Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-109396/2/Br/Be

Linz, 04.12.2003

 VwSen-109396/2/Br/Be Linz, am 4. Dezember 2003

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn Dr. G K, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20. November 2003, VerkR96-4887-2003, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; die ausgesprochene Geld- und die mit der Strafverfügung ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden wird bestätigt.
 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG;

 

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 13 Euro auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis - dessen Schuldspruch durch die Strafverfügung vom 2. September 2003 in Rechtskraft erwuchs - die vom Berufungswerber erhobene Strafberufung unter Hinweis auf § 19 Abs.1 u. 2 VStG abgewiesen. Zusätzlich wurden nach § 64 VStG an Verfahrenskosten 6,50 Euro auferlegt.

1.1. Die Behörde erster Instanz wies in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf § 49a Abs.1 VStG hin, wonach für diesen Tatbestand zwecks Verfahrensbeschleunigung eine Anonymverfügung vorgesehen wurde, wobei per Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 3.12.2001, VerkR01-7-5-2001 für eine Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von 20 bis 25 km/h der Strafbetrag mit 50 Euro festgesetzt worden sei.

Konkret wurde im Rahmen des ordentlichen Verfahrens hinsichtlich der Strafzumessung im Ergebnis auf die Unbeachtlichkeit des für eine Anonymverfügung vorgesehenen Strafsatzes für das fortgesetzte Verfahren verwiesen (Hinweis auf VwGH 18.12.1995, 95/02/0538). Da vom Berufungswerber ein mit der Anonymverfügung nicht übereinstimmender Betrag von nur 29 Euro erst nach Ablauf der Zahlungsfrist (gemeint für die 50 Euro) einbezahlt worden sei, wurde dieser Betrag dem Berufungswerber zurücküberwiesen. Die Höhe der nunmehr festgesetzten Strafe wurde daher unter Hinweis auf die allgemeinen Strafzumessungsgründe - der Berufungswerber habe keine Angaben über seine Einkommensverhältnisse gemacht als angemessen erachtet.

 

2. In seiner gegen das Strafausmaß erhobenen Berufung erachtet sich der Berufungswerber angeblich dadurch beschwert, weil es lediglich wegen seiner persönlichen Überlastung nicht zur Einzahlung der Anonymverfügung gekommen sei. Dabei entstehe für ihn der Eindruck, die Behörde bestrafe jemanden, der ihr (gemeint durch die Herbeiführung von Verfahrensaufwand) Arbeit antue und gehe anstatt dessen nicht auf seine Argumente ein. Man habe sich ferner nicht mit seinem Geständnis auseinandergesetzt, es sei lediglich immer um die Höhe der Strafe gegangen. Daher erachte er es nicht gerechtfertigt, eine höhere Strafe als in der Anonymverfügung festgesetzt gewesen, zu verhängen.

Abschließend vermeint der Berufungswerber die Behörde habe keine für die Ermessensübung erforderliche Feststellungen getroffen. Abschließend beantragt er a) die Bescheidbehebung und die Zurückverweisung an die Behörde erster Instanz zwecks ergänzender Beweiserhebung und b) in eventu die Geldstrafe auf 50 Euro zu ermäßigen.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land. Daraus ergibt sich in Verbindung mit dem Vorbringen des Berufungswerbers der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

Eine Berufungsverhandlung konnte hier angesichts der sich ausschließlich auf die Klärung von Rechtsfragen reduzierenden Berufungsausführungen iVm einer bloßen Strafberufung unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 u. Z3 VStG).

 

3.1. Dem Vorbringen des Berufungswerbers kann aus nachfolgenden Betrachtungen keine sachliche Berechtigung zuerkannt werden:

Für sogenannte "Bagatellfälle" hat der Gesetzgeber eine gesonderte Regelung vorgesehen, wonach für solche Fälle mit einer Anonymverfügung im vorhinein festgesetzte Geldstrafen bis zu 220 Euro vorgeschrieben werden dürfen. Gemäß der o.a. Verordnung der belangten Behörde ist im Falle des § 20 Abs.2 StVO 1960 bei einer Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 20 bis zu 25 km/h die Verhängung einer Geldstrafe von 50 Euro vorgesehen und damit ist eine objektive Bewertung des strafbaren Verhaltens vorgenommen worden.

Die im konkreten Fall vom Berufungswerber begangene Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit liegt innerhalb des zulässigerweise durch Anonymverfügung zu ahndenden Ausmaßes. In diese abstrakt vertypten Bewertung des Unrechts können etwa die in § 19 Abs.2 VStG im Rahmen eines ordentlichen Strafverfahrens zwingend zu berücksichtigenden individuellen Strafzumessungsgründe keinen Eingang finden (vgl unter vielen h. Erk. v. 8. März 1996, VwSen-103557/2/Ki/Shn, sowie VwGH 20.11.2000, 94/09/0197 mit Hinweis auf VwGH 25.3.1980, 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Darüber hinaus besteht - im Gegensatz zur vorgeblichen Auffassung des Berufungswerbers - weder ein Rechtsanspruch nur mit einem Organmandat bestraft zu werden noch ein Anspruch auf die (bloße) Erlassung einer Anonym- oder einer Strafverfügung. Diese Institute dienen wie oben bereits ausgeführt lediglich der Verfahrensökonomie in sogenannten Massenverfahren.

Sollte nun tatsächlich der Berufungswerber aus bloß geringem Verschulden die Einzahlung verabsäumt haben ist damit für ihn mit Blick auf das vorher Ausgeführte nichts zu gewinnen. Da offenbar vom Berufungswerber nicht nur verspätet, sondern darüber hinaus auch noch ein falscher Geldbetrag einbezahlt wurde, kann von einem bloßen Versehen nicht mehr die Rede sein. Diese Betrachtung könnte unterbleiben, scheint jedoch angesichts des Berufungsvorbringens geboten angemerkt zu werden.

 

3.1.1. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Dazu ist zunächst einerseits darauf hinzuweisen, dass die Erhaltung der Verkehrssicherheit im Straßenverkehr und damit verbunden der Schutz von Leben, Gesundheit bzw. Sachgütern, einen der wichtigsten Regelungsbereiche der Straßenverkehrsordnung 1960 darstellt. Die vom Berufungswerber übertretene Norm dient vor allem der Verkehrssicherheit und dementsprechend wird durch eine Übertretung dieser Norm die Verkehrssicherheit selbst bei dem hier vorliegenden Ausmaß nachteilig betroffen, weil überhöhte Geschwindigkeiten immer wieder schwere und schwerste Verkehrsunfälle zur Folge haben. Um die Einhaltung dieser Norm sicherzustellen, bedarf es bereits aus generalpräventiven Gründen einer entsprechenden Bestrafung. Diese Bestrafung kann sich daher naturgemäß nicht nur an abstrakt vertypten Kriterien, wie diese außerhalb von ordentlichen Verfahren vorgesehen sind, orientieren, sondern es ist vielmehr (auch) auf die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägend und auf das Ausmaß des Verschuldens bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Zu der hier im Rahmen des Gesetzes geübten Ermessensübung ist insbesondere auf das beim Berufungswerber, der von Beruf R ist, durchaus als überdurchschnittlich einzuschätzende Einkommen und den bis zu 726 Euro reichenden Strafrahmen hinzuweisen. Er leistete dem Ersuchen der Behörde erster Instanz auf Bekanntgabe seiner wirtschaftlichen Verhältnisse unter Hinweis auf § 19 VStG vom 2. Oktober 2003 in seiner schriftlichen Beantwortung vom 15. Oktober 2003 ausdrücklich keine Folge. Angesichts der insgesamt sechs verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen (fünf wegen Nichtbekanntgabe des Fahrzeuglenkers nach § 103 Abs.2 KFG und eine wegen der Übertretung nach § 9 Abs.2 StVO [Schutzweg]) kann dem Berufungswerber auch der strafmildernde Umstand der Unbescholtenheit nicht mehr zu Gute gehalten werden. Mit Blick darauf ist die hier verhängte Geldstrafe durchaus als milde bemessen zu erachten, wenngleich nicht übersehen wird, dass bei der vorliegenden Überschreitung im Umfang vom 24 km/h noch vom geringen Verschuldensgrad der Fahrlässigkeit ausgegangen werden kann.

Abschließend ist anzumerken, dass der Hinweis des Berufungswerbers in seinem Einspruch vom 4.9.2003, worin er das Institut der Anonymverfügung als "Versuch des Abkassierens" und er in seiner Stellungnahme vom 15.10.2003 das Institut der Anonymverfügung mit der abgeschafften "Inquisition" in Verbindung bringen zu können vermeint, nach h. Auffassung als sachlich nicht nachvollziehbar zurückzuweisen ist.

Der Strafberufung musste demnach der Erfolg versagt bleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

 

Dr. B l e i e r
 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum