Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109179/6/Re/Sta

Linz, 06.04.2004

 

 

 VwSen-109179/6/Re/Sta Linz, am 6. April 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des L B, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H J, H, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 17. Juli 2003, VerkR96-11271-2002, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 
Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG.
Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 17. Juli 2003, VerkR96-11271-2002Sö, wurde gegen Herrn L B eine Geldstrafe in der Höhe von 600 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 8 Tagen verhängt, weil er am 23. April 2002 um 15.11 Uhr den PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen in Wartberg/Kr., A9, km 10,600 in Richtung Kirchdorf/Kr. gelenkt und das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" insofern missachtet, als er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 63 km/h überschritten habe.

 

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, welche der Berufungswerber am 23. Juli 2003 persönlich bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. durch Aufnahme einer Niederschrift eingebracht hat. Darin bringt er im Wesentlichen vor, er habe zum Tatzeitpunkt zwar das Fahrzeug gelenkt, jedoch sicherlich nicht die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 63 km/h überschritten. Er wisse, dass an der angezeigten Stelle eine 100 km/h-Beschränkung bestehe, darum könne er seiner Meinung nach diese auch nicht überschritten haben.

 

In Ergänzung zu diesem Berufungsvorbringen ist ein ergänzender Beweisantrag des rechtsfreundlichen Vertreters des Berufungswerbers, Rechtsanwalt Dr. H J, K, eingelangt, und wird zum Berufungsvorbringen ergänzend angeführt, dass ihm bekannt sei, dass an der gegenständlichen Stelle eine Radarbox aufgestellt sei und er auch deshalb auf die Geschwindigkeitsbeschränkung geachtet habe. Möglicherweise sei er gleichzeitig von einem anderen Fahrzeug überholt worden und von diesem die Geschwindigkeitsübertretung festgestellt worden. Auf dem Lichtbild ist ein weiteres Fahrzeug auf der Überholspur der A9 Fahrtrichtung Kirchdorf möglicherweise verdeckt. Die Geschwindigkeitsüberschreitung betreffe dann nicht ihn, sondern das ihn überholende Fahrzeug. Zum Nachweis, dass er lediglich eine Geschwindigkeit um die 100 km/h eingehalten habe, beantrage er die Einvernahme seiner Gattin U B, welche während der Fahrt auf dem Beifahrersitz gesessen sei. Weiters beantrage er die Beiziehung eines Amtssachverständigen aus dem Kraftfahrwesen zum Beweis dafür, dass die Geschwindigkeitsübertretung nicht durch ihn, sondern durch ein ihn überholendes Fahrzeug ausgelöst worden sei. Auf Grund der nicht eindeutigen Beweisergebnisse sei das Straferkenntnis "in dubio pro reo" aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Schließlich sei die über ihn verhängte Verwaltungsstrafe von 600 Euro bei weitem überhöht.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme des Amtssachverständigendienstes der Abteilung Verkehrstechnik des Amtes der Oö. Landesregierung. Da bereits auf Grund dieser Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt die öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

Anhand des vorhandenen Verfahrensaktes der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. steht fest, dass der Berufungswerber am 23. April 2002 um ca. 15.00 Uhr auf der A9 in Richtung Liezen den PKW mit dem oben angeführten Kennzeichen gelenkt hat. Auch seiner eigenen Aussage zufolge ist die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers unbestritten. Es handelte sich um den PKW seiner Gattin U B. Fest steht auch, dass - aus welchen Gründen auch immer - das bei km 10,600 aufgestellte Radargerät beim Passieren des Berufungswerbers ausgelöst hat und auf den im Akt befindlichen Lichtbildern das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen eindeutig erkennbar ist.

 

Im ergänzenden Ermittlungsverfahren zur Vorbereitung der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Amtssachverständigen der Abteilung Verkehrstechnik des Amtes der Oö. Landesregierung eine fotogrammetrische Auswertung der Radarfotos des Landesgendarmeriekommandos für Oö. durchgeführt. Die Berechnung hat ergeben, dass gegenüber der gemessenen und auf den Radarfotos ersichtlichen Geschwindigkeit eine Prozentabweichung von zumindest minus 34,5 % vorliegt. Laut Auswertevorschriften des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen sind Abweichungen in der Höhe von plus/minus 10 % zulässig. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen ist die Radarmessung daher unter Beachtung der Auswertungsvorschriften des BEV nicht gültig.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

Auf Grund des oben dargestellten Sachverhaltes ist festzustellen, dass eine Geschwindigkeitsübertretung des Berufungswerbers zum Tatzeitpunkt im genannten Ausmaß nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Da die zulässigen Abweichwerte laut Auswertevorschriften des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen im gegenständlichen Fall wesentlich überschritten worden sind, die Radarmessung vom KFZ-technischen Amtssachverständigen für nicht gültig befunden wurde, ist das Ergebnis derselben für die Verwertung im gegenständlichen Strafverfahren nicht weiter geeignet.

 

Dem Berufungswerber konnte somit nicht in der für die Bestrafung erforderlichen Eindeutigkeit nachgewiesen werden, dass er die auf den im Akt aufliegenden Lichtbildern angegebene Geschwindigkeit in der Höhe von 172 km/h tatsächlich erreicht hat, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten Gesetzesstellen.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Reichenberger
 

 
 

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