Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109156/5/Zo/Pe

Linz, 23.10.2003

 

 

 VwSen-109156/5/Zo/Pe Linz, am 23. Oktober 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des JK, vom 7.7.2003, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 24.6.2003, VerkR96-121-2003, wegen Zurückweisung eines Einspruches als verspätet zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 51 Abs.1 und 49 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat mit Bescheid vom 24.6.2003, VerkR96-121-2003, den Einspruch des Berufungswerbers gegen die Strafverfügung vom 22.1.2003, VerkR96-121-2003, als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Dieser Bescheid wird damit begründet, dass die Strafverfügung laut Zustellnachweis am 27.1.2003 zugestellt wurde, der Einspruch jedoch erst am 18.2.2003 per Telefax eingebracht wurde.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. In dieser bringt der Berufungswerber vor, dass die Fristversäumung beim Einbringen des Einspruches unbestritten sei. Der Bescheid sei dennoch rechtswidrig, weil der Berufungswerber am 18.4.2003 einen Antrag auf Wiedereinsetzung des Verfahrens gemäß § 69 Abs.1 lit.b AVG gestellt habe, mit welchem sich die Behörde nicht auseinandergesetzt habe. Die Behörde hätte über den Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 70 Abs.1 AVG vorrangig entscheiden müssen bzw. wäre aufgrund der vorliegenden Akten ein neuer Bescheid zu erlassen gewesen. Die Behörde habe den Sachverhalt nur mangelhaft erhoben, sie hätte feststellen müssen, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Berufungswerbers befindet. Wegen dieser mangelhaften Feststellungen sei es zu Unrecht zur Bestrafung des Berufungswerbers gekommen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Aus diesem ergibt sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt. Von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wird abgesehen, weil sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 VStG).

 

Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:

 

Gegen den Berufungswerber wurde mit Strafverfügung vom 22.1.2003 eine Geldstrafe von 218 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt, weil er am 14.1.2003 um ca. 01.25 Uhr den Pkw in Leopoldschlag auf der B310 bei km 55,270 gelenkt hat, obwohl er nicht in Besitz einer im EWR-Raum ausgestellten Lenkberechtigung war und er seinen Hauptwohnsitz bereits seit mehr als sechs Monaten im Bundesgebiet hatte. Diese Strafverfügung wurde am 27.1.2003 gegen eigenhändige Unterschrift zugestellt. Am 18.2.2003 hat der nunmehrige Berufungswerber seinen Einspruch per Telefax eingebracht. In diesem bringt er erstmals vor, dass sich sein Hauptwohnsitz und der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in der tschechischen Republik befindet. In Österreich halte er sich nur mit Nebenwohnsitz auf. Mit Schreiben vom 15.3.2003 ersucht der Berufungswerber um eine Verlängerung der Frist zur Vorlage von Beweisen für seine Einspruchsangaben.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat dem Berufungswerber am 10.4.2003 die Verspätung seines Einspruches vorgehalten, am 15.4.2003 hat dieser eine ausführliche Rechtfertigung abgegeben. Darin bringt er vor, dass er in Österreich nie einen Hauptwohnsitz begründet hätte. Er habe lediglich den Meldezettel falsch ausgefüllt und seit 29.1.2003 sei er nunmehr richtig lediglich mit Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet. Der Berufungswerber legte eine diesbezügliche Bestätigung der Gemeinde P und die Kopie seines tschechischen Personalausweises vor. Aus diesem ergibt sich, dass sich sein Dauerwohnsitz in der tschechischen Republik befindet. Weiters legte er eine Meldebestätigung der tschechischen Ortsgemeinde HB vor, aus welcher sich ebenfalls ergibt, dass er sich in dieser Gemeinde mit Dauerwohnsitz aufhält.

 

Mit Schreiben vom 18.4.2003 stellte der Berufungswerber einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs.1 lit.b AVG, weil nach dem Ablauf der Einspruchsfrist neue Tatsachen und Beweismittel hervorgekommen seien, die im Verfahren ohne sein Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten. Dabei verweist er auf die wenige Tage vorher vorgelegten Unterlagen. Der Berufungswerber sei lediglich Kellner und nicht Jurist, weshalb es ihm nicht zumutbar gewesen sei, innerhalb der 14-tägigen Einspruchsfrist zu bemerken, dass er keine strafbare Handlung begangen habe und einem Irrtum der Behörde zum Opfer gefallen sei. Aufgrund seiner Sprachbarriere habe er die Strafverfügung nicht ausreichend analysieren, den unwahren Inhalt der Strafverfügung aufdecken und neue Tatsachen und Beweismittel finden können. Die Frist sei dafür einfach unzumutbar.

 

Am 24.6.2003 erlies der Bezirkshauptmann von Freistadt den nunmehr angefochtenen Bescheid. Gegen diesen richtet sich die rechtzeitige Berufung (siehe oben Punkt 2).

 

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

5.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

Gemäß § 69 Abs.1 Z2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

 

Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

5.2. Der nicht rechtskundige Berufungswerber verwechselt in seinem Vorbringen offenbar die Rechtsinstitute der Wiederaufnahme eines Verfahrens gemäß §§ 69 und 70 AVG einerseits sowie der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß den §§ 71 und 72 AVG. So hat er im noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren einen Antrag auf Wiederaufnahme dieses Verfahrens gestellt, anstatt den gegen die Versäumung der Einspruchsfrist sinnvollen Rechtsbehelf einzubringen, nämlich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Damit dem Berufungswerber aus dieser Rechtsunkenntnis kein Nachteil erwächst, wird einerseits der von ihm geltend gemachte Wiederaufnahmegrund im Rahmen des Berufungsverfahrens geprüft (dieser Vorgangsweise hat der Berufungswerber auf eine entsprechende schriftliche Mitteilung hin zugestimmt) und andererseits zusätzlich beurteilt, ob der geltend gemachte Sachverhalt einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Versäumung der Einspruchsfrist rechtfertigen würde.

 

Der Einspruch muss nach ständiger Rechtsprechung nicht begründet werden. Auch in der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung ist darauf hingewiesen, dass man sich bei Erhebung eines Einspruches rechtfertigen und Beweise vorbringen kann. Es besteht keine Verpflichtung, bereits im Einspruch sämtliche Beweise vorzulegen und auch aus der Rechtsmittelbelehrung konnte der Berufungswerber derartiges nicht ableiten, weil hier nur auf die Möglichkeit einer Rechtfertigung hingewiesen wird. Es ist auch nicht ersichtlich, warum der Berufungswerber die in seinem verspäteten Einspruch angeführte Begründung, sein Hauptwohnsitz liege in der tschechischen Republik, nicht bereits innerhalb der Einspruchsfrist hätte vorbringen können.

 

Die behaupteten mangelnden Sprachkenntnisse können den Berufungswerber nicht entschuldigen. Einerseits ist darauf hinzuweisen, dass der Berufungswerber nach dem Inhalt seiner schriftlichen Eingaben über gute Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, andererseits wäre er - falls seine Sprachkenntnisse tatsächlich nicht ausgereicht hätten - verpflichtet gewesen, sich hinsichtlich des Inhaltes der Strafverfügung rechtzeitig entsprechend zu informieren. Diese Informationspflicht trifft ihn auch bezüglich seiner rechtlichen Unkenntnis. Hier befindet sich der Berufungswerber in der selben Situation wie zahllose österreichische Staatsbürger, nämlich dass ihm das Verwaltungsstrafverfahren im Detail unbekannt ist. Wenn der Berufungswerber also trotz der eindeutigen Rechtsmittelbelehrung Zweifel an der Einspruchsfrist oder dem notwendigen Inhalt eines Einspruches gehabt hätte, so hätte er sich entsprechend informieren müssen.

 

Der Berufungswerber hat es daher selbst verschuldet, dass die von ihm vorgelegten Beweismittel wegen seines verspäteten Einspruches nicht mehr berücksichtigt werden konnten, weshalb der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs.1 Z2 AVG nicht vorliegt. Diese Überlegungen gelten auch für einen eventuellen Wiedereinsetzungsgrund. Bloße Unkenntnis der Rechtslage sowie mangelhafte Sprachkenntnisse stellen kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs.1 Z1 AVG dar.

 

Die Zurückweisung des Einspruches als verspätet erweist sich daher im Ergebnis als rechtmäßig, weshalb die dagegen gerichtete Berufung als unbegründet abzuweisen war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Z ö b l

 
 

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