Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109303/6/Bi/Be

Linz, 01.12.2003

 

 

 VwSen-109303/6/Bi/Be Linz, am 1. Dezember 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn P, vertreten durch RAe Dr. H, Dr. L, vom 29. September 2003 gegen die mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 18. September 2003, VerkR96-4284-2003/Her, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 verhängten Strafen aufgrund des Ergebnisses der am 28. November 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:
 

  1. Der Berufung wird hinsichtlich der Punkte 1) bis 4) der Strafverfügung insofern Folge gegeben, als der Strafausspruch aufgehoben wird.
  2. Hinsichtlich der Punkte 5) bis 10) wird der Berufung teilweise Folge gegeben, die Geldstrafe auf jeweils 40 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe jeweils auf 18 Stunden herabgesetzt.

     

  3. Hinsichtlich der Punkte 1) bis 4) der Strafverfügung entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag.

In den Punkten 5) bis 10) ermäßigt sich der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz auf jeweils 4 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG,

zu II.: §§ 64, 65 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Einspruch des Beschuldigten gegen das Ausmaß der mit Strafverfügung der Erstinstanz vom 21. Juli 2003, VerkR96-4284-2003/Her, verhängten Strafen in Angelegenheit von Übertretungen


gemäß § 134 KFG 1967 iVm Art 15 EG-VO 3821/85 abgewiesen und die in den Punkten 1) bis 10) der Strafverfügung verhängten Strafen, insgesamt 500 Euro, bestätigt.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von jeweils 5 Euro, insgesamt 50 Euro, auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Auf ausdrücklichen Antrag wurde am 28. November 2003 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw und seines rechtsfreundlichen Vertreters Dr. H durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist ohne Entschuldigung nicht erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er beziehe nunmehr nach einem Firmenwechsel ein monatliches Einkommen von nur mehr 1.200 Euro, sei für zwei Kinder sorgepflichtig und habe kein Vermögen. Zusätzlich zur mildernd berücksichtigten Unbescholtenheit hätte die Erstinstanz noch sein Geständnis werten müssen. Im Übrigen sei die Kontrolle der Lenk- und Einsatzzeiten sehr wohl möglich und eine Nachkontrolle nicht erheblich erschwert gewesen. Die EG-VO sei hauptsächlich gemacht worden, um im Fernverkehr, der mit langen Fahrzeiten verbunden sei, die Einhaltung jeweiligen Lenk- und Ruhezeiten kontrollieren zu können. Er hingegen sei als Fahrer der genannten Spedition nur zu Tagesfahrten eingesetzt gewesen, die in Lindach begonnen und dort geendet hätten. Seine Lenkzeiten seien einwandfrei aus seinen Eintragungen und den Aufzeichnungen auf den Schaublättern hervorgegangen, es habe nur einen Lenker mit dem Namen P gegeben und auch die gefahrenen Tageskilometer seien einwandfrei hervorgegangen. Es handle sich daher seiner Ansicht nach um Bagatelldelikte, die die Verkehrssicherheit nicht betroffen hätten. Er beantragt daher die entsprechende Herabsetzung der Strafen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, in der der Bw gehört und seine Argumente ebenso wie die Begründung des angefochtenen Bescheides anhand der in der zugrundeliegenden Strafverfügung zur Last gelegten Tatvorwürfe erörtert wurden.

 

Aus dem Verfahrensakt ist ersichtlich, dass der Bw von der Erstinstanz schriftlich zur Bekanntgabe seiner finanziellen Verhältnisses aufgefordert wurde, widrigenfalls ihm deren Schätzung auf 1.500 Euro monatlich und das Nichtbestehen von Vermögen


und Sorgepflichten angekündigt wurde. Der Bw hat nach eigenen Angaben dieses Schreiben erhalten und darauf nicht reagiert, weil ihm gesagt worden sei, dass für ihn die BH Gmunden zuständig sei und das Verfahren dorthin abgetreten werden würde. Ihm wurde erläutert, dass das kein Grund ist, auf ein Schreiben der Erstinstanz nicht zB telefonisch zu reagieren, zumal seine Angaben auch für die BH Gmunden, an die letztlich keine Abtretung erfolgt ist, von Bedeutung gewesen wären. Seine nunmehrigen finanziellen Angaben wurden zur Kenntnis genommen. In der Verhandlung wurde mit ihm auch das Erfordernis einer genauen Eintragung auf den Schaublättern erörtert, zumal es einem Gendarmeriebeamten im Rahmen seiner Amtshandlung auf der Straße nicht möglich und auch nicht zuzumuten ist, Erkundigungen über spezielle Modalitäten eines Beschäftigungsverhältnisses eines bestimmten Lenkers bei dessen Arbeitgeber oder sonstwo einzuholen. Der Bw hat eingesehen, dass seine Eintragungen schon aus rationalen Überlegungen penibel genau geführt werden müssen, insbesondere angesichts der für die Zukunft angekündigten verstärkten Kontrollen von Lkw-Lenkern.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Der Spruch der Strafverfügung ist in den so genannten 10 Punkten aufgrund des nur mehr gegen die Strafhöhe gerichteten Einspruchs des Bw in Rechtskraft erwachsen.

 

Zu den Punkten 1) bis 4):

In der Strafverfügung werden dem Bw in den Punkten 1) bis 4) Übertretungen gemäß §§ 102 Abs.1 und 134 Abs.1 KFG 1967 iVm Art.15 Abs.2 und 7 EG-VO 3821/85 insofern zur Last gelegt, als er das jeweilige Schaublatt vorzeitig entnommen und damit für bestimmte Zeiträume keine Schaublattaufzeichnungen vorgelegt bzw keine handschriftlichen Eintragungen vorgenommen habe. Ein solches Verhalten ist unter Art 15 Abs.2 EG-VO 3821/85 zu subsumieren.

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl.Nr.L370 vom 31. Dezember 1985, S1 sowie der Verordnung (EWG) Nr.3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl.Nr.L370 vom 31. Dezember 1985, S8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr.3572/90, Abl.Nr.L353 vom 17. Dezember 1990, S12, zuwiderhandelt.

 

Damit weist § 134 KFG 1967 aber nur Zuwiderhandlungen gegen die EG-VO 3821/85 in der Fassung der EG-VO 3572/90, ABl.Nr. L353 vom 17. Dezember 1990, S12, als Verwaltungsübertretung aus. Mit EG-VO 2135/98 vom 24. September 1998, die am 10. Oktober 1998 in Kraft trat, erfuhr Art.15 Abs.2 EG-VO 3821/85 eine inhaltliche Anderung. Mangels Novellierung des § 134 Abs.1 KFG ist aber das


tatbestandsmäßige Verhalten des Bw nicht mit Strafe bedroht, zumal auch § 134a KFG 1967 ("Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese, sofern nichts anderes ausdrücklich angeordnet wird, in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.") nicht für Verweise auf Verordnungen, internationale Abkommen, EG-RL, EG-VO, ECE-R oder ÖNORMEN gilt (vgl Grundtner, KFG, 5. Auflage, Wien 1998, S 909; ebenso VwSen-107992/2/SR/Ri vom 7.1.2002, VwSen-107772/2/Ga/Mm vom 10.4. 2002, VwSen-108938/2/Bi/Be vom 7.8.2003, uva).

Auf dieser Grundlage war davon auszugehen, dass trotz Rechtskraft des Schuldspruchs in den Punkten 1) bis 4) keine Strafdrohung besteht, sodass eine Strafe nicht zu verhängen war.

 

Zu den Punkten 5) bis 10):

Der Bw hat dazu geltend gemacht, es sei trotz seiner Nachlässigkeit möglich gewesen, die Tageslenkzeiten und die Tageskilometer zu ersehen und könne keine Rede von einer erschwerten Nachkontrolle sein. Er sei außerdem der einzige mit diesem Nachnamen in der Firma gewesen und er sei immer von L weg- und dorthin zurückgefahren.

Richtig ist, dass die richtig errechneten Tageskilometer - trotz des Umstandes, dass der Bw vom täglichen Endkilometerstand immer nur die letzten drei Ziffern am Schaublatt vermerkt hat - leicht zu eruieren waren. Sein Argument, die Lenkzeiten seien ohnehin aus den Zeitaufzeichnungen auf dem Schaublatt hervorgegangen, weil ja kein Beifahrer und kein weiteres Schaublatt vorhanden gewesen sei, geht aber insofern ins Leere, als es nicht Aufgabe eines Gendarmeriebeamten sein kann, Lenk- und Ruhezeiten durch Suchen und gegebenenfalls Kombinieren verschiedener Schaublätter zu eruieren oder sonst Denksport- bzw Rätselaufgaben zu lösen. Es kann auch nicht seine Aufgabe sein, den Vornamen des Lenkers oder den jeweiligen Zielort selbst in Erfahrung zu bringen - abgesehen davon, dass das an Ort und Stelle nicht möglich ist. Das Argument des Bw, dem Meldungsleger sei die Spedition, bei der er gearbeitet habe, und der Umstand, dass die Fahrten immer am Sitz des Unternehmens geendet hätten, ohnehin bekannt gewesen, zumal ja auch die Anhaltung auf der A1 erfolgt sei, ist ebensowenig zielführend wie die seine Ausrede, die EG-VO 3821 sei ja nur für den Fernverkehr, aber nicht für Fälle wie den seinen gemacht worden.

 

Angesichts der finanziellen Verhältnisse des Bw, insbesondere der Sorgepflichten, seiner als wesentlicher Milderungsgrund zu wertenden bisherigen Unbescholtenheit - nicht aber des "Geständnisses", das angesichts der vorhandenen Schaublätter nur als Zugeben des Tatsächlichen anzusehen ist - ist diesmal noch eine Herabsetzung der verhängten Strafen gerechtfertigt, zumal diese mit je 50 Euro doch etwas hoch angesetzt waren. Die Anhaltung erfolgte an einem Freitag und die Schaublätter der


laufenden Woche wiesen alle die gleichen Mängel auf. Die offensichtliche Nachlässigkeit des Bw lässt auf Fahrlässigkeit schließen.

Die nunmehr nach den Kriterien des § 19 VStG verhängten Strafen sollen den Bw in Zukunft schon im eigenen Interesse zu größerer Sorgfalt animieren, was auch in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck kam und er offenbar auch eingesehen hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

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