Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-109421/5/Br/Gam

Linz, 26.01.2004

VwSen-109421/5/Br/Gam Linz, am 26. Jänner 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau S K, geb. , Z, B L, vertreten durch die Rechtsanwälte G, W J L, E Str. I, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 6. November 2003,
Zl.: VerkR96-5611-2003, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach der am 26. Jänner 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 80 Euro (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe von 400 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden, sowie an Verfahrenskosten in Höhe von 80 Euro verhängt, weil sie am 9.6.2003 um 12.04 Uhr, mit dem Pkw, Kennzeichen , auf der A8 in Richtung Suben gelenkt und dabei im Gemeindegebiet von Antiesenhofen, bei Strkm 68,009, die auf österreichischen Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 67 km/h überschritten habe.

1.1. Die Behörde erster Instanz erachtete den Tatvorwurf aufgrund einer durch Radarmessung festgestellten Fahrgeschwindigkeit von 208 km/h und nach Abzug der Verkehrsfehlergrenze von 197 km/h als erwiesen. Der Strafausspruch wurde mit Hinweis auf § 19 VStG insbesondere unter Hinweis auf das eklatante Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung begründet.

2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit der fristgerecht durch die ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung. Diese blieb vorerst gänzlich unbegründet, wobei lediglich um Übermittlung der Verfahrensakte an die Kanzlei der Rechtsvertreter beantragt wurde.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung schien in Wahrung der durch Art. 6 EMRK intendierten Rechte in unmittelbarer Beweisaufnahme zur Anhörung der Berufungswerberin geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, Zl.: VerkR96-5611-2003. Der Verfahrensakt wurde im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung verlesen und zur Erörterung gestellt. Auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

4.1. Wegen der mängelbehafteten Berufung wurde die Berufungswerberin mit h. Schreiben vom 15.12.2003, unter Hinweis auf § 63 Abs.3 iVm § 13 Abs.3 AVG, aufgefordert das Formgebrechen der Berufung zu beheben.

Dem hat die Berufungswerberin mit ihrer nachgereichten Ergänzung zur Berufung vom 22.12.2003 entsprochen.

In dieser Eingabe benannte sie erstmals drei als mögliche Lenker in Betracht kommende Personen.

In der auch ihr persönlich zugestellten Ladung zur Berufungsverhandlung wurde sie darauf hingewiesen, dass ihr persönliches Erscheinen im Hinblick auf ihr spezifisches Berufungsvorbringen zweckmäßig erachtet werde. Ebenfalls wurde darin ihre Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Glaubhaftmachung ihres Berufungsvorbringens unterstrichen und hervorgehoben, dass sie Erklärungen der von ihr genannten "möglichen Lenker" bis zur Verhandlung vorlegen möge.

Tatsächlich blieb sie unentschuldigt der Berufungsverhandlung fern. Der ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter substituierende Rechtsanwalt Dr. R, für diesen Frau Mag. S, erklärte anlässlich der Berufungsverhandlung, "über keine zusätzlichen Informationen zur Sache zu verfügen". Sie vermochte sich folglich nur auf die Aktenlage zu beziehen und abschließend vorzutragen, dass die Berufungswerberin nicht Lenkerin zum fraglichen Zeitpunkt gewesen wäre.

5. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass sie bereits vier Wochen nach dem Vorfall mit dem Tatvorwurf konfrontiert wurde. Dabei wusste sie in ihrem Schreiben vom 10. Juli 2003 noch nicht jene Personen zu benennen, welche sie erst im Zuge der Berufungsergänzung erstmals als in Betracht kommende Lenker namentlich nannte. Dies wäre jedoch naheliegend gewesen, wäre etwa eine dieser Personen tatsächlich der Lenker oder die Lenkerin gewesen. Es entspricht der Lebensnähe, dass in solchen Fällen derartige Personen bei der ersten sich bietenden Gelegenheit benannt würden. Auch die Erinnerung muss zu diesem Zeitpunkt noch relativ frisch gewesen sein, sodass es durchaus nicht lebensfremd wäre jenen Lenker konkret noch zu benennen der das eigene Fahrzeug im Bereich der Staatsgrenze zu Deutschland im Bereich vom Grenzübergang Suben lenkte. Diesem nachgereichten Vorbringen vermag daher unter Hinweis auf das gänzliche Unterbleiben einer aktiven Mitwirkung durch die Berufungswerberin an ihrem eigenen Verfahren nicht gefolgt werden.

Es entspricht ferner durchaus der Realität, dass privat gehaltene Fahrzeuge in aller Regel auch von dessen Halter selbst oder allenfalls einem Familienmitglied gelenkt werden. Unter all diesen Überlegungen kann daher - mangels jeglicher Mitwirkung - der die Lenkereigenschaft bestreitenden Verantwortung der Berufungswerberin nicht gefolgt werden.

Vielmehr musste auf Grund der sich im Rahmen der Berufungsverhandlung ergebenden Beweislage davon ausgegangen werden, dass sie ihr Fahrzeug am 9.6.2003 um 12.04 Uhr auf der A 8 bei Strkm 68.007 in Richtung Suben selbst lenkte. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mittels Radarmessgerät MUVR 6F
Nr. 697, wobei gemäß dem ausgearbeiteten Foto die gemessene Geschwindigkeit von 208 km/h deutlich erkennbar ist. Da dieses Faktum nicht bestritten wird und weder Hinweise noch ein Vorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Mängel bei der Messung, etwa ein Fehler bei der Zuordnung des Fahrzeuges zur spezifischen Messung, nicht vorhanden sind, ist von der Gültigkeit dieses Messergebnisses auszugehen.

Wie oben schon festgestellt nahm die Berufungswerberin unentschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil. Sie brachte wie bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens festgestellt, auch sonst nichts inhaltlich Nachvollziehbares dar was am Tatvorwurf zweifeln lassen könnte. Darauf wies auch der Vertreter der Behörde erster Instanz im Rahmen der Berufungsverhandlung mit dem Antrage die Entscheidung der Behörde erster Instanz zu bestätigen zutreffend hin. Schließlich wurden auch keine weiteren Beweisanträge seitens der Berufungswerberin gestellt.

6. Rechtlich verweist der unabhängige Verwaltungssenat auf die von der Erstbehörde richtigen Subsumtion des Tatverhaltens unter § 20 Abs.2 StVO 1960 und die Strafnorm nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Radarmessung grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung der Fahrgeschwindigkeit eines Fahrzeuges. Die Verkehrsfehlergrenze bei der hier gemessenen Fahrgeschwindigkeit von +/- 5% ergibt gerundet eine um 11 km/h zu reduzierende Fahrgeschwindigkeit (vgl. VwGH 23.3.1988, 87/02/0200).

Die Berufungswerberin hat weder im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens konkrete Angaben zur bloß plakativ bestrittenen Lenkereigenschaft gemacht noch brachte sie im Rahmen des Berufungsverfahren etwas zu ihrer Entlastung vor, noch nahm sie an der Berufungsverhandlung teil.

Verweigert es der Fahrzeughalter grundlos, die Glaubhaftmachung im oben genannten Sinn zu versuchen, wird die Behörde in der Regel berechtigt sein, die bloß lapidare Bestreitung der Lenkereigenschaft am eigenen Fahrzeug als unrichtig zu qualifizieren (VwGH 27.9.1999, 98/17/0363).

Der Verfahrensgrundsatz, dass die Behörde von Amts wegen vorzugehen hat (§ 24 VStG iVm § 39 Abs.2 AVG, § 25 Abs.1 VStG), befreit die Partei nicht von ihrer Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, wobei diese Mitwirkungspflicht auch den (die) Beschuldigte(n) im Verwaltungsstrafverfahren trifft. Die Mitwirkungspflicht hat insbesondere dort Bedeutung, wo - so wie hier - ein Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden kann, und erfordert es, dass der Beschuldigte seine Verantwortung nicht darauf beschränken kann, die ihm zur Kenntnis gelangten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. So löst etwa das bloße globale Bestreiten des Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen, in einem durch eine Meldung eines Sicherheitswachebeamten eingeleiteten Verfahrens keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt der Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt (unter vielen VwGH vom 20.9.1999, 98/21/0137).

Wenn die Berufungswerberin erst im Rahmen der Berufungsergänzung bestimmte Personen als mögliche Lenker bekannt gab, wäre es ihr wohl auch zuzumuten gewesen entsprechende Erklärungen dieser Personen vorzulegen.

Da die Berufungswerberin trotz eingehender Hinweise auf die Mitwirkungspflicht und sorgfältiger Manuduktion hinsichtlich der Möglichkeit ihr Vorbringen zumindest glaubhaft zu machen ohne Angabe von Gründen unentschuldigt zur Berufungsverhandlung nicht erschienen ist, konnte ihrem gänzlich unbelegt bleibenden bestreitenden Vorbringen nicht gefolgt werden. Vielmehr war der Behörde erster Instanz in ihren Ausführungen und Feststellungen dem Inhalt nach zu folgen.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Der Behörde erster Instanz ist auch zu folgen gewesen, wenn sie im Ergebnis ausführte, dass mit einer überhöhten Fahrgeschwindigkeit in aller Regel auch eine erhöhte Gefahrenpotenzierung einhergeht. Daher muss derartigen Übertretungen durchaus mit spürbaren Strafen begegnet werden.

Dabei gelangt hier das Gewicht des Unwertgehaltes dieser Übertretungshandlung darin zum Ausdruck, dass der Anhalteweg bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von
130 km/h bei knapp 127 m liegt, während sich dieser aus 197km/h mit knapp 260 m ergibt; jene Stelle an der das Fahrzeug aus 130 km/h zum Stillstand gelangt, würde bei der von der Berufungswerberin gefahrenen Geschwindigkeit noch mit 161 km/h durchfahren werden. Dieser Berechnung liegt eine von jedem Fahrzeug noch erreichbare und durchaus realistisch angesetzte Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit zu Grunde (Berechnung mittels Analyzer Pro 4.0). Immerhin darf jedermann darauf vertrauen, dass andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz).

Angesichts dieser Überlegung liegt es auf der Hand, dass selbst auf Autobahnen mit solchen Fahrgeschwindigkeiten nicht gerechnet werden muss und andere - etwa überholende Fahrzeuglenker - bei so hohen Annäherungsgeschwindigkeiten ihr Fahrverhalten darauf nicht ausreichend abstimmen können, worin vielfach die Ursache für fatale Verkehrsunfälle zu erblicken ist. Die auf übliche Weg-Zeit-Abläufe basierenden Korrekturmechanismen im Verkehrsgeschehen funktionieren bei solchen Geschwindigkeitsdimensionen nur mehr im geringen Umfang. Hinsichtlich der Tatschuld ist zu bemerken, dass hier von vorsätzlicher Begehung der Verwaltungsübertretung auszugehen ist, weil eine derart hohe Fahrgeschwindigkeit jedenfalls bewusst gefahren wird. Der Grad des Verschuldens ist somit als schwer zu werten. Eine Geldstrafe in der Höhe von (damals) 4.000 S [entspricht 290,70 Euro] wegen einer Fahrgeschwindigkeit auf der Autobahn von 180 bis 190 km/h, wurde bereits im Jahre 1990 als angemessen erachtet (VwGH 13.2.1991, 91/03/0014).

Sohin ist selbst bei bloß durchschnittlichen Einkommensverhältnissen die hier verhängte Geldstrafe durchaus angemessen. Die Berufungswerberin machte zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen keinerlei Angaben, sodass diesbezüglich von einer zumindest durchschnittlichen Einkommenslage ausgegangen wurde.

II. Die Verfahrenskosten gründen zwingend in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum