Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109280/12/Ki/Pe

Linz, 12.11.2003

VwSen-109280/12/Ki/Pe Linz, am 12. November 2003

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des P S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dieter Schnetzinger, 4020 Linz, Volksfeststraße 17, vom 25.9.2003 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8.9.2003, VerkR96-22178-2002/Pos, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11.11.2003 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass die verhängte Geldstrafe auf 70 Euro bzw die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt wird. Bezüglich Schuldspruch wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der erste Absatz des Spruches wie folgt zu lauten hat:

"Sie haben am 25.9.2002 um 20.55 Uhr im Gemeindegebiet Traun auf der Friedhofstraße von der Weidfeldstraße kommend, in Richtung Untere Dorfstraße, im Ortsgebiet als Lenker des Kraftfahrzeuges LL-446BP, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h erheblich überschritten."

II. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wird auf 7 Euro herabgesetzt. Für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG

zu II: §§ 64 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 8.9.2003, VerkR96-22178-2002/Pos, den Berufungswerber für schuldig befunden, er sei am 25.9.2002 um 20.55 Uhr im Gemeindegebiet Traun auf der Friedhofsstraße von der Weidfeldstraße kommend, in Richtung Untere Dorfstraße, als Lenker des Kraftfahrzeuges LL-446BP, um 49 km/h schneller als 50 km/h gefahren (die Geschwindigkeitsübertretung sei mittels Nachfahrt festgestellt worden). Er habe dadurch § 20 Abs.2 und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe von 218 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 21,80 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 25.9.2003 Berufung mit dem Antrag, das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; in eventu die Strafhöhe herabzusetzen.

Begründet wird die Berufung im Wesentlichen mit Verfahrensmängeln, insbesondere wird die zur Last gelegte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ausdrücklich bestritten. Eine derart hohe Geschwindigkeit sei nicht möglich gewesen, zumal der Berufungswerber hinter dem Fahrzeug seines Bruder nachgefahren sei, dieses Fahrzeug sei insofern defekt gewesen, als lediglich der erste und der zweite Gang funktionstüchtig waren. Der Bruder hätte mit diesem Fahrzeug unmöglich eine derartige Geschwindigkeit fahren können. Die vom Meldungsleger gemachten Angaben hinsichtlich Nachfahrt zur Feststellung der vorgeworfenen Geschwindigkeit werden in Abrede gestellt.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11.11.2003. An dieser Berufungsverhandlung nahm der Rechtsmittelwerber im Beisein eines Rechtsvertreters teil, als Zeugen wurden der Meldungsleger sowie Herr C G einvernommen. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat sich aus dienstlichen Gründen entschuldigt.

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Traun vom 25.9.2002 zugrunde. Darin führte der Meldungsleger aus, dass Herr S die Geschwindigkeit um mindestens 50 km/h überschritten hätte, die Übertretung sei dienstlich wahrgenommen worden, der Meldungsleger habe den Streifenwagen ca. 50 m in gleichbleibendem Abstand hinter dem Pkw des Berufungswerbers gelenkt. Der Geschwindigkeitsmesser des Streifenwagens habe dabei 110 km/h angezeigt, die Geschwindigkeit habe bei einer Nachfahrt ca. 400 m lang abgelesen werden können.

Wie bereits erwähnt, hat der Berufungswerber diesen Vorwurf während des gesamten Verfahrens und auch in der Berufung bestritten, weiters mit Schriftsatz vom 7.11.2003 eine Reihe von Beweisanträgen gestellt, dies mit dem Ziel, abzuklären, dass die vom Meldungsleger festgestellte Geschwindigkeit aus technischen Gründen nicht möglich sein könne.

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bestritt der Rechtsmittelwerber die Geschwindigkeitsüberschreitung weiterhin, er sei nicht schneller als 55 km/h gefahren. Dieser Aussage schloss sich auch sein Bruder bei der zeugenschaftlichen Einvernahme an, beide erklärten, dass der Pkw des Zeugen defekt gewesen sei und eine derart hohe Geschwindigkeit nicht möglich gewesen wäre.

Der Meldungsleger bestätigte den in der Anzeige festgestellten Sachverhalt, erklärte auch ausdrücklich, dass die Nachfahrtsstrecke in gleichbleibendem Abstand 50 m betragen habe. Er versehe seit zehn Jahren am Gendarmerieposten Traun Dienst und führe seit dieser Zeit auch Aufgaben im Rahmen der Verkehrsüberwachung durch. Er führe auch Lasermessungen durch, dabei entwickle sich mit der Zeit ein Gefühl dafür, wenn jemand zu schnell unterwegs sei.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer u.a. als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt.

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren.

In freier Beweiswürdigung gelangt die Berufungsbehörde zur Auffassung, dass den Angaben des Meldungslegers in dem Maße, als die erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit festgestellt wird, Glauben geschenkt wird. Der Zeuge stand unter Wahrheitspflicht und es ist zu berücksichtigen, dass es sich um einen erfahrenen Gendarmeriebeamten handelt, welcher seit zehn Jahren auch mit Angelegenheiten der Verkehrsüberwachung betraut ist. Es ist von einem solchen Beamten zu erwarten, dass er in der Lage ist, die erhebliche Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit auch ohne technische Hilfsmittel festzustellen, das tatsächliche Ausmaß der Geschwindigkeit kann aber wohl optisch nicht exakt beurteilt werden.

Eine Nachfahrt mit dem Streifenwagen in gleichbleibendem Abstand ist grundsätzlich als technisches Hilfsmittel zur Feststellung der gefahrenen Geschwindigkeit anzusehen, dies allerdings nur dann, wenn verschiedene Kriterien eingehalten werden. Diese Kriterien sind der Berufungsbehörde aus zahlreichen bisher geführten Verfahren bekannt, so hat ein verkehrstechnischer Amtssachverständiger u.a. festgestellt, dass ein längerzeitiges Nachfahren mit gleichbleibender Geschwindigkeit erforderlich ist und die Geschwindigkeitsfeststellung mindestens zweimal zu erfolgen hat. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang weiters ausgeführt, dass zur Feststellung der tatsächlichen konkreten Geschwindigkeit eine Zeit von mindestens 9 Sekunden benötigt wird, wobei Einregelvorgänge (durch Beschleunigung oder Verzögerung) auf die Geschwindigkeit des Vorderfahrzeuges in diese Zeitspanne nicht mit einzurechnen sind.

Ausdrücklich hat der Meldungsleger in seiner Anzeige und auch im Rahmen der zeugenschaftlichen Befragung ausgeführt, dass jene Strecke, in welche er in gleichbleibendem Abstand hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers nachgefahren ist, 50 m betragen hat. Rechnerisch ergibt sich daraus, dass bei einer Geschwindigkeit von 110 km/h, das Kriterium der 9 Sekunden im konkreten Falle nicht erfüllt ist, weshalb die Nachfahrt nicht als taugliches Beweismittel und auch nicht als technisches Hilfsmittel (§§ 4 Abs.6, 7 Abs.3 Z4 FSG) herangezogen werden kann.

Wohl haben sowohl der Berufungswerber als auch sein Bruder ausgeführt, dass sie tatsächlich nicht schneller als maximal 55 km/h gefahren seien, es wurde jedoch nicht ausgeschlossen, dass mit dem (defekten) Fahrzeug des Bruders doch eine höhere Geschwindigkeit möglich wäre und es hat der Zeuge G auch ausgesagt, er habe nicht auf den Tacho geschaut. Der Aussage, das Fahrzeug von Herrn G sei defekt gewesen, wird durchaus Glauben geschenkt. Aus diesem Grunde war auch die Aufnahme der beantragten Beweise aus objektiver Sicht entbehrlich. Dies besagt jedoch nicht, dass dennoch eine erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit stattgefunden hat. Wie bereits dargelegt wurde, ist diesbezüglich den Erfahrungen des Meldungslegers bzw. seiner Aussage Bedeutung zuzumessen.

Zu berücksichtigen ist auch, dass sich der Berufungswerber selbst in jede Richtung verteidigen konnte, dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im vorliegenden Fall konnte ihn aber auch die Aussage seines Bruders insofern nicht entlasten, als dieser selbst, wie er angegeben hat, nicht auf den Tachometer geschaut hat und so die von ihm angegebene Geschwindigkeit von etwa 55 km/h wohl eine subjektive Meinung darstellt.

Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher davon aus, dass zwar die im Straferkenntnis vorgeworfene ziffernmäßig bezeichnete Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht nachweisbar ist, trotzdem aber der Berufungswerber die zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten hat.

Er hat daher den ihm zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche ihn aus subjektiver Sicht (§ 5 VStG) entlasten würden.

Aus den oben dargelegten Überlegungen war eine entsprechende Korrektur des Schuldspruches vorzunehmen.

I.6. Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) angelangt, so wird festgestellt, dass die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet grundsätzlich eine gravierende Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt. Zum Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit von Menschen ist daher aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung geboten.

In Anbetracht dessen, dass die im Straferkenntnis vorgeworfene ziffernmäßig bezeichnete gefahrene Geschwindigkeit nicht nachweisbar ist, war jedoch eine angemessene Reduzierung sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe vorzunehmen. Durch die nunmehr festgelegte Strafe (weniger als 10 % der vorgesehenen Höchstgeldstrafe) wird nach Auffassung der Berufungsbehörde dem oben erwähnten Gedanken der Generalprävention entsprochen, wobei strafmildernd die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet werden konnte. Die von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land in der Begründung des Straferkenntnisses angeführten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden vom Berufungswerber im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bestätigt, auch diese wurden bei der nunmehrigen Strafbemessung berücksichtigt.

Eine entsprechende Bestrafung ist überdies aus spezialpräventiven Gründen geboten, um dem Beschuldigten das Unrechtmäßige seines Verhaltens vor Augen zu führen und ihn von der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten, eine weitere Herabsetzung war daher nicht vertretbar.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand unter bestimmten Kriterien ein technisches Hilfsmittel iSd §§ 4 Abs.6 und 7 Abs.3 Z4 FSG

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