Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109609/6/Zo/Pe

Linz, 14.06.2004

 

 

 VwSen-109609/6/Zo/Pe Linz, am 14. Juni 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des S H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H K, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 12.1.2004, VerkR96-5953-2003, wegen einer Übertretung des Führerscheingesetzes 1997 sowie mehrerer Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 3.6.2004 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung gegen die Strafhöhe wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz 164 Euro als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu leisten (ds 20 % der verhängten Geldstrafen).

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 51 und 51i VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis dem Berufungswerber vorgeworfen, dieser habe am 24.8.2003 um ca. 5.30 Uhr den Pkw auf der Brünninger Landesstraße 1129 vom Wiesenfest in Schulleredt kommend in Fahrtrichtung Andorf gelenkt, wobei er

  1. auf Höhe km 3,180 der L 1129 an einem Verkehrsunfall mit Personenschaden beteiligt war und es unterlassen hat, nach diesem Verkehrsunfall sein Fahrzeug sofort anzuhalten;
  2. es unterlassen hat, von diesem Verkehrsunfall mit Personenschaden sofort die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen und
  3. es unterlassen hat, an der erforderlichen Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken, weil er nach diesem Verkehrsunfall mit Personenschaden die Unfallstelle verlassen hat und sich nicht feststellen ließ, ob er körperlich und geistig das Fahrzeug in einem fahrtauglichen Zustand gelenkt hat, wodurch die Gendarmerieerhebungen erschwert wurden,
  4. obwohl er während dieser Fahrt nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung der Klasse B war.

Der Berufungswerber habe dadurch Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a, § 4 Abs.2 und § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 sowie nach § 1 Abs.3 FSG 1997 begangen, weshalb über ihn zu den Übertretungen des § 4 StVO 1960 drei Geldstrafen von jeweils 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils zwei Tage) gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 sowie zur Übertretung des FSG 1997 eine Geldstrafe von 370 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) gemäß § 37 Abs.3 Z1 FSG verhängt wurden. Weiters wurde er zur Bezahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen, nämlich von 82 Euro, verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber vorbringt, dass sich bei dem beim Landesgericht Ried anhängigen Verfahren zu 12 Ur 100/03 herausgestellt habe, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er tatsächlich zwei Personen, nämlich Herrn F und Herrn B bei diesem Verkehrsunfall verletzt habe. Die Verletzungen des Herrn B könnten nach dem Gutachten des Gerichtssachverständigen nicht mit Sicherheit auf den Verkehrsunfall zurückgeführt werden. Die verhängten Geldstrafen seien bei weitem überhöht, er habe ein reumütiges Geständnis in seiner Rechtfertigung vom 16.12.2003 abgegeben, was als strafmildernd zu werten ist. Die ausgesprochenen Strafen seien daher nicht gerechtfertigt.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 3.6.2004, bei welcher der Rechtsvertreter des Berufungswerbers sowie die Bezirkshauptmannschaft Schärding gehört wurden. Der Berufungswerber selbst hat an dieser Verhandlung ohne Angabe von Gründen nicht teilgenommen. Bei der mündlichen Verhandlung hat der Rechtsvertreter des Berufungswerbers klargestellt, dass sich seine Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet und er den Schuldspruch der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen nicht bekämpft.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber ist nicht im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klasse B. Dennoch lenkte er am 24.8.2003 um ca. 5.30 Uhr den Pkw auf der Brünninger Landesstraße 1129 vom Wiesenfest in Schulleredt kommend in Fahrtrichtung Andorf. Im Pkw befanden sich insgesamt vier Personen. Bei Strkm. 3,180 der L 1129 kam es zu einem Verkehrsunfall mit den beiden Fußgängern F und B, wobei Herr F schwer verletzt wurde. Die leichten Verletzungen des Herrn B können aus technischer und medizinischer Sicht nicht mit Sicherheit auf einen Anstoß mit dem Unfallfahrzeug rückgeführt werden. Der Berufungswerber hielt sein Fahrzeug nicht an, sondern setzte seine Fahrt fort. Er unterließ es auch, die nächste Gendarmeriedienststelle zu verständigen und an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken. Dazu ist anzuführen, dass zwei der Mitfahrer dem Berufungswerber zu dieser Fahrerflucht animierten, während die dritte Mitfahrerin versuchte, ihn zum Zurückkehren an die Unfallstelle zu bewegen. Drei Tage nach dem Verkehrsunfall hat der Berufungswerber der Gendarmerie gegenüber vorerst angegeben, dass der Pkw zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalles von der damaligen Beifahrerin gelenkt worden sei. Nachdem es ihm nicht gelungen ist, die Beifahrerin dazu zu überreden, die Schuld an diesem Verkehrsunfall auf sich zu nehmen, hat er schließlich einen Tag später den Vorfall eingestanden. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits umfangreiche Erhebungen durch die Gendarmerie nach dem fahrerflüchtigen Fahrzeug und Lenker im Gange.

 

Über den Berufungswerber scheint bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding eine rechtskräftige Vormerkung vom 4.1.2000 wegen insgesamt vier relativ geringfügiger verkehrsrechtlicher Übertretungen auf. Ansonsten ist er unbescholten. Er verfügt über ein monatliches Einkommen von ca. 1.200 Euro bis 1.500 Euro netto, hat jetzt aufgrund der Regressforderung der Haftpflichtversicherung aus diesem Verkehrsunfall Schulden in Höhe von 22.000 Euro und derzeit keine Sorgepflichten.

 

Wegen dieses Verkehrsunfalles ist beim Landesgericht Ried ein Strafverfahren gegen den Berufungswerber wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung anhängig.

 

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Berufung ausschließlich gegen die Strafhöhe richtet. Die Schuldsprüche des angefochtenen Straferkenntnisses sind daher bereits in Rechtskraft erwachsen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

§ 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 bestimmt, dass für Übertretungen des § 4 Abs.1 und 2 StVO 1960 Geldstrafen von 36 Euro bis 2.180 Euro sowie Ersatzfreiheitsstrafen von 24 Stunden bis sechs Wochen zu verhängen sind. Für die Übertretung des § 1 Abs.3 FSG beträgt der gesetzliche Strafrahmen gemäß § 37 Abs.3 Z1 FSG 363 Euro bis 2.180 Euro.

 

5.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die Folgen der gegenständlichen "Schwarzfahrt", nämlich der Verkehrsunfall sowie der "Fahrerflucht", nämlich dass dadurch die Gendarmerieerhebungen erschwert und möglicherweise die Hilfeleistung erst später erfolgte, werden in dem beim Landesgericht anhängigen Gerichtsverfahren behandelt. Das bedeutet, dass wegen dieser Folgen der Verwaltungsübertretungen der Berufungswerber gerichtlich verfolgt wird. Diese Folgen dürfen daher im Verwaltungsstrafverfahren nicht als straferschwerend gerechnet werden, weil der Berufungswerber ansonsten in zwei verschiedenen Strafverfahren deswegen belangt würde.

 

Unabhängig von den Folgen der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen sind die Strafmilderungs- und Straferschwerungsgründe zu berücksichtigen. Das Geständnis des Berufungswerbers vier Tage nach dem Vorfall kann nicht mehr als reumütiges Geständnis iSd § 34 Z17 StGB angesehen werden, weil sich der Berufungswerber zu diesem Geständnis erst durchgerungen hat, nachdem ihm klar sein musste, dass die von ihm am Vortag Beschuldigte seine Version des Vorfalles nicht unterstützen wird. Seine Aussage vom 28.8.2003 hat zwar zur Wahrheitsfindung beigetragen, diese aber nicht mehr wesentlich erleichtert, weil zu diesem Zeitpunkt durch eine bloße Befragung der am Vortag von ihm Beschuldigten durch die Gendarmerie der Sachverhalt hätte leicht geklärt werden können. Sein Geständnis vom 28.8.2003 wird dem Berufungswerber zwar als Milderungsgrund zuerkannt, allerdings nur in einem deutlich geringeren Ausmaß, als dies bei einem reumütigem Geständnis der Fall gewesen wäre. Sonstige Strafmilderungsgründe liegen nicht vor, insbesondere ist der Berufungswerber auch nicht unbescholten. Die Vormerkungen vom 4.1.2000 bilden allerdings auch keinen Straferschwerungsgrund. Hinsichtlich der Übertretungen des § 4 StVO 1960 ist als straferschwerend zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber diese vorsätzlich begangen hat. Wie die Erstinstanz zutreffend ausgeführt hat, sind bei der Strafbemessung auch general- und spezialpräventive Überlegungen zu berücksichtigen.

 

Hinsichtlich der Übertretung des § 1 Abs.3 FSG hat die Erstinstanz die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe nur ganz geringfügig überschritten, hinsichtlich der Übertretungen des § 4 Abs.1 und Abs.2 StVO 1960 wurde jeweils eine Geldstrafe von weniger als 7 % der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe verhängt. Diese Strafen entsprechen auch den durchaus durchschnittlichen persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers. Es waren daher die von der Erstinstanz verhängten Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen zu bestätigen und die Berufung abzuweisen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Z ö b l

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