Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109473/8/Zo/Pe

Linz, 25.02.2004

 

 

 VwSen-109473/8/Zo/Pe Linz, am 25. Februar 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn Dr. HG, vom 9.12.2003 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 18.11.2003, VerkR96-4487-2003-O, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 23.2.2004 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 87,20 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 436 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden, Verfahrenskosten 43,60 Euro) verhängt, weil dieser am 30.1.2003 um 14.35 Uhr auf der A1 Westautobahn bei Strkm. 173,289 in Fahrtrichtung Salzburg das Kraftfahrzeug entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) 100 km/h" mit einer Geschwindigkeit von 170 km/h gelenkt habe. Der Berufungswerber habe dadurch gegen § 52 lit.a. Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verstoßen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass es unverständlich sei, weshalb er nicht innerhalb der gebotenen Frist angeschrieben worden sei. Die angebliche Benachrichtigung vom 26.4.2003 habe er nicht erhalten, es habe jedenfalls keine persönliche Zustellung stattgefunden. Auch dieser Termin wäre außerhalb der Frist gelegen.

 

Er habe den Gendarmeriebeamten geschildert, dass der von ihm gelenkte Pkw von einem anderen Pkw überholt worden sei. Die Beamten hätten aber nicht vor Ort entscheiden wollen. Seine Gattin, welche mit gültigem Führerschein im Pkw mitgefahren ist, hätte weiterfahren können, wenn ihm aufgrund der Höhe der vermeintlichen Geschwindigkeitsüberschreitung der Führerschein vorläufig abgenommen worden wäre. Die Beamten hätten jedoch selbst erhebliche Zweifel gehabt, weshalb eben der Führerschein nicht abgenommen, sondern lediglich Anzeige erstattet worden sei.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 23.2.2004, bei welcher der Meldungsleger als Zeuge einvernommen wurde. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat an der Berufungsverhandlung entschuldigt, der Berufungswerber ohne Angabe von Gründen nicht teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 30.1.2003 um 14.35 Uhr seinen Pkw mit dem Kennzeichen auf dem äußerst linken Fahrstreifen der A1 in Fahrtrichtung Salzburg. Bei Abkm. 173,289 wurde mit dem Laserverkehrsgeschwindigkeitsmessgerät LTI 20.20 TS/KM-E mit der Nr.7398 eine Geschwindigkeit von 176 km/h gemessen. Aufgrund der Verwendungsbestimmungen dieses Messgerätes sind 3 % vom Messwert abzuziehen, sodass dem Berufungswerber eine tatsächliche Geschwindigkeit von 170 km/h vorgeworfen wurde. Für den gegenständlichen Bereich ist eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h verordnet, sowie mittels Verkehrszeichen ordnungsgemäß kundgemacht. Das verwendete Messgerät war zum Messzeitpunkt gültig geeicht (Datum der letzten Eichung 22.3.2001, Ablauf der Nacheichfrist am 31.12.2004). Der Gendarmeriebeamte hat die vorgeschriebenen Gerätefunktionskontrollen, die Zielerfassungskontrolle und die 0 km/h-Messung durchgeführt und diese in einem Messprotokoll ordnungsgemäß dokumentiert. Im gegenständlichen Fall wurde die Messung vom Fahrer des stehenden Dienstwagens durch die geöffnete Seitenscheibe durchgeführt und nach der Messung das Messgerät seinem auf dem Beifahrersitz sitzenden Kollegen gegeben und diesem dabei gesagt, dass das Messergebnis von dem BMW auf dem linken Fahrstreifen stamme. Er hat dann die Nachfahrt aufgenommen, wobei sein Kollege während des Herannahens, der Vorbeifahrt und der Nachfahrt das gemessene Fahrzeug nicht aus den Augen lässt. Auf diese Weise solle eben ein Fehler bei der Zuordnung des Messergebnisses zum richtigen Fahrzeug vermieden werden. Der Zeuge kann sich nicht daran erinnern, dass sich der Berufungswerber dahingehend gerechtfertigt hätte, dass er von einem anderen Pkw überholt worden sei. Eine derartige Rechtfertigung hätte er in der Anzeige vermerkt. Der Zeuge misst generell nur jene Fahrzeuge, welche bereits augenscheinlich relativ schnell fahren. Immer dann, wenn mehrere Fahrzeuge relativ knapp nebeneinander fahren, misst er immer jenes, von dem er glaubt, dass es das Schnellste ist. Im vorliegenden Fall war der vom Berufungswerber auf dem äußerst linken Fahrstreifen gelenkte BMW das augenscheinlich schnellste Fahrzeug.

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung ist festzuhalten, dass der Zeuge einen glaubwürdigen und zuverlässigen Eindruck gemacht hat. Seine Behauptung, dass er immer dann, wenn sich mehrere Fahrzeuge im Messbereich befinden, nur jenes misst, welches augenscheinlich das Schnellste ist, erscheint praxisnah und daher gut nachvollziehbar. Es ist daher davon auszugehen, dass das Messergebnis tatsächlich von dem schnellsten Fahrzeug im Messbereich stammt. Eine Verwechslung bei der Zuordnung des Messergebnisses zum Fahrzeug des Berufungswerbers ist deshalb auszuschließen, weil der Beifahrer das Fahrzeug in der Annäherung und Vorbeifahrt nicht aus den Augen lässt und auch der Zeuge selbst das herankommende Fahrzeug nur für einen kurzen Augenblick nicht beobachten kann, nämlich zu der Zeit, in der er das Messgerät dem Beifahrer übergibt und die Nachfahrt aufnimmt. Aus diesem Grund ist eine sichere Zuordnung des Messergebnisses zum Fahrzeug des Berufungswerbers möglich. Dem Zeugen ist auch nicht erinnerlich, dass sich der Berufungswerber dahingehend gerechtfertigt hätte, dass er von einem noch schnelleren Fahrzeug überholt worden sei. Der Umstand, dass er dies nicht in die Anzeige aufgenommen hat, ist nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates nur so zu verstehen, dass diese Rechtfertigung eben gar nicht vorgebracht wurde, weil es der Lebenserfahrung widersprechen würde, wenn der Zeuge diese wesentlichen Angaben nicht festhalten würde. Es ist daher als erwiesen anzusehen, dass das Messergebnis von 170 km/h dem Berufungswerber zuzuordnen ist.

 

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" gemäß § 52 lit.a Abs.10a StVO zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

5.2. Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens hat der Berufungswerber die gegenständliche Geschwindigkeitsüberschreitung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Hinsichtlich des Verschuldens des Berufungswerbers ist darauf hinzuweisen, dass er nach seinen eigenen Angaben die Beschränkung wahrgenommen hat. Wenn auch sein Bordcomputer ausgefallen ist, so musste ihm dennoch die deutliche Überschreitung aufgefallen sein, weil von einem geprüften Fahrzeuglenker verlangt werden muss, dass er derart große Geschwindigkeitsunterschiede auch ohne Tachometer zumindest grob abschätzen kann. Der Berufungswerber hat daher die Verwirklichung der Verwaltungsübertretung zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich mit ihr abgefunden, sodass ihm zumindest bedingt vorsätzliches Handeln vorzuwerfen ist.

 

Entgegen dem Berufungsvorbringen hat die Erstinstanz den Berufungswerber mit Schreiben vom 16.4.2003 aufgefordert, sich zu dieser Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen. Diese Aufforderung stellt eine rechtzeitige Verfolgungshandlung dar, weil die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 VStG sechs Monate beträgt und es gemäß § 32 Abs.2 VStG für die Verfolgungshandlung nicht erforderlich ist, dass diese ihr Ziel erreicht oder der Beschuldigte davon Kenntnis erlangt. Die Aufforderung zur Rechtfertigung wurde jedenfalls innerhalb der Verjährungsfrist abgesendet, weshalb die gegenständliche Verwaltungsübertretung nicht verjährt ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Dem Berufungswerber kommt als Strafmilderungsgrund seine bisherige Unbescholtenheit zugute. Sonstige Strafmilderungsgründe liegen nicht vor. Als straferschwerend ist die massive Überschreitung der Fahrgeschwindigkeit zu werten. Es ist allgemein bekannt, dass massive Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine wesentliche Erhöhung der Gefahren des Straßenverkehrs darstellen. Dies wird durch eine Berechnung des Bremsweges veranschaulicht: Bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h hätte der Berufungswerber bei einer starken Betriebsbremsung (Bremsverzögerung 7,5 m/s²) das Fahrzeug nach ca. 82 m anhalten können, während er bei der von ihm eingehaltenen Geschwindigkeit von 170 km/h an dieser Stelle bei einer gleichstarken Bremsung noch eine Geschwindigkeit von ca. 150 km/h eingehalten hätte (berechnet mit Analyserpro 32, Version 4.5). Weiters ist die zumindest bedingt vorsätzliche Begehung der Geschwindigkeitsüberschreitung als straferschwerend zu berücksichtigen.

 

Da der Berufungswerber keine anderslautenden Angaben gemacht hat, ist davon auszugehen, dass er als Arzt zumindest über das von der Erstinstanz geschätzte monatliche Einkommen von 1.200 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten verfügt, sodass die Strafhöhe auch unter Berücksichtigung dieser Umstände angemessen erscheint. Sowohl aus Gründen der General- als auch der Spezialprävention ist es erforderlich, bei derart massiven Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auch entsprechend strenge Geldstrafen zu verhängen, um die Begehung weiterer ähnlicher Übertretungen in Zukunft zu verhindern. Die von der Erstinstanz verhängte Strafe erscheint daher angemessen, weshalb die Berufung auch hinsichtlich der Strafhöhe abzuweisen war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

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