Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109518/8/Bi/Be

Linz, 15.04.2004

 

 

 VwSen-109518/8/Bi/Be Linz, am 15. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn C R, vertreten durch RA Mag. G D, vom 29. Dezember 2003 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 12. Dezember 2003, VerkR96-967-2003, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 18. März 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 250 Euro (84 Stunden EFS) verhängt, weil er am 16. März 2003 um 16.06 Uhr als Lenker des Pkw, auf der B3 Donau Straße bei Strkm 212.909 von Mauthausen kommend in Richtung Perg auf einer Freilandstraße um 47 km/h schneller als 100 km/h gefahren sei. Die Fahrgeschwindigkeit sei mittels Lasermessung festgestellt worden.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 25 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 18. März 2004 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines rechtsfreundlichen Vertreters RA Mag. D und der Zeugen RI A und BI H durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne Entschuldigung nicht erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz sei zunächst von einer Tatzeit 10.06 Uhr ausgegangen und habe, als er darauf hingewiesen habe, dass der Pkw zu dieser Zeit in der Garage gestanden sei, die Tatzeit auf 16.06 Uhr geändert. Weiters werde in der Anzeige der Pkw als grün beschrieben. Tatsächlich sei er aber grau, was die Beamten jedenfalls erkennen hätten müssen, wenn er um 16.06 Uhr des 16. März 2003 auf der B3 bei km 212.909 gefahren wäre. Es ergäben sich daher schon aus der Anzeige und den Notizen so viele Widersprüchlichkeiten und Fehler, dass der Sachverhalt im Sinne der Unschuldsvermutung als nicht nachgewiesen zu gelten habe. Die Erstinstanz habe es verabsäumt, die beantragten Zeugen einzuvernehmen zum Beweis dafür, dass offenbar Übertragungsfehler vorgelegen hätten. Es sei auch unrichtig, dass er angegeben habe, um 16.06 Uhr auf der B3 gefahren zu sein. Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein rechtsfreundlicher Vertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Straferkenntnis berücksichtigt, die beiden Gendarmeriebeamten zeugenschaftlich einvernommen und der in Rede stehende Pkw besichtigt wurden.

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass die beiden Zeugen zusammen mit einem Gendarmerieschüler am 16. März 2003 von 16.00 bis 16.30 Uhr auf der Brücke über die B3 bei km 212.562 Geschwindigkeitsmessungen mit dem ordnungsgemäß geeichten Lasermessgerät LTI 20.20 TS/KM-E, Nr.7328, durchgeführt haben. Messbeamter war RI A, der dem Meldungsleger BI H (Ml) die Geschwindigkeit und die Entfernungsdaten von mit überhöhter Geschwindigkeit gemessenen Fahrzeugen mündlich mitteilte, worauf der Ml auf der anderen Seite der Brücke hinuntersah und das Kennzeichen der gemessenen Fahrzeuge ablas und zusammen mit den anderen Daten in ein Notizbuch eintrug. Anhand dieses Notizbuches schrieb er am selben Abend noch die Anzeigen. Die Messungen wurden dem Gendarmerieschüler erklärt, mit dem sich der Ml befasste. Am Vormittag des 16. März 2003 fanden dort laut Zeugenaussagen und Messprotokoll keine Geschwindigkeitsmessungen statt.

Aus dem vorgelegten Notizbuch ließen sich in der Verhandlung Messungen von Fahrzeugen um 16.02 Uhr, 16.05 Uhr und 16.06 Uhr und die letzte um 16.25 Uhr ersehen. Bei den Eintragungen fiel auf, dass bei der Messung um 16.25 Uhr zuerst 16.05 Uhr eingetragen und die Ziffer 0 mit der Ziffer 2 übermalt war. Ebenso war bei der Messung um 16.06 Uhr zunächst 10.06 Uhr eingetragen und die erste Ziffer 0 durch die Ziffer 6 übermalt. Der Grund konnte vom Ml nicht angegeben werden.

Bei der Messung um 16.06 Uhr handelte es sich laut der vom Ml verfassten Anzeige um einen Pkw mit der Farbe dunkelgrün. Der Ml bestätigte, bei der Anzeigeerstattung sei ihm der Pkw noch als grün, wie in den handschriftlichen Notizen eingetragen, in Erinnerung gewesen, schon deswegen, weil er mit weit überhöhter Geschwindigkeit im Unterschied zu den anderen Fahrzeugen gemessen worden war. Als Messwert war 152 km/h im Freilandbereich mit erlaubten 100 km/h eingetragen. Der Zeuge RI A hat weder die Eintragungen des Ml gesehen noch die Anzeige.

Der Ml bestätigte in der Verhandlung, er habe die Anzeige an die Erstinstanz übermittelt. Die im Verfahrensakt enthaltene Anzeige sei nicht von ihm, sondern die drucke der Sachbearbeiter in der Behörde aus, wobei das Kennzeichen sofort mit dem Zentralregister verglichen und auch die Farbe danach angegeben werde. So erklärte der Ml die mit "grau" angegebene Farbe des Pkw in der im vorliegenden Verfahrensakt befindlichen Anzeige. Die darin mit 10.06 Uhr angegebene Tatzeit erklärte der Ml mit einem Flüchtigkeitsfehler.

Da sich aus dem Verfahrensakt auch ersehen lässt, dass der Bw von der Erstinstanz gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zur Lenkerauskunft, bezogen auf den 16. März 2003, 10.06 Uhr, aufgefordert wurde, wobei er angegeben hat, das Fahrzeug werde ausschließlich von ihm gelenkt, allerdings nicht am 16. März 2003, 10.06 Uhr, denn da sei es zu Hause gestanden, wurde das weitere aus dem Akt ersichtliche Vorgehen von den Zeugen erläutert. Sie haben demnach über Ersuchen der Erstinstanz den Bw zu Hause aufgesucht und zur Tatzeit 10.06 Uhr befragt. Der Bw bestätigte ihnen gegenüber seine Angaben aus der Lenkerauskunft insofern, als der Pkw am Vormittag nicht unterwegs gewesen sei und er ihn auch nicht verliehen habe. Das Beweisverfahren hat weiters ergeben, dass der Bw in den Unterlagen der Beamten gesehen hat, dass als Pkw-Farbe grün angegeben war. Er bot an, den Pkw zu besichtigen, was aber beide Zeugen abgelehnt hätten. Er legte daraufhin, wie auch in der Verhandlung den Kaufvertrag vor, in dem die Farbe mit "delphingrau-met." angegeben ist.

Laut Verfahrensakt stellten die Zeugen gegenüber der Erstinstanz die Tatzeit daraufhin mit 16.06 Uhr richtig, worauf der Bw die fristgerecht beeinspruchte Strafverfügung vom 5. Mai 2003 erhielt mit dem Tatvorwurf, am 16. März 2003, 16.06 Uhr, in Naarn, "Ortsgebiet" Oberwagram, auf der B3 bei km 212.909 von Mauthausen kommend Richtung Perg den Pkw auf einer Freilandstraße mit einer Geschwindigkeit von 147 km/h anstatt erlaubter 100 km/h gelenkt zu haben. Die beiden Beamten wurden zwar zeugenschaftlich einvernommen, verwiesen aber auf den Bericht im Zusammenhang mit der Richtigstellung der Tatzeit anhand der Eintragung in das Notizbuch und darauf, dass der Bw angegeben habe, am Nachmittag mit dem Pkw unterwegs gewesen zu sein. Der Ml berief sich darauf, die kreativen Farbnamen der Autofirmen hätten oft mit der tatsächlich empfindbaren Farbe nichts zu tun. In der Verhandlung wurde auch geklärt, dass sich im dortigen Bereich kein Wald befindet, der sich im Lack spiegeln hätte können.

Der Pkw wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung besichtigt, wobei der Standort so gewählt war, dass keine Spiegelung vorhanden war. Der Pkw ist eindeutig und ohne jeden Zweifel grau, wobei auch kein Grünstich, keine Schattierung und auch keine umzudeutende Mischfarbe gegeben ist. Die Bezeichnung "delphingrau-met." ist im gegenständlichen Fall keine kreative Fantasiebezeichnung, sondern umschreibt die Farbe lebensnah.

Auf dieser Grundlage gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der Beweiswürdigung zu der Überzeugung, dass nicht mit für ein Verwaltungsstrafverfahren ausreichender Sicherheit zu klären ist, ob es sich beim gemessenen Fahrzeug tatsächlich um den Pkw des Bw gehandelt hat. Der Bw hat seinerseits ausgeführt, er könne um 16.06 Uhr des Vorfallstages gar nicht bei km 212.909 der B3 gewesen sein, weil er um 17.00 Uhr in Bad Pirawarth - ca in der Mitte zwischen Gänserndorf und Mistelbach im Bezirk Gänserndorf - einen Termin wahrzunehmen hatte und diese Strecke nicht geschafft hätte, wäre er um 16.06 Uhr erst auf der B3 gewesen. Er hat für diese Fahrt und den Termin insgesamt 5 Zeugen namhaft gemacht, darunter nicht nur seine Familie sondern auch seine Kunden, und er hat sich darauf berufen, er habe nie bestätigt, am Nachmittag in Richtung Perg gefahren zu sein. Dem ist nichts entgegenzusetzen, zumal sich aus der Lenkerauskunft ergibt, dass er nur bestätigt hat, am Nachmittag mit dem Pkw unterwegs gewesen zu sein.

Aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ergibt sich dazu nur die Feststellung, es erscheine unwahrscheinlich, dass laut Notizzettel am 16.3.2003 zwei Fahrzeuge am Nachmittag und der Bw am Vormittag am selben Ort betreffend Geschwindigkeitsüberschreitung notiert worden seien und die in der Anzeige angeführte Farbe dunkelgrün bzw die tatsächliche Farbe "delphingrün" scheine der Behörde kein Beweis dafür zu sein, dass eine Verwechslung von Fahrzeugen vorliege.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist festzuhalten, dass mit der Anzeige immerhin eine bestimmte Person einer nicht geringfügigen Verwaltungsübertretung beschuldigt wird, sodass an sich vorauszusetzen wäre, dass bei dieser Beschuldigung mit entsprechender Sorgfalt vorgegangen wird. Das schließt zwar nicht aus, dass in der Eile bei rasch aufeinanderfolgenden Amtshandlungen oder Ablenkungen, wie zB bei der Einschulung eines Gendarmerieschülers, Irrtümer, Schreibfehler oder, wie der Ml sagte, Flüchtigkeitsfehler passieren können, aber es setzt zumindest voraus, dass Anzeigen mit entsprechender Aufmerksamkeit verfasst und beim Auftauchen von Ungereimtheiten entsprechend zurückverfolgt werden.

Offensichtlich ist im gegenständlichen Fall, dass im Notizblock des Ml mehrere (nach Korrektur aufeinanderfolgende) Uhrzeiten notiert sind, wobei dieser aber offenbar so abgelenkt war, dass er sich nicht einmal sondern sogar öfter "verschrieben" hat. Eine Anhaltung zu schnell befundener Fahrzeuglenker ist auf der B3 nach den Aussagen der Zeugen aus Platzgründen nicht möglich. Hätte der Ml aber am Abend bei der Verfassung der Anzeige mitgedacht, hätte ihm die Unrichtigkeit der Tatzeit 10.06 Uhr schon anhand des Messprotokolls und seiner unmittelbaren Erinnerung an die Lasermessung am Nachmittag auffallen müssen. Die konkrete Bezeichnung der Farbe in seiner Anzeige mit "dunkelgrün", an der der Ml auch noch in der Verhandlung mit Hinweis auf eben seine Erinnerung und die Notiz "grün" in seinen Handschriften festgehalten hat, spricht insofern für sich, als der Ml hier das von ihm festgehaltene Kennzeichen offenbar nicht mit dem Zentralregister verglichen hat.

Dass aber bei der Bearbeitung dieser Anzeige, die dann im Verfahrensakt in der vom Ml vorgelegten Form nicht mehr vorhanden ist, einfach ohne jede Nachforschung die Farbe des Pkw auf die im Zentralregister aufscheinende geändert und, weil der Bw die Uhrzeit in der Lenkerauskunft angezweifelt hat, auch die Tatzeit "angepasst" wird, kann nicht mehr als sorgfältige Vorgangsweise bei der Erstattung einer Anzeige angesehen werden.

Dass letztlich derartige Schlampereien berechtigte Zweifel an der Richtigkeit des gesamten Tatvorwurfs entstehen lassen, verwundert nicht, insbesondere dann, wenn eine Anhaltung an Ort und Stelle wegen des für Lasergeschwindigkeitsmessungen günstigen Standortes der Beamten gar nicht erfolgt und sich die Erstinstanz nicht auf sachlicher Ebene mit dem entsprechenden Parteienvorbringen auseinandersetzt sondern dieses ohne Aufnahme entsprechender Beweise auch noch ins Lächerliche zieht - von einer Farbe "delphingrün" haben weder der Bw noch der Ml jemals gesprochen.

Da im gegenständlichen Fall ohne Zweifel fest steht, dass der Pkw des Bw grau ist, der Zeuge RI A aber beim von ihm gemessenen Fahrzeug diesbezüglich keine Erinnerung hat und der Ml gemäß seiner Notizen und seiner Erinnerung ein grünes Fahrzeug zur Anzeige gebracht hat, ist nicht mit der letztlich für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit auszuschließen, dass sich der Ml nicht auch im Kennzeichen geirrt hat, speziell wenn er bei dieser Amtshandlung nicht nur auf Angaben des Zeugen zu achten sondern auch noch einen Gendarmerieschüler einzuschulen hatte. Dabei ist irrelevant, ob im Bezirk Perg auch noch ein grüner A6 mit ähnlichem Kennzeichen zugelassen ist, mit dem eine Verwechslung passiert sein hätte können.

Bereits aufgrund dieser Unsicherheiten war auf die umfangreichen Beweisanträge des Bw im Hinblick auf seine Fahrt nach Bad Pirawarth - die Strecke zur Autobahn führt dabei von Schwertberg aus normalerweise nicht über Oberwagram - nicht mehr einzugehen und in rechtlicher Hinsicht das Verfahren wegen Nichterweisbarkeit des Tatvorwurfs im Zweifel zugunsten des Bw einzustellen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß auch keine Verfahrenskostenbeiträge anfallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 
 

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