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des Landes Oberösterreich
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VwSen-109466/7/Zo/Pe

Linz, 24.03.2004

VwSen-109466/7/Zo/Pe Linz, am 24. März 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn J G, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H B und Dr. J B, vom 17.12.2003 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 24.11.2003, VerkR96-4233-2003, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 15.3.2004 zu Recht erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 240 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage, Verfahrenskosten 120 Euro) verhängt, weil dieser am 29.7.2003 gegen 21.25 Uhr den Lkw in Sierning vom Kirchenplatz kommend über die Schiedlberger-Landesstraße bis auf Höhe des Hauses Bahnhofstraße lenkte, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe (Atemluftalkoholgehalt von 0,74 mg/l). Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1a StVO 1960 begangen.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Berufungswerber den Lkw, welcher nicht gestartet werden konnte, bergab rollen ließ, wobei er auf dem Lenkerplatz gesessen ist und den Zündschlüssel zur Überwindung der Lenkradsperre angesteckt hatte. Dies stelle jedenfalls ein Lenken iSd Judikatur des VwGH dar. Der Behauptung des Berufungswerbers, eine unbekannte Person habe ihm Schnaps in sein Bier geschüttet und nur so sei der hohe Alkoholisierungsgrad erklärbar, wurde kein Glauben geschenkt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass unberücksichtigt geblieben sei, dass die Batterie des Klein-Lkw leer gewesen sei und der Berufungswerber das Fahrzeug nur deshalb vom Abstellplatz wegbringen wollte, um anderen parkenden Fahrzeugen das Wegfahren zu ermöglichen. Es war nicht mehr möglich, den Firmen-Lkw zu starten, weshalb der Berufungswerber das Fahrzeug lediglich eine geringe Strecke zum Parkplatz des Gasthauses rollen ließ. Der Fahrzeugschlüssel war nicht mehr auffindbar, weshalb ein Kollege den Reserveschlüssel aus der Firma geholt hätte, wobei der Berufungswerber in dieser Zeit eine Halbe Bier getrunken habe. Die gemessene Alkoholisierung könne daher nur darauf zurückzuführen sein, dass dem Berufungswerber von einem Unbekannten im Gasthaus Schnaps ins Bier gegeben worden sei, als er sich gerade auf der Toilette aufgehalten habe. Er habe auch einen entsprechenden anonymen Anruf erhalten, nachdem ihm der Führerschein abgenommen worden war. Der Berufungswerber habe sich keinesfalls völlig verantwortungslos hinter das Steuer gesetzt, sondern habe vielmehr lediglich im Interesse anderer Verkehrsteilnehmer nur eine kurze Strecke mit dem Fahrzeug zurücklegen wollen. Der Unrechtsgehalt seiner Tat bleibe daher deutlich hinter dem typischerweise mit Übertretungen des § 5 StVO verbundenen Unrechtsgehalt zurück, weshalb die verhängte Strafe nicht tat- und schuldangemessen scheint. Es wäre die Anwendung des § 20 oder § 21 VStG möglich gewesen. Jedenfalls wären die geschilderten Umstände bei der Strafbemessung zu berücksichtigen gewesen.

3. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15.3.2004, bei welcher der Berufungswerber gehört sowie der Meldungsleger unter Erinnerung an die Wahrheitspflicht zum Sachverhalt als Zeuge einvernommen wurde.

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

Der Berufungswerber lenkte am 29.7.2003 gegen 21.25 Uhr den Firmen-Lkw mit dem Kennzeichen in Sierning vom Bereich der Baustelle vom Kirchenplatz kommend über die Schiedlberger-Landesstraße bis zum Haus Bahnhofstraße. Dabei saß er auf dem Fahrersitz und hatte den Zündschlüssel angesteckt, der Motor des Klein-Lkw war aber nicht gestartet, sondern das Fahrzeug rollte lediglich aufgrund der Schwerkraft bergab. Es war nicht mehr möglich, das Fahrzeug zu starten, weil die Batterie völlig leer war.

Der Alkotest wurde um 21.43 Uhr bzw. 21.46 Uhr am Gendarmerieposten Sierning mit dem Alkomat W646 durchgeführt und ergab eine Atemluftalkoholkonzentration von 0,74 mg/l (kleinerer Wert). Der verwendete Alkomat der Firma Siemens M 52052/A15 mit der Nummer W05-646 war zum Zeitpunkt des Alkotestes gültig geeicht. Die nach der Betriebsanleitung erforderliche Wartefrist von 15 Minuten wurde eingehalten.

Hinsichtlich der sonstigen Angaben werden die aufgenommenen Beweise wie folgt gewürdigt:

Der Gendarmeriebeamte machte als Zeuge einen glaubwürdigen und sicheren Eindruck. Seine Schilderung des Vorfalles ist widerspruchsfrei und kann gut nachvollzogen werden. Der Berufungswerber hingegen machte Angaben, welche teilweise nur schwer nachvollziehbar sind. So behauptet er z.B., dass ihm jemand Schnaps ins Bier geschüttet habe, obwohl er im Gasthaus niemanden gekannt hat. Das von ihm unterstellte Motiv für diesen "Racheakt" ist daher nicht erklärbar. Auch hinsichtlich des Ablaufes des Alkotestes sowie der darauffolgenden Abnahme des Fahrzeugschlüssels bzw. des Umstandes, warum dieser nicht abgenommen wurde, ist die Schilderung des Berufungswerbers vorerst so, als ob die Amtshandlung völlig reibungslos und unproblematisch abgelaufen sei. Erst auf Vorhalt der Aussagen des Zeugen räumte der Berufungswerber ein, dass er doch versucht habe, die Gendarmeriebeamten vom Alkotest abzubringen. Insgesamt machte der Berufungswerber bei seiner Einvernahme den Eindruck, dass er den gesamten Vorfall in einem für ihn möglichst günstigen Licht schildern wollte. Das ist zwar verständlich, führt aber dazu, dass seinen Angaben insgesamt weniger Glauben geschenkt werden kann als jenen des Gendarmeriebeamten.

Zu der Behauptung, jemand hätte ihm Schnaps ins Bier geschüttet, ist anzuführen, dass aufgrund des festgestellten Alkoholisierungsgrades und der vom Berufungswerber behaupteten geringen Mengen an konsumierten alkoholischen Getränken (nämlich ein Bier zu Mittag und ein Bier am Abend) es sich dabei um eine größere Menge Schnaps gehandelt haben müsste. Eine derartige Menge Schnaps im Bier hätte der Berufungswerber aber jedenfalls sowohl am Geschmack als auch an der Alkoholkonzentration erkennen müssen. Der Umstand, dass der Berufungswerber versucht hat, die Gendarmeriebeamten vom Alkotest abzuhalten, ist ein deutliches Indiz dafür, dass ihm seine Alkoholisierung ohnedies bewusst war. Der Gendarmeriebeamte hat beim Berufungswerber deutliche Alkoholisierungssymptome wahrgenommen, unter Berücksichtigung dieser Symptome musste auch dem Berufungswerber seine Alkoholisierung erkennbar sein.

Das Beweisverfahren hat keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, dass der Berufungswerber tatsächlich durch Einlegen eines Ganges bei dem bergabrollenden Klein-Lkw versucht hat, das Fahrzeug zu starten. Ein derartiger Versuch konnte von den Gendarmeriebeamten nicht beobachtet werden. Es ist daher zu Gunsten des Berufungswerbers davon auszugehen, dass er tatsächlich das Fahrzeug nur bergab rollen lassen wollte, um es von der ungünstigen Abstellposition zu entfernen. Dazu ist allerdings festzustellen, dass der Berufungswerber auch einen seiner Arbeitskollegen, welche ihm den Reserveschlüssel gebracht haben, darum hätte ersuchen können.

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

5.1. Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 872 Euro bis 4.360 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 10 Tagen bis sechs Wochen zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

5.2. Was den Umstand anbelangt, dass der Berufungswerber das Fahrzeug nicht gestartet hat, sondern dieses nur bergab rollen ließ, wobei er es auf dem Lenkerplatz sitzend gelenkt hat und der Zündschlüssel angesteckt war, ist auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu verweisen. Der Berufungswerber hat daher die ihm vorgehaltene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

Diese ist ihm auch subjektiv vorwerfbar, weil er seine Alkoholbeeinträchtigung jedenfalls auch dann hätte bemerken müssen, wenn ihm tatsächlich eine unbekannte Person eine größere Menge Schnaps in das von ihm konsumierte Bier geschüttet hätte. Es ist dem Berufungswerber daher zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Das Lenken von Fahrzeugen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand stellt grundsätzlich eine schwerwiegende verkehrsrechtliche Übertretung dar, weshalb bereits der Gesetzgeber eine entsprechend hohe Strafdrohung vorgesehen hat. Richtig ist, dass das Abrollen lassen eines Kraftfahrzeuges ohne Motorkraft bei relativ niedriger Geschwindigkeit (10 - 20 km/h) auf einer relativ kurzen Strecke (100 - 150 m) nicht so gefährlich ist, wie das Lenken eines Kraftfahrzeuges mit Motorkraft über eine längere Strecke. Andererseits ist das Abrollen lassen eines relativ schweren Fahrzeuges aber auch nicht völlig ungefährlich, weil beim Rollen lassen ohne Motorkraft auch der Bremskraftverstärker nicht funktioniert. Die Strafdrohung des § 99 Abs.1a StVO 1960 gilt (nicht nur für Kraftfahrzeuge sondern) für alle Fahrzeuge, sodass der Unrechtsgehalt der vom Berufungswerber zu vertretenden Verwaltungsübertretung nicht hinter jenem Unrechtsgehalt zurückbleibt, welcher eben durch die Bestimmung des § 99 Abs.1a StVO 1960 geahndet werden soll. Die Anwendung der §§ 20 und 21 VStG kommt daher nicht in Betracht.

Als strafmildernd ist zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber das Fahrzeug nur über eine relativ kurze Strecke ohne Motorkraft rollen ließ, wobei dieser Strafmilderungsgrund aber dadurch eingeschränkt wird, dass der Berufungswerber nach seinen eigenen Angaben ohnedies mit dem Kraftfahrzeug nach Hause fahren wollte. Der Umstand, dass er das Fahrzeug letztlich lediglich abrollen ließ, ergab sich lediglich durch die völlig leere Fahrzeugbatterie und es war der Vorsatz des Berufungswerbers nach seinen eigenen Angaben von vornherein nicht darauf beschränkt, das Fahrzeug nur eine kurze Strecke rollen zu lassen. Er hat sich lediglich aufgrund der äußeren und von ihm nicht beeinflussbaren Umstände damit abgefunden. Als straferschwerend sind hingegen zwei einschlägige Vormerkungen vom 6.12.1999 sowie 11.2.2002 und eine Bestrafung wegen Minderalkoholisierung zu werten. Die bisher verhängten Geldstrafen haben offenbar nicht ausgereicht, um den Berufungswerber von der Begehung derartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten, weshalb trotz seiner ungünstigen finanziellen Situation (monatliche Notstandshilfe von 500 Euro, Sorgepflichten für fünf Kinder und erhebliche Schulden von ca. 72.000 Euro) die von der Erstinstanz festgesetzte Geldstrafe angemessen erscheint und nicht herabgesetzt werden kann. Die Berufung war daher auch hinsichtlich der Strafhöhe abzuweisen.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Z ö b l

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 04.06.2004, Zl.: 2004/02/0177-3

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