit dem defekten Gerät beim GP Antiesenhofen hätte nie ein Ergebnis erbracht (vgl VwSen-108360/5/Bi/Ri vom
5. August 2002: hier wurden bei einem augenscheinlich gleichgearteten Gerätedefekt bei 10 Blasversuchen 10 Messprotokolle, jeweils nach nur einem "relevanten Messwert" ohne jedes Zutun, ausgedruckt). Sollte daher an den Bw eine weitere Aufforderung, mit dem selben Gerät weitere Blasversuche zu absolvieren, ergangen sein - die "Angaben des Verdächtigen" laut Anzeige "ich habe geblasen; wenn das Gerät nicht geht, ist mir das egal. Ich blase nicht noch einmal. Ich gehe jetzt heim." wurden vom Behördenvertreter in dieser Weise gedeutet - so stellt sein Verhalten keine Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung dar, ebenso wenig kann ihm das Nichtzustandebringen eines verwertbaren Messergebnisses (siehe Straferkenntnis) beim verwendeten defekten Gerät zur Last gelegt werden, weil er zwei ordnungsgemäße Blasversuche absolviert hat, die letztlich vom Gerät aus unklaren technischen Gründen nicht verwertet wurden.

 

In der Verhandlung vom 4. November 2003 wurde vereinbart, das Verfahren nach Einholung der Serviceprotokolle schriftlich weiterzuführen. Aus den eingeholten Serviceprotokollen ergibt sich aber in Verbindung mit den Zeugenaussagen eindeutig und zweifelsfrei, dass das Verfahren auf dieser Grundlage einzustellen ist. Eine weitere schriftliche Wahrung des Parteiengehörs konnte daher aus Kostenüberlegungen entfallen.

Es war daher gemäß § 45 Abs.1 Z1 2.Alt. VStG spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß keine Verfahrenskostenbeiträge vorzuschreiben waren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 
 

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