Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260194/2/WEI/Bk

Linz, 10.06.1997

VwSen-260194/2/WEI/Bk Linz, am 10. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Strafberufung der V, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 30. April 1996, Zl. Wa 96-2-1996-Kü-Wö, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 137 Abs 4 lit i) und § 137 Abs 2 lit x) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, die verhängten Strafen im angefochtenen Straferkenntnis werden bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat im Berufungsverfahren als weitere Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren zu Punkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses den Betrag von S 400,-- zu Punkt 2. den Betrag von S 200,-- zu leisten.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 64 Abs 1 und 2 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis der belangten Behörde vom 30. April 1996 wurde die Berufungswerberin (Bwin) in 2 Fällen schuldig erkannt und bestraft, weil sie es als Geschäftsführerin im Hinblick auf § 9 Abs 1 VStG zu verantworten hätte, daß die S Ges.m.b.H., L, die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. Februar 1994, Zl. Wa-600240/8/Hol/Has, erteilten wasserpolizeilichen Aufträge nicht erfüllt hat. Mit diesem Bescheid wurde der S Ges.m.b.H. aufgetragen, bis zum 31. Mai 1994 1. die Einleitung mineralölverunreinigter und vorgereinigter Wasch-, Manipulations- und Niederschlagswässer der Manipulationsfläche, der Waschhalle samt Portal- Bürstenwaschanlage und der zwei westlich an besagte Waschhalle angrenzenden SB-Freiwaschplätze ihrer Tankstelle auf dem Gst.Nr. KG F, in die Anlagen der systematischen Ortskanalisation der Stadtgemeinde F einzustellen und die hiezu dienenden Abwasserbeseitigungsanlagen zu beseitigen.

2. a) entweder unter Vorlage geeigneter, den Bestimmungen des § 103 WRG 1959 entsprechender Projektsunterlagen (3-fach) beim Landeshauptmann von Oberösterreich als Wasserrechtsbehörde erster Instanz um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Einleitung mineralölverunreinigter und vor gereinigter Wasch-, Manipulations- und Niederschlagswässer von drei überdachten SB-Waschplätzen im nördlichen Bereich ihrer Tankstelle auf dem Gst.Nr. KG F, in die Anlagen der systematischen Ortskanalisation der Stadtgemeinde F sowie zur Errichtung und zum Betrieb der hiezu dienenden Abwasserbeseitigungsanlagen anzusuchen oder b) die Einleitung dieser betrieblichen Abwässer einzustellen und die hiezu dienenden Abwasserbeseitigungsanlagen zu beseitigen.

Die belangte Behörde nahm zu 1) die Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 4 lit i) WRG 1959 und zu 2) jene nach § 137 Abs 2 lit x) WRG 1959 an und verhängte nach den Strafrahmen von § 137 Abs 4 und § 137 Abs 2 leg.cit. Geldstrafen in Höhe von zu 1) S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) und zu 2) S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden). Als Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren wurden S 200,-- und S 100,-- festgesetzt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin am 3. Mai 1996 eigenhändig zugestellt wurde, richtet sich die als Einspruch fehlbezeichnete, am 13. Mai 1996 bei der belangten Behörde rechtzeitig eingelangte Berufung vom 9. Mai 1996, mit der sie um Nachsicht bittet und ersucht, von einer Bestrafung abzusehen und eine strenge Verwarnung auszusprechen.

Begründend verweist die Bwin darauf, daß auch "Magister M von der Landesregierung" anläßlich eines Lokalaugenscheines festgestellt hätte, daß "bei unserer Betriebsanlage keine Gefahr in Verzug wäre". Man hätte wirklich wirtschaftlich arbeiten und das Projekt "nach Abklärung des wirklichen Weiterganges mit unserem Betriebsgelände" erstellen wollen. Die Kosten der Projektierung wären schon hoch und dann jene der Vollziehung des Projekts noch viel höher. Dies könnte dann nur für kurze Zeit oder umsonst geschehen sein. Aus diesem Grund ersucht die Bwin "in diesem so speziellen Falle" eine ganz strenge Verwarnung auszusprechen und von einer Bestrafung abzusehen.

2. Die belangte Behörde hat ihren Strafakt der Wasserrechtsabteilung des Amtes der o.ö. Landesregierung zur Berufungsentscheidung vorgelegt, die ihn zuständigkeitshalber an den O.ö. Verwaltungssenat weiterleitete.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt unbestritten feststeht. Die Nichtbefolgung der mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 21. Februar 1994 rechtswirksam erteilten wasserpolizeilichen Aufträge durch die S Ges.m.b.H. zumindest bis zum Entscheidungsdatum des Straferkenntnisses erster Instanz wurde von der Bwin nicht in Abrede gestellt.

Nach der unbestrittenen Sachverhaltsdarstellung des Straferkenntnisses blieben mehrere Aufforderungen des Landeshauptmannes von Oberösterreich, den wasserpolizeilichen Aufträgen nachzukommen, ergebnislos, weshalb die belangte Behörde einzuschreiten hatte. Diese räumte der S Ges.m.b.H. mit Schreiben vom 5. September 1995, Wa 10-100-1995-Kü-Wö, eine neuerliche Frist von sechs Wochen ein und drohte die Ersatzvornahme an. Da darauf wieder nicht reagiert wurde, hat die belangte Behörde ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Auch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14. März 1996 wurde vorerst ignoriert. Erst aufgrund eines im Zwangsvollstreckungsverfahren am 15. April 1996 durchgeführten Lokalaugenscheines, teilte die Bwin mit Schreiben vom 17. April 1996 mit, daß die Projektierung hinausgezögert werde, um im Hinblick auf finanzielle Probleme des Betriebes Kosten zu sparen. Man überlege auch, den Betrieb unter einer anderen Betriebsart zu verlegen. Mit dem weiteren Schreiben vom 24. April 1996 reagierte die Bwin auf die Aufforderung zur Rechtfertigung der belangten Behörde. Sie betonte zunächst, daß die Umsätze und Erträge durch viele nicht beeinflußbare Umstände "eingebrochen" wären. Die österreichischen Gesetze wären nicht mehr administrierbar und brächten Belastungen, die nicht mehr verdient werden könnten. So verhalte es sich auch beim Wasserprojekt. Man wäre in intensiven Verhandlungen, den Betrieb einem anderen Verwendungszweck zuzuführen.

Die Bwin bringt vor, sie wäre seit Oktober 1993 ohne Einkommen, weil sich der Betrieb den Unternehmerlohn nicht leisten könnte. Sie hätte ihr Vermögen der Bank verpfändet und für einen Sohn zu sorgen. Sie ersuchte von einer Bestrafung abzusehen.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Die Berufung hat die strafbehördlichen Schuldsprüche nach § 137 Abs 4 lit i) (Punkt 1.) und nach § 137 Abs 2 lit x) (Punkt 2.) WRG 1959 nicht bekämpft. Diese sind somit in Rechtskraft erwachsen und entziehen sich einer weiteren Beurteilung durch den erkennenden Verwaltungssenat. Die Bwin strebt aber eine Ermahnung ("strenge Verwarnung") und ein Absehen von der Strafe an. Die vorliegende Strafberufung begehrt damit der Sache nach die Anwendung des § 21 Abs 1 VStG.

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs 1 VStG setzt voraus, daß das Verschulden des Täters geringfügig erscheint und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Das Verschulden des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A, 1996, 862 ff, E 6 ff zu § 21 VStG; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, 1992, Rz 14 zu § 42 StGB). Nach der Judikatur zum insoweit vergleichbaren § 42 StGB idF vor dem StRÄG 1987 (BGBl Nr. 605/1987) muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl mwN Leukauf/Steininger, aaO, Rz 14 f zu § 42 StGB). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im Merkmal "unbedeutende Folgen der Übertretung" verselbständigt.

Im vorliegenden Fall hätten die wasserpolizeilichen Aufträge des Landeshauptmannes bereits bis zum 31. Mai 1994 erfüllt werden sollen. Die S Ges.m.b.H. hatte diese Aufträge noch nicht einmal teilweise bis zur Erlassung des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 30. April 1996 erfüllt. In der Berufung wird im wesentlichen nur vorgebracht, daß das wasserrechtliche Projekt hohe Kosten verursache, die man sich nicht leisten könne. Außerdem wolle man die Unternehmensentwicklung abwarten. Die Bwin war demnach auch im Zeitpunkt der Berufung, also rund zwei Jahre nach Ablauf des Termins, noch nicht bereit dafür zu sorgen, daß die S Ges.m.b.H. den rechtskräftig erteilten Aufträgen des Landeshauptmannes nachkommt. Die belangte Behörde war daher im Recht, wenn sie insofern von beharrlicher Weigerung und Uneinsichtigkeit sprach. Außerdem kann unter diesen Umständen von einem geringen Verschulden keine Rede sein. Die schwierige wirtschaftliche Situation des Unternehmens darf nicht zu jahrelangen Verzögerungen der Herstellung des gesetzmäßigen wasserrechtlichen Zustandes führen. Erschwerend kommt gegenständlich dazu, daß die wasserpolizeilichen Aufträge absichtlich nicht erfüllt wurden, um Kosten einzusparen. Insbesondere den Auftrag nach Punkt 1 des Bescheides des Landeshauptmannes hätte die S Ges.m.b.H. auch ohne Projektierungskosten erfüllen können. Da es schon am Erfordernis der geringen Schuld fehlt, war ein Absehen von der Strafe und der Ausspruch einer bloßen Ermahnung nicht möglich.

4.2. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde aufgrund der Angaben der Bwin von Vermögenslosigkeit, einem Mindesteinkommen im Sinne eines Existenzminimums und der Sorgepflicht für ein Kind aus. Außerdem wurde der Bwin Unbescholtenheit in wasserrechtlichen Angelegenheiten mildernd zugestanden, was schon ein Entgegenkommen war, zumal der Milderungsgrund der Unbescholtenheit Vorstrafenfreiheit schlechthin erfordert. Die Geldstrafen waren nach den Strafrahmen des § 137 Abs 4 WRG 1959 bis zu S 250.000,-- (Punkt 1) und des § 137 Abs 2 WRG 1959 bis zu S 30.000,-- (Punkt 2) zu bemessen. Die zu Punkt 1. des Schuldspruches verhängte Strafe von S 2.000,-- beträgt nicht einmal ein Prozent des Strafrahmens. Sie ist als außerordentlich milde zu bezeichnen. Die zu Punkt 2. des Schuldspruches verhängte Strafe in Höhe von S 1.000,-- entspricht 1/30stel oder rund 3,3 Prozent des Strafrahmens. Sie bewegt sich ebenfalls im untersten Bereich des anzuwendenden Strafrahmens. Die Geldstrafen können daher nicht weiter vermindert werden.

Die Ersatzfreiheitsstrafen waren gemäß § 16 VStG festzusetzen, wobei gemäß dem § 16 Abs 2 VStG von einem Strafrahmen bis zu zwei Wochen (= 336 Stunden) auszugehen war. 24 Stunden entsprechen etwa 7 Prozent und 12 Stunden etwa 3,5 Prozent dieses Strafrahmens für die Ersatzfreiheitsstrafe. Bei der Strafe zum Punkt 1. des Schuldspruches ist eine deutliche Unverhältnismäßigkeit zwischen primärer Geldstrafe (unter 1%) und der Ersatzfreiheitsstrafe (ca. 7%) festzustellen. Dennoch sieht sich der unabhängige Verwaltungssenat nicht zu einer Korrektur veranlaßt, zumal die Geldstrafe besonders gering ausgefallen und nur dadurch erklärbar ist, daß die belangte Strafbehörde von sehr schlechten persönlichen Verhältnissen hinsichtlich der Einkommens- und Vermögenssituation der Bwin ausgegangen ist. Bei günstigen persönlichen Verhältnissen hätte die Geldstrafe im Hinblick auf das nicht unbeträchtliche Verschulden der Bwin auch 10 Prozent des Strafrahmens ausmachen können. Da es im Rahmen der Ersatzfreiheitsstrafe nur auf die Schuldangemessenheit, nicht aber auf die Leistungsfähigkeit der Bwin ankam, durfte die belangte Behörde auch 7 Prozent des Ersatzfreiheitsstrafrahmens ausschöpfen. Deshalb waren auch die Ersatzfreiheitsstrafen zu bestätigen.

5. Bei diesem Ergebnis hat die Bwin gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren zu Punkt 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses in Höhe von je 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, ds S 400,-- und S 200,--, zu bezahlen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. W e i ß

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