Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-109607/2/Zo/Jo

Linz, 11.05.2004

 

 

 VwSen-109607/2/Zo/Jo Linz, am 11. Mai 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn M H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E K, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 2.2.2004, VerkR96-3694-2003, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird teilweise stattgegeben.
  2.  

    Hinsichtlich des Schuldspruches wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt, es wird jedoch von der Verhängung einer Strafe Abstand genommen und eine Ermahnung erteilt.

     

  3. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung sämtlicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 21 Abs.1 VStG.

zu II.: §§ 65 und 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden, Verfahrenskostenbeitrag 7,20 Euro) verhängt, weil dieser am 3.8.2003 um 14.10 Uhr auf der A7 bei Strkm. 20,500 als Lenker des Lkw mit dem Anhänger den Frachtbrief, welcher aufgrund gewerberechtlicher Vorschriften für die Durchführung von Beförderungen oder Leerfahrten erforderlich ist, nicht mitgeführt habe.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass gemäß § 17 Abs.1 GütbefG der Güterbeförderungsunternehmer den Frachtbrief mitzuführen habe. § 17 Abs.1 GütbefG würde gegenüber § 102 Abs.5. lit.g KFG 1967 eine Spezialbestimmung sein und ein Tatvorwurf dahingehend, dass der Berufungswerber gegen § 17 Abs.1 GütbefG verstoßen habe, sei nie vorgehalten worden. Eine Bestrafung gemäß § 102 Abs.5 lit.g KFG 1967 würde damit ausscheiden.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht erforderlich, weil der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht bestritten wurde, im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und eine solche auch nicht beantragt wurde (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG).

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 3.8.2003 um 14.10 Uhr den Lkwzug, auf der A7 Mühlkreisautobahn bei Strkm. 20,500 in Richtung Linz. Er hatte 22.845 l Rohmilch geladen, welche er bei verschiedenen Bauern in Pierbach und Bad Zell eingesammelt hatte. Er befand sich auf der Fahrt nach Mattighofen um die Milch in die dortige Molkerei zu bringen. Die Entfernung von Pierbach bzw. Bad Zell nach Mattighofen beträgt ca. 100 km. Den gegenständlichen Transport führte der Lenker im Auftrag der C L GesmbH gewerbsmäßig durch. Er führte jedoch keinen Frachtbrief mit.

 

Im Zuge des Verfahrens gab der Berufungswerber zur Rechtfertigung an, dass sein Arbeitgeber damals auf dem Standpunkt gestanden sei, dass aufgrund einschlägiger Bestimmungen kein Frachtbrief mitgeführt werden müsse. Der Dienstgeber habe auch keinen Frachtbrief ausgestellt. Er selbst sei dazu nicht befugt. Da ihm sein Arbeitgeber keinen Frachtbrief zur Verfügung gestellt habe, habe er diesen auch nicht mitführen können. Sein Verschulden sei jedenfalls gering und die Tat habe nur unbedeutende Folgen, sodass § 21 VStG angewendet werden könne.

 

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 102 Abs.5 lit.g KFG 1967 hat der Lenker auf Fahrten die aufgrund gewerberechtlicher Vorschriften für die Durchführung von Beförderungen oder von Leerfahrten erforderlichen Dokumente mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

 

Gemäß § 17 Abs.1 GütbefG haben die Güterbeförderungsunternehmer bei Güterbeförderungen ab 50 km Entfernung oder über die Grenze über jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen.

 

5.2. Die Beförderung von Milch von den Milchbauern durch einen Gewerbetreibenden zu einer Molkerei stellt jedenfalls eine gewerbsmäßige Güterbeförderung dar, weshalb das Güterbeförderungsgesetz grundsätzlich anzuwenden ist. Da im gegenständlichen Fall die Entfernung von den Bauern zur Molkerei mehr als 50 km beträgt, war gemäß § 17 Abs.1 GütbefG ein Frachtbrief erforderlich. Dass der Frachtbrief zu jenen Dokumenten gehört, welcher der Lenker eines Kraftfahrzeuges aufgrund gewerberechtlicher Vorschriften bei der Durchführung eines gewerbsmäßigen Gütertransportes mitführen muss, ergibt sich aus Anmerkung 51 zu § 102 KFG 1967 bei Grundner-Prüstel, 6. Auflage. Der Berufungswerber hat daher die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Das Vorbringen des Berufungswerbers, dass er sich auf die diesbezüglich falsche Rechtsansicht seines Arbeitgebers verlassen habe, kann sein Verschulden nicht ausschließen, weil er sich als geprüfter Kraftwagenlenker selbst um die Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen kümmern muss. Es ist ihm daher fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

 

5.3. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres in Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Dem Berufungswerber zuzugestehen, dass die Notwendigkeit eines Frachtbriefes bei Milchtransporten weitgehend unbekannt ist, dürfte insbesondere damit zusammenhängen, dass bis vor wenigen Jahren bei derartigen Transporten der 50 km-Bereich kaum überschritten wurde. Den Berufungswerber trifft daher nur ein ganz geringes Verschulden. Es sind auch keinerlei negative Folgen der Verwaltungsübertretung bekannt geworden. Der Berufungswerber ist aktenkundig auch bisher unbescholten. Unter Berücksichtigung dieser Umstände konnte von der Verhängung einer Strafe Abstand genommen werden, wobei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Rechtsanspruch auf Anwendung des § 21 Abs.1 VStG besteht, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Ausspruch einer Ermahnung iSd zweiten Satzes des § 21 Abs.1 VStG erschien jedoch erforderlich, um den Berufungswerber für die Zukunft zu einem rechtskonformen Verhalten zu bewegen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum