Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-109564/8/Br/Gam

Linz, 03.03.2004

 

 

 VwSen-109564/8/Br/Gam Linz, am 3. März 2004

DVR.0690392

 

 
 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau A K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 27. Jänner 2004, Zl. VerkR96-4266-2003, nach der am 3. März 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:
 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 10/2004 - VStG;

 

II. Der Berufungswerberin werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 11,40 Euro (20% der vollinhaltlich bestätigten Strafen) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Über die Berufungswerberin wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung wegen Übertretungen nach Art. III Abs.5 lit.a 3. KFG-Novelle, BGBl. Nr. 352/76 idF, BGBl. Nr. 458/90 und § 106 Abs.1e Z1 iVm § 134 Abs.1 KFG zwei Geldstrafen (21 Euro und 36 Euro) und je zwölf Stunden Ersatzfreiheitsstrafen verhängt, weil sie am 28.8.2003 um 14.25 Uhr in Linz, Leonfeldnerstraße Nr. 75a

  1. als Lenkerin des KFZ mit dem Kz. wie bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt worden sei, den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet gehabt habe und
  2. als Lenkerin auf dem mit einem Sicherheitsgurt ausgestatteten Sitzplatz des genannten Fahrzeuges, ein Kind unter 14 Jahren, welches größer als 150 cm war, ohne das dieses Kind den Sicherheitsgurt bestimmungsgemäß verwendete, befördert habe.

 

1.1. Der Schuldspruch wurde auf die als erwiesen erachtete eindeutige Wahrnehmung der Übertretungstatbestände durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz gestützt. Ob die Berufungswerberin und deren Tochter zum Zeitpunkt der Anhaltung (gemeint wohl der Amtshandlung) angegurtet waren, spiele für die rechtliche Beurteilung keine Rolle, weil es nicht darauf ankomme, ob dieser beanstandete Zustand zum Zeitpunkt der Amtshandlung noch aufrecht sei.

 

2. In der dagegen fristgerecht protokollarisch eingebrachten Berufung hält die Berufungswerberin dem Schuldspruch inhaltlich lediglich entgegen, "zum Zeitpunkt der Anhaltung sowohl sie als auch ihre Tochter angeschnallt gewesen zu sein."

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der Berufungsverhandlung. Dabei wurden auch die zwei einschreitenden Polizeibeamten RevInsp. W. R und BezInsp. G. K zeugenschaftlich einvernommen. Ebenfalls wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung die Berufungswerberin als Beschuldigte befragt. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz entschuldigte die Nichtteilnahme aus dienstlichen Gründen.

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war hier trotz der 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafen zwecks unmittelbarer Darstellung und entsprechender Würdigung des Berufungsvorbringens in Wahrung eines fairen Verfahrens iSd Art. 6 EMRK geboten.

 

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

 

4.1. Die Berufungswerberin lenkte zum obgenannten Zeitpunkt auf der Leonfeldnerstraße einen Pkw auf der rechten Fahrspur stadteinwärts. Am Beifahrersitz befand sich ihre noch nicht vierzehnjährige Tochter. Der von RevInsp. R gelenkte Funkwagen fuhr unmittelbar links neben diesem Fahrzeug, wobei vom Beifahrersitz aus der Zeuge BezInsp. K wahrnehmen konnte, dass beide Fahrzeuginsassinnen nicht angegurtet waren. Diese Wahrnehmung teilte er dem Fahrer mit dem Hinweis mit, eine Anhaltung dieses Fahrzeuges vorzunehmen. Als das Blaulicht eingeschaltet wurde, konnte der letztgenannte Zeuge sehen, wie die Beifahrerin unverzüglich den Gurt anlegte. Der Funkwagen setzte sich folglich vor das anzuhaltende Fahrzeug und gab das Anhaltezeichen per Hand durch die rechte Seitenscheibe des Funkwagens. Der Funkwagen hielt etwa 100 m später am rechten Fahrbahnrand an. Beide Beamten stiegen aus, als das angehaltene Fahrzeug auf sie zurollte. Zu diesem Zeitpunkt hatte auch die Lenkerin den Gurt angelegt. Die Berufungswerberin verweigerte in der Folge die Bezahlung eines Organmandats mit dem Hinweis bei der Anhaltung angegurtet gewesen zu sein.

Die Berufungswerberin bestritt auch im Rahmen der Berufungsverhandlung das ihr hier zur Last gelegte Faktum und vertrat im Ergebnis die Auffassung, dass den Beamten ein Wahrnehmungsfehler unterlaufen sein müsste. Sie erklärte gegenüber ihrer Verantwortung im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens hinaus - welches sich sprachlich lediglich darauf beschränkte "während der Kontrolle bzw. Anhaltung angegurtet gewesen zu sein" - auch bis zum Anhaltezeichen angegurtet gewesen zu sein.

Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.

Die zeugenschaftlich einvernommenen Polizeibeamten schilderten im Rahmen der Berufungsverhandlung in übereinstimmender Weise den Ablauf ihrer Wahrnehmungen und die Anhaltung. Dies spontan und aus dem Gedächtnis heraus und ebenfalls übereinstimmend mit den Anzeigeangaben und ihrer Aussagen vor der Behörde erster Instanz. Insbesondere der Wahrnehmung des BezInsp. K kommt entscheidungswesentliche Bedeutung zu, wenn dieser erklärte, während der Vorbeifahrt aus einer Distanz nur wenigen Metern die beiden Fahrzeuginsassinnen unangegurtet wahrgenommen zu haben. Dies ist schlüssig und gut nachvollziehbar. Dem Zeugen, der diese seine Wahrnehmung spontan dem Fahrer mit dem Hinweis der Anhalteabsicht mitteilte, kann nicht zugesonnen werden, dass er diese Behauptung bloß erfunden und die Amtshandlung mit einer falschen Tatanlastung im Ergebnis inszeniert hätte. Er wirkte darüber hinaus glaubwürdig und aufrichtig.

Der bloß leugnenden Verantwortung der Berufungswerberin - selbst wenn diese mit Nachdruck erfolgte - vermag in diesem Zusammenhang weniger Glaubwürdigkeit zugedacht werden, als dies in der unter Wahrheitspflicht und in Wahrung des Amtseides zur Objektivität verhaltenden Organen der Straßenaufsicht der Fall ist. Im Rahmen der Berufungsverhandlung konnten auch keinerlei Anhaltspunkte auf eine allenfalls unterlaufene Irritation in seiner Wahrnehmung gefunden werden. Dies insbesondere mit Blick auf die geschilderte Reaktion der Beifahrerin, welche laut Aussage des Zeugen BezInsp. K nach dem Einschalten des Blaulichtes und der Abgabe des Haltezeichens den Gurt spontan anlegte.

Unstrittig ist, dass die Berufungswerberin und die Beifahrerin zum Zeitpunkt des Stillstandes ihres Fahrzeuges die Gurten angelegt hatten.

Entscheidend ist hier die Wahrnehmung vor bzw. bei der Anhaltung, wobei die Anhaltung in Verbindung mit der entsprechenden Wahrnehmung in Verbindung zu bringen ist.

 

4.2. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

4.2.1. Der Art. III Abs. 5 der oben genannten Novelle lautet: "Wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges oder als mit einem Kraftfahrzeug beförderte Person die im Abs. 1 erster Satz angeführte Verpflichtung nicht erfüllt, begeht, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs. 5 StVO 1960 mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG 1950 mit einer Geldstrafe von 21 Euro zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages oder die Entgegennahme eines zur postalischen Einzahlung des Strafbetrages geeigneten Beleges verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden, zu verhängen."

Der § 106 Abs.1e KFG lautet: "Der Lenker hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1b und Abs. 1c und des Artikels III der 3. KFG-Novelle, BGBl. Nr. 352/1976, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 458/1990 weiters dafür zu sorgen, dass Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres, die 1.) 150 cm und größer sind, auf einem Sitzplatz eines Kraftfahrzeuges, der mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet ist, nur befördert werden, wenn sie den Sicherheitsgurt bestimmungsgemäß gebrauchen, 2.) zwölf Jahre und älter und kleiner als 150 cm sind, in Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen, Lastkraftwagen sowie Spezialkraftwagen jeweils mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3.500 kg auf Sitzen, die mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind, nur befördert werden, wenn dabei geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet werden, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringern."

Der Verstoß gegen die Verpflichtung zum Gebrauch des Sicherheitsgurtes ist nur dann strafbar, wenn diese Gesetzesverletzung im Zuge einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt wird. Von einer Wahrnehmung im Zuge der Anhaltung muss in teleologischer (zielorientierter) Gesetzesauslegung auch dann die Rede sein, wenn, wie es hier erwiesen ist, im Zuge des Anhaltungsprozesses die Gurten angelegt wurden (vgl. etwa UVS Niederösterreich v. 12.2.1993, Senat-BN-92-002).

 

5. Zur Strafzumessung:

 

5.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Aus Judikatur des VfGH ist abzuleiten, dass die Gurtenpflicht nicht bloß dem Selbstschutz sondern auch dem Schutze öffentlicher Interessen dient. Diese Pflicht greife, so der VfGH, in keiner Weise in das Privatleben und ebenso wenig in ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht ein (Hinweis auf EMRK v. 13.12.1979, Nr. 8707/79, EuGRZ 1980, S 170). Schwerer wiegt hier noch die unterbliebene Sorge auch das am Beifahrersitz mitgeführte Kind anzuschnallen. Damit wurde dem Schutzziel der Norm iVm der aus der gesetzlichen Vertretungs- und Sorgepflicht eines Kindes erwachsenen Ingerenzgrundsätze verstärkt zuwider gehandelt.

Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (§ 5 Abs.1 VStG).

Eine Tat ist etwa nur dann nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist (§ 6 VStG). In dieser Richtung konnte für die Berufungswerberin nichts entlastendes festgestellt werden, sodass insbesondere auch die Anwendung des § 21 VStG nicht in Betracht gezogen werden konnte.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum