Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109029/8/Fra/Ka

Linz, 23.07.2003

 

 

 VwSen-109029/8/Fra/Ka Linz, am 23. Juli 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn WL, vertreten durch die Herren Rechtsanwälte Dr. JL und Dr. EW gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 17.4.12003, VerkR-320/03, betreffend Übertretung des § 82 Abs.1 StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 3.7.2003 iVm einem Lokalaugenschein, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen. Die Geldstrafe wird mit 100 Euro neu bemessen. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden festgesetzt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten. Der Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren beträgt 10 % der neu bemessenen Geldstrafe, ds 10 Euro.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; §§ 16 und 19 VStG .

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:
 

I.1. Der Bürgermeister der Stadt Steyr hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 82 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.d leg.cit. eine Geldstrafe von 500 Euro (EFS 72 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma W in verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten hat, dass durch die oa Firma am 11.3.2003 auf der öffentlichen Verkehrsfläche vor dem Hause ein Schanigarten aufgestellt wurde und somit die dortige öffentliche Verkehrsfläche benützt wurde, ohne dass die oa Firma die für diese Benützung einer öffentlichen Verkehrsfläche notwendige Bewilligung des Magistrates Steyr (als zuständige Behörde) besessen hätte. Da die Benützung von öffentlichen Verkehrsflächen nur mit Bewilligung der zuständigen Behörde (im ggst. Fall des Magistrates Steyr) erlaubt ist, stellt der oa Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung dar. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Umfang nach angefochten. Im Wesentlichen wird ausgeführt, es sei richtig, dass auf der Fläche vor dem Haus S, am 11.3.2003 - wie die Jahre zuvor - ein Gastgarten aufgestellt wurde. Unter dieser Adresse betreibe die W das Gastlokal "S". Er sei handels- und gewerberechtlicher Geschäftsführer. Er habe zwar gewusst, dass in der 11. Kalenderwoche 2003 dieser Gastgarten gemeinsam mit jenen anderer Gastgewerbebetriebe aufgestellt werden würde. Mit dem Vorgang des Aufstellens an sich hatte er bzw die W jedoch nichts zu tun, sondern erfolge dies vielmehr durch ein damit betrautes Unternehmen, welches die zerlegten Gastgärten auch über den Winter lagert. Mangels Verwirklichung des objektiven Tatbestandes scheide sohin eine Strafbarkeit nach den §§ 82 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.d StVO aus. Nach dieser Gesetzesstelle sei nicht jeder Verstoß gegen die Bestimmungen des X. Abschnittes der StVO ahnden. Lediglich Übertretungen, welche eine gegenüber jenen nach Abs.4 höhere Eingriffsintensität aufweisen, seien zu verfolgen. Dies sei bereits aus den unterschiedlichen Strafdrohungen zu schließen. Verstöße gegen Abs.4 beeinträchtigen hochwertige Rechtsgüter in erheblichem Ausmaß, geschützt werden insbesondere körperliche Integrität sowie Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs. Gegenständlich sei keine vergleichbare Intensität bzw die Verletzung eines gleichwertigen Rechtsgutes gegeben, eine Strafbarkeit scheide sohin aus. § 82 Abs.3 StVO 1960 sieht Ausnahmen von der Bewilligungspflicht nach Abs.1 vor. Nach lit.c sei eine derartige Bewilligung für eine gewerbliche Tätigkeit nicht erforderlich, die ihrem Wesen nach auf der Straße ausgeübt wird und deren Betriebsanlage genehmigt ist. Das Betreiben eines Gastgartens setze bereits per definitionem voraus, dass dieser im Freien und aufgrund der örtlichen Verhältnisse auf der Verkehrsfläche vor dem Gastlokal betrieben wird. Auch der VwGH habe im Erkenntnis Zl. 82/03/0076 die Meinung vertreten, der Betrieb eines Schanigartens bedürfe nach § 82 Abs.3 lit.c StVO 1960 keiner Bewilligung. Selbst wenn also davon ausgegangen werden sollte, dass der Tatbestand des § 82 Abs.1 StVO 1960 durch die W erfüllt sein sollte, sei eine Strafbarkeit nach Abs.3 ausgeschlossen. Der Bw beantragt die Durchführung eines Ortsaugenscheines, die Einvernahme des Anzeigeerstatters als Zeugen, seine Einvernahme, jeweils unter Anwesenheit seines Rechtsvertreters. Hilfsweise bekämpft der Bw die verhängte Geldstrafe in Höhe von 500 Euro. Er bringt vor, dass der Höchststrafe nach § 99 Abs.3 StVO 1960 726 Euro beträgt. Mit dem verhängten Strafbetrag wurde diese somit lediglich um ein Drittel unterschritten. Er sei verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten. Den Straf- und Präventivzwecken des VStG hätte eine Ermahnung mit Bescheid genügt. Ein Vorgehen nach § 21 VStG hätte jedenfalls ausgereicht, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. In eventu beantragt der Bw die Herabsetzung der verhängten Strafe. Er bringt vor, dass es sich um ein Ungehorsamsdelikt handelt und der Nichteintritt eines Schadens als mildernd zu berücksichtigen gewesen wäre. Als Grad des Verschuldens komme lediglich leichte Fahrlässigkeit in Betracht. Es seien ihm jene Bestimmungen der StVO 1960, auf welche im bekämpften Straferkenntnis Bezug genommen wird, nicht bekannt gewesen. Andererseits sei die Aufstellung der Gastgärten nicht von ihm veranlasst worden. Dass dies auch nicht über Auftrag der W erfolgte, sondern vielmehr lediglich mit deren (stillschweigendem) Einverständnis, habe er bereits geschildert. Abschließend beantragt der Bw die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle, die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf das gesetzliche Mindestmaß.

 

I.3. Der Bürgermeister der Stadt Steyr sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlasst und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG). Gemäß § 51e Abs.1 VStG war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Diese wurde am 3. Juli 2003 an Ort und Stelle durchgeführt.

 

I.4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Unstrittig ist, das an der gegenständlichen Örtlichkeit - auf einer öffentlichen Verkehrsfläche - zur angeführten Zeit ein Schanigarten aufgestellt war und unter dieser Adresse die W, deren handels- und gewerberechtlicher Geschäftsführer der Bw ist, das Gastlokal "S" betreibt. Wenn der Bw argumentiert, dass weder er noch die W mit dem Vorgang des Aufstellens etwas zu tun gehabt zu haben, sondern dies vielmehr durch ein damit betrautes Unternehmen erfolgt sei, weshalb die objektive Tatbestandsverwirklichung ausscheide, ist dem nicht zu folgen. Schließlich räumt der Bw selbst ein, dass die Aufstellung des Gastgartens mit stillschweigendem Einverständnis der W erfolgte. Der Bw hat sohin den ihm zur Last gelegten Tatbestand sowohl objektiv und weil er keine ausreichenden, die Fahrlässigkeitsvermutung des § 5 Abs.1 2. Satz VStG entkräftenden Gründe vorgebracht hat, auch subjektiv verwirklicht. Er ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der W und somit als zur Vertretung nach außen berufene Organ dieser GesmbH. Weder der Umstand, dass der Bw - wie er behauptet - die Aufstellung der Gastgärten nicht veranlasst habe, noch der Umstand, dass ihm jene Bestimmungen der StVO, auf welche das angefochtene Straferkenntnis Bezug nimmt, nicht bekannt waren, kann ihn von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung entlasten. Er hätte sich rechtzeitig über die hier maßgeblichen Rechtsvorschriften informieren müssen.

 

In weiterer rechtlicher Beurteilung ist auszuführen, dass das Aufstellen von Tischen, Stühlen, Sonnenschirmen udgl. auf dem Gehsteig beispielsweise vor einem Hotel (sog. "Schanigarten") einer Bewilligung gemäß § 82 Abs.1 StVO 1960 bedarf (VwGH 16.2.1983, 82/03/0076). Der Verkauf von Speisen aus dem Gastgewerbelokal auf die Straße hinaus ist keine gewerbliche Tätigkeit, die ihrem Wesen nach auf der Straße ausgeübt ist. Die Tätigkeit ist daher gemäß § 82 Abs.1 leg.cit. bewilligungspflichtig (VwGH vom 4.2.1994, 93/02/0219).

 

Die Berufung erwies sich daher hinsichtlich der Schuldfrage als unbegründet, weshalb sie abzuweisen war.

 

Strafbemessung:

 

Der gesetzliche Strafrahmen für die gegenständliche Verwaltungsübertretung beträgt 726 Euro. Die belangte Behörde hat diesen Strafrahmen zu rund 69 % ausgeschöpft. Als strafmildernd hat sie die völlige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw sowie dessen Geständnis gewertet. Erschwerende Umstände wurden nicht herangezogen. Die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bw wurden wie folgt angenommen: Monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.800 Euro, 500 Euro Sorgepflichten. Unter Zugrundelegung dieser Verhältnisse hat die belangte Behörde den Ermessensspielraum bei der Strafbemessung überschritten, weil eine Ausschöpfung des Strafrahmens von rund 69 % von ihrer Höhe her nicht als dem Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit Rechnung tragend einzustufen ist. Dazu kommt, dass im Verfahren keine erschwerenden Umstände zutage getreten sind und die Übertretung im Hinblick auf den spruchgegenständlichen Tatzeitraum (1 Tag) einen relativ geringen Unrechts- und Schuldgehalt aufweist. Der Oö. Verwaltungssenat kommt daher zur Auffassung, dass die nunmehr bemessene Geldstrafe, mit der der gesetzliche Strafrahmen zu rund 14 % ausgeschöpft wird, tat- und schuldangemessen sowie den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Bw (monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.800 Euro, 500 Euro monatlich Sorgepflicht für Tochter, Vermögen: Eigentumswohnung in Bad Ischl sowie Schulden) angepasst ist. Eine weitere Herabsetzung der Strafe ist aus den genannten sowie aus präventiven Gründen nicht vertretbar. Das Rechtsinstitut der Ermahnung konnte nicht Anwendung finden, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das tatbildmäßige Verhalten des Bw hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Dies wäre nach ständiger Judikatur des VwGH Voraussetzung für die Erteilung einer Ermahnung.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 
zu II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.
 
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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