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VwSen-109056/2/Kon/Rd/Ni

Linz, 04.11.2003

 

 

 VwSen-109056/2/Kon/Rd/Ni Linz, am 4. November 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung (hinsichtlich Spruchpunkte 4) bis 6) auf das Strafausmaß beschränkte Berufung) des H P, vertreten durch die Rechtsanwaltspartnerschaft GmbH, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 25.4.2003, S-31408/02-3, wegen mehrerer Übertretungen der EG-VO 3820/85 und EG-VO 3821/85, zu Recht erkannt:

I. a) Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses in diesen Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 zweiter Fall VStG eingestellt.

b) Hinsichtlich Faktum 2 wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

c) Der sich allein gegen das Strafausmaß richtenden Berufung betreffend die Fakten 4, 5 und 6 wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

 

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 60 Euro (10 % der bezüglich Fakten 2, 4, 5 und 6 verhängten Geldstrafen).

Insoweit der Berufung Folge gegeben wurde, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

Bezüglich des abweisenden Teils der Berufungsentscheidung (Spruchteil I b und c) ist ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 120 Euro (20 % der bezüglich oben angeführten Fakten verhängten Geldstrafen).
 
 


Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51c, 19 VStG sowie § 64 Abs.1 und 2 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß 1) Art.15 Abs.2 EGVO 3821/85, 2) Art. 15 Abs.3 EGVO 3821/85, 3) Art. 15 Abs.7 EGVO 3821/85, 4) Art. 6 Abs.1 EGVO 3820/85, 5) Art. 8 Abs.1 EGVO 3820/85 und 6) Art.7 Abs.1 EGVO 3820/85 für schuldig erkannt und über ihn Geldstrafen zu 1) 70 Euro, 2) 5) und 6) je 100 Euro, 3) 30 Euro und 4) 300 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 30 Stunden, 2) 5) und 6) je 46 Stunden, 3) 12 Stunden und 4) fünf Tagen verhängt.

 

Ferner wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet, insgesamt 70 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

 

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

 

"Sie haben am 25.7.2002 um 9.00 Uhr in Linz, D nächst der Kreuzung mit der M, wie auf dem dort befindlichen Parkplatz festgestellt werden konnte, als Lenker des Sattelzugfahrzeuges samt Sattelanhänger, H folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

1) Sie haben das Schaublatt vom 22.7/23.7.2002 über den dafür bestimmten Zeitraum von 24 Stunden hinaus verwendet.

2) Sie haben auf den Schaublättern vom 21.7./22.7., 22.7./23.7. und 24.7./25.7.2002 den Zeitgruppenschalter am Kontrollgerät nicht so bedient, dass die verschiedenen Zeitgruppen richtig aufgezeichnet werden.

3) Sie haben ein Schaublatt der laufenden Kalenderwoche 23.7/24.7.2002 nicht mitgeführt.

4) Sie haben die Tageslenkzeit von 9 bzw zweimal wöchentlich 10 Std. zwischen 2 täglichen Ruhezeiten von 21.7.2002, 22.00 Uhr bis 23.7.2002, 21.30 Uhr, um mehr als 14 Stunden überschritten.

5) Sie haben die tägliche Ruhezeit von 11 zusammenhängenden Stunden bzw dreimal pro Woche 9 zusammenhängende Stunden von 21.7.2002, 22.00 Uhr bis 23.7.2002, 21.30 Uhr, nicht eingehalten, da lediglich eine tägliche Ruhezeit am 22.7.2002 in der Zeit von 02.15 Uhr - 05.15 Uhr und am 23.7.2002 in der Zeit von 00.05 Uhr - 05.10 Uhr eingelegt wurde.

6) Sie haben die Unterbrechung der Lenkzeit nach 4,5 Stunden von 22.7. auf den 23.7.2002 nicht eingehalten, da Sie von 22.7.2002, 17.40 Uhr bis 23.7.2002, 00.05 Uhr das Sattelzugfahrzeug ohne Unterbrechung gelenkt hatten."

 

Hiezu führt die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, dass die Übertretung von einem besonders ausgebildeten und geschulten und zudem unter Wahrheitspflicht vor der Behörde aussagenden Polizeibeamten festgestellt worden sei. Zudem habe sich der Bw bereits anlässlich seiner Anhaltung am 25.7.2002 damit gerechtfertigt, dass es ihm bewusst sei, dass er zu viel und zu lange unterwegs sei. Sein Chef würde disponieren und er würde fahren was ginge. Die belangte Behörde wertete diese Aussagen als Schuldeingeständnis. Hinsichtlich des Nichteintragens des Namens und des Vornamens auf den Schaublättern hat die belangte Behörde von § 21 VStG Gebrauch gemacht.

 

Hinsichtlich Strafbemessung wurde im angefochtenen Straferkenntnis ausgeführt, dass die jeweils verhängten Geldstrafen dem Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretungen entsprechen, da es sich dabei um schwerwiegende Verstöße gegen die Sozialvorschriften der EU im österreichischen Kraftfahrrecht handle, dies deshalb, da bei Nichteinhaltung dieser Vorschriften bzw massive Überschreitungen oft Auslöser katastrophaler Verkehrsunfälle sind. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse konnten bei der Strafbemessung nur sekundär berücksichtigt werden.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde vom Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und darin ausgeführt, dass das angefochtene Straferkenntnis wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit angefochten werde. Zudem wurde das Einkommen des Bw richtiggestellt, und zwar beträgt dieses 15.600 S und nicht wie irrtümlich vom Bw mit 15.600 Euro angegeben wurde. Zu den jeweiligen Punkten wurde wie folgt begründend ausgeführt:

 

"Zu Punkt 1)

Die Zeitüberschreitung von 24 Stunden lässt sich nicht einwandfrei ablesen. Ferner handelt es sich dabei nur um einige Minuten, daher ist diese Überschreitung nur geringfügig und über den Tag hinaus nicht zu berücksichtigen.

Außerdem lässt sich dies dem Schaublatt nicht klar entnehmen. Daher hätte die Behörde im Zweifel für den Berufungswerber entscheiden müssen und wäre das Verfahren daher einzustellen gewesen.

Ferner liegt diesbezüglich eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, da das im Ermittlungsverfahren nicht eindeutig geklärt wurde.

 

Zu Punkt 2)

Der Berufungswerber hat angegeben, dass er den Zeitgruppenschalter irrtümlich nicht eingeschaltet hat. Diesbezüglich liegt ebenfalls Geringfügigkeit vor.

 

Zu Punkt 3)

Das Schaublatt wurde bei der Kontrolle nicht aufgefunden. Dieses muss jedenfalls im Auto gelegen sein, da der Berufungswerber ständig mit dem Lkw unterwegs war. In der Hektik hat er dieses nicht finden können. Diesbezüglich liegt ebenfalls Geringfügigkeit vor.

Sohin wird zu den Punkten 1) bis 3) nochmals ausgeführt, dass ein eindeutiger Nachweis der Verwaltungsübertretung nicht vorliegt, weiters diesbezüglich Geringfügigkeit vorliegt.

In den Punkten 4) bis 6) wird ausgeführt, dass bei der Strafbemessung die Einkommensverhältnisse (Verdienst ATS 15.600, weiters die Sorgepflichten für die geschiedene Gattin und zwei Kinder sowie die Zahlungsverpflichtungen (Darlehensrestschuld) bei der Strafbemessung zu berücksichtigen sind.

 

Aus all diesen Gründen stellt der Berufungswerber den

Antrag

hinsichtlich der Punkte 1) bis 3) das angefochtene Straferkenntnis zu beheben bzw wegen Geringfügigkeit einzustellen in eventu gemäß § 21 VStG von einer Strafe abzusehen.

Hinsichtlich der Punkte 4) bis 6) die Strafe entsprechend dem Unrechts- und Schuldgehalt herabzusetzen."

 

Nach Einsicht in den Verfahrensakt der belangten Behörde hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Zum stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung (Fakten 1 und 3 des Straferkenntnisses):

 

Zu den erstgenannten Punkten wird, um unnötige Wiederholungen grundsätzlich zu vermeiden, auf die einschlägige Judikatur des Oö. Verwaltungssenates diesbezüglich verwiesen (vgl. etwa VwSen-107992 vom 7. Jänner 2002, VwSen-108119 vom 25. März 2002, VwSen-107772 vom 10. April 2002, VwSen-108787 vom 13. März 2003 ua).

 

Wesentlich ist demnach, dass § 134 Abs.1 KFG 1967 nur Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung (EG) Nr. 3821/85 idFd Verordnung (EG) Nr. 3572/90, Abl. Nr. L 353 vom 17.12.1990, S 12, als Verwaltungsübertretung ausweist.

 

Die Verordnung (EG) Nr. 2135/98 vom 24.9.1998 trat am 10.10.1998 in Kraft und hat den Art. 15 Abs.2 bzw Abs.7 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 geändert. Mangels Novellierung des § 134 Abs.1 KFG ist das tatbestandsmäßige Verhalten des Bw nicht mit Strafe bedroht.

 

Es ist allerdings zu bemerken, dass die Berufungen in diesen Punkten alleine aus den in den erwähnten Entscheidungen begründeten formalen Erwägungen erfolgreich waren, auf der Sachverhaltsebene bestehen für den Oö. Verwaltungssenat keinerlei Zweifel daran, dass der Bw ansonsten auch diese Übertretungen zu verantworten hätte.

 

Zum abweisenden Teil der Berufungsentscheidung (Fakten 2, 5, 6 und 4 des Straferkenntnisses):

 

Zu Faktum 2:

Vom Bw wird Faktum 2 dem Grunde nach nicht in Abrede gestellt, vielmehr wird von ihm dahingehend ein Irrtum geltend gemacht.

Dieses Vorbringen vermag den Bw jedoch nicht zu exkulpieren. Es muss von jedem im gewerblichen Güterverkehr eingesetzten Fahrer erwartet werden, dass er der Bedienung des Zeitgruppenschalters die entsprechende Aufmerksamkeit widmet, um unzutreffende Aufzeichnungen auf dem Schaublatt hintanzuhalten.

Letztlich muss es auch im Interesse des Lenkers für die Dokumentation von Ruhezeiten und Lenkpausen gelegen sein, dass diese - deren tatsächliche Einhaltung vorausgesetzt - auch vom Gerät festgehalten werden.

 

Da der Bw in seiner Berufung hinsichtlich der Fakten 4 bis 6 ausdrücklich um Herabsetzung der verhängten Geldstrafen ersucht, ist der Schuldspruch diesbezüglich in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, auf allfällige inhaltliche Mängel im Spruch des Straferkenntnisses einzugehen.

 

Zur Strafbemessung ist zu bemerken:

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde, von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

Die von der belangten Behörde verhängten Geldstrafen bewegen sich einerseits jeweils im unteren Bereich des Strafrahmens gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 (bis zu 2.180 Euro). Sie entsprechen andererseits auch dem Unrechtsgehalt der vom Bw zu vertretenden Vergehen. Bei den einschlägigen Bestimmungen handelt es sich zum einen um solche, die im Interessen des Straßenverkehrs gelegen sind, bekanntermaßen kommt der Kontrolle der Einhaltung von Lenkzeiten durch Kraftfahrer eine immer größer werdende Bedeutung bei, zumal hier offenkundig, aus welchen Gründen letztlich auch immer, ein beträchtliches Potenzial zur Missachtung der Vorschriften gegeben ist. Zum anderen dienen sie auch dem Schutz des Fahrpersonals selbst, insbesondere davor, auf wirtschaftlichen Druck hin, insbesondere im Hinblick auf die Nichteinhaltung von Ruhezeiten, gesundheitlichen Schaden zu nehmen.

 

Wie aus dem Akt zu entnehmen ist, scheinen keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen auf, weshalb von der Unbescholtenheit des Bw auszugehen war. Sohin kam - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - dem Bw der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute, welcher Umstand jedoch bei der Strafbemessung der belangten Behörde - wenngleich nicht expressis verbis, so doch de facto - ihren Niederschlag gefunden hat.

 

Vom Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG musste Abstand genommen werden, weil die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen wie Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutende Folgen der Übertretung nicht als gegeben erachtet werden können. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Bw hinter dem in der Strafdrohung typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat erheblich zurückgeblieben wäre, welche Voraussetzung hier - siehe die obigen Ausführungen - nicht vorliegt.

 

Die vom Bw anlässlich der Berufungserhebung bekannt gegebenen persönlichen Verhältnisse des Bw (monatliches Einkommen von 15.600 S, Sorgepflichten bezüglich geschiedener Gattin sowie für zwei Kinder als auch Zahlungsverpflichtungen) konnten eine Strafherabsetzung dennoch nicht bewirken, weshalb hinsichtlich der Fakten 2, 4, 5 und 6 das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

 

Wie bereits die belangte Behörde in ihrem Straferkenntnis ausgeführt hat, besteht für den Bw die Möglichkeit, über einen begründeten Antrag um Ratenzahlung bzw Strafaufschub, bei der Bundespolizeidirektion Linz anzusuchen.

 

Zu II:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

 

Dr. Konrath

 
 

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