Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109647/8/Sch/Jo

Linz, 10.05.2004

 

 

 VwSen-109647/8/Sch/Jo Linz, am 10. Mai 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn W D vom 14. August 2003, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 11. August 2003, VerkR96-6617-1-2003, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 28. April 2004, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird.
  2.  

  3. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 21 Abs.1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Straferkenntnis vom 11. August 2003, VerR96-6617-2003, über Herrn W D, wegen einer Übertretung gemäß § 4 Abs.5 erster Satz StVO 1960 eine Geldstrafe von 72 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er am 25. Juli 2003 um 19.25 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen in Bad Goisern auf der Josef-Putz-Straße gelenkt habe, wobei er auf Höhe des Hotels Moserwirt, Kirchengasse 18, an einem Verkehrsunfall beteiligt gewesen sei, bei dem Sachschaden entstanden sei. Obwohl sein Verhalten am Unfallort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden habe, habe er es unterlassen, von diesem Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 7,20 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Eingangs ist zu Punkt 1. der Berufungsschrift im Hinblick auf das im Rahmen des erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens wiederholt zitierte unzutreffende Geburtsdatum des Berufungswerbers zu bemerken, dass diesem Umstand keinerlei Entscheidungsrelevanz zukommt. Auch für den Fall, dass die entsprechenden behördlichen Schriftstücke keinerlei Geburtsdatumsangabe enthalten hätten, ist an der Identität des Rechtsmittelwerbers als konkreter Beschuldigter im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nicht zu zweifeln. Die Beifügung des Geburtsdatums eines Beschuldigten in Verfolgungshandlungen kommt nur in Ausnahmefällen Bedeutung zu, etwa bei Namensgleichheit von Vater und Sohn (VwGH 19.6.1998, 97/02/0191).

 

In der Sache selbst ist auszuführen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Judikatur zu § 4 StVO 1960 zum Ausdruck bringt, ist Voraussetzung in subjektiver Hinsicht das Wissen der Unfallbeteiligten von dem Eintritt eines Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417 u.a.).

 

Gegenständlich war der relevante Sachverhalt so gestaltet, dass der Berufungswerber an einem vor ihm abgestellten Fahrzeug ein Vorbeifahrmanöver durchführte, welches aufgrund der beengten Platzverhältnisse von vornherein als im Hinblick auf den seitlichen Abstand zu dem anderen Fahrzeug knapp bemessen und daher mit besonderer Aufmerksamkeit durchzuführender Vorgang zu erkennen war. Dazu kam auch noch, dass sich der zweitbeteiligte Lenker im Fahrzeug befand und dem Berufungswerber ausdrücklich darauf aufmerksam machte, dass er bei der Vorbeifahrt seinen Spiegel berührt hätte. Eine solche sinngemäße Äußerung hat der Berufungswerber selbst konzediert. Nach dem Vorbeifahrmanöver kam es in der Folge - nach erfolgter Nachfahrt durch den Zweitbeteiligten - noch zu einer verbalen Auseinandersetzung in einiger Entfernung vom Unfallort. Dort war ebenfalls von einem beschädigten Außenspiegel am Fahrzeug des Letztgenannten die Rede.

 

Der Rechtsmittelwerber hat anlässlich der eingangs erwähnten Berufungsverhandlung angegeben, von einem Anstoß bzw. einer Streifung "Spiegel an Spiegel" nichts bemerkt zu haben, wollte einen solchen Umstand aber auch nicht ausdrücklich ausschließen.

 

Es ergibt sich sohin zusammenfassend die Sachlage, dass der Berufungswerber, wenn er schon, wie behauptet, selbst nichts von einer Berührung bzw. Beschädigung des Außenspiegels des anderen Fahrzeuges bemerkt haben sollte, ausreichende Hinweise hatte, dass eine solche Streifung verbunden mit einem möglichen Schaden eingetreten sein konnte.

 

Bei den Verpflichtungen gemäß § 4 StVO 1960 kommt es primär nicht darauf an, ob quasi mit Sicherheit gleich angenommen werden kann, dass ein allfälliger Schaden tatsächlich von dem gegenständlichen Unfallereignis stammt. Naturgemäß besteht auch die grundsätzliche Möglichkeit, ohne hier dies für den gegenständlichen Fall andeuten zu wollen, dass ein Schaden am zweitbeteiligten Fahrzeug schon vor dem Unfall bestanden haben konnte. Ein solcher kann aber nur dann nicht relevant sein, wenn er sogleich und zweifelsfrei, etwa aufgrund der Spuren am Fahrzeug, die angesichts ihrer Lage als Anstoßstelle nicht in Frage kommen können, von vornherein auszuschließen ist. Besteht jedoch die Möglichkeit, dass der Schaden vom aktuellen Unfallereignis stammt, so löst dieser Umstand die Lenkerpflichten nach einem Verkehrsunfall aus. Jede andere Auslegung der Bestimmung des § 4 StVO 1960 würde deren Sinn, nämlich sogleich nach einem Unfall die Voraussetzungen für die spätere Schadensauseinandersetzung - mit welchem Ergebnis auch immer, etwa hinsichtlich Verschuldensfrage - zu schaffen, zuwider laufen.

 

Zumal gegenständlich ein Identitätsnachweis der beiden Unfallbeteiligten nicht erfolgt ist, wäre der Berufungswerber iSd § 4 Abs.5 StVO 1960 zur unverzüglichen Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verpflichtet gewesen.

 

Dem Rechtsmittelwerber ist allerdings zu Gute zu halten, dass es ihm, wie er bei der Berufungsverhandlung glaubwürdig und überzeugend angegeben hat, nicht darum ging, sich irgendeiner Schadenersatzpflicht zu entziehen. Aufgrund der mit dem zweitbeteiligten Lenker stattgefundenen heftigen Auseinandersetzung über den Vorfall und der subjektiven Meinung, nachdem an seinem Fahrzeug kein Schaden entstanden war, auch am anderen keinen verursacht zu haben, hielt er es nicht für geboten, den Vorfall zu melden. Hiernach kamen ihm, wie er eben so glaubwürdig versicherte, aber doch Zweifel an der Rechtmäßigkeit (bzw. im Hinblick auf allfällige Folgen) seines Verhaltens, sodass er sich entschloss, eine Unfallmeldung bei der Gendarmerie zu tätigen. Allerdings war ihm der zweitbeteiligte Lenker schon zuvorgekommen und die Gendarmerie gerade bei ihm erschienen.

 

Wie anlässlich der o.a. Berufungsverhandlung auch erhoben wurde, stand die nicht erfolgte Meldung des Verkehrsunfalls durch den Berufungswerber einer Schadensabwicklung letztlich nicht im Wege, zumal der zeugenschaftlich einvernommene zweitbeteiligte Lenker angeben hat, den Schaden nach Meldung des Vorfalles bei seiner Versicherung ersetzt bekommen zu haben.

 

Angesichts dieser Umstände liegen gegenständlich noch die Voraussetzungen zur Anwendung des § 21 Abs.1 VStG, also das Absehen von der Strafe unter gleichzeitiger Erteilung einer Ermahnung, vor. Insbesondere kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass der Berufungswerber bislang völlig unbescholten ist. Der Ausspruch der Ermahnung erschien dem Oö. Verwaltungssenat geboten, um ihn künftighin zur Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen - allenfalls unter Hintanstellung der emotional bedingten Bewertung eines solchen Vorfalles - zu bewegen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

S c h ö n

 
 

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