Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109340/2/Br/Gam

Linz, 17.11.2003

 

 

 VwSen-109340/2/Br/Gam Linz, am 17. November 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 31. Oktober 2003, AZ: VerkR96-3186-2002, wegen Übertretungen des KFG 1960, zu Recht:

 

I. Der gegen den Strafausspruch gerichteten Berufung wird keine Folge gegeben; soweit sich die Berufung jedoch auch gegen den Schuldspruch richtet, wird dieser als rechtswidrig aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 117/2002 - AVG iVm § 19, § 20, § 24, § 51e Abs.3 Z1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 117/2002 - VStG;

 

 

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren wird dem Berufungswerber zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten ein Kostenbeitrag von insgesamt 50,60 Euro (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1. Über den Berufungswerber wurde per Strafverfügung vom 18. September 2002, von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung wegen dreier Übertretungen nach dem Kraftfahrgesetz Geldstrafen von 1.) 36 Euro, 2.) 72 Euro und 3.) 181 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1.) zwölf Stunden, 2.) 24 Stunden und 3.) 58 Stunden verhängt.

 

1.1. Dagegen erhob der Berufungswerber fristgerecht Einspruch, wobei dieser insbesondere in Verbindung mit seinem diesbezüglich klarstellenden Schreiben vom 2. Dezember 2002 ausdrücklich nur gegen das Strafausmaß gerichtet zu werten ist.

 

1.2. Nach ergänzenden Erhebungen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers iSd § 19 VStG durch die Behörde erster Instanz im Umweg des Marktgemeindeamtes F vom 17. Jänner 2003, wurde schließlich am 6. Oktober 2003 ein Straferkenntnis erlassen. Darin wurde wider dem Berufungswerber hinsichtlich des Punktes 2.) und 3.) das bereits in Rechtskraft erwachsene Tatverhalten abermals zu Last gelegt und die Geldstrafe wie in der Strafverfügung bemessen festgelegt.

Laut Aktenlage ist weder eine Urgenz noch eine Entsprechung im Sinne des Rechtshilfeersuchens vom 17. Jänner 2003 nicht ersichtlich.

In der Begründung des Straferkenntnisses wird sowohl rechtlich als auch zu den Tatvorwürfen ausführlich Stellung genommen. Nicht eingegangen wird auf den Entfall des Tatvorwurfes zu Punkt 1.) in der Strafverfügung. In an sich zutreffender Weise wurden Erwägungen zur Anwendung des § 20 VStG zu Punkt 3.) schon in der Strafverfügung getätigt.

 

2. Da sich hier die Berufung auf Aufhebung des Straferkenntnisses inhaltlich aber nur gegen das Strafausmaß wendet und am Rande lediglich nicht entscheidungswesentliche unrichtige rechtliche Beurteilungen und Verfahrensfehler angedeutet werden, konnte im gegenständlichen Fall die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 und 2 VStG, zweiter Halbsatz).

Da ferner keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen.

 

4. Wie sich aus der Aktenlage schlüssig ergibt, hat vor nunmehr 1 1/2 Jahren der zwischenzeitig fast 18-jährige Berufungswerber mit seinem Moped die Bauartgeschwindigkeit erheblich überschritten. Dies offenkundig durch Veränderungen des Fahrzeuges, nämlich durch eine nicht bewilligte Veränderung in Form des Einbaues einer nicht typentgenehmigten Auspuffanlage. Dies bestreitet der Berufungswerber in keiner Phase des Verfahrens, sodass sich weitere Ausführungen dazu erübrigen.

Der Berufungswerber wendete sich ursprünglich ausschließlich gegen das Strafausmaß, nicht jedoch gegen den mit der Strafverfügung erhobenen Schuldspruch. Dieser erwuchs demnach in Rechtskraft.

 

4.1. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Der § 49 VStG lautet:

(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat. (2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung. (3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung zu vollstrecken.

Ist demnach eine Strafverfügung mangels Einspruchs - hier betreffend den Schuldspruch - in Rechtskraft erwachsen, so steht der Durchführung eines Ermittlungsverfahren in derselben Verwaltungsstrafsache und der Erlassung eines Straferkenntnisses in dieser als Folge der Rechtskraft das Wiederholungsverbot entgegen, welches bis zur Rechtskraft des Straferkenntnisses in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen ist. Der Schuldspruch war - wie schon dargelegt - durch die Strafverfügung vom 19. August 2002 in Rechtskraft erwachsenen.

Erließ hier die Behörde dessen ungeachtet in derselben Verwaltungsstrafsache erneut einen Bescheid mit Schuldabspruch, so war dieser mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet (vgl. hiezu VwGH vom 17. Februar 1992, Zl. 91/19/0322).

Das Wort "darüber" im vorletzten Satz des § 49 Abs. 2 VStG ist dahin zu verstehen, dass damit der Entscheidungsrahmen der Behörde erster Instanz insoweit abgesteckt ist, als nicht über das Begehren des Einspruchswerbers hinaus eine Entscheidungsbefugnis besteht (s. VwGH 20. Mai 1994, Slg. N.F. Nr. 14.060/A).

Da der Berufungswerber gegen die Strafverfügung der Strafbehörde erster Instanz vom 19.8.2002 nur das Ausmaß der verhängten Strafe angefochten hat, hat demnach die Behörde erster Instanz mit ihrem neuerlichen Ausspruch über den Tatvorwurf im Straferkenntnis vom 6. Oktober 2003 ihre Entscheidungsbefugnis überschritten.

Dieser Bescheid ist daher im Umfang des neuerlichen Schuldspruches mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, welche von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid durch dessen Behebung im Umfang seiner Rechtswidrigkeit aufzugreifen war (VwGH 22.4.1999, 99/07/0010). Über die mit diesem Straferkenntnis getätigten Strafaussprüche - wobei im Punkt 2.) dem Schuldspruch angesichts der Ausschöpfung des gesamten Strafrahmens nach unten unter Anwendung des § 20 VStG ex lege keine Folge gegeben werden konnte - war jedoch im Rahmen dieses Berufungsverfahrens abzusprechen.

5. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann gemäß § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden. Von einem solchen beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe ist hier angesichts der Jugendlichkeit und der Unbescholtenheit des Berufungswerbers auszugehen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes räumt § 20 VStG der Behörde ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" nämlich kein Ermessen ein. Ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, dann hat er einen Rechtsanspruch auf die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes. Die Behörde hat hier in zutreffender Weise der Strafbemessung einen Strafrahmen zu Grunde gelegt, dessen Untergrenze bei der Hälfte der (gesetzlichen) Mindeststrafe (nach § 37 Abs.3 FSG 363 Euro) liegt und ausgehend davon die Strafe innerhalb des solcherart (nach unten) geänderten Strafrahmens ab 181,50 Euro (!) festgesetzt. Die Strafzumessung innerhalb dieses sich aus der Anwendung des § 20 VStG ergebenden Strafrahmens ist - wie in den Fällen, in denen das außerordentliche Milderungsrecht nicht zur Anwendung gelangt - in das Ermessen der Behörde gestellt, das sie nach den Kriterien des § 19 VStG auszuüben hat (vgl. etwa VwGH vom 31. Jänner 1990, 89/03/0027, vom 21. Mai 1992, Zl. 92/09/0015 und vom 2. September 1992, 92/02/0150). Da dem Berufungswerber hier im Ergebnis überwiegend Milderungsgründe zu Gute gehalten werden können und darüber hinaus der Berücksichtigung seiner weitgehenden Einkommenslosigkeit als Schüler, in Verbindung mit seinem bisher als tadellos anzunehmenden Verhaltens, war die volle Ausschöpfung des Strafrahmens nach unten wohl gerechtfertigt.

Die Behörde erster Instanz hat diesen untersten Strafrahmen allenfalls auf Grund eines Rechenfehlers noch um 0,50 Euro unterschritten. Weil im Berufungsverfahren jedoch das Verschlechterungsverbot gilt, hatte eine Anpassung der Geldstrafe auf 181,50 Euro zu unterbleiben.

Aber auch hinsichtlich der zu Punkt 1.) im hier angefochtenen Bescheid (Straferkenntnis) verhängten Geldstrafe vermag mit Blick auf den bis zu 726 Euro reichenden Strafrahmen ein Ermessensfehler der Behörde erster Instanz nicht erblickt werden. Diesbezüglich ist zu bemerken, dass die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung offenbar den Vorwurf des Punktes 1.) der Strafverfügung, wonach der Berufungswerber die Veränderung an seinem Fahrzeug ohne entsprechende Bewilligung des Landeshauptmanns vorgenommen habe (§ 33 Abs.1 KFG), nicht weiter verfolgt haben dürfte.

Eine vom Berufungswerber in einer seiner in der Sache nur wenig substanzierten Eingaben angeregte Ermahnung konnte aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht kommen, zumal einerseits weder von geringen Tatfolgen, noch von geringem Verschulden ausgegangen werden kann.

Es ist nicht nachvollziehbar, wenn sich der Berufungswerber diesbezüglich auf Rechtsunkenntnis berufen will. Insbesondere bei Mopedlenkern ist der Wissensstand als notorisch zu erachten, dass Veränderungen am Fahrzeug, die, wie der Berufungswerber offenbar freimütig einzuräumen schien, zu einer beträchtlichen Überschreitung der Bauartgeschwindigkeit führte, nicht zulässig sind.

Der Strafberufung war demnach ein Erfolg zu versagen, während der als neuer Schuldspruch formulierte Teil des Straferkenntnisses zu beheben war.

 

II. Die Kostenentscheidung gründet in den bezogenen Gesetzesstellen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

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