Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109462/10/Fra/He

Linz, 08.06.2004

 

 

 VwSen-109462/10/Fra/He Linz, am 8. Juni 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn B, vertreten durch die Herren Rechtsanwälte Dr. K und Dr. M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 5. November 2003, VerkR96-939-2003/Ah, betreffend Übertretung des § 93 Abs.1 StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27. Mai 2004, zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe (7 Euro) zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; §§ 16 und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:
 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 93 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.4 lit.h leg.cit. eine Geldstrafe von 35 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt, weil er innerhalb des Zeitraumes 8.2.2003 bis 13.2.2003, 15.00 Uhr als Eigentümer der Liegenschaft des Hauses Altschwendt
Nr. 51, welche im Ortsgebiet liegt, nicht dafür gesorgt, dass der dem öffentliche Verkehr dienende Gehsteig von Schnee gesäubert und gestreut wurde, obwohl die Eigentümer dafür zu sorgen haben, dass die entlang der Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als drei Meter vorhandenen, dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige und Gehwege einschließlich der in ihrem Zuge befindlichen Stiegenanlagen entlang der ganzen Liegenschaft in der Zeit von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr von Schnee und Verunreinigungen gesäubert bzw bei Schnee und Glatteis bestreut sind.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Als Berufungsgrund wird materielle Rechtswidrigkeit aufgrund unrichtiger Sachverhaltsfeststellungen und unrichtiger rechtlicher Beurteilung geltend gemacht. Der Bw bringt im Wesentlichen vor, dass der verfahrensgegenständliche Gehsteig nicht in seinen Verantwortungsbereich falle. Die Grundfläche sei von ihm der Gemeinde Altschwendt abgetreten worden. Bedingung dafür, dass er diese Grundfläche an die Gemeinde Altschwendt abgetreten habe, war, dass er keine Verpflichtung habe, den Gehsteig von Schnee zu säubern und zu streuen, da er gesundheitlich dazu nicht in der Lage sei. Grund für die Vereinbarung mit der Gemeinde sei seine 50%ige Invalidität gewesen. Dieses Ausmaß der Invalidität sei bereits zum Zeitpunkt der Grundabtretung bzw auch vorher gegeben gewesen. Er habe aus diesem Grunde bereits im Alter von 30 Jahren bzw 1966 den elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb ausgeben müssen und sich eine andere Arbeit suchen müssen, zumal er körperlich nicht in der Lage gewesen sei, die landwirtschaftlichen Arbeiten zu verrichten. Er habe daher eine Tankstelle gepachtet. Er leide an einer Brustkorbverengung bzw an einer Wirbelsäulenbeeinträchtigung, die bei ihm ein Ausmaß von 50 % Invalidität hervorgerufen habe. Diese Beeinträchtigung sei es gewesen, die ihn zum Zeitpunkt der Grundabtretung darauf drängen ließ, den Grund herzugeben, aber keine wie immer gearteten Verpflichtungen bezüglich Schneeräumung und Streuung zu haben, da er gesundheitlich dazu nicht in der Lage gewesen sei. Wenn daher die mit dem Bürgermeister mündlich getroffene Vereinbarung nicht in der von der belangten Behörde erwähnten Niederschrift angeführt ist, gehe dies nicht zu seinen Lasten.

 

Der Bw beantragt seiner Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren gegen ihn einzustellen.

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung in Verbindung mit einem Lokalaugenschein am 27. Mai 2004, erwogen:

 

Unstrittig ist, dass der Bw Eigentümer der Liegenschaft des Hauses Altschwendt
Nr. 51 ist, dass diese Liegenschaft im Ortsgebiet von Altschwendt liegt und dass diese Liegenschaft einen unmittelbar an diese Liegenschaft angrenzenden, dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteig aufweist. Dass der Bw im Zeitraum von 8.2.2003 bis 13.2.2003, 15.00 Uhr diesen Gehsteig weder von Schnee gesäubert noch gestreut hat, ergibt sich aus der Anzeige des Gendarmeriepostens Riedau vom 17.2.2003. Aus der Tatbeschreibung geht hervor, dass der Gendarmerieposten Riedau am 12.2.2003 vom Amtsleiter des Gemeindeamtes Altschwendt, Herrn H, telefonisch verständigt wurde, dass zufolge dort vorgebrachter Beschwerden von Ortsbewohnern von Altschwendt der öffentliche Gehsteig beim Hause des Bw aus Altschwendt Nr. 51 nicht geräumt und gestreut sei, weshalb Abt. Insp. Hainzl und Rev. Insp. S am 13.2.2003 um 15.00 Uhr eine entsprechende Besichtigung durchgeführt und festgestellt haben, dass der besagte Gehsteigabschnitt weder von Schnee geräumt noch gestreut war. Die Schneehöhe habe ca. 20 cm, resultierend vom starken Schneefall vom 8.2.2003, betragen. Der Bw sei abermals auf die Bestimmungen des § 93 StVO 1960 aufmerksam gemacht worden, dieser habe sich jedoch wie früher uneinsichtig gezeigt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat keine Veranlassung, diese in der Anzeige dokumentierten Fakten, welche auch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ihren Niederschlag gefunden haben, hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes anzuzweifeln, da auch der Bw diesen Sachverhalt nicht bestreitet. Sein Vorbringen lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass nicht er, sondern die Gemeinde Altschwendt für die Verpflichtungen iSd § 93 Abs.1 StVO 1960 verantwortlich sei.

 

Diesbezüglich wurde sowohl der Bürgermeister a.D., Herr Felix P, (Bürgermeister von 1995 bis 2003) sowie der Bürgermeister a.D., Herr E, (Bürgermeister von 1971 bis 1995) zeugenschaftlich einvernommen. Beide Herrn sagten aus, dass zu keinem Zeitpunkt ihrer Amtszeit eine Vereinbarung (weder mündlich noch schriftlich) mit dem Bw bezüglich der Pflichten gemäß § 93 leg.cit. getroffen wurde. Im Verwaltungsstrafakt befindet sich auch eine Niederschrift vom 12.2.1980, wonach die Gemeinde Altschwendt beabsichtigt, einen Gehsteig entlang der Kallhamer- bzw Altschwendter-Bezirksstraße anzulegen. Der Gehsteig soll an der linken Straßenseite errichtet werden und eine Breite von 1,50 Meter aufweisen. Die Grundabtretung erfolgt entschädigungslos. Der Bw hat lt. dieser Niederschrift die Bedingung zustimmend zur Kenntnis genommen. Im Schreiben des Bürgermeisters Perndorfer vom 8.7.2003 an die Bezirkshauptmannschaft Schärding verweist der Bürgermeister auf diese Niederschrift und hält fest, dass kein Passus enthalten ist, aus dem man eine Vereinbarung ableiten könnte, dass sich die Gemeinde Altschwendt im Bereich des Grundstückes des Bw oder anderer Grundanrainer um die Schneeräumung oder Gehsteigräumung kümmern müsse. Vielmehr haben alle Grundanrainer von 1980 bis heute den jeweils nötigen Grund zur Gehsteigerrichtung entschädigungsfrei abgetreten. Alle Grundanrainer - außer der Bw - kommen ihren Pflichten bezüglich Winterdienst auf den Gehsteigen ordnungsgemäß nach. Dem Gemeindeamt Altschwendt sei auch keine sonstige (spätere) Vereinbarung bezüglich Schneeräumung und Gehsteigbestreuung durch die Gemeinde zwischen Herrn Bürgermeister E und dem Bw bekannt. Der Bürgermeister a.D., Herr Josef E, führte zudem bei der Berufungsverhandlung aus, dass er zu keiner Zeit dem Bw eine Zusage erteilt habe, er sei von der Räum- und Streupflicht des gegenständlichen Gehsteiges befreit. Hätte er dem Bw eine derartige Zusage erteilt, dann hätte er veranlasst, dass dies schriftlich dokumentiert wird, weil dann die Gemeinde die Streupflicht hätte übernehmen müssen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat folgt den Aussagen des bei der Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen. Aufgrund ihres sachlich-korrekten Auftretens und der vorhandenen Unterlagen hat der Oö. Verwaltungssenat nicht die geringsten Zweifel, den Angaben der Zeugen keinen Glauben zu schenken.

 

Der dem Bw zur Last gelegte Tatbestand ist daher objektiv und weil es ihm mit seinem Vorbringen nicht gelungen ist, die Fahrlässigkeitsvermutung iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG zu entkräften, auch subjektiv zu verantworten. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Bw aufgrund seiner körperlichen Beeinträchtigung überhaupt in der Lage ist, seiner Pflicht gemäß § 93 StVO 1960 nachzukommen. Selbst wenn er dazu nicht in der Lage ist, befreit ihn dies nicht von der grundsätzlichen Verpflichtung als Eigentümer der Liegenschaft bezüglich der Räum- und Streupflicht des Gehsteiges. Kann er diesen Pflichten nicht nachkommen, so muss er diese gemäß
§ 93 Abs.5 rechtsgeschäftlich an einen Dritten übertragen.

 

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

 

I.4. Strafbemessung:

Die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG - wie vom Bw bei der Verhandlung beantragt - kommt gegenständlich nicht zur Anwendung, weil es an der Voraussetzung "Geringfügigkeit des Verschuldens" mangelt. Immerhin liegt schon eine einschlägige Vormerkung vor, sodass von einer Geringfügigkeit des Verschuldens nicht ausgegangen werden kann. Auch der Tatzeitraum beträgt einige Tage, woraus ebenfalls ein nicht geringfügiger Unrechts- und dadurch indizierter Schuldgehalt der Übertretung abzuleiten ist. Die einschlägige Vormerkung wurde ebenfalls mit 35 Euro Geldstrafe geahndet. Da diese nicht ausreichte, den Bw neuerlich von der hier vorliegenden Übertretung abzuhalten, kann eine Herabsetzung der Strafe auch aus spezialpräventiven Gründen nicht vorgenommen werden.

 
II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.
 
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r