Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109410/2/Ki/Jo

Linz, 16.12.2003

 

 

 VwSen-109410/2/Ki/Jo Linz, am 16. Dezember 2003

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Ing. J S, A, T, vom 24.11.2003 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 11.11.2003, VerkR96-828-2003, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten-beiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 11.11.2003, VerkR96-828-2003, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 27.11.2002 um 09.21 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen S im Ortsgebiet A auf der T Straße bei Strkm gelenkt und habe die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten, indem er eine Geschwindigkeit von 67 km/h gefahren sei. Er habe dadurch § 20 Abs.2 1. Fall StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 29 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 9 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung des Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 2,90 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 24.11.2003 Berufung, er strebt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses an.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Der Bw hat gegen eine zunächst in dieser Angelegenheit ergangene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Schärding (VerkR96-828-2003 vom 20.02.2003) einen Einspruch erhoben, dieser Einspruch wurde zunächst nicht begründet, es wurde ersucht, die vorliegenden Beweise zu übermitteln.

 

Im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens vor der Bezirkshauptmannschaft Schärding hat sich dann der Berufungswerber dahingehend gerechtfertigt, dass er am besagten Tag von Raab kommend in Richtung G-S gefahren sei. Vorher sei er rechts auf einen Feldweg abgebogen und Richtung Friedhof gefahren, wo er in der Nähe einen Pachtgrund bewirtschaftet. Nachher sei er weiter in Richtung A, R gefahren. Beim A Friedhof sei keine Ortstafel angebracht und es ergebe sich daher kein strafbarer Tatbestand.

 

Dieser Rechtfertigung hielt die Bezirkshauptmannschaft Schärding in der Begründung des Straferkenntnisses entgegen, es sei bemerkenswert, dass er in seinem Einspruch von der angeblichen Fahrt über einen Feldweg zwischen G-S und A nichts erwähnt habe. Es werde daher die nachträgliche Rechtfertigung als unglaubwürdig erachtet. Als in der Gemeinde A wohnhafte Person sei ihm bestens bekannt, dass das Ortsgebiet A auf der T Straße am Kontrollstandort im Ortsgebiet A gegeben sei.

 

Zunächst wird festgestellt, dass dem Vorbringen, beim A Friedhof sei keine Ortstafel angebracht, seitens der Bezirkshauptmannschaft Schärding nicht entgegen getreten wird. Die Berufungsbehörde geht daher von dieser behaupteten Tatsache aus.

 

Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann nicht vorgeworfen werden, am Tatort im Ortsgebiet die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben, wenn der Fahrzeuglenker auf seinen Weg zum Tatort kein ordnungsgemäß angebrachtes Hinweiszeichen gemäß § 53 Abs.1 Z17a passiert hat (VwGH 05.10.1988, 88/18/0307 u.a.).

 

Im Sinne der zitierten Judikatur ist es daher unerheblich, ob der Berufungswerber mit den Gegebenheiten in A vertraut war oder nicht, jedenfalls, so nach seinen Angaben, hat er am Weg zum Tatort kein entsprechendes Verkehrszeichen passiert.

 

Weiters muss festgestellt werden, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz in dubio pro reo anzuwenden ist. Wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung somit Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach diesem Grundsatz laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Freispruch zu erfolgen.

 

Dass sich, wie die Bezirkshauptmannschaft Schärding argumentiert, der Bw anlässlich des Einspruches gegen die Strafverfügung noch nicht entsprechend artikuliert hat, kann im vorliegenden Falle nicht ihm zur Last fallen. Es reicht nämlich hin, wenn gegen die Strafverfügung ein Einspruch erhoben wird, eine nähere Begründung ist in diesem Falle noch nicht geboten. Der Bw hat im vorliegenden Falle ersucht, die gegen ihn vorliegenden Beweise zu übermitteln. Dies ist nach Auffassung der Berufungsbehörde eine völlig verständliche Reaktion, konnte er sich letztlich erst nach Vorliegen dieser Beweise mit dem zur Last gelegten Sachverhalt entsprechend auseinandersetzen.

 

Wenn nun der Bw vorbringt, er sei im Bereich des A Friedhofes in das Ortsgebiet eingefahren, ohne eine entsprechende Ortstafel zu passieren, so kann nach vorliegendem Verfahrensstand dieser Rechtfertigung nicht entgegen getreten werden.

 

Gegenteilige Beweise wurden durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding nicht erhoben und es ist auch im Berufungsverfahren keine Möglichkeit gegeben, entsprechende Beweise aufzunehmen, weshalb die den Bw zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Im Sinne der zitierten Bestimmung des § 45 Abs.1 Z1 VStG war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 

Beschlagwortung:

keine Bestrafung nach § 20 Abs.2 StVO 1960, wenn am Weg zum Tatort keine Ortstafel passiert wurde

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