Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109181/2/BMa/Pe

Linz, 14.08.2003

 

 

 VwSen-109181/2/BMa/Pe Linz, am 14. August 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung des Herrn HH vom 28. Mai 2003 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Braunau/Inn vom 8. Mai 2003, VerkR96-573-2003-Fs, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Geldsstrafe, d.s. 14 Euro, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG;

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 8. Mai 2003, VerkR96-573-2003-Fs, wurde über den Bw eine Geldstrafe in der Höhe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt, weil er am 21. Oktober 2002 um 7:34 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet von Pucking auf der Rampe der A25, Welser Autobahn, in Richtung A1, Fahrtrichtung Wien gelenkt habe und bei km 25,0 sein Fahrzeug jäh und für den Lenker eines nachkommenden Fahrzeuges überraschend abgebremst habe, sodass andere Straßenbenützer dadurch behindert worden seien, ohne dass es die Verkehrssicherheit erfordert hätte, zumal er, nachdem er ein Sattelkraftfahrzeug überholt und sich auf dem rechten Fahrstreifen eingeordnet habe, sein Fahrzeug jäh abgebremst habe, sodass die Lenkerin des nachfolgenden Sattelkraftfahrzeuges ihr Fahrzeug stark abbremsen und ablenken habe müssen, um einen Zusammenstoß zu verhindern; dadurch habe er eine Übertretung des § 21 Abs.1 StVO begangen, weshalb er gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO zu bestrafen gewesen sei.

 

Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, aus der Niederschrift der privaten Meldungslegerin gehe hervor, dass diese ihr Sattelkraftfahrzeug auf der A25 am rechten Fahrstreifen mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 km/h gelenkt habe und sie unmittelbar vor der Einmündung der A25 auf die A1 von einem BMW überholt worden sei, dieser sich ganz knapp vor ihr eingeordnet habe und sein Fahrzeug stark abgebremst habe, sodass die Meldungslegerin stark abbremsen habe müssen, um eine Kollision zu verhindern.

 

1.2. Gegen diesen dem Bw am 15. Mai 2003 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 28. Mai 2003 (und damit rechtzeitig) in Form einer Niederschrift bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn eingebrachte Berufung.

 

Darin wird im Wesentlichen angeführt, der Bw habe erst durch das Straferkenntnis vom Sachverhalt Kenntnis erlangt. In der Hinterlegungszeit (gemeint war die Hinterlegung der Aufforderung zur Rechtfertigung) sei er dauernd ortsabwesend gewesen.

Der Bw sei von Wels gekommen und habe nach Traun fahren wollen. Er sei frühzeitig unterwegs gewesen und habe dadurch auch keinen Stress gehabt. Es habe teilweise Stop and Go Verkehr geherrscht. Er habe seine Geschwindigkeit auf 80 km/h reduziert, zumal er sich nach rechts einordnen habe müssen. Nachdem er sich eingeordnet gehabt hatte, habe vor ihm die Fahrzeugkolonne abgebremst, sodass auch er abbremsen habe müssen. Es seien alle Fahrbahnen belegt gewesen, sodass er nur die Möglichkeit gehabt habe abzubremsen, ausweichen auf eine andere Fahrspur habe er nicht können. Sein Abbremsen sei verkehrsbedingt gewesen und habe für den Folgeverkehr nicht überraschend sein können, aus diesem Grund habe er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen. Er wolle noch erwähnen, es sei nicht sein eigenes Fahrzeug gewesen und er hätte weder mit seinem noch mit einem fremden Fahrzeug einen Verkehrsunfall riskiert.

 

1.3. Der Bezirkshauptmann von Braunau/Inn hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c erster Satz VStG).

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Straferkenntnis keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

1.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 21 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr.159/1960 (StVO 1960) idF BGBl. I Nr.80/2002, darf der Lenker das Fahrzeug nicht jäh und für den Lenker eines nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abbremsen, wenn andere Straßenbenützer dadurch gefährdet oder behindert werden, es sei denn, dass es die Verkehrssicherheit erfordert.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, u.a. wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften der StVO oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (zB Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Gemäß § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

2.1. Gemäß der oben zitierten Bestimmung ist die Verfolgungshandlung, die gegen den Bw innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gesetzt wurde, eine Verfolgungshandlung im Sinne des §32 Abs.2 VStG, auch wenn der Bw - wie im vorliegenden Fall - erst aufgrund des ihm zugestellten Straferkenntnisses von dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren Kenntnis erlangt hat. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob der Bw innerhalb der Hinterlegungsfrist ortsabwesend war.

Das gegen ihn gerichtete Straferkenntnis wurde ihm nachweislich am 15. Mai 2003 zugestellt, sodass ihm zur Einbringung seiner Berufung die Berufungsfrist von zwei Wochen, also eine ausreichende Vorbereitungsfrist, zur Verfügung gestanden ist.

 

2.2. Das Strafverfahren wurde aufgrund einer Anzeige einer - an der oben bezeichneten Stelle der Welser Autobahn hinter dem Pkw des Bw nachkommenden - Lenkerin eines Sattelkraftfahrzeuges eingeleitet. Unmittelbar nach dem angezeigten Sachverhalt kam es zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden. Dies ergibt sich aus einer Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 21. Oktober 2002 welche lt. Vermerk in dieser Unfallanzeige Herrn H ebenfalls zugestellt wurde. Aus dieser Verkehrsunfallsanzeige ergibt sich, dass der Bw eine Minute nach dem im gegenständlichen Verfahren angezeigten Vorfall in einen Auffahrunfall verwickelt war, wonach der hinter ihm fahrende Lenker eines Sattelzugfahrzeuges angegeben hatte, er sei plötzlich von dem BMW des Bw überholt worden, welcher sich sehr kapp vor seinem Lkw eingereiht habe und sofort und ohne Grund abgebremst habe, sodass er den Auffahrunfall nicht mehr verhindern habe können.

 

Aufgrund der Anzeige, die zur Einleitung des gegenständlichen Verfahrens geführt hat und der Anzeige über den Verkehrsunfall mit Sachschaden, die dem Akt beiliegt, ist das Vorbringen des Beschuldigten in seiner Glaubwürdigkeit erschüttert und als bloße Schutzbehauptung zu werten.

Es ist somit als erwiesen anzusehen, dass der Bw durch das jähe und für den nachfolgenden Lenker überraschende Abbremsen eine Gefährdung oder Behinderung des nachfolgenden Lenkers herbeigeführt hat und dieses Manöver aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht erforderlich gewesen ist.

Damit hat der Bw tatbildlich gehandelt.

 

2.3. Schuldausschließungsgründe liegen keine vor, sodass dem Bw die Nichtbefolgung des Gebotes des § 21 Abs.1 StVO vorwerfbar ist. Er hat zumindest fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt. Seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

3. Bei der Strafbemessung war ausgehend von einem Strafrahmen bis zu 726 Euro Folgendes zu erwägen:

 

3.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

3.2. Die erstinstanzliche Behörde ist bei der Festsetzung der Strafhöhe von einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 1.090 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Der Umstand, dass keine einschlägigen Verwaltungsvormerkungen aufscheinen, wurde ebenfalls berücksichtigt. Ebenso wurde auf § 19 VStG Bedacht genommen, wonach Grundlage für die Strafbemessung u.a. die Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und auf das Ausmaß des Verschuldens.

 

In der Niederschrift vom 28. Mai 2003 bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn gab der Bw an, ca. 800 - 900 Euro monatliches Nettoeinkommen, kein Vermögen und Sorgepflichten für ein Kind zu haben.

 

Die Strafzumessung der erstinstanzlichen Behörde ist selbst bei Berücksichtigung der vom Berufungswerber angegebenen Vermögensverhältnisse angemessen, da sie nicht einmal ein Zehntel des möglichen Strafrahmens ausschöpft.

 

4. Die gegenständliche Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw nach § 64 Abs.1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, d.s. 14 Euro vorzuschreiben.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

 
 

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