Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109115/5/BMa/Ka

Linz, 29.09.2003

 

 

 VwSen-109115/5/BMa/Ka Linz, am 29. September 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung der A B, vertreten durch Dr. E H, Rechtsanwalt in Linz, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 5.6.2003, Zl.: S-4780/03VP, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, wie folgt entschieden:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

zu I. : § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z 3, 44a Z 1 VStG.

 

zu II.: § 66 Abs 1 VStG.
 
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1.1. Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin (Bw) zur Last gelegt, sie habe am 6.2.2003 um 07:55 Uhr in Linz, Harruckerstraße, Höhe Nr.10, aus Richtung Linke Brückenstraße kommend, das Fahrzeug mit dem Kennzeichen nicht so weit rechts gelenkt, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen sei, da sie mit dem von ihr gelenkten KFZ auf die linke Fahrbahnseite geraten sei und mit einem vorschriftsmäßig im Gegenverkehr befindlichen KFZ kollidiert sei. Hiedurch habe sie die Rechtsvorschrift des § 7 Abs.1 StVO 1960 verletzt und es wurde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Stunden gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO verhängt.

 

1.2. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Rechtsfahrgebot des § 7 Abs. 1 StVO gelte uneingeschränkt und sei unabhängig von den jeweils herrschenden Witterungsverhältnissen zu beachten; der Lenker habe sein Fahrverhalten so einzurichten und erforderlichenfalls die Geschwindigkeit so zu wählen, dass dieser Verpflichtung nachgekommen werden könne.

Der Tatumschreibung gem. §7 Abs. 1 werde durch die Tatanlastung des Befahrens der linken Fahrbahnseite bzw. des Überfahrens der Fahrbahnmitte Rechnung getragen.

1.3. Gegen diesen, ihr am 10. Juni 2003 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 16. Juni 2003 (und damit rechtzeitig) zur Post gegebene Berufung. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, die Erstbehörde sei lediglich auf die im Gesetzestext des § 7 Abs.1 StVO festgelegte Tatumschreibung eingegangen. Die Bw sei jedoch deshalb auf die linke Fahrbahnseite gekommen, weil sie mit ihrem Fahrzeug im Zuge des Durchfahrens einer leichten Rechtskurve wegen völlig vereister Fahrbahn auf die linke Fahrbahnhälfte gerutscht sei. Das Abkommen nach links sei nicht durch bewusstes Fahren herbeigeführt worden. Ihr Fehlverhalten liege nicht in einem Verstoß gegen § 7 Abs. 1 StVO sondern möglicherweise darin, dass die Bw einleitend eine Fahrgeschwindigkeit eingehalten habe, welche nicht den Fahrbahnverhältnissen angepasst gewesen sei und deshalb nach links abgekommen sei. Ein derartiger Verstoß wurde der Bw jedoch niemals vorgeworfen und sei ihr auch nicht vorwerfbar, da sie eine Ausgangsgeschwindigkeit von ca. 10 km/h eingehalten habe.

 

Für die Bw sei nicht vorhersehbar gewesen, dass die Fahrbahn der Harruckerstraße auf Höhe des Hauses Nr.10 extrem vereist und in keiner Weise gestreut gewesen sei, da selbst bei Einhaltung einer geringen Fahrgeschwindigkeit ein Rutschen in gerader Richtung beim Versuch eines leichten Rechtseinschlages nicht mehr zu verhindern gewesen sei.

 

Aus diesen Gründen sei das angefochtene Straferkenntnis mit dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung behaftet.

 

Überdies sei die Festsetzung der Geldstrafe überhöht und entspreche in keiner Weise dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat.

 

1.4. Daher wird die Behebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. In eventu wird beantragt von der Verhängung einer Geldstrafe Abstand zu nehmen und stattdessen eine Ermahnung auszusprechen bzw. die Geldstrafe herabzusetzen.

 

2. Der Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000  Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c erster Satz VStG). Von der Bw wurde eine öffentliche Verhandlung beantragt und am 15.9.2003 durchgeführt (§ 51e Abs.1 VStG).

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bundespolizeidirektion Linz, Zl. S-4780/03VP und nach Durchführung der mündlichen Verhandlung, zu der lediglich der Vertreter der Bw erschienen ist und auf das bisherige Vorbringen verwiesen hat, wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 7 Abs.1 StVO 1960, BGBl.Nr.159/1960 (StVO 1960) idF BGBl. I Nr.80/2002, hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, soweit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer ua als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften der StVO oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

3.2. Unbestritten ist, dass die Bw von ihrem rechten Fahrstreifen abgekommen ist und auf der linken Fahrbahnhälfte mit dem entgegenkommenden PKW kollidiert ist. Entscheidend ist die Frage, ob dieses Abkommen vom rechten Fahrbahnstreifen (nach ihren eigenen Schilderungen das Rutschen auf die linke Fahrbahnhälfte wegen völlig vereister Fahrbahn) von ihr verhindert hätte werden können und ihr somit ein Verbleiben auf dem rechten Fahrbahnstreifen möglich gewesen wäre.

 

Es entspricht durchaus der Lebenserfahrung, dass bei einer vereisten und nicht gestreuten Fahrbahn die Kontrolle über ein Fahrzeug nicht mehr gegeben ist, dies insbesondere auch dann, wenn die Fahrgeschwindigkeit nicht den Straßenverhältnissen angepasst ist.

 

Das Vorbringen der Bw, das Abkommen auf die linke Fahrbahnhälfte sei nicht durch bewusstes Fahren herbeigeführt worden, sondern sei das Ergebnis eines fahrtechnisch nicht mehr beherrschbaren Rutschvorganges, ist aufgrund der geschilderten Straßenverhältnisse glaubwürdig und nachvollziehbar. Dagegen wurden im erstinstanzlichen Verfahren keine Feststellungen dahingehend getroffen, inwieweit der Bw das Fahren weiter rechts möglich gewesen wäre.

 

3.3. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

 

3.4. Für die Tatumschreibung einer Übertretung nach § 7 Abs.1 StVO ist einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts der Fahrzeuglenker gefahren ist, und andererseits die konkrete Angabe, wie weit ihm dies zumutbar und möglich war, erforderlich (VwGH 22.11.1985, Zl.85/18/0101).

 

Der Tatumschreibung "nicht so weit rechts gefahren, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war" ist nicht zu entnehmen, durch welches konkrete Verhalten die Beschuldigte mit dem von ihr gelenkten Fahrzeug nicht so weit wie möglich rechts gefahren ist und wie weit (mehr) ihr ein Rechtsfahren zumutbar und möglich war (UVS NÖ. 29.8.1994, Zl.Senat-MD-93-671).

 

4.1. Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist - hier: von sechs Monaten - von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

 

Da die Verfolgungsverjährungsfrist bereits abgelaufen ist, die Tatzeit war der

6. Februar 2003, ist eine weitere Konkretisierung innerhalb dieser nicht mehr möglich. Dies gilt auch für die Prüfung der Frage, ob die Fahrgeschwindigkeit den Fahrbahnverhältnissen zur Tatzeit angepasst war.

 

Da die mangelhafte Tatumschreibung im Zusammenhang mit dem im Spruch des angefochtenen Bescheides erhobenen Tatvorwurfs somit nicht den angeführten gesetzlichen Erfordernissen des § 44a Z1 VStG entspricht, war im Hinblick darauf, dass eine Sanierung dieses Mangels durch die erkennende Behörde aufgrund der Bestimmungen der §§ 31 und 32 VStG nicht mehr möglich ist, das Strafverfahren zufolge Vorliegens von Umständen, die die Verfolgung ausschließen, gemäß § 45 Abs.1 Z 3 VStG einzustellen.

 

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 
 

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