Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109391/2/Br/Be

Linz, 02.12.2003

 

 

 VwSen-109391/2/Br/Be Linz, am 2. Dezember 2003

DVR.0690392
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J K, geb. , A W, M, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei S, H, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 25. August 2003, Zl. VerkR96-2057-2002/Ah, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden ermäßigt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/20002- AVG iVm § 19, § 24, § 51e Abs.3 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 117/2002 - VStG.

 

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 15 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem oa. Straferkenntnis wider den Berufungswerber als Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges, wegen der Übertretung nach
§ 102 Abs.1 Z1 iVm § 4 Abs.7a und § 82 Abs.5 und § 134 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro verhängt und inhaltlich folgendes Tatverhalten zur Last gelegt:

"Sie lenkten am 18.3.2002 gegen 16.30 Uhr das Sattelkraftfahrzeug mit dem Zugfahrzeugkennzeichen , Anhänger Kennzeichen auf der A 8 Innkreis Autobahn aus Richtung Wels kommend bis zum Autobahngrenzübergang Suben/Inn auf Höhe km 75,100, wobei Sie es verabsäumten, sich vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, davon zu überzeugen, ob das in einem EU-Staat zugelassene Sattelkraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften hinsichtlich der Beladung entspricht, weil am 18.3.2002 um ca. 16.30 Uhr auf Höhe Autobahnkm 75, 1 00 der A 8 im Zuge einer Abwiegung des Sattel-Kfz festzustellen war, dass die Summe der höchsten Gesamtgewichte von 40 t durch die Beladung um 6.020 kg überschritten wurde."

1.1. Im Straferkenntnis wurde zu den Entscheidungsgründen nachfolgendes ausgeführt:

"Auf dem im Akt befindlichen Frachtbrief (Kopie) ist u.a. eingetragen ist ein Ladegewicht von 24,3 t. Auch die Menge des Holzes mit 30,165 m3 ist auf dem Frachtbrief vermerkt.

Laut Herrn S wurde Fichtenholz und Tannenholz geladen. Das Eigengewicht des Zugfahrzeuges betrug 7.240 kg. Das Eigengewicht des Anhängers 7.890 kg. Bei Addierung mit dem im Frachtbrief angegebenen Ladegewicht ergibt sich ein Gesamtgewicht von 39.430 kg.

 

Dieses Gewicht im Frachtbrief kann nicht als richtig angesehen werden im Hinblick auf die erhebliche Beladung im Rahmen der Kontrolle.

 

In rechtlicher Hinsicht steht fest, dass sich ein Lenker nicht auf Frachtbriefe oder ähnliches verlassen darf. Wird eine Überladung eines Fahrzeuges festgestellt, so bleibt der Lenker allgemein nur dann straffrei, wenn er glaubhaft macht, dass es ihm trotz einer vor Fahrtantritt durchgeführten und auch zumutbaren Kontrolle nicht möglich gewesen sei, die Überladung zu verhindern. Bei großen Gewichtsschwankungen der Ladung; z.B. bei Holz; darf der Lenker nur jene Menge aufladen (oder aufladen lassen), die auch unter Berücksichtigung des höchsten Gewichtes nicht eine Überschreitung des höchsten zulässigen Gesamtgewichtes bewirkt. Oder der Lenker hat sich der Mitwirkung einer fachkundigen Person zu bedienen oder sich allenfalls die für eine zuverlässige Feststellung erforderlichen Fachkenntnisse selbst zu verschaffen (siehe beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.6.1983, ZI. 82/0302431).

 

Falls keine Möglichkeit einer genauen Gewichtskontrolle beim Aufladen besteht, ist immer nur eine solche Menge Ladegut aufzuladen, dass unter der Annahme der ungünstigsten Verhältnisse keinesfalls das erlaubte Gesamtgewicht überschritten wird (siehe VWGH 28.11.1984, Z. 84/03/0259).

 

Würde man allgemein Ihrer Verantwortung folgen, dass sich ein Lenker bloß auf die Angaben in Frachtbriefen oder anderen Papieren verlassen könne, würde dies allgemein der bestehenden Rechtslage und auch der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofe widersprechen.

 

Ihren eigenen Angaben ist abzuleiten, dass bei der Firma D-R offensichtlich Überladungen an der Tagesordnung waren (sinngemäß "von 10 Fuhren mit Überladungen werde eine erwischt und die Firma bezahlt"). Auch geben Sie an, dass bei der Beladefirma unmittelbar keine Abwiegung mangels Waage vorgenommen werden konnte. St erklärte zudem, dass "in der angrenzenden Firma F die dort befindliche Waage kostenlos zu benützen" sei. Wenn Sie von dieser Möglichkeit der Abwiegung tatsächlich nichts wussten, so kann aus diesem Umstand allein kein Schuldausschließungsgrund abgeleitet werden, da Sie auf diese Möglichkeit hingewiesen worden wären, hätten Sie als Lenker auf eine Überprüfung des Ladegewichtes durch eine Abwiegung bestanden. Ihren eigenen Einwendungen nach war Ihnen die "Überladungspraxis" der genannten Firma bekannt. Im gegenständlichen Frachtbrief war außerdem entgegen Ihren Aussagen ein Gewicht von "40.000 kg" nicht eingetragen (lediglich ein Ladegewicht von 24,3 t und die Menge des Holzes).

 

Diese oben angeführten "Umstände" machten eine erhöhte Sorgfaltspflicht hinsichtlich einer notwendigen Recherche und Prüfung der im Frachtbrief eingetragenen Gewichte notwendig, der sowohl der Lenker N O und auch Sie nicht gerecht wurden. Vielmehr haben Sie sich trotz der von Ihnen geschilderten "Praxis" der genannten Beladefirma (dass immer wieder zu viel aufgeladen wurde) auf die Eintragungen des Frachtbriefes verlassen und laut Ihren Angaben und des Zeugen O das Sattelkraftfahrzeug sodann von Sattledt bis zur Kontrollstelle gelenkt. Damit aber haben Sie fahrlässig diese Überladung in Kauf genommen, da Ihnen offensichtlich durch Erfahrungen bekannt war, dass die darin vermerkten Eintragungen zu den Gewichten der Ladung bereits wiederholt nicht der Richtigkeit entsprochen haben.

 

Sie konnten somit im Hinblick in diesem konkreten Fall nicht davon ausgehen, dass die Eintragungen im Frachtbrief bezüglich der m3 Angaben und des Gewichtes dieses Mal richtig sind, vor allem weil keine Möglichkeit der Abwiegung bei der Beladefirma bestand und eine andere Person beladen hat. Es hätten Prüfungen vorgenommen werden müssen, auf welcher Basis man zu den Eintragungen laut Frachtbrief bezüglich der m3- Angabe und des Gewichtes gekommen war. Bei der Übernahme des Fahrzeuges in Sattledt stand Ihnen ausschließlich der Frachtbrief zur Verfügung, auf dessen Inhalt Sie selbst wie O nicht hätten vertrauen dürfen; war Ihnen doch bekannt, dass Überladungen bei dieser Firma bereits vorgekommen sind. Damit aber hätten Ihnen Zweifel kommen müssen hinsichtlich der Richtigkeit der eingetragenen Daten im Frachtbrief.

 

Die Übertretung wurde in Österreich begangen. Es ist die Rechtslage hinsichtlich der Verjährungsbestimmungen zu beachten, die hierzulande gilt. Die Verfolgungsverjährung beträgt 6 Monate ab Vollendung der Übertretung. Am 18.3.2002 wurde der Vorfall angezeigt. Am 24.5.2002 wurde eine Strafverfügung abgesendet. Damit wurde die 6-monatige Verfolgungsverjährungsfrist unterbrochen. Es ist somit nicht Verjährung eingetreten. Wenn Sie die Strafbarkeitsverjährung ansprechen, so beträgt diese 3 Jahre ab Beendigung des Tatverhaltens. Die Strafbarkeitsverjährung ist daher ebenso wenig eingetreten. Anders lautende, für die BRD gültige Verfahrensregeln sind nicht auf das hiesige Bundesgebiet zu übertragen. Die von Ihnen angesprochenen Verjährungsregeln gelten bei Übertretungen, die in Ihrem eigenen Land begangen bzw. vollendet werden.

 

Die Entscheidung über den von Ihnen eingebrachten Einspruch konnte darüber hinaus nicht von einer allfälligen Einschaltung eines Rechtsanwaltes anhängig sein.

 

Aufgrund des angeführten Sachverhaltes war die Einstellung des Verfahrens nach hs. Auffassung unzulässig. Darüber hinaus wurde die Verkehrssicherheit durch die Lenkung des Sattel-Kfz trotz Überladung negativ beeinträchtigt; es bilden sich durch überladene Schwerfahrzeuge Spurrinnen auf der Fahrbahn, die erhöhte Sanierungskosten nach sich ziehen.

Solche Delikte sind daher hintan zu halten.

 

Mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet. Erschwerungsgründe fand die Behörde nicht. Die im Spruch verhängte Geldstrafe ist angemessen angesichts der erheblichen Überladung. Die Verhängung einer geringeren Geldstrafe war aus general- und spezialpräventiven Gründen abzulehnen.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden wie folgt angenommen:

Ca. 800 Euro monatlich, für Gattin zu sorgen, kein Vermögen.

 

Die vorgeschriebenen Kosten sind in der zitierten Gesetzesstelle begründet."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner als fristgerecht erhobenen Berufung. Im Ergebnis führt der Berufungswerber aus, er sei praktisch nur als Anhalter unterwegs gewesen und habe bei dieser Gelegenheit den Lenker Norbert O als Fahrer lediglich abgelöst, was dieser gerne angenommen habe. In weiterer Folge beruft sich der Berufungswerber in teils polemischen und unsachlichen Ausführungen auf den Inhalt der Frachtpapiere welche die Überladung nicht erkennen lassen hätten. Schließlich sei der Fahrer N O bei der Beladung dabei gewesen, wobei die Ladung von ihm nicht überprüft werden habe können. Abschließend wird vom Berufungswerber die in Österreich angeblich herrschende Kontrollpraxis in sachlich nicht nachvollziehbarer und ins Polemische abgleitender Weise kritisiert, sodass darauf hier nicht weiter einzugehen ist.

 

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

Die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates wurde damit begründet. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte angesichts einer nicht über 500 Euro liegenden Geldstrafe und mangels der Bestreitung von Fakten unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 u. Z3 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding, woraus sich in Verbindung mit den Berufungsausführungen der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt ergibt.

 

4.1. Gemäß der Aktenlage wurde per Strafverfügung vom 16.5.2003 adressiert an "W" K, geb. eine Strafe in Höhe von 218 Euro verhängt, wobei wider den Genannten der hier verfahrensgegenständliche Tatvorwurf erhoben wurde. Dagegen wurde handschriftlich "Widerspruch" (gemeint Einspruch) erhoben. Schon dort wurde im Ergebnis die inhaltsgleiche Verantwortung vorgetragen, wobei er darüber hinaus schildert, dass Firmen auf Lenker Druck zum Überladen ausübten, welche im Falle der Weigerung bis zur Entlassung reichende wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen würden.

Im Akt befinden sich die Frachtpapiere (CMR Nr. L 892159) und ein Beleg der Firma R R, D A - E, woraus ein Ladegewicht des frischen Schnittholzes von 24.300 kg hervorgeht. Im Wege der Bezirkshauptmannschaft Gmunden wurde folglich ein Rechtshilfeersuchen zwecks Einvernahme des Beladers der Firma R gerichtet. Diesem wurde schließlich durch Vernehmung des H St durch den GP Enns am 8.3.2003 entsprochen. Dieser Zeuge gab an für die verfahrensgegenständliche Fracht 30,165 m³ Fichten- und Tannholz geladen zu haben. Der Zeuge wies auf die Streuung des spezifischen Gewichtes dieses Ladegutes zwischen 430 bis 800 kg pro m³ hin. Unter der Annahme eines Faktors von 805 kg/m³ habe sich das aus den Papieren hervorgehende Gewicht ergeben. Jeder Firma stehe es frei bei der angrenzenden Firma F verfügbaren Waage, welche kostenlos benützt werden könne, das tatsächliche Gewicht zu überprüfen. Dieser Zeugenniederschrift wurde noch eine Liste über die spezifischen Gewichte verschiedener Schnittholzsorten beigelegt, woraus die Fichte mit durchschnittlich 800 kg und die Tanne mit 900 kg/ m³ ausgewiesen ist.

Das Ergebnis dieser Beweisaufnahme wurde dem Berufungswerber "J" K (wobei jedoch wegen des Doppelvornamens Personenidentität besteht) am 20. Mai 2003 zur Kenntnis gebracht. In seiner dazu am 5. Juni 2003 handschriftlich übermittelten, am 13. Juni 2003 der Post zur Beförderung übergebenen Stellungnahme, erhebt der Berufungswerber insbesondere Vorwürfe gegen die in Überladungen sich auszeichnende ständige Beladepraxis der Firma R. Im übrigen wird im Ergebnis wie bereits im Einspruch und nachfolgend auch in der Berufung ausgeführt.

Der Zeuge O bestätigt in seiner Rechtshilfevernehmung bei der Polizeiinspektion Gerolzhofen am 3.8.2003 die Darstellung des Berufungswerbers sinngemäß, wobei er jedoch von einer Möglichkeit der Abwage der Ladung bei der Firma F keine Kenntnis erlangt hätte. Der Darstellung des Berufungswerbers, wonach er (O) sich einmal geweigert hätte einen überladenen Transport zu lenken und er deshalb entlassen worden wäre, widersprach der Zeuge.

 

5. Folgender Sachverhalt war daher als erwiesen anzusehen:

 

5.1. Der Berufungswerber lenkte am 18.3.2003 um 16.30 Uhr das Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen und den Sattelanhänger, Kennzeichen auf der Innkreisautobahn aus Richtung Wels. Er trat die Fahrt am Ort der Beladung zwecks Unterstützung des vom Frachtführer bestimmten Lenkers O an. Es war Schnittholz geladen. Beim Autobahngrenzübergang Suben, bei Strkm 75,100, wurde mit der Ausreisewaage das Gesamtgewicht mit 46.020 kg festgestellt, was einer Überladung von 15,1% entspricht.

Mit dem Berufungsvorbringen welches sich im Ergebnis bloß auf den Hinweis der Frachtpapiere beschränkt, vermag den Berufungswerber nicht zu entschuldigen. Wohl kann ihm zu Gute gehalten werden, dass er die Tat (die Überladung) nicht vorsätzlich begangen und somit nicht in dieser qualifizierten Schuldform zu verantworten hat. Bei realistischer Betrachtung ist es jedoch nur schwer nachvollziehbar, dass hier vom zweiten Fahrer (O) die Ladung in diesem Gewichtsumfang in Eigenregie übernommen worden wäre und er nicht alleine schon aus der Kubatur das Gewicht des Schnittholzes zu erschließen vermocht hätte. Die tatsächliche Kenntnis der Überladung müsste daher mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr wohl dem bei der Beladung anwesend gewesenen Lenker bekannt geworden sein. Dies einerseits mit Blick auf die bei einer ständig mit Holztransporten betrauten Person zu erwartenden Fachkenntnis über die Gewichte einer bestimmten Kubatur von Holz und andererseits angesichts der anzunehmenden Kenntnis des firmenmäßigen Auftrages über Art und Menge des Transportgutes in Verbindung mit der sonstigen Beschaffenheit des Fahrzeuges.

Wenngleich sich das tatsächliche Gewicht aus der Kubatur der Ladung in Verbindung mit dem spezifischen Gewicht des Ladegutes nicht nachvollziehen lässt, ist dennoch am Faktum der Überladung im hier zu Last liegendem Umfang nicht zu zweifeln. Der Oö. Verwaltungssenat übersieht durchaus nicht, dass hier für den Lenker - falls er bloß für einige Stunden dem von der Firma bestimmten Lenker, Herrn O, gleichsam als Entgegenkommen ausgeholfen hat - die Überladung faktisch kaum feststellbar war. Dennoch hat er damit die Verantwortung für das gesamte Fahrzeug übernommen gehabt und muss sich damit einhergehende Übertretungshandlungen dennoch zurechnen lassen.

Schlussfolgern lässt sich aus dem hier vorliegenden Beweisergebnis, dass bei den agierenden Firmen Überladungen auf dem Rücken der Lenker zumindest billigend in Kauf genommen oder sogar stillschweigend erwartet werden. Dabei mag es für die Lenker durchaus schwierig und unter Abwägung der Interessen am Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes subjektiv auch an die Grenze der Zumutbarkeit gehend sein, derartigen Fahrzeugüberladungen zu entgehen.

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Folgendes erwogen:

 

6.1. Eine Übertretung nach § 103 Abs.1 KFG ist grundsätzlich ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG (vgl. VwGH, Slg. 9180 A/1976).

Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation dieser Bestimmung geht der Verfassungsgerichtshof wohl davon aus, dass der § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Das Gesetz befreit die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage wohl nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite (insbesondere einen Irrtum über den Sachverhalt oder die allfällige Unmöglichkeit, das Verbot zu beachten), als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens nicht glaubhaft ist.

Mit dem bloßen Hinweis, wonach aus den Frachtpapieren die Überladung nicht erkennbar gewesen wäre, vermag der Berufungswerber einen Schuldausschluss jedoch nicht darzutun. Mit einer solchen Betrachtung wäre letztlich der Zurechenbarkeit einer Verantwortlichkeit eines Lenkers für Überladungen weitgehend der Boden entzogen. Ein solches Rechtsverständnis kann daher dem Gesetzgeber wohl nicht zugesonnen werden. Unberührt bleiben jedoch allfällige zivilrechtliche Möglichkeiten der Schadloshaltung gegenüber Dritten, auf deren rechtmäßiges Handeln er vertraute und vertrauen durfte.

In der Sache ist festzustellen, dass im Hinblick auf die Gewichtsschwankungen, denen Holz unterliegt, ein mit solchen Transporten befasster Kraftfahrer - und das muss für jeden Kraftfahrer gelten, selbst dann, wenn dieser nur aushilfsweise als Lenker betätigt - um den Beladungsvorschriften zu entsprechen und Überladungen zu vermeiden, verpflichtet ist sich die hiefür erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen bzw. sich allenfalls auch der Mitwirkung einer fachkundigen Person zu bedienen, und, falls keine Möglichkeit zu einer genauen Gewichtskontrolle beim Aufladen besteht, im Zweifel nur solch eine Menge an Holz zu laden hat, dass auch unter Annahme des höchsten Gewichtes pro fm das höchste zulässige Gesamtgewicht nicht überschritten wird (VwGH 19.10.1994, 94/03/0222 mit Hinweis auf VwGH vom 4.7.1997, 97/03/0030 mit Hinweis auf VwGH 22. 2. 1995, Zl. 95/03/0001). Um dieser Sorgfalt genüge zu tun ist jedes Mittel zu ergreifen um Überladungen zu vermeiden. Dieses Möglichkeit wäre hier insbesondere in der gratis zur Verfügung gestandenen Gewichtskontrolle des Sattelzuges auf der Waage bei der nächst dem Beladeort etablierten Firma F zu erblicken gewesen.

Mit Rücksicht auf das doch nicht unbeträchtliche Ausmaß der festgestellten Überladung (6.020 kg) geht die Darstellung von O von seiner Glaubwürdigkeit her ins Leere. Die Überladung ist letztlich dem Lenker zuzurechnen.

Daher entbehrt einerseits der aus den Berufungsausführungen abzuleitende Hinweis eines entschuldigenden Umstandes der fehlenden Tatsachenkenntnis einer tauglichen Grundlage eines Schuldausschließungsgrundes, andererseits ist mit Blick auf die stringente Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum § 5 VStG für den Berufungswerber nichts zu gewinnen gewesen (vgl. VwGH 8.10.1992, 91/19/0130).

Sollte sich darüber hinaus der Berufungswerber - was er in seiner zum Teil ins unsachliche abgleitenden Berufung anzudeuten scheint - an das spezifische Gebot der österreichischen Rechtsordnung nicht gebunden erachten und sich auf "allgemeine Bedenken im Hinblick auf die Anwendbarkeit dieser gesetzlichen Bestimmung außerhalb des Hoheitsgebietes von Österreich" und sich damit auf die Begrenzung des staatlichen Gebotsbereiches auf das Territorium des Staatsgebietes (Territorialitätsprinzip) berufen wollen, müsste ihm auch mit derartigen rechtlichen Erwägungen ein Erfolg versagt bleiben. Der staatliche Gebotsbereich erstreckt sich in der Figur des "Schutzprinzips" auch auf andere Staatsangehörige, sofern sich deren Handeln gegen ein inländisches Rechtsgut richtet (Walter-Mayer, Grundriss des Bundesverfassungsrechtes, 8. Auflage, RZ 176).

Hier ist abschließend von einer zumindest billigenden Inkaufnahme dieses überladenen Transportes auszugehen (VwGH 19.10.1994, 94/03/0222 mit Hinweis auf VwGH vom 4.7.1997, 97/03/0030 mit Hinweis auf VwGH 22. 2.1995, Zl. 95/03/0001).

Dem Verjährungseinwand ist entgegen zu halten, dass bereits in der Strafverfügung eine taugliche Verfolgungshandlung zu erblicken ist. Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist (verjährungsunterbrechende) Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung - wie ausdrücklich auch eine Strafverfügung -, und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war (vgl. VwGH 18.3.1998, 96/09/0246). An der Identität des Berufungswerbers konnte die Strafverfügung keine Zweifell aufkommen lassen, zumal diese vom Bw offenbar persönlich beeinsprucht wurde.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

 

 

7.1. Mit der Überladung von Kraftfahrzeugen in schon in dem hier vorliegenden Ausmaß geht gemäß einer Studie der Universität München eine überproportionale Abnützung der Straße einher. Die Lebensdauer der Straße reduziert sich zeitlich um ein Mehrfaches (Fachzeitschrift, Straße + Autobahn, 2/95, S 65 ff). Somit hat dies eine unmittelbar nachteilige Auswirkung auf die Allgemeinheit, die in Form der von der öffentlichen Hand zu tragenden gravierend höheren Sanierungskosten des Straßennetzes zu Buche schlägt. Der objektive Unwertgehalt derartiger Verstöße ist daher mit Blick darauf und die damit entstehenden volkswirtschaftlichen Schäden am öffentlichen Straßennetz als beträchtlich einzustufen.

Aus diesem Blickwinkel bedarf es sowohl aus Gründen der Spezial- wie auch der Generalprävention empfindlicher Strafen, um einerseits den Berufungswerber künftighin eine größere Sensibilität gegenüber diesem Rechts- und Allgemeingut angedeihen zu lassen und andererseits den Schutzwert generell hervorzuheben.

Gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens eine Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem Ermessen (Strafzumessung) im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. dazu unter vielen VwGH v. 25. März 1980, [verst. Senat] Slg. Nr. 10.077/A).

Hier ist davon auszugehen gewesen, dass dem Berufungswerber die Überladung objektiv betrachtet nicht evident geworden sein konnte. Da er einerseits offenkundig nur aus einem persönlichen Motiv dem Fahrer O ausgeholfen hat und andererseits ihn auch die Frachtpapiere in der Überzeugung der korrekten Beladung bestärkten, musste dieser Umstand auf der Schuldebene eine über den Umfang der Behörde erster Instanz - welche die Strafe ebenfalls bereits mit Augenmaß festsetzte - hinausgehende Würdigung erfahren.

Das Einkommen des Berufungswerbers wurde von der Behörde erster Instanz mit 800 Euro und damit wohl durchaus sehr vorsichtig und bescheiden eingeschätzt. Unter weiterer Berücksichtigung der bestehenden Sorgepflicht des Berufungswerbers für seine Ehefrau und des Strafmilderungsgrundes der bisherigen Unbescholtenheit scheint die nunmehr verhängte Geldstrafe mit Blick auf die mit dieser Übertretung einhergegangenen Schädigung der gesetzlich geschützter Interessen und in Wahrung des präventiven Zwecks der Strafe angemessen.

 

Rechtsmittelbelehrung:
 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

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