Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-109617/10/Ki/Jo

Linz, 21.04.2004

 

 

 VwSen-109617/10/Ki/Jo Linz, am 21. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des J S, S, J, vertreten durch Rechtsanwalt J P, S, M, vom 24.02.2004 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 19.02.2004, VerkR96-7248-2003-(Ms), wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20.04.2004 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten-beiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Straferkenntnis vom 19.02.2004, VerkR96-7248-2003-(Ms), den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 02.08.2003, um 11.15 Uhr den K, Kennzeichen, im Gemeindegebiet von Pöndorf auf der L 508 aus Richtung Höcken kommend in Fahrtrichtung Ried i.I. gelenkt und bei Strkm. 7.097 die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 42 km/h überschritten. Die Geschwindigkeitsüberschreitung sei mittels geeichtem Lasergeschwindigkeitsmessgerät festgestellt worden. Gemäß § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 159 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 84 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 15,90 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 24.02.2004 Berufung mit dem Antrag, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge der Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 19.02.2004 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 20.04.2004. An dieser Verhandlung nahmen der Berufungswerber im Beisein seines Rechtsvertreters und eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn teil, als Zeugen wurden die Gattin des Berufungswerbers sowie der Gendarmeriebeamte, welcher die Geschwindigkeitsmessung durchgeführt hat, einvernommen.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens F zugrunde. Mittels Lasermessgerät wurde vom Meldungsleger die im Spruch des Straferkenntnisses festgehaltene Geschwindigkeit festgestellt.

 

Der Berufungswerber, welcher Zulassungsbesitzer des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges ist, hat zunächst gegen eine an ihn durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck ergangene Strafverfügung Einspruch erhoben. Das Verfahren wurde daraufhin von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn abgetreten.

 

Im Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat der Berufungswerber zunächst eine Reihe von Anträgen gestellt. Nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist hat er sich dann dahingehend gerechtfertigt, dass er den Pkw damals nicht gelenkt habe, sondern dies sei seine Gattin gewesen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn ist dieser Rechtfertigung nicht gefolgt und hat das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

In seiner Berufung vom 24.02.2004 weist der Rechtsmittelwerber darauf hin, dass er mit Eingabe vom 12.02.2004 den tatsächlichen Lenker bekannt gegeben habe. Er habe nach Zustellung der Strafverfügung seinen Rechtsvertreter angerufen und ihn um seine Verteidigung im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren ersucht und habe er diesem beim Telefonat gleich auch mitgeteilt, dass er nicht der richtige Bescheidadressat sei, weil damals seine Gattin das auf ihn zugelassene Fahrzeug gelenkt habe. Der Rechtsvertreter habe gefragt, ob er ein Lenkerauskunftsersuchen zugestellt erhalten habe, dies habe er verneint.

 

Es sei vereinbart worden, nach Ablauf der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist den tatsächlichen Lenker zu benennen, was auch dann geschehen sei. Es sei somit im gegenständlichen Verfahren das legitime Ziel verfolgt worden, auch die Gattin vor einer Bestrafung zu bewahren.

 

Dass die mit dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren befassten Bezirkshauptmannschaften kein Lenkerauskunftsersuchen nach § 103 Abs.2 KFG an ihn gerichtet hätten, habe erst die Möglichkeit eröffnet, auf eine Art und Weise zu agieren, welche die Möglichkeit eröffne, dass wegen der in Rede stehenden Geschwindigkeitsüberschreitung der Lenker nicht bestraft werde.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bestätigte der Berufungswerber seine Angaben. Er erklärte, dass er zur Tatzeit mit dem Fahrrad nach Tumeltsham gefahren sei, dies würde eine Reihe von Zeugen bestätigen können.

 

Die Gattin des Berufungswerber bestätigte ebenfalls, dass sie damals den Pkw gelenkt habe, sie sei ebenfalls nach Tumeltsham gefahren.

 

Der Meldungsleger konnte sich an die Amtshandlung im einzelnen nicht mehr erinnern, er erklärte, dass er das Fahrzeug im abfließenden Verkehr gemessen habe. Befragt ob er erkennen konnte, wie viele Personen bzw. ob eine männliche oder weibliche Person sich im Fahrzeug befanden, erklärte er, dass er hiezu keine Angaben machen könne.

 

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hält in der Begründung des Straferkenntnisses der Rechtfertigung des Berufungswerbers entgegen, es entspräche in keiner Weise der Lebenserfahrung, dass jemand einen Rechtsvertreter mit seiner Vertretung beauftrage, obwohl feststehe, dass jemand anderer anscheinend die Übertretung begangen habe. Die Behörde vermeint, es handle sich um eine Scheinbehauptung.

 

Grundsätzlich kann dieser Argumentation beigepflichtet werden, andererseits widerspricht es auch nicht der Lebenserfahrung, wenn jemand unter Ausschöpfung der rechtlich zulässigen Möglichkeiten die Gelegenheit nützt, etwa seine Ehegattin vor einer Bestrafung zu bewahren. In Anbetracht dessen, dass der Berufungswerber sich als Beschuldigter in jede Richtung hin verteidigen durfte, kann ihm sein Verhalten nicht zur Last gelegt werden.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung hat die Gattin des Berufungswerbers dessen Angaben bestätigt und erklärt, dass sie damals den Pkw gelenkt hat. Sie wurde eingehend belehrt, dass sie zur Wahrheit verpflichtet ist und im Falle einer falschen Zeugenaussage mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hätte. Sie hat die Aussage nicht verweigert, letztlich erachtet der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ihre Aussage als schlüssig und nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen, aber auch nicht im Widerspruch zur Rechtfertigung des Berufungswerbers, stehend.

 

Der Meldungsleger konnte keine Angaben darüber machen, ob eine männliche oder eine weibliche Person bzw. wie viele Personen sich im Fahrzeug befunden haben.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich kommt daher zum Ergebnis, dass dem Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit nachgewiesen werden kann, weshalb - zumindest nach dem Grundsatz in dubio pro reo - der Berufung Folge zu geben bzw. das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber einzustellen war.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

 

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum