Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109490/2/Ki/Pe

Linz, 20.01.2004

 

 

 VwSen-109490/2/Ki/Pe Linz, am 20. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn M S, vom 18.12.2003 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 25.11.2003, VerkR96-2038-2002, wegen Übertretungen der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

  1. Bezüglich Faktum 1 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

 

Bezüglich Faktum 2 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Bezüglich Faktum 1 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge. Bezüglich Faktum 2 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 7,20 Euro, ds. 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II: §§ 64 Abs.1 und 2, 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 25.11.2003, VerkR96-2038-2002, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 17.3.2002 um 14.58 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet Taufkirchen/Pram auf der B137 bei Strkm 52,000 von Richtung Andorf kommend in Richtung Schärding gelenkt, wobei

  1. er ein Fahrzeug überholt habe, obwohl der Geschwindigkeitsunterschied der beiden Fahrzeuge für einen kurzen Überholvorgang zu gering war und
  2. die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 12 km/h überschritten habe.

Er habe dadurch 1) § 16 Abs. 1 lit.b StVO 1960 und 2) § 20 Abs.2 StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde hinsichtlich Faktum 1 eine Geldstrafe in Höhe von 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) und hinsichtlich Faktum 2 eine Geldstrafe in Höhe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens von insgesamt 10,80 Euro, (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

 

I.2. Der Berufungswerber hat gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 18.12.2003 Berufung erhoben, er führt darin im Wesentlichen aus, er habe am 23.3.2002 das Fahrzeug mit dem Kennzeichen nicht selbst gelenkt.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Andorf zugrunde. Die dem Berufungswerber zur Last gelegte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit wurde von einem Gendarmeriebeamten mit einem Lasermessgerät festgestellt, der Standort des Messbeamten lag bei km 52,150 der B137, als Tatort wurde km 52,000 festgestellt.

 

Bei einer zeugenschaftlichen Einvernahme vor der Bezirkshauptmannschaft Schärding sagten beide an der Amtshandlung beteiligten Meldungsleger übereinstimmend aus, dass der Überholvorgang bei ca. Strkm. 51,900 begonnen wurde und erst auf Höhe ihres Standortes (Strkm. 52,150) abgeschlossen wurde. Die mit dem Lasermessgerät gemessene Geschwindigkeit des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges, habe unter Abzug der Verkehrsfehlergrenzen 112 km/h betragen. Die Geschwindigkeit der beiden überholten Fahrzeuge habe ca. 100 km/h betragen.

 

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer u.a. als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 16 Abs.1 lit.b StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn der Unterschied der Geschwindigkeiten des überholenden und des eingeholten Fahrzeuges unter Bedachtnahme auf allenfalls geltende Geschwindigkeitsbeschränkungen für einen kurzen Überholvorgang zu gering ist.

 

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, auf Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

 

Zunächst wird festgestellt, dass die zeugenschaftlichen Aussagen der Gendarmeriebeamten vor der Bezirkshauptmannschaft Schärding schlüssig sind und nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen stehen. Die Aussagen wurden überdies unter Wahrheitspflicht getätigt und es besteht für den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich kein Grund, den Aussagen keinen Glauben zu schenken.

 

I.5.1. Zu Faktum 1 des Straferkenntnisses:

 

Dem Beschuldigten wird zur Last gelegt, er habe ein Fahrzeug überholt, obwohl der Geschwindigkeitsunterschied der beiden Fahrzeuge für einen kurzen Überholvorgang zu gering gewesen sei.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding geht in der Begründung des Straferkenntnisses im vorliegenden Falle von einer Geschwindigkeitsdifferenz von ca. 15 km/h aus und argumentiert, dass dies unzureichend sei, nachdem laut höchstgerichtlicher Judikatur ein Geschwindigkeitsunterschied von 20 bis 25 km/h als ausreichend angesehen werde.

 

Jedenfalls bezweckt die verfahrensgegenständliche Vorschrift, dass ein Überholvorgang sowohl zeit- als auch streckenmäßig kurz gehalten wird.

 

Ausgehend von den Aussagen der Gendarmeriebeamten benötigte der Berufungswerber für den zu beurteilenden Überholvorgang eine Wegstrecke von 250 m, diese Wegstrecke wird bei einer Geschwindigkeit von 112 km/h in einer Zeit von ca. 7 Sekunden zurückgelegt. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass im vorliegenden Fall der Überholvorgang sowohl zeit- als auch streckenmäßig im Rahmen des Zulässigen gelegen ist.

 

Bedenklich erscheint auch, dass ausdrücklich angenommen wird, die überholten Fahrzeuge seien mit einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h unterwegs gewesen. Wohl hat der Gendarmeriebeamte laut seinen Angaben auch die Geschwindigkeit der beiden überholten Fahrzeuge gemessen, bei seiner zeugenschaftlichen Aussage führte er jedoch an, dass er die Geschwindigkeit nicht aufgeschrieben habe. Es ist daher im vorliegenden Falle nicht auszuschließen, dass die beiden überholten Fahrzeuge tatsächlich mit einer geringeren Geschwindigkeit, etwa bloß 95 km/h, unterwegsgewesen wären und somit der Geschwindigkeitsunterschied möglicherweise im Rahmen des von der höchstgerichtlichen Judikatur als zulässig angesehenen Bereiches gelegen ist. Jedenfalls unter Berücksichtigung dieses Umstandes bzw. der tatsächlich benötigten Zeit- und Wegstrecke erachtet es der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich - nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" - nicht als erwiesen, dass der Beschuldigte die ihm diesbezüglich zur Last gelegte Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen hat. In diesem Punkt war daher der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

I.5.2. Zu Faktum 2 des Straferkenntnisses:

 

Was Faktum 2 anbelangt, so liegt dem Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung eine von einem Gendarmeriebeamten durchgeführte Lasermessung zugrunde. Dazu wird zunächst festgestellt, dass laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Lasermessgerät ein taugliches Messverfahren zur Feststellung der Geschwindigkeit darstellt und überdies einem Gendarmeriebeamten zuzutrauen ist, dass er eine korrekte Messung durchführt (vgl. etwa VwGH 93/03/0317 vom 16.3.1994 u.a.).

 

Der Berufungswerber selbst führt aus, er könne belegen, dass er am 23.3.2002 das Fahrzeug nicht selbst gelenkt habe. Als Tatzeit wurde jedoch der 17.3.2002 festgestellt, es kann daher für das gegenständliche Berufungsverfahren dahingestellt bleiben, wer am 23.3.2002 das Fahrzeug gelenkt hat.

 

In diesem Punkt gelangt die Berufungsbehörde zur Auffassung, dass die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht als erwiesen angesehen wird und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche ihn aus subjektiver Sicht entlasten würden. Diesbezüglich ist daher der Schuldspruch zu Recht erfolgt.

 

Was die Strafbemessung anbelangt (§ 19 VStG), so hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding berücksichtigt, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung lediglich geringerer Natur war. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gelangt zur Auffassung, dass diesbezüglich sowohl die verhängte Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafe als tat- und schuldangemessen festgelegt wurde. Strafmildernd wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt, straferschwerend wurden keine Umstände festgestellt.

 

Bezüglich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ist der Berufungswerber den Angaben in der Begründung des Straferkenntnisses nicht entgegengetreten.

 

Festgestellt wird, dass bezüglich der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen eine entsprechende Bestrafung von Nöten ist, im vorliegenden Falle hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding vom Ermessen iSd Gesetzes Gebrauch gemacht.

 

Der Berufungswerber ist daher bezüglich Faktum 2 weder hinsichtlich des Schuldspruches noch hinsichtlich der Strafbemessung in seinen Rechten verletzt worden.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Überholsichtweite 250 m, Geschwindigkeit 112 km/h - keine Verletzung des § 16 Abs.1 lit.b StVO

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