Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109097/3/WEI/An

Linz, 01.07.2004

 

 

 VwSen-109097/3/WEI/An Linz, am 1. Juli 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des V K, geb., M, M, vertreten durch Dr. H H, Mag. W B, Dr. G L, Rechtsanwälte in M, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 29. April 2003, Zl. VerkR 96-7906-2002, betreffend Abweisung des Antrags vom 12. Februar 2003 auf Aufhebung gemäß § 52a VStG und in eventu auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrags auf Anwendung des § 52a VStG bezieht, und im Übrigen als unbegründet abgewiesen.

 
Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 14. November 2002, Zl. VerkR 96-7906-2002, wurde der Berufungswerber (Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs 2 lit a) iVm § 99 Abs 3 lit a) Straßenverkehrsordnung 1960 schuldig erkannt und mit Geldstrafe von 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) bestraft, weil er am 2. September 2002 um 07.23 Uhr im Gemeindegebiet von Redlham auf der B 1 bei Strkm. 237, Fahrtrichtung Attnang-Puchheim, als Lenker des Pkws mit dem Kennzeichen auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet ist, verbotenerweise ein mehrspuriges Fahrzeug links überholt hat.

 

Diese Strafverfügung wurde für den Bw nach Ausweis des aktenkundigen Rückscheins (RSa-Brief) nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 26. und 27. November 2002 beim Postamt 4614 Marchtrenk hinterlegt und ab 28. November zur Abholung bereitgehalten. Die Einspruchsfrist von zwei Wochen ist am 12. Dezember 2002 ungenützt abgelaufen.

 

1.2. Dem vorgelegten Akt der belangten Behörde ist der EDV-Ausdruck vom 16. Oktober 2002 der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Zl. 171002245153 angeschlossen, aus dem eine Anzeige des Gendarmeriepostens Schwanenstadt betreffend den Pkw A grau, Kennzeichen, mit der Tatbeschreibung hervorgeht, dass der Lenker auf der B 1 im Überholverbotsbereich bei Strkm. 237 ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholte. Eine Anonymverfügung über 58 Euro wurde am 9. September 2002 verfügt.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 16. Oktober 2002, zugestellt am 22. Oktober 2002, an die S in G, O, erging die Aufforderung gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 an den Zulassungsbesitzer zur Bekanntgabe, wer das Fahrzeug auf der B1 bei km 237 am 2. September 2002 um 07.23 Uhr gelenkt hat. Dabei wurde auch auf die dem Lenker angelastete Verwaltungsübertretung hingewiesen.

 

Mit Antwortschreiben vom 22. Oktober 2002 gab die S der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck den Bw als Lenker des angefragten Fahrzeuges bekannt. Danach wurde das Strafverfahren gegen den Bw mit Schreiben vom 31. Oktober 2002 gemäß § 29a VStG der belangten Behörde als der Wohnsitzbehörde abgetreten. Diese erließ daraufhin die erwähnte Strafverfügung vom 14. November 2002.

 

2.1. Mit dem am 13. Februar 2003 bei der belangten Behörde rechtsfreundlich eingebrachten Schriftsatz vom 12. Februar 2003 beantragte der Bw die Aufhebung der Strafverfügung vom 14. November 2002 gemäß § 52a Abs 1 VStG, weil sie gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstoße. Dem Dienstgeber des Bw wäre wegen der gleichen Sache eine Anonymverfügung über 58 Euro zugestellt und dieser Betrag im Oktober 2002 eingezahlt worden.

 

Trotz Bezahlung der Anonymverfügung wäre dem Bw eine Strafverfügung wegen derselben Verwaltungsübertretung zugestellt worden. Einen Einspruch hätte er nicht vorgenommen, weil ihm nach Rücksprache mit der belangten Behörde sinngemäß mitgeteilt worden wäre, dass mit Bezahlung der Anonymverfügung die Angelegenheit erledigt und die Strafverfügung gegenstandslos wäre. Er habe dies so verstanden, dass die Strafverfügung keine Rechtswirkungen mehr entfalte. Zur Dokumentation seiner Angaben hätte der Bw dem zuständigen Sachbearbeiter der belangten Behörde den Einzahlungsbeleg über die 58 Euro übermittelt, wofür ihm dieser eigens die Telefaxnummer DW 415 genannt hätte. Umso erstaunlicher wäre, dass ihm dann die Zahlungsaufforderung vom 10. Jänner 2003 zugestellt worden sei, wonach er die Strafe von 72 Euro aus der Strafverfügung bezahlen sollte.

 

In eventu beantragt der Bw die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 71 AVG gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Einspruchs gegen die Strafverfügung. Begründend verweist der Bw auf die ihm angeblich erteilte Auskunft, dass durch Bezahlung der Anonymverfügung die Strafverfügung gegenstandslos sei. Der Einspruch wurde gleichzeitig mit der Begründung der unzulässigen Doppelbestrafung nachgeholt.

 

2.2. Die belangte Behörde hat daraufhin mit Schreiben vom 14. Februar 2003 den Akt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit dem Ersuchen übersendet zu überprüfen, ob tatsächlich eine Doppelbestrafung vorliegen könne. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck sendete mit Antwortschreiben vom 10. März 2003 den Verfahrensakt mit der Mitteilung zurück, dass nach Überprüfung eine eventuell auch verspätete Einzahlung der Anonymverfügung nicht festgestellt hätte werden können.

 

In weiterer Folge erging der angefochtene Bescheid vom 29. April 2003, zugestellt am 30. April 2003, mit dem die belangte Behörde den Antrag des Bw vom 12. Februar 2003 abwies.

 

Zur Nichtanwendung des § 52a VStG verwies die belangte Behörde begründend darauf, dass die Einzahlung der Anonymverfügung nach Erhebung bei der dafür zuständigen Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck nicht festgestellt werden konnte. Die Angaben im Antrag vom 12. Februar 2003 entsprächen nicht den Tatsachen, da ein Beleg über die Einzahlung der Anonymverfügung Kennzahl 17002245153 nicht übermittelt worden wäre.

 

Zum Wiedereinsetzungsantrag wird vorweg festgehalten, dass der Bearbeiter der belangten Behörde mit Sicherheit nicht die Auskunft erteilt habe, durch die Bezahlung der Anonymverfügung sei die Strafverfügung gegenstandslos. Die belangte Behörde hätte vielmehr die Auskunft gegeben, dass vorerst fristgerecht Einspruch gegen die Strafverfügung einzubringen wäre, um die Angelegenheit zu prüfen. Den Nachweis der ordnungsgemäßen Einzahlung der Anonymverfügung habe der Bw nicht erbracht. Seine Angaben wären nicht geeignet, eine Wiedereinsetzung zu bewilligen.

 

2.3. In der rechtzeitigen Berufung vom 8. Mai 2003 wird folgendes Berufungsbegehren gestellt:

 

"Die Berufungsbehörde möge der gegenständlichen Berufung Folge geben, den hier angefochtenen Bescheid aufheben und dahingehend abändern, als der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. der Aufhebung des Bescheides gemäß § 52a VStG stattgegeben wird."

 

In der Begründung wird unter Punkt a.) zunächst die unterlassene Einvernahme des Bw durch die belangte Behörde zur vorgebrachten Einzahlung der Anonymverfügung gerügt. Durch Befragung des Bw wäre hervorgekommen, dass die S, O, G, die Anonymverfügung einbezahlt hätte. Der einbezahlten Anonymverfügung über den Betrag von 58 Euro wäre der gleiche Sachverhalt als der in der Strafverfügung zur Last gelegte zugrunde gelegen. Es wäre auch Aufgabe der belangten Behörde gewesen, beim Dienstgeber des Bw nachzufragen. Der "diesbezügliche Einzahlungsbeleg" werde hiemit der Berufung beigelegt.

 

Im Punkt b.) wiederholt der Bw im Wesentlichen seinen bisherigen Standpunkt. Die unrichtige Belehrung wird nunmehr allerdings teilweise abweichend vom Antrag vom 12. Februar 2003 dargestellt. Nunmehr wird erstmals ausdrücklich behauptet, dass dem Bw auch gesagt worden wäre, er hätte nichts weiter zu unternehmen. Ferner wird wiederholt, dass sich der Bw die ihm genannte Faxnummer mit 415 aufgeschrieben und den Einzahlungsbeleg aus der Anonymverfügung übermittelt hätte. Gesprochen hätte er mit dem die Strafverfügung zeichnenden Sachbearbeiter O. Dieser hätte aus rechtsstattlichen Gründen über den Wiedereinsetzungsantrag nicht entscheiden dürfen, weil ihm die erforderliche Objektivität fehlen würde.

 

2.4. Der Berufung wurde die Kopie einer Auftragsbestätigung betreffend die Überweisung von 58 Euro der Auftraggeberin S (Empfänger Land OÖ., BH Vöcklabruck) beigelegt. Auf der Kopie ist noch erkennbar, dass der Auftrag mit 17. Oktober 2002 abgestempelt wurde. Unter Verwendungszweck ist angegeben:

 

"Kennzahl (A) :

171002252492

Zahlungsfrist :

16.10.2002"

 

Auf Grund dieses mit der Berufung vorgelegten Zahlungsbeleges hat die belangte Behörde mit Schreiben vom 16. Mai 2003 neuerlich ihren Akt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit dem Ersuchen übermittelt, eingehend zu prüfen, ob im gegenständlichen Fall nicht doch eine Doppelbestrafung vorliegen könnte. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass der vorgelegte Einzahlungsbeleg von der Kennzahl her nicht mit der in der Anzeige angeführten Kennzahl der Anonymverfügung übereinstimmt, weshalb wahrscheinlich zwei zu unterscheidende strafbare Handlungen vorliegen.

 

Mit Schreiben vom 11. Juni 2003, VerkR 96-28252-2002, wurde der Verwaltungsstrafakt mit der Mitteilung rückgesendet, dass es sich beim vorgelegten Einzahlungsabschnitt sicher um eine andere Anonymverfügung handeln müsse, als die auf Grund der Anzeige des Gendarmeriepostens Schwanenstadt verarbeitete. Auf Grund der vergangenen Zeit könne nicht mehr eruiert werden, um welche Delikte es sich dabei gehandelt habe, da Anonymverfügungen nach einer gewissen Zeit automatisch gelöscht werden.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat teilt die Verfahrensrüge des Bw nicht. Entgegen der Behauptung in der Berufung hätte durch die Einvernahme des Bw die Frage der Doppelbestrafung nicht geklärt werden können. Tatsächlich war es notwendig und zielführend, bei der für die Anonymverfügung noch zuständigen Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck anzufragen. Dies hat die belangte Behörde mittlerweile sogar zweimal mit dem Ergebnis getan, dass die dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren zuzuordnende Anonymverfügung offenbar vom Dienstgeber des Bw nicht bezahlt wurde. Der mit der Berufung in Kopie vorgelegte "diesbezügliche Einzahlungsbeleg" beweist nämlich, dass die dort unter Verwendungszweck angeführte Kennzahl 171002252492 jedenfalls eine andere ist als die Kennzahl 171002245153 der Anonymverfügung im gegenständlichen Fall, auch wenn der Strafbetrag mit 58 Euro der Gleiche war. Es wäre Sache des Bw gewesen, den Zahlungsbeleg mit der richtigen Kennzahl vorzulegen, um seine Behauptungen glaubhaft zu machen. Nach dem aktuellen Aktenstand ist die belangte Behörde daher mit Recht von der Nichtbezahlung der gegenständlich relevanten Anonymverfügung ausgegangen.

 

3.2. Das erkennende Mitglied hält auch die Berufungsbehauptung für nicht glaubhaft, wonach dem Bw bei einem Gespräch mit dem Sachbearbeiter O von der belangten Behörde die unzutreffende Belehrung erteilt worden wäre, dass er nichts weiter zu unternehmen hätte und die Strafverfügung gegenstandslos wäre. Im Antrag vom 12. Februar 2003 wurde diese angebliche Belehrung noch etwas zurückhaltender geschildert. Nach Rücksprache mit der Behörde wäre "sinngemäß mitgeteilt" worden, dass mit der Bezahlung der Anonymverfügung "die Angelegenheit erledigt sei und sohin die Strafverfügung gegenstandslos ist." Diese rechtliche Aufklärung habe der Bw so verstanden, dass die Strafverfügung keine Rechtswirkungen mehr entfalte bzw. die Behörde daraus keinen Gebrauch mache. Der Bw habe auch den Einzahlungsbeleg unter der ihm genannten Faxnummer DW 415 übermittelt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat der Vollständigkeit halber den Sachbearbeiter der belangten Behörde noch einmal mit der vom Bw behaupteten Rechtsbelehrung in einem Telefonat konfrontiert (vgl h. Aktenvermerk vom 30.06.2004). Herr O hat - wie bereits im angefochtenen Bescheid ausgeführt - eine solche verfehlte Rechtsbelehrung ausgeschlossen und betont, dass er selbst auch keine Doppelverfolgung haben wollte. Er kann sich an ein Gespräch mit dem Bw während der noch offenen Einspruchsfrist gar nicht erinnern. Der Bw habe aber im Jänner 2003 nach der Einmahnung des Strafbetrages vorgesprochen. Dabei war Herrn O auch ein Zahlungsbeleg in Erinnerung, der nach der Kennzahl allerdings ein anderes Verfahren betroffen hatte. Herr O konnte nicht mehr sagen, ob dieser Beleg gefaxt oder vorgewiesen wurde. Es wurde jedenfalls mit dem Bw eine Ratenvereinbarung über 2 Raten von 36 Euro im Jänner und Februar 2003 getroffen. Diese Vereinbarung wurde nach Ausweis der Akten tatsächlich handschriftlich am Entwurf der Strafverfügung vermerkt und mit 27. Jänner 2003 datiert. In weiterer Folge langte dann der rechtsfreundlich vertretene Antrag vom 12. Februar 2003 bei der belangten Behörde ein.

 

Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats hält diese Darstellung des zuständigen Sachbearbeiters der belangten Behörde für glaubhaft, weil sie schlüssig und mit der Aktenlage im Einklang die Zusammenhänge aufklären kann. Es kann mangels irgendwelcher Indizien auch nicht angenommen werden, dass der genannte Sachbearbeiter ein persönliches Interesse an einer Doppelverfolgung ein und derselben Verwaltungsübertretung hätte. Demgegenüber hat der Bw sehr wohl ein persönliches Interesse an der rechtzeitigen Bezahlung der vor seiner Strafverfolgung in derselben Sache verschickten Anonymverfügung. Diese konnte er allerdings durch den nunmehr auch mit der Berufung vorgelegten Zahlungsbeleg nicht glaubhaft machen. Abgesehen davon, dass schon die angegebene Kennzahl nicht übereinstimmt und deshalb ein anderes Verfahren betroffen sein musste, wurde der Überweisungsauftrag offenbar auch nicht rechtzeitig erteilt, zumal am vorgelegten Zahlungsbeleg die Zahlungsfrist mit "16.10.2002" vermerkt ist und der aufgebrachte Stempel den "17. Okt. 2002" und darin eine unleserliche Paraphe erkennen lässt. Für eine Nichtbezahlung der gegenständlichen Anonymverfügung mit der Kennzahl 171002245153 spricht auch schlicht der Umstand, dass ansonsten die aktenkundige Lenkererhebung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 16. Oktober 2002, Zl. VerkR 96-28252-2002, beim Zulassungsbesitzer nicht notwendig gewesen wäre.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 71 Abs 1 AVG (iVm § 24 VStG) ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

Nach § 71 Abs 2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist nach § 71 Abs 4 AVG die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat. Gemäß § 71 Abs 6 AVG kann die Behörde dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen. Ein Unabhängiger Verwaltungssenat hat durch Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Der Wiedereinsetzungswerber hat alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, E 8b und 8d zu § 71 Abs 1 E 2 zu § 71 Abs 2 AVG). Glaubhaftmachung bedeutet die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich machen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch6, Anm 4 zu § 71 AVG). Dabei ist es Sache des Antragstellers, den Wiedereinsetzungsgrund nicht nur zu behaupten, sondern die Behörde auch davon zu überzeugen, dass seine Behauptungen wahrscheinlich den Tatsachen entsprechen (VwGH 31.1.2001, 98/18/0225). Die Prüfung des Wiedereinsetzungsantrags hat nur im Rahmen des Vorbringens zu erfolgen (vgl etwa VwGH 22.4.1997, 94/04/0014; VwGH 30.5.1997, 96/02/0608, 0613).

 

Ein Ereignis ist unvorhergesehen, wenn es die Partei tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte (vgl u.a. VwGH 26.8.1998, 96/09/0093; VwGH 1.7.1998, 98/09/0026, 0027; Hauer/Leukauf, Handbuch6, E 18b und E 21 zu § 71 Abs 1 AVG).

 

4.2. Nach der jüngeren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann auch ein Rechtsirrtum ein Ereignis iSd § 71 Abs 1 Z 1 AVG sein und als Wiedereinsetzungsgrund in Betracht kommen, wobei aber im Einzelfall die Verschuldensfrage zu prüfen und ein Wiedereinsetzungsgrund dann zu verneinen ist, wenn dem Wiedereinsetzungswerber wenigstens Fahrlässigkeit bei der Versäumung des Termins zur Last fällt (vgl Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch6, E 2b und E 17b zu § 71 Abs 1 AVG).

 

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds ist schon die vom Bw aufgestellte Behauptung einer unzutreffenden Rechtsbelehrung nicht glaubhaft (vgl bereits oben unter Punkt 3.2.), sodass sich eine weitere rechtliche Erörterung erübrigen würde. Aber selbst wenn man die im Antrag vom 12. Februar 2003 behauptete Auskunft, dass mit Bezahlung der Anonymverfügung die Angelegenheit erledigt und die Strafverfügung gegenstandslos sei, als wahr unterstellte, hätte der Bw die daraus folgenden Konsequenzen nicht eigenmächtig so interpretieren dürfen, dass die Strafverfügung keine Rechtswirkungen mehr entfalte. Vielmehr wäre es angesichts der eindeutigen Rechtsmittelbelehrung samt dem Zahlungshinweis in der Strafverfügung an ihm gelegen, ausdrücklich nachzufragen, was er noch zu unternehmen hätte und ob er gegen die Strafverfügung Einspruch erheben müsste oder nicht. Hatte der Bw aber, wie gegenständlich anzunehmen ist, ausdrückliche Fragestellungen in diese Richtung an den Sachbearbeiter unterlassen, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihn an der Entstehung des Irrtums, nichts mehr gegen die Strafverfügung unternehmen zu müssen, kein Verschulden träfe. Dieser Rechtsirrtum wäre vielmehr bei gehöriger Aufmerksamkeit leicht vermeidbar gewesen.

 

Ein tauglicher Grund für eine Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einspruchsfrist wurde demnach mit dem Antrag vom 12. Februar 2003 nicht geltend gemacht.

 

4.3. Schließlich ist auch die Rechtzeitigkeit des am 13. Februar 2003 bei der belangten Behörde eingelangten Wiedereinsetzungsantrags vom 12. Februar 2003 in Frage zu stellen. Gemäß § 71 Abs 2 AVG ist der Wiedereinsetzungsantrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Im vorliegenden Fall hat der Bw nach seinem Vorbringen im Antrag vom 12. Februar 2003 durch die Zahlungsaufforderung (Einmahnung) vom 10. Jänner 2003 Kenntnis davon erlangt, dass er nach wie vor verpflichtet ist, den Betrag von 72 Euro aus der gegen ihn ergangenen Strafverfügung zu bezahlen. Spätestens mit dieser Aufforderung musste ihm auch klar sein, dass die Strafverfügung von der belangten Behörde nicht als hinfällig oder gegenstandlos behandelt wird und er daher etwas unternehmen müsste. Erst rund ein Monat später langte der Wiedereinsetzungsantrag bei der belangten Behörde ein, woraus ersichtlich ist, dass die Frist des § 71 Abs 2 AVG offensichtlich nicht eingehalten worden ist.

 

Dadurch dass die belangte Behörde den Wiedereinsetzungsantrag nicht als verspätet zurückgewiesen, sondern als unbegründet abgewiesen hat, ist der Bw aber in keinem subjektiven Recht verletzt worden.

 

4.4. Im Ergebnis ist die belangte Behörde mit Recht davon ausgegangen, dass der Bw keine Angaben gemacht hat, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist zulässig erscheinen ließen. In Bezug auf die Antragtragstellung nach § 52a VStG ist der Bw darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung kein subjektives Recht auf Aufhebung eines rechtskräftigen Bescheides einräumt (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch6 , Anm 2 und E 1 zu § 52a VStG). Damit kommt dem Bw insofern auch kein Berufungsrecht zu, weshalb seine Berufung in diesem Umfang zurückzuweisen war.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. W e i ß

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