Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109629/8/Sch/Pe

Linz, 24.05.2004

 

 

 VwSen-109629/8/Sch/Pe Linz, am 24. Mai 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des P E, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J K, Dr. J M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 5. Dezember 2003, VerkR96-3890-2003, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 30. April 2004 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses in diesen Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Bezüglich Faktum 3. wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird die Berufung in diesem Punkt abgewiesen.

     

  3. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 10 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 bzw. 45 Abs.1 Z1 und 2 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 5. Dezember 2003, VerkR96-3890-2003, über Herrn P E, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 20 Abs.1 StVO 1960, gemäß 2) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und gemäß 3) § 4 Abs.5 StVO 1960 Geldstrafen zu 1) von 72 Euro, zu 2) von 200 Euro und zu 3) von 150 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen zu 1) von 30 Stunden, zu 2) von 84 Stunden und zu 3) von 63 Stunden verhängt, weil er am 27. April 2003 gegen 00.30 Uhr im Gemeindegebiet von Bruck-Waasen auf dem öffentlichen Parkplatz vor dem Lokal "L L" den Pkw mit dem Kennzeichen gelenkt habe und

  1. die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen Umständen angepasst habe, da er eine brennende Zigarette vom Fahrersitz aufheben wollte, dabei von der Bremse abgerutscht sei, gegen eine Mauer gestoßen sei und diese erheblich beschädigt habe.
  2. Habe er es nach diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden, an dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, unterlassen, das von ihm gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten und den sonstigen Lenkerverpflichtungen nachzukommen.
  3. Habe er es nach diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden, an dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, unterlassen, die nächste Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein Identitätsaustausch mit dem Geschädigten unterblieben sei.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 42,20 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Zum stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung (Fakten 1. und 2.):

Gemäß § 20 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen, sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Er darf auch nicht so schnell fahren, dass er andere Straßenbenützer oder an der Straße gelegene Sachen beschmutzt oder Vieh verletzt, wenn dies vermeidbar ist. Er darf auch nicht ohne zwingenden Grund so langsam fahren, dass er den übrigen Verkehr behindert.

 

Die Verantwortung des Berufungswerbers in diesem Punkt geht dahin, dass ihm ein Fahr- bzw. Bedienungsfehler deshalb unterlaufen sei, da ihm beim Lenken des Fahrzeuges auf dem Gasthausparkplatz eine Zigarette hinuntergefallen sei. Beim Bestreben diese aufzufangen, sei er vom Bremspedal abgerutscht und an eine Mauer gefahren.

 

Mag diese Verantwortung überzeugend sein oder nicht, sie kann als Unfallursache nach der Beweislage auch nicht widerlegt werden. Daraus abgeleitet stellt sich die Frage, ob eine solche Unaufmerksamkeit eines der Kriterien des oben zitierten § 20 Abs.1 StVO 1960 im verwaltungsstrafrechtlichen Sinne - und nur dieser ist hier entscheidend - berührt. Die an der Tatörtlichkeit gegebenen Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnisse waren dem Berufungswerber als Stammgast des Lokales wohl bekannt. Es kann zwar nicht ausgeschlossen, ihm aber auch nicht ohne hinreichende Beweismittel unterstellt werden, dass er dennoch mit überhöhter Geschwindigkeit auf dem Parkplatz unterwegs war. Zumindest kann aber auch mit der gegenteiligen Annahme nicht widerlegt werden, dass erst ein Fahrfehler im Nahbereich der Mauer ein rechtzeitiges Anhalten davor verhindert hat.

 

Nach der Aktenlage war das Fahrzeug nach dem Anstoß derart schwer beschädigt, dass es als wohl nicht mehr fahrbereit anzusehen war. Der Berufungswerber hat es auch nicht mehr in Betrieb genommen, sondern zusammen mit dem in der Folge herbeigerufenen Bruder lediglich etwas von der Anstoßstelle weggeschoben. Zwischen dem Anstoß und diesem Vorgang hat er mit der Kellnerin des Lokales Kontakt aufgenommen und ihr von seinem Unfall berichtet. Diese hat den Schaden auch in Augenschein genommen. Hinsichtlich Meldung des Vorfalles gegenüber dem Geschädigten, also dem Lokalwirt, wurde vereinbart, dass diese vom Berufungswerber zu veranlassen sei. Die erwähnte Angestellte des Wirtes lehnte sohin eine Botenfunktion ab.

 

Im Hinblick auf Faktum 2. des Straferkenntnisses ist der Erstbehörde zwar zuzubilligen, dass der Berufungswerber, wie unten noch auszuführen sein wird, einer weiteren Pflicht als Unfallbeteiligten, nämlich seiner Meldepflicht nicht nachgekommen ist. Im gegenständlichen Fall hat der Berufungswerber seine Anhaltepflicht aber zum einen schon deshalb erfüllt, da es faktisch zu gar keiner, allenfalls nach einem nur kurzen Anhalten, Weiterfahrt gekommen ist (vgl. VwGH 15.4.1971, 1350/70). Er wollte sich - zumindest aus seiner Sicht - auch nicht den übrigen Verpflichtungen nach dem Unfall, insbesondere den Maßnahmen zur später durchzuführenden Schadensregulierung, entziehen. Nach Ansicht der Berufungsbehörde zieht alleine der Umstand, dass jemand der Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO 1960 nicht - hinreichend - nachgekommen ist, nicht schon den faktisch automatischen Schluss nach sich, dass auch ein Anhalten des Fahrzeuges im rechtlichen Sinn nicht stattgefunden hätte. Angesichts der konkreten Vorgänge im gegenständlichen Fall vermag die Berufungsbehörde eine Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 beim Berufungswerber jedenfalls nicht zu erblicken. Das Wegschieben des Fahrzeuges über eine kurze Distanz ist dabei unerheblich.

 

Anders verhält es sich mit dem Tatvorwurf des Nichtmeldens des Unfalles bei der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle. Hiezu wäre der Berufungswerber zum einen deshalb verpflichtet gewesen, da nicht nur kein Identitätsnachweis mit dem Geschädigten erfolgt ist, sondern nicht einmal eine Kontaktaufnahme vorerst durchgeführt wurde. Es mag durchaus sein, dass einander der Berufungswerber und der geschädigte Gastwirt persönlich bekannt waren, eine solche Tatsache ist aber dann rechtlich irrelevant, wenn diese Personen nach einem Verkehrsunfall noch über längere Zeit hin keinerlei Kontakt haben, also nicht einmal eine fernmündliche Kontaktaufnahme zur weiteren Vorgangsweise stattgefunden hat. Wenngleich grundsätzlich bei Personen, die einander persönlich bekannt sind, kein übertriebener Maßstab an den sogenannten Identitätsnachweis gelegt werden soll (VwGH 21.9.1984, 83/02/0411), darf aber auch ohne zwingenden Grund mit der Kontaktaufnahme mit dem Geschädigten nicht längere Zeit, wie im vorliegenden Fall, zugewartet werden. Die Meldung des Verkehrsunfalls bei der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle hat vom Unfallbeteiligten bei Abwesenheit des Geschädigten zu erfolgen und ist dieser Verpflichtung ohne unnötigen Aufschub nachzukommen.

 

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Es steht für die Berufungsbehörde außer Zweifel, dass die Pflichten gemäß § 4 StVO 1960 im öffentlichen Interesse dahingehend gelegen sind, nach einem Verkehrsunfall die nötigen Sofortmaßnahmen zu bewirken, aber auch in der Folge zu klären, mit wem sich ein Geschädigter hinsichtlich der Schadensregulierung auseinander zu setzen haben wird. Derartige Delikte sind daher auch grundsätzlich, insbesondere im Interesse der Generalpräventation, mit entsprechend hohen Strafen zu ahnden.

 

Im vorliegenden Fall ist dem Berufungswerber allerdings zugute zu halten, dass es ihm offenkundig nicht darum ging, seine Schadensverursachung zu verheimlichen bzw. die Schadensregulierung zu verunmöglichen oder zu erschweren. Allfällige andere Gründe für die Vermeidung einer sofortigen Kontaktaufnahme mit der Gendarmerie zu vermuten, ist wohl nicht gänzlich lebensfremd, im rechtlichen Sinne aber mangels Relevanz entbehrlich.

 

Die Berufungsbehörde vertritt zusammenfassend die Ansicht, dass auch mit der herabgesetzten Geldstrafe noch das Auslangen gefunden werden kann, um den Berufungswerber künftighin zur Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen zu bewegen.

 

Die erstbehördliche Aktenlage lässt keinen sicheren Schluss darauf zu, ob der Berufungswerber noch als unbescholten zu gelten hat oder nicht, zumal die drei verfahrensgegenständlichen Verwaltungsstrafen im Vormerkungsauszug mit dem Status "R" versehen sind, obwohl sie aufgrund der eingebrachten Berufung nicht rechtskräftig sein konnten. Es vermag die Berufungsbehörde daher auch nicht verlässlich anzunehmen, dass eine weitere dort angeführte Vormerkung tatsächlich rechtskräftig ist, weshalb dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute gehalten wurde. Aber auch die Rechtskraft einer Vormerkung wegen Übertretung des § 7 Abs.1 StVO 1960 (Strafhöhe 30 Euro) hätte eine höhere Strafe als die nunmehr festgesetzte für die Übertretung des § 4 Abs.5 StVO 1960 wohl nicht zu rechtfertigen vermocht.

 

Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers wird davon ausgegangen, dass er in der Lage sein wird, die Verwaltungsstrafe ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung zu begleichen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

S c h ö n

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