Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109247/2/Zo/Pe

Linz, 17.11.2003

VwSen-109247/2/Zo/Pe Linz, am 17. November 2003

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn Ing. HH, vom 18.8.2003, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 16.7.2003, VerkR96-20602-2002, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG, §§ 24, und 45 Abs.1 Z1 VStG, § 113 Abs.1 KFG 1967.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er in der Zeit vom 17.10.2001 bis 3.7.2002 die Fahrschule in , geleitet habe, obwohl er selbst weder Fahrschulbesitzer der Fahrschule Ing. AH gewesen sei, noch ihm vom Landeshauptmann eine Bewilligung für die Verwendung als Fahrschulleiter erteilt worden sei. Der Berufungswerber habe dadurch gegen § 113 Abs.1 KFG 1967 verstoßen, weshalb gegen ihn eine Geldstrafe von 700 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 168 Stunden) und der entsprechende Verfahrenskostenbeitrag verhängt wurde.

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung, in welcher der Berufungswerber im Wesentlichen auf das Berufungsvorbringen des Berufungswerbers Ing. AH zum Akt VerkR96-20602-1-2002 verweist. Dabei handelt es sich um den Vater des Berufungswerbers, gegen welchen wegen des selben Sachverhaltes ebenfalls ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt wurde. Der Inhalt der Berufung stellt sich damit wie folgt dar: Der Berufungswerber, Ing. HH, habe die geschäftlichen Argenden der Fahrschule wahrgenommen, die Leitung der Fahrschule sei aber nach wie vor vom Vater des Berufungswerbers, Herrn Ing. AH, wahrgenommen worden. Der Berufungswerber habe seinen Vater ständig über sämtliche für die Fahrschule maßgeblichen Sachverhalte und Aspekte informiert und sein Vater habe alle Entscheidungen selbst gefällt. Lediglich "alltäglichen Kleinkram" habe der Berufungswerber selbst erledigt. Aufgrund der ständigen Berichte an seinen Vater habe dieser eine umfassende Kontrolle über den durchgeführten Unterricht, die Durchführung der Fahrstunden und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und behördlichen Auflagen gehabt. Für die Leitung der Fahrschule durch seinen Vater sei daher keineswegs die ständige physische Anwesenheit in der Fahrschule erforderlich gewesen. Der Berufungswerber sei für die Umsetzung der Entscheidungen seines Vaters in der Fahrschule zuständig gewesen und daher gegenüber den Mitarbeitern der Fahrschule als deren unmittelbarer Vorgesetzter aufgetreten. Er sei aber selbst hierarchisch seinem Vater untergeordnet gewesen und letztlich habe dieser alle relevanten Entscheidungen getroffen.

Bereits im Jahr 2000 sei wegen des gleichen Vorwurfes ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt worden. Auch damals habe sein Vater den Sachverhalt, welcher nunmehr zur Bestrafung geführt habe, in gleicher Weise geschildert und es sei damals das Verfahren eingestellt worden. Daraus habe der Berufungswerber eben den Schluss gezogen, dass dieses Verhalten rechtmäßig ist. Die Unkenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, welche eine persönliche Anwesenheit für die Leitung einer Fahrschule erfordert, sei dem Berufungswerber unter diesen Umständen nicht vorwerfbar.

3. Die Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie in den Verwaltungsstrafakt VerkR96-4659-2001 und in den bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck aufliegenden Verwaltungsverfahrensakt betreffend die Fahrschule H. Daraus ergibt sich der im folgenden näher dargestellte entscheidungswesentliche Sachverhalt. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG die öffentliche mündliche Verhandlung.

4.1. Der Vater des Berufungswerbers ist Inhaber der Fahrschulbewilligung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10.7.1992, VerkR-270.089/22-1992, für die Klassen A, B, C, E und F sowie der Fahrschulbewilligung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12.8.1993, VerkR-270.089/41-1993-G, für die Klasen D und F im Standort . Im Jahr 2000 wurde schließlich dem Vater des Berufungswerbers die Bewilligung zur Verlegung des Standortes nach, erteilt. Der Berufungswerber selbst besitzt keine Fahrschulbewilligung, dennoch wurde über ihn mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 19.6.2002 der Konkurs eröffnet. Der Wortlaut des Konkursediktes lautet: "Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Gemeinschuldners HH, Fahrschule, (Geschäftsanschrift), (Wohnanschrift)". Entsprechend einem Übergabevertrag aus dem Jahr 1991 wurde die Fahrschule Ing. AH mit Wirksamkeit vom 1.1.1992 an Herrn Ing. HH übergeben. Das Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr, hat mit Schreiben vom 3.7.2002 die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck aufgefordert, wegen dieses Sachverhaltes ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den nunmehrigen Berufungswerber wegen Führung einer Fahrschule ohne behördliche Bewilligung einzuleiten.

Gegenüber den Mitarbeitern der Fahrschule H trat jahrelang der Berufungswerber als Chef auf. Er war ihr Ansprechpartner und hat aus ihrer Sicht den Betrieb geleitet. Der Vater des Berufungswerbers selbst war jahrelang im Betrieb fast nicht mehr zu sehen. Seit dem Konkurs der Fahrschule im Juni 2002 ist der Vater des Berufungswerbers wieder in der Fahrschule anwesend und trifft die Entscheidungen. In welchem Umfang der Berufungswerber seinem Vater berichtspflichtig war und in wie weit die wesentlichen Entscheidungen tatsächlich vom Vater des Berufungswerbers getroffen wurden, konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Dies ist jedoch - wie unten dargelegt - aufgrund rechtlicher Erwägungen nicht erforderlich.

5. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat Folgendes erwogen:

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegten Taten nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretungen bilden.

§ 113 Abs.1 erster Satz KFG 1967 bestimmt, dass der Fahrschulbesitzer den Betrieb seiner Fahrschule außer den im Abs.2 angeführten Fällen selbst zu leiten hat; dies erfordert für die sich aus diesem Bundesgesetz und aus den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen ergebenden Pflichten, wie insbesondere die Aufsicht über die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung, die hiefür notwendige Anwesenheitsdauer in der Fahrschule.

5.2. Vorerst ist der Berufungswerber auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 113 Abs.1 KFG 1967 hinzuweisen, wonach die unmittelbare persönliche Leitung der Fahrschule eine persönliche Anwesenheit in einer bestimmten Mindestdauer erforderlich macht (vgl. die bereits von der ersten Instanz angeführten Entscheidungen des VwGH sowie das Erkenntnis vom 19.5.1992, Zl. 91/11/0132). Dieser Verpflichtung ist der Vater des Berufungswerbers aktenkundig nicht nachgekommen. Der Umstand, dass das Verwaltungsstrafverfahren VerkR96-4659-2001 von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingestellt wurde, schließt das Verschulden des Berufungswerbers nicht aus, weil damals sein Vater als Zeuge niederschriftlich angegeben hat, dass er nach wie vor in der Fahrschule aktiv und tätig ist und die Verfahrenseinstellung aufgrund dieser Zeugenaussage lediglich im Zweifel erfolgte. Im jetzt durchgeführten umfangreicheren Beweisverfahren hat sich aber ergeben, dass der Vater des Berufungswerbers in dem nunmehr vorgeworfenen Tatzeitraum eben nicht mehr tatsächlich in der Fahrschule persönlich tätig war.

Der Berufung war im Ergebnis aus folgendem Grund dennoch stattzugeben:

Ausdrücklicher Normadressat des § 113 Abs.1 KFG 1967 ist der Fahrschulbesitzer. Dieser ist verpflichtet - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - die Fahrschule selbst zu leiten. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, so verstößt der Fahrschulbesitzer selbst gegen § 113 Abs.1 KFG 1967 (vgl. zu der inhaltlich gleichlautenden Regelung des § 95 Abs.3 erster Satz KFG 1967 die Entscheidung des VwGH vom 10.6.1968, Zl. 387/67). Eine Auslegung dahingehend, dass § 113 Abs.1 KFG 1967 an die Allgemeinheit gerichtet wäre und jedermann (mit Ausnahme des Fahrschulbesitzers und des Fahrschulleiters) unter Strafsanktion verbieten würde, eine Fahrschule zu leiten, ist nicht zulässig. Art.18 B-VG sowie Art. 7 EMRK verlangen für Strafbestimmungen eine besonders genaue gesetzliche Determinierung des unter Strafe gestellten Verhaltens. Eine bestimmte Tat darf nur dann bestraft werden, wenn strafgesetzliche Vorschriften das strafbare Verhalten unmissverständlich und klar erkennen lassen. Unter Beachtung dieser Auslegungsgrundsätze ist § 113 Abs.1 KFG 1967 nur an den Fahrschulbesitzer selbst gerichtet. Fahrschulbesitzer ist im gegenständlichen Fall aber der Vater des Berufungswerbers. Der Berufungswerber selbst ist nicht Fahrschulbesitzer und konnte daher die Verwaltungsübertretung des § 113 Abs.1 KFG 1967 nicht als unmittelbarer Täter begehen.

Das dem Berufungswerber von der Erstinstanz konkret vorgehaltene Verhalten bildet keine Verwaltungsübertretung, weshalb das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Z ö b l

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