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des Landes Oberösterreich
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VwSen-109379/10/Br/Gam

Linz, 18.12.2003

 

 

 VwSen-109379/10/Br/Gam Linz, am 18. Dezember 2003

DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn E K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 13. Oktober 2003, Zl. VerkR96-7595-2002, nach der am 12. Dezember 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
 

I. Der Berufung wird im Punkt 1. Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt; im Punkt 2. wird der Schuldspruch bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 70 Euro ermäßigt und im Punkt 3. wird der Berufung keine Folge gegeben und das Straferkenntnis diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - VStG;

 

 

II. Im Punkt 1. entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge; im Punkt zwei ermäßigt sich der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 7 Euro und ein solcher entfällt für das Berufungsverfahren; im Punkt 3. werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 232,40 Euro (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2, § 65, § 66 Abs.1 u. VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Wider den Berufungswerber wurde mit dem o.a. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding wegen der Übertretungen nach § § 7 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a und § 4 Abs.1 lit.a iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO und § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1b StVO, Geldstrafen von 1.) 70 Euro, 2.) 200 Euro und 3.) 1.162 Euro und im Nichteinbringungsfall 36 Stunden, drei Tage und vierzehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, wobei ihm zur Last gelegt wurde, er habe am 6.11.2002 um 20:00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen an auf der Bundesstraße in Richtung St. R gelenkt, wobei er

1. ca. auf Höhe km 20,700 der B nicht am rechten Fahrbahnrand gefahren sei, obwohl es die Verkehrssicherheit infolge eines Gegenverkehrs erfordert hätte, sondern sei auf die linke Fahrbahnseite geraten und sei dadurch mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidierte,

2. er es unterlassen habe, nach diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden sofort sein Fahrzeug anzuhalten und

3. am 6.11.2002 gegen 20:35 Uhr auf Höhe km 16,600 der B im Gemeindegebiet St. R die von einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht verlangte Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt verweigerte, obwohl durch Alkoholisierungssymptome zu vermuten gewesen sei, dass er das Fahrzeug alkoholbeeinträchtigt gelenkt habe.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:

"Die strafbaren Tatbestände sind durch die dienstliche Wahrnehmung eines Organes des Gendarmeriepostens M (und E) und das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

 

Rechtslage:

Wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, insbesondere in unübersichtlichen Kurven, vor Fahrbahnkuppen, bei ungenügender Sicht, beim Überholt werden und bei Gegenverkehr, hat nach § 7 Abs. 2 StVO 1960 der Lenker eines Fahrzeuges am rechten Fahrbahnrand zu fahren; er darf hierbei aber nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen.

 

Nach § 4 Abs. 1 lit a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

 

Nach § 5 Abs. 2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtige Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken oder in Betrieb nehmen zu versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1 . ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus: Laut vorliegenden Anzeigen (und einer als Kopie vorgelegten Strafanzeige) haben Sie am 6. November 2002 gegen 20:00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen , der Marke BMW, auf der Bundesstraße aus Richtung St. Ä kommend in Fahrtrichtung St. R gelenkt. Im Ortschaftsbereich K im Gemeindegebiet K , etwa auf Höhe km 20,8 gerieten Sie auf die linke Fahrbahnseite. Dadurch stießen Sie mit dem Gegenverkehrslenker W St zusammen. W St konnte jedoch einen direkten Frontalzusammenstoß durch Ausweichen auf das Bankett verhindern. Die beiden Fahrzeuge streiften sich jedoch und wurden erheblich beschädigt.

 

Nach diesem Vorfall haben Sie Ihr Fahrzeug, entgegen den Bestimmungen des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, nicht angehalten. Sie setzten die Fahrt fort.

 

In weiterer Folge verursachten Sie auf der talwärts führenden B 136 der Straße nach einer Fahrt von mehreren Kilometern einen Verkehrsunfall. Sie gerieten ins Schleudern und rechts von der Fahrbahn ab. Anschließend überschlug sich das Fahrzeug mehrmals in der angrenzenden Wiese und blieb ca. 100 m von der Straße entfernt schwer beschädigt liegen.

 

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens haben Sie wiederholt eingewendet, vor allem hinsichtlich der Aufforderung zur Prüfung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt nicht dispositions- und diskretionsfähig gewesen zu sein. Sie bezogen sich auf das amtsärztliche Gutachten bzw. des Schreibens vom 18. August 2003. Darin habe der medizinische Sachverständige klar zum Ausdruck gebracht, dass die gegenständliche Frage, ob Sie zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Prüfung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt zweifelsfrei dispositions- und diskretionsfähig gewesen wären, nicht eindeutig beantwortet werden könne. Der Sachverständige habe festgehalten, dass Sie auf Grund der eingetretenen Verletzungen nur eingeschränkt dispositions- und diskretionsfähig waren. Für die Behörde sei somit der Beweis, dass Sie zweifelsfrei dispositions- und diskretionsfähig waren, nicht gelungen.

 

Die Zeugenaussage des Dr. S decke sich mit den Vorstellungen des Sachverständigen, wonach Sie die Aufforderung zum Alkotest zwar verstanden, angesichts Ihrer Verletzung nur eingeschränkt dispositions- und diskretionsfähig gewesen wären. Der Notarzt habe sich zunächst über das Gesamtausmaß der Verletzungen noch kein Bild machen können. Primär sei es seine Aufgabe gewesen, die unmittelbar lebensrettenden Maßnahmen zu setzen. Erst nachträglich habe sich das Ausmaß der Verletzungen ergeben. Das Verfahren sei daher einzustellen.

 

Entscheidungsgründe:

Im Zuge des Verfahrens wird der erste Verkehrsunfall auf Höhe km 20, 7 der B (Fahrt um ca. 20.00 Uhr des fraglichen Tages) nicht in Abrede gestellt. Es wird auch nicht bestritten, dass Sie nach links gerieten und deshalb den Gegenverkehrslenker streiften. Die Behörde hatte sich daher bezüglich des in der Aufforderung dargelegten Vorwurfes zu § 7 Abs. 2 StVO und des Fahrerfluchtdeliktes im Sinne § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 nicht weiter auseinander zu setzen. Diese Übertretungen sind nach hiesiger Auffassung daher zweifelsfrei gegeben. Erhebungen waren daher nicht erforderlich.

 

Ermittlungsergebnisse zur Weigerung der Prüfung der Atemluft:

Im Zuge des Verfahrens wurde der Zeuge H St des Gendarmeriepostens M einvernommen. Er gab an, nach dem Eintreffen an der Unfallsstelle habe er sehen können, wie Sie auf der Wiese gesessen sind und mit einer Rotkreuzhelferin gesprochen hätten. Die Sanitäterin habe ihm mitgeteilt, dass Sie nach Alkohol riechen würden. Er sei Ihnen selbst nahe gekommen und habe dies bestätigen können. Er habe gehört, wie die Sanitäterin Sie auch gefragt habe, aus welchem Gasthaus Sie gekommen wären. Darauf reagierten Sie mit der Bemerkung, dass sie das nichts anginge.

Auf Befragung des genannten Zeugen (St ) nannten Sie Ihren Namen. Sie waren somit bei Bewusstsein. Äußere Verletzungen habe er an Ihnen nicht erkennen können. In der Folge sei er wieder zur Straße zurück gegangen. Die weitere Amtshandlung habe ein Kollege von ihm weitergeführt.

 

Der Zeuge G A, Gendarmerieposten E, gab zeugenschaftlich an, er habe sich nicht die ganze Zeit an der Unfallstelle bei Ihnen aufgehalten. Zwischendurch habe er den ersten Unfall (mit dem Lenker St) zu erheben versucht und mit dem Geschädigten gesprochen. Der Notarztwagen sei relativ bald am Unfallsort eingetroffen. Danach habe er sich in Ihrer Nähe aufgehalten. Dabei habe er Alkoholgeruch aus Ihrer Atemluft wahrnehmen können. In der Folge wären Sie in den Notarztwagen verbracht wurden. Er habe den Notarzt hinsichtlich der Möglichkeit der Prüfung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt angesprochen. Dieser habe die Frage daraufhin bejaht. Er habe Sie deshalb im Notarztwagen mit klaren Worten zur Prüfung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt aufgefordert. So weit er sich erinnern könne, hätten Sie auf seine Aufforderung sinngemäß mit dem Hinweis reagiert, keinesfalls der Prüfung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt zuzustimmen. Danach wären Sie mit der Rettung abtransportiert worden.

 

Der Zeuge A R erklärte, er habe ein Unfallsgeräusch gehört und die Unfallstelle aufgesucht. Das Unfallsfahrzeug sei auf den Rädern gestanden, jedoch erheblich beschädigt gewesen. Er habe die Gendarmerie verständigt. Es wären noch andere Personen hinzu gekommen. Man habe Sie in der Wiese liegend aufgefunden. Zuerst hätten Sie auf ihn leblos gewirkt. Verletzungen wären an Ihnen keine sichtbar gewesen. Man habe Sie in die Seitenlage gebracht. Sie hätten in der Folge von Schmerzen am linken Fuß geklagt. Danach sei ohnehin die Rettung eingetroffen.

 

Auf Grund des Unfalles erlitten Sie unter Hinweis auf die ärztlichen Unterlagen (Landeskrankenhaus Sch) eine Fraktur des dritten Lendenwirbelkörpers und eine Gehirnerschütterung. Zudem war eine Verwölbung der Bandscheibe in Höhe L3-L4-L5 sowie ein Reizzustand im Dermatom S 1 links neurologisch festzustellen. An den Unfallshergang konnten Sie sich bei der Unfallsaufnahme im Krankenhaus nicht erinnern. Es waren jedoch bei Ihnen ein starker Foetor alcoholicus festzustellen und Sie verhielten sich unkooperativ.

 

Die Behörde hat daher im Zuge des Verfahrens und Ihrer Einwände ein medizinisches Sachverständigengutachten zur Frage eingeholt, ob Sie zum Zeitpunkt der Aufforderung der Prüfung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt ausreichend dispositions- und diskretionsfähig waren. Der med. Amtsachverständige bezog sich auf die ihm vorliegende Krankengeschichte. In seinem Gutachten vom 13.3.2003, San20-2050-2003, gab er an, dass Sie die Aufforderung zur Prüfung Ihrer Atemluft versanden hätten. Er führte dies auf die Tatsache zurück, dass Sie auf Fragen allgemein reagierte, weshalb auf Grund der Verletzungen Ihre Dispositions- und Diskretionsfähigkeit nur "mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eingeschränkt" gewesen sei, aber nicht aufgehoben. In amtsärztlichen Ergänzungsschreiben vom 18.8.2003, da die Behörde doch eine Klarstellung verlangte, wiederholte er im Wesentlichen seine früheren Angaben.

 

Dr. S wurde als Zeuge einvernommen. Er gab an, Sie wären ansprechbar gewesen. Er habe Sie nicht bewusstlos angetroffen. Er habe die üblichen Untersuchungen durchgeführt. Er wisse nur, dass Sie über Schmerzen klagten. Auf Fragen hätten Sie im Wesentlichen adäquat reagiert. Er könne sich auch noch erinnern, dass ihn die Gendarmerie gefragt habe, ob die Möglichkeit der Durchführung eines Alkomattestes bestünde. Er habe diese Frage damals auch bejaht. Er könne sich auch noch erinnern, dass Sie dieser Aufforderung nicht Folge geleistet hätten und die Aufforderung dazu verbal ablehnten.

 

Entscheidungsgründe:

Zusammenfassend kann ergänzend angeführt werden, dass Sie aller Wahrscheinlichkeit nach vor Beginn dieser Fahrt Alkohol konsumiert haben, als auch in der Krankengeschichte die Tatsache angeführt wurde, dass an Ihnen deutlicher Alkoholgeruch festzustellen war. Die vermutliche Alkoholbeeinträchtigung dürfte auch auf das zugleich beschriebene unkooperative Verhalten zurück zu führen sein, welches Sie im Zuge der Unfallaufnahme im LKH Schärding an den Tag legten. Weiters spricht für eine mögliche Alkoholbeeinträchtigung der Umstand der Verursachung zweier Unfälle. Fahrzeuglenker, die körperlich und geistig sich nicht mehr in einer solchen Verfassung befinden, ein Kfz sicher zu lenken, stellen eine erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar. In der Regel liegt eine solche Beeinträchtigung durch vorherigen Konsum von Alkohol vor. Sie gerieten beim 1. Unfall auf die linke Fahrbahnseite und kollidierten mit einem entgegen kommenden Fahrzeug. Ohne anzuhalten setzten Sie die Fahrt fort, wodurch Sie sich bereits einer allfälligen Unfallsaufnahme durch die Gendarmerie zu entziehen versuchten. Ihre Fähigkeiten, ein Kfz sicher zu lenken, waren aller Wahrscheinlichkeit nach entsprechend durch vorherigen Alkoholkonsum beeinträchtigt, wenngleich Ihnen ein solches Delikt nach § 5 Abs. 1 StVO nicht mehr nachzuweisen ist.

 

Der am Unfallort anwesende Notarzt hat auf Befragung des Straßenaufsichtsorgans, ob bei Ihnen eine Aufforderung zur Prüfung Ihrer Atemluft möglich sei oder nicht, zu erkennen gegeben, dass eine solche Prüfung Ihrer Atemluft vorgenommen werden kann. Diese Zustimmung des Notarztes war nicht unbedingt erforderlich, als rechtlich gesehen einem Straßenaufsichtsorgan zunächst eine eigene Beurteilung für eine solche Möglichkeit zugestanden werden muss. In Anbetracht der Gesamtsituation in diesem Fall erachtet die Behörde die Vorgangsweise des betreffenden Gendarmeriebeamten, den Notarzt zu befragen, ob Ihnen die Durchführung der Prüfung der Atemluft auf Alkoholgehalt aus gesundheitlichen Gründen zugemutet werden kann, absolut für angebracht und richtig.

 

Im Hinblick auf das vorliegende Ermittlungsergebnis kommt die Behörde zur Überzeugung, dass Sie die an Sie gerichtete Aufforderung zur Prüfung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt zum Zeitpunkt der Aufforderung verstanden haben. Sie haben mitbekommen, worum es geht. Dies kann damit begründet werden, dass Sie auf Fragen, die Ihnen am Unfallort gestellt wurden, keinesfalls verwirrt reagierten. Die an Sie gestellten Fragen kamen Ihnen zu Bewusstsein; sie haben stets darauf verständlich geantwortet. Die später im LKH Schärding festgestellten Verletzungen (vor allem die dort diagnostizierte Gehirnerschütterung) können keinesfalls als derart schwer bezeichnet werden, wodurch der von Ihnen eingebrachte Einwand der mangelnden Dispositions- und Diskretionsfähigkeit als Schutzbehauptung betrachtet werden kann. Es waren im Zuge der Ersten Hilfe und der notärztlichen Versorgung am Unfallort keine Bewussteinsausfälle an Ihnen zu beobachten. Wäre tatsächlich die von Ihnen angesprochene Dispositions- und Diskretionsfähigkeit im erheblichem Maße nicht mehr vorgelegen, so wäre dies den Beteiligten (Notarzt, Gendarmeriebeamten,) durch entsprechende Symptome aufgefallen; in einem solchen Falle hätte der am Unfallort anwesende Notarzt Einwände gegen eine beabsichtigte Prüfung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt vorgebracht.

 

Alleine aus der Tatsache, dass Sie hier zwei Unfälle verursachten, aus dem Fahrzeug geschleudert wurden und letztlich die laut Krankengeschichte später diagnostizierten Verletzungen davon getragen haben, lässt sich zum Zeitpunkt der konkreten Aufforderung keine so schwerwiegende Beeinträchtigung Ihrer gesundheitlichen Verfassung ableiten, die eine Prüfung Ihrer Atemluft unmöglich machte. Auch der Hinweis in der Krankengeschichte, Sie könnten sich an den Unfallshergang nicht mehr erinneren, beweist nach hs. Auffassung nicht, dass im Zuge der entsprechenden Aufforderung zur Prüfung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt eine erhebliche Störung Ihres normalen Wachbewusstseins vorliegen musste; ein solcher Hinweis zwingt nicht zum Schluss, dass die an Sie gerichtete Aufforderung (Alkomattest) Ihren Wahrnehmungen völlig entgangen ist, weil sich Ihr reaktives Verhalten nach erfolgter Aufforderung in einem solchen Falle völlig anders darstellen hätte müssen.

 

Dazu wird auch auf die Judikatur des VwGH vom 28..2000, ZI 99/02/0042, verwiesen, wonach es der ständigen Rechtsprechung des Höchstgerichtes entspricht, dass es schon auf Grund des situationsbezogenen Verhaltens in derartigen Fällen entbehrlich erachtet wird, ein ärztliches Sachverständigengutachten über die Zurechungsfähigkeit einzuholen.

 

Die Behörde gelangt daher auch in diesem konkreten Fall - auch unabhängig von den Angaben des med. Amtsachverständigen - zur Überzeugung, dass Sie trotz der beschriebenen Verletzungen den Tatbestand nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm. § 5 Abs. 2 StVO 1960 zu verantworten haben, weil auch aus Ihrem situationsbezogenen Verhalten unter Hinweis auf die Zeugenaussagen des Gendarmeriebeamten A und des Notarztes die zweifelsfreie Annahme über das Vorliegen Ihrer Zurechnungsfähigkeit zur Ablegung des verlangten Alkomattestes abzuleiten war; das obige Judikat gelangte der hs. Behörde erst zum Zeitpunkt dieser Entscheidung zur Kenntnis. Die Einholung amtsärztlicher Gutachten wäre daher gegebenenfalls nicht einmal erforderlich gewesen.

 

Der im Verfahren behauptete Einwand stellt daher eine Schutzbehauptung dar, um einer verwaltungsstrafrechtlichen Bestrafung zu entgehen; und damit wohl vor allem die festgesetzte Entziehungszeit hinsichtlich der auf Grund dieses Vorfalles entzogenen Lenkberechtigung (4 Jahre) wegen mehrerer vergangener Alkoholdelikte im Straßenverkehr rückgängig zu machen.

 

In der hs. Aufforderung wurde versehentlich als Zeitpunkt (Uhrzeit) der Verweigerung des verlangten Alkomattestes "20.05 Uhr" angeführt, während diese um ca. 20.35 Uhr erfolgte. Unter Hinweis auf das Judikat des VwGH vom 22.3.2002, 2001/02/0238, ist die Verfolgungsverjährung dennoch unterbrochen worden, als am 6.12.2002 vollständig Akteneinsicht - auch in die Anzeige - erfolgte und darin der richtige Zeitpunkt der "Alkomattestverweigerung" angeführt ist.

 

Die Einstellung des Verfahrens war jedenfalls abzulehnen.

 

Nach § 55 Abs. 2 VStG dürfen Verwaltungsstrafen, hinsichtlich welcher zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Strafbemessung bereits Tilgung eingetreten ist, bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt werden. Mittlerweile ist eine solche Tilgung hinsichtlich einer einschlägigen Bestrafung vom Jahre 1997 eingetreten, welche jedoch zum Zeitpunkt der Einleitung des Entziehungsverfahrens noch evident war. Bei der Strafbemessung durfte daher diese damalige verwaltungsstrafrechtliche Verurteilung nicht mehr nachteilig bewertet werden.

 

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden wie folgt berücksichtigt:

Ca. 900 Euro monatlich netto, keine Sorgepflichten, kein Vermögen.

 

Die vorgeschriebenen Kosten sind in der zitierten Gesetzesstelle begründet."

 

 

  1. In der fristgerecht durch den ag. Rechtsvertreter erhobenen Berufung führt der Berufungswerber Folgendes aus:

"In umseits rubrizierter Verwaltungsstrafangelegenheit erstattet der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 13.10.2003 zur Geschäftszahl VerkR96-7595-2002, zugestellt am 22.10.2003, innerhalb offener Frist nachstehende

 

Berufung:

 

Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten.

 

Als Berufungsgründe werden geltend gemacht:

 

Unrichtige sowie unvollständige Sachverhaltsfeststellung

Unrichtige Beweiswürdigung

Unrichtige rechtliche Beurteilung

 

1. Unrichtige bzw. unvollständige Sachverhaltsfeststellung:

 

Die Erstbehörde hat es in ihrem festgestellten Sachverhalt unterlassen festzustellen, dass der Beschuldigte nicht dispositions- und diskretionsfähig im Unfallszeitpunkt war.

 

Zu dieser Feststellung hätte die Erstbehörde durch das beigeschaffte amtsärztliche Sachverständigengutachten kommen müssen. In der Zusammenfassung hält der Sachverständige fest, dass die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit des Beschuldigten mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eingeschränkt, aber sicherlich nicht aufgehoben war.

 

Dieser Umstand könnte bzw. sollte bei der Entzugsdauer maßgeblich berücksichtigt werden.

 

Außer diesen Ausführungen ergibt sich eindeutig, dass der Erstbehörde nicht der Beweis gelungen ist, dass der Beschuldigte voll dispositions- und diskretionsfähig war. Die diesbezüglichen Zweifel gehen daher zu Lasten der Erstbehörde und wäre daher gemäß dem Grundsatz in dubio pro reo der Beschuldigte freizusprechen gewesen.

 

Dies wird dadurch bestärkt, zumal der Sachverständige trotz nochmaliger Aufforderung von Seiten der Bezirkshauptmannschaft Schärding bei der Erstmeinung geblieben ist. In dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom Sachverständigen vom 18.8.2003 hält der Sachverständige nochmals fest, dass der Beschuldigte zwar die Aufforderung zum Alkomat-Test verstand, angesichts seiner Verletzungen aber nur eingeschränkt dispositions- und diskretionsfähig war.

 

 

 

Trotz der Intervention von Seiten der Bezirkshauptmannschaft Schärding ist somit der Sachverständige bei seiner ursprünglichen Einschätzung geblieben. Die vom Sachverständigen angebotene Aktenvorlage bei der Sanitätsdirektion des Landes Oö wurde von der Erstbehörde nicht wahrgenommen.

 

Bei richtiger Beweiswürdigung hätte die Erstbehörde zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass der Beschuldigte weder dispositions- noch diskretionsfähig war und somit keine Verweigerung der Prüfung der Atemluft vorliegt.

 

2. Unrichtige Bewelswürdigung:

 

In der Beweiswürdigung bezieht sich die Erstbehörde zum einen auf die Zeugenaussage H St, wonach dieser bestätigt hat, dass der Beschuldigte mit einer Rotkreuzhelferin gesprochen hätte und auch seinen Namen angegeben habe.

 

Diese Ausführungen wurden vom Beschuldigten auch nicht bestritten. Es obliegt jedoch keinesfalls einem Straßenaufsichtsorgan darzutun, ob jemand aufgrund der vorliegenden Verletzungen dispositions- bzw. diskretionsfähig ist.

 

Das tatsächliche Verletzungsausmaß des Beschuldigten war vor Ort niemandem bekannt.

 

Diesbezüglich weist der Sachverständige in seinem Schreiben vom 13.3.2003 auch darauf hin, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt war, dass ein Wirbelkörperbruch und eine Gehirnerschütterung vorgelegen ist. Bestritten worden ist vom Beschuldigten auch nicht, dass er Alkohol konsumiert hat. Es handelt sich jedoch dabei um eine äußerst geringe Menge, wobei ein Alkoholgeruch dennoch wahrnehmbar ist. Es hat jedenfalls keine Alkoholisierung vorgelegen.

 

Allein der Umstand, dass der Beschuldigte gegenüber dem Zeugen St seinen Namen nannte, ist kein Rückschluss auf die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit zulässig.

 

Betreffend der Aussage des Zeugen A fällt auf, dass dieser den genauen Wortlaut der Alkomattestverweigerung nicht anzugeben vermag.

 

Der Zeuge fährt aus, dass er sich erinnern kann, dass der Beschuldigte sinngemäß mit dem Hinweis geantwortet hat, er mache auf keinen Fall einen Alkotest.

 

Es fällt auf, dass der Zeuge A einen wesentlichen Sachverhalt - Verweigerung eines Alkotests - nicht sachgemäß wiedergeben kann. Der Zeuge spricht nur von Erinnerungen bzw. sinngemäßen Äußerungen.

 

Die Zeugenaussage A überzeugt nicht und obliegt es einzig und allein dem medizinischen Sachverständigen Äußerungen zur Dispositions- und Diskretionsfähigkeit zu machen.

 

Aus der Zeugenaussage A R ist klar ersichtlich, dass der Beschuldigte durch einen schweren Verkehrsunfall verletzt worden ist. Der Zeuge hat angeführt, dass das gegenständliche Fahrzeug erheblich beschädigt war und der Beschuldigte auf ihn zu Beginn einen leblosen Eindruck gemacht hat. Daraus ist erkennbar, dass der Beschuldigte sehr wohl in seiner Diskretions- und Dispositionsfähigkeit eingeschränkt war.

 

In weiterer Folge bezieht sich die Erstbehörde auf das beigeschaffte medizinische Sachverständigengutachten. Gemäß diesem Gutachten bezieht sich die Erstbehörde darauf, dass nach Ansicht des Sachverständigen die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit nicht aufgehoben war. Der Sachverständige weist jedoch ausdrücklich auch darauf hin, dass die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eingeschränkt war.

 

Der Behörde ist somit nicht der Beweis gelungen, dass der Beschuldigte voll diskretions- und dispositionsfähig war.

 

Zur Zeugenaussage Dr. Sch weist der medizinische Sachverständige in seinem Schreiben vom 13.3.2003 hin, dass dem Notarzt zum Unfallszeitpunkt sicherlich nicht klar war, dass ein Wirbelkörperbruch und eine Gehirnerschütterung vorliegen. Die Gehirnerschütterung wird durch den Unfallhergang für nachvollziehbar erklärt und zeigt sich diese bei der notärztlichen Erstversorgung oft nicht so gravierend, sofern der Verletzte mit dem Notarzt weitgehend normal kommunizieren kann. Der Sachverständige bringt somit klar zum Ausdruck, dass man mit Personen kommunizieren kann und trotzdem die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit nicht voll gegeben ist. Genau diese Situation liegt in dem vorliegenden Fall vor.

 

Bei richtiger Würdigung des durchgeführten Beweisverfahrens hätte daher die Erstbehörde zu dem Ergebnis kommen müssen, insbesondere aufgrund des Grundsatzes in dubio pro reo, dass der Beschuldigte nicht voll diskretions- und dispositionsfähig im Unfallszeitpunkt war.

 

3. Unrichtige rechtliche Beurteilung:

 

Im festgestellten Sachverhalt gibt es keine Feststellung darüber, ob der Beschuldigte die Prüfung der Atemluft auf Alkohol verweigert hat.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes liegt keine Verweigerung der Prüfung der Atemluft vor, sodass die in diesem Zusammenhang ausgesprochene Geldstrafe von € 1.162,00 ungerechtfertigt ist.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes liegen zwei Verwaltungsstrafübertretungen vor, wobei diesbezüglich die ausgesprochene Strafe bei weitem zu hoch ist.

 

Hinsichtlich der Verwaltungsstrafübertretungen gemäß §§ 7 Abs.2 StVO und 4 Abs.1 lit.a StVO ist festzuhalten, dass mit einer bei weitem geringeren Strafe das Auslangen gefunden hätte werden können. Es liegen keine einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen vor, sodass die ausgesprochenen Strafen nicht gerechtfertigt sind.

 

Aufgrund obiger Ausführungen stellt der Beschuldigte nachstehende

 

Anträge:

 

1. Der Berufung Folge zu geben und das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding zum Aktenzeichen VerkR96-7595-2002 vom 13.10.2003 dahingehend abzuändern, dass das Strafverfahren gemäß § 99 Abs1 lit b in Verbindung mit § 5 Abs2 StVO 1960 eingestellt werde.

2. Der Berufung Folge zu geben und die Strafen betreffend §§ 7 Abs 2 und 4 Abs 1 lit a StVO 1960 erheblich herabzusetzen.

 

Schärding, 4.11.2003 E K"

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführen.

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes, insbesondere die beiden Stellungnahmen des Amtsarztes und den hinsichtlich der zweiten Stellungnahme erteilten behördlichen Auftrag, die zeugenschaftliche Aussage des Notarztes Dr. Sch v. 29.9.2003 und die Zeugenaussage des heute aus gesundheitlichen Gründen an der Zeugenaussage verhinderten GrInsp. St v. 25. Februar 2003 vor der Behörde erster Instanz. Ebenfalls wurde im Wege des BG Schärding der Verfahrensstand zum gerichtlichen Strafverfahren erhoben, sowie Übersichtsbilder mit der Straßenkilometrierung von den Vorfallsörtlichkeiten aus dem System DORIS zum Berufungsakt genommen.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde RevInsp. A zeugenschaftlich und der Berufungswerber als Beschuldigter zur Sache einvernommen.

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

Der Berufungswerber lenkte am 6.11.2002 um 20.00 Uhr seinen Pkw auf der B in (östlicher) Richtung St. Roman. Auf Höhe des Strkm 20.700 kam es zu einen Streifkontakt im einem entgegen kommenden Pkw, wobei der Berufungswerber ohne anzuhalten seine Fahrt fortsetzte. Diesbezüglich ist gegen den Berufungswerber wegen Verdacht nach § 89 StGB unter U 74/02 noch ein strafgerichtliches Verfahren anhängig.

In weiterer Folge kam der Berufungswerber bei Strkm 16,6 in einer an dieser Stelle verlaufenden flachen Rechtskurve von der Straße ab wobei er mit dem Fahrzeug in der angrenzenden Wiese zum Stillstand kam, dabei aber vorher aus dem Fahrzeug geschleudert worden sein dürfte. Er wurde von einem Zeugen neben dem Fahrzeug liegend aufgefunden, wobei er, wie sich später herausstellte, bei diesem Unfall erheblich verletzt wurde.

Im Zuge der Versorgung des Berufungswerbers durch eine Mitarbeiterin des Rettungsdienstes, des Notarztes und des RevInsp. A, wurde bei ihm Alkoholgeruch wahrgenommen. Es wurde schließlich seitens genannten Gendarmeriebeamten nach Rücksprache mit dem Notarzt Dr. Sch über die Möglichkeit der Durchführung einer Atemluftuntersuchung, die Aufforderung zur Durchführung einer Atemluftuntersuchung ausgesprochen. Seitens des Notarztes wurden keine Bedenken hinsichtlich der Durchführung einer Atemluftuntersuchung geäußert. Diese verweigerte der Berufungswerber mit dem klaren Hinweis, einen solchen Test nicht zu machen.

Wenn nun der Berufungswerber in seiner Verantwortung auf die Äußerungen des Amtsarztes verwies, wonach sinngemäß von einer Beeinträchtigung der Dispositionsfähigkeit ausgegangen werden müsse, dennoch aber aus ärztlicher Sicht die Auffassung vertreten wird, dass er trotz einer "gewissen Beeinträchtigung" einerseits die Aufforderungen verstanden hat und er andererseits in der Lage gewesen wäre den Test auch durchzuführen bzw. zumindest vorzunehmen zu versuchen.

Diesbezüglich kommt insbesondere der unmittelbaren ärztlichen Beurteilung des Berufungswerbers durch den Notarzt entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Der Notarzt erklärte in seiner Aussage am 29.9.2003, dass der Berufungswerber ansprechbar und nicht bewusstlos war. Er habe auf Fragen adäquat reagiert. Er habe daher gegenüber dem diesbezüglich fragenden Gendarmeriebeamten die Unbedenklichkeit der Durchführung einer Atemluftuntersuchung bestätigt.

Zum Ergebnis des Vorliegens der Dispositions- u. Diskretionsfähigkeit gelangt auch der über Auftrag der Behörde erster Instanz der bei ihr tätige Amtsarzt in seiner fachlichen Schlussfolgerung.

Durchaus zutreffend weist die Behörde erster Instanz in ihrem Schreiben vom 20. März 2003 an den med. Sachverständigen darauf hin, dass sich der medizinische Sachverständige in einem Gutachten rechtlicher Beurteilungen zu enthalten habe. Ergänzend kann an dieser Stelle dem noch hinzugefügt werden, dass dies auch für die Würdigung von Sachbeweisen zu gelten hat, wenn etwa im Gutachten vom 13. März 2003 Erörterungen über das Wissen- oder Nichtwissen von Verletzungsfolgen des Notarztes angestellt werden. Mit solchen Anmerkungen überschreitet ein Sachverständiger jedenfalls sein Fachgebiet, insbesondere etwa mit der Feststellung, "es wäre natürlich sinnvoller gewesen, in diesem Fall statt des Alkomattests eine Blutabnahme zur Feststellung des Alkoholisierungsgrades zu machen."

Aus der Sicht der Gendarmeriebeamten - welcher sich in völlig korrekter Weise über die Durchführbarkeit der Atemluftuntersuchung beim Notarzt erkundigte, wobei diese ihm bestätigt wurde - hätte daher ein Eingriff in seinen Körper durch eine Blutabnahme den Berufungswerber in einem verfassungsmäßig gewährleitsteten Recht verletzt. Dennoch kann in diesem Verfahren auf die Schlussfolgerung des Amtsarztes zurückgegriffen werden, zumal sich diese in schlüssiger Weise mit den Einschätzungen über den Zustand des Berufungswerbers der ihn vor Ort behandelnden Personen decken und damit diese aus fachlicher Sicht unterstützen.

Dies insbesondere hinsichtlich der Ausführungen über die Ansprechbarkeit und der Fähigkeit die an ihn herangetragenen Ansinnen auch zu verstehen. Dem Notarzt muss hier diese Beurteilungsfähigkeit zugemutet werden können. Wenn der Bediensteten des Rettungsdienstes vom Berufungswerber, auf deren Frage, von welchem Gasthaus er den gekommen sei, geantwortete wurde, dass ihr dies nichts angehe muss auch angesichts dieser klaren Aussage vom Vorliegen der Dispositionsfähigkeit ausgegangen werden, wobei diese Antwort auf eine ganz bewusste Verweigerungsabsicht schließen lässt. Offenbar konnte auch der am Unfallort anwesender Zeuge A. R mit dem Berufungswerber reden.

Unter all diesen Umständen kann selbst unter sorgfältigster Würdigung dieser Aussagen nicht davon ausgegangen werden, dass vom Berufungswerber die Verweigerung nicht ganz bewusst ausgesprochen wurde. Ob er sich auch deren Tragweite zur Gänze bewusst war kann letztlich auf sich bewenden.

Wenn sich der Berufungswerber anlässlich der Berufungsverhandlung an das Geschehen nach dem Unfall angeblich nicht mehr bzw. nur mehr dunkel zu erinnern vermochte, entkräftet dies nicht die "ex ante-Beurteilung" der vor Ort einschreitenden Personen, wobei - wie oben schon ausgeführt - insbesondere der Einschätzung des für solche Beurteilungen besonders qualifizierten Person, dem Notarzt Dr. Sch, in der Beweiswürdigung letztlich die entscheidende Bedeutung zukommt. Nicht übersehen sollte im Rahmen des hier feststehenden Sachverhaltes werden, dass beim Berufungswerber offenbar deutliche Indizien einer Alkoholbeeinträchtigung vorlagen, die zumindest als nachvollziehbares Motiv für das ihm zur Last gelegten Verhalten gesehen werden müssen.

Der Oö. Verwaltungssenat sieht hier keine Basis dem Berufungswerber zu folgen und hier im Zweifel von keiner zurechenbaren Verweigerung ausgehen zu können. Eine solche Annahme würde nicht nur mit der vor Ort getroffenen Einschätzung der für den Berufungswerber tätig gewordenen medizinischen und im Straßenaufsichtsdienst stehenden Personen, sondern auch zur Fachmeinung des Amtsarztes in krassen Widerspruch treten.

Nicht übersehen wird, dass der Berufungswerber durch diesen Unfall einen wohl schweren und dauerhaften körperlichen Schaden davongetragen hat und ihm gleichsam auch dadurch eine wohl noch viel härtere Strafe widerfahren ist.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Nach § 99 Abs.6 lit.c. StVO liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine Tat nach diesem Bundesgesetz oder nach den §§ 37 und 37a FSG den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht, ......

Zumal hier offenkundig durch eine strafgerichtliche Prüfung des Tatverhaltens nach § 89 StGB, ein auf das idente Schutzgut abstellendes Gerichtsverfahren anhängig ist, schließt dies ex lege eine Verwaltungsübertretung iSd § 7 Abs.2 StVO bereits aus.

Dahingestellt könnte daher sein, wonach iSd Rechtsprechung dem Regelungsziel des § 7 StVO zuzudenken ist, sich bei Benützung der Fahrbahn entsprechend dem Sicherheitsabstand rechts zu halten, nicht jedoch ein Verbot, die Fahrbahn nach einer Seite hin zu verlassen (VwGH 10.10.1995, 95/02/0276, VwSlg 14338 A/1995). Dies muss genauso für ein offenbar unkontrolliertes - und hier vermutlich wohl in einer Alkoholisierung gründendem - Abkommen von der Fahrbahn nach links gelten.

 

5.2. Nach § 4 Abs.1 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen,

  1. wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,
  2. wenn als Folge des Verkehrsunfalls Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen,
  3. an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes iSd § 4 Abs.1 lit.a StVO ist der tatsächliche Eintritt eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden sowie die Kenntnis des Täters hievon. Hinsichtlich des letzteren Umstandes genügt es, wenn ihm objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte. Es reicht also die Schuldform der Fahrlässigkeit aus - VwGH 11.9.1979, ZfVB 1980/4/1233.

Die Pflicht an der Unfallstelle auch anzuhalten dient der nachfolgenden Feststellung von Sachverhaltselementen gemeinsam mit dem Zweitbeteiligten, insbesondere zur Sicherung von Spuren oder sonstiger konkreter Beweismittel die für 'Aufklärung des Unfallgeschehens' erforderlich sind (vgl. auch VwGH 27.10.1977, 2002/76, VwGH 13.3.1981, 02/2245/80 sowie VwGH 20.2.1991, 90/02/0152 mit Hinweis auf VwGH 15.5.1990, 89/02/0048, und 89/02/0164).

Dem hat der Berufungswerber hier in unstrittiger Weise zuwider gehandelt, da ihm einerseits das beim Kontakt mit dem Gegenverkehr anzunehmende Geräusch und andererseits die unmittelbare seitliche Nähe zum Gegenverkehr nicht verborgen geblieben sein konnte.

 

5.3. Nach § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

  1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder
  2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Nach § 5 Abs.3 StVO ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft misst und entsprechend anzeigt (Alkomat).

Nach § 99 Abs.1 StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen.

Zur Rechtmäßigkeit der Aufforderung durch das Straßenaufsichtsorgan zur Atemluftmessung genügt es, wenn gegen den Aufgeforderten lediglich der Verdacht besteht, ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, um die gesetzliche Pflicht, sich der Atemluftuntersuchung zu unterziehen auszulösen (VwGH 28.11.1975/192/75, ZVR 1976/247, sowie VwGH 23.1.1991, 90/03/0256). Auch ist grundsätzlich jedes Verhalten des Betroffenen, das die Vornahme des Tests an dem vom Organ der Straßenaufsicht bestimmten Ort verhindert, einer Verweigerung gleichzusetzen, wobei einem solchen Organ zuzumuten ist, dies entsprechend zu beurteilen (vgl. insb. VwGH 11.10.2000, 2000/03/0083, mit Hinweis auf VwGH v. 23. 9. 1994, Zl. 94/02/0288 u.a.).

Ein Anspruch auf eine klinische Untersuchung und auch nicht auf eine Blutabnahme von Amts wegen bestand mangels eines hier offenkundig anzunehmenden in der Person des Probanden gelegenen Hindernisses an einer Beatmung nicht.

Wie oben bereits ausführlich dargelegt lagen hier keine Umstände vor, welche die Dispositions- u. Diskretions-, sowie die Schuldfähigkeit des Berufungswerbers ausgeschlossen hätten. Die Verweigerung ist ihm daher voluntativ zuzurechnen.

Nicht strafbar wäre ein strafbares Verhalten dann, wenn ein Betroffener wegen einer Bewusstseinsstörung oder einer sonstigen krankhaften Störung der Geistestätigkeit zum Zeitpunkt der Tat - hier der Verweigerung der Atemluftuntersuchung - unfähig gewesen wäre, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten (§ 3 VStG). Diese Frage konnte auf Grund des geschöpften Beweisergebnisses mangels jeglicher Indizien ausgeschlossen werden (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 752, mit Hinweis auf VwGH 1.4.1987, 86/03/0243).

Einem Fahrzeuglenker stünde auch nicht ein Wahlrecht bezüglich der Untersuchung der Atemluft, der ärztlichen Untersuchung oder einer "Blutprobe" zu (VwGH 17.10.1966/810/1966). Ebenso ist eine amtswegige Veranlassung der Blutuntersuchung weder zulässig und daher auch nicht vorgesehen. Diesbezüglich scheint der Berufungswerber einer irrigen Rechtsansicht anzuhängen. Eine Blutuntersuchung kann nur unter bestimmten gesetzlich determinierten Voraussetzungen zur Disposition stehen (VwGH 30.4.1992, 92/02/0149 mit Hinweis auf Erk. 29. Jänner 1992, Zl. 92/02/0074). Solche lagen hier aber nicht vor.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Da die Behörde erster Instanz hier die Mindeststrafe verhängt hat, musste der Berufung im Punkt 3. der Erfolg versagt bleiben, während im Punkt 2. angesichts der wahrlich ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers in Folge seiner Arbeitslosigkeit und seines geringen Taggeldes die Geldstrafe im Punkt 2. nachhaltig reduziert werden konnte. Demgegenüber war die mit dem Schuldgehalt der Fahrerflucht in Einklang stehende Ersatzfreiheitsstrafe mit drei Tagen als angemessen zu bestätigen.

Bei der Beurteilung der Frage des "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht und die Bedeutung im Zusammenhang mit dem Sachverhalt an (VwGH 27.2.1992, 92/01/0095). Hier ist dem Berufungswerber der Strafmilderungsgrund der Unbescholtenheit zu Gute zu halten. Dieser ist jedoch im Licht einer gesamten Beurteilung des hier zu beurteilenden Sachverhaltes nicht in dem Ausmaß überwiegend, dass die Anwendung des § 20 VStG - die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschreiten zu können - in Betracht gezogen werden könnte (jüngst VwGH 7.8.2003, 2002/02/0276). Sehr wohl kann jedoch mit der zu Punkt 2. reduzierten Geldstrafe die Prognose gestellt werden, dass einerseits neben der Bestrafung wegen Verweigerung der Atemluftuntersuchung, andererseits vor allem aber das für ihn mit diesem Verkehrsunfall einhergehende gesundheitliche Unbill künftighin zu einer Abstandnahme von derartigen Fehlverhalten führen wird (vgl. h. Erk. v. 13. März 2001, VwSen-107424/11/Br/Bk mit Hinweis auf VwGH 31.1.1990, 89/03/0027 u.a.; in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 859).

Rechtsmittelbelehrung:
 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

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