Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109649/11/Zo/Pe

Linz, 28.06.2004

 

 

 VwSen-109649/11/Zo/Pe Linz, am 28. Juni 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des E H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M L, vom 1.3.2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 9.2.2004, VerkR96-4553-2002, wegen zahlreicher Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 15.6.2004 zu Recht erkannt:

 

  1. Hinsichtlich der Punkte 1, 2, 9, 10,12 und 15 des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Berufung stattgegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Hinsichtlich der Punkte 4, 5, 6, 7, 11, 13 und 16 wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen und das Straferkenntnis diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt, dass es im Spruch anstatt "...um 16.41 Uhr..." zu heißen hat "...um 16.41 Uhr und in den darauffolgenden Minuten...".
  4.  

    Weiters hat der Spruch in Punkt 4 anstatt "...laut der im nachfahrenden Zivilstreifenfahrzeug eingebauten Providaanlage um 37 km/h..." zu lauten: "...von 50 km/h erheblich überschritten...".

    Weiters hat der Spruch in Punkt 5 anstatt "...laut der angeführten Providaanlage eine Geschwindigkeit von 105 km/h gefahren sind..." zu lauten: "...diese erheblich überschritten haben...".

     

  5. Hinsichtlich der Punkte 3, 8 und 14 wird die Berufung hinsichtlich des Schuldspruches mit der Maßgabe abgewiesen und das Straferkenntnis insoweit bestätigt, dass es im Spruch anstatt "...um 16.41 Uhr..." wie folgt zu heißen hat: "...um 16.41 Uhr und in den darauffolgenden Minuten...".
  6.  

    Weiters hat der Spruch in Punkt 3 anstatt "...laut der im nachfahrenden Zivilstreifenfahrzeug eingebauten Providaanlage um 37 km/h..." zu lauten: "...von 100 km/h erheblich...";

    der Spruch in Punkt 8 anstatt "...laut der angeführten Providaanlage um 46 km/h..." zu lauten: "...von 100 km/h erheblich...";

    der Spruch in Punkt 14 hat anstelle "...laut der angeführten Providaanlage um 68 km/h..." zu lauten: "...von 50 km/h wesentlich...".

     

    Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung in diesen Punkten Folge gegeben und die Strafen werden wie folgt herabgesetzt:

    Punkt 3 von 145 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) auf 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden)

    Punkt 8 von 290 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) auf 145 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden)

    Punkt 14 von 436 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe sechs Tage) auf 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 68 Stunden).

     

  7. 1. Hinsichtlich der Punkte 1, 2, 9, 10, 12 und 15 entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge;

  1. Hinsichtlich der Punkte 4, 5, 6, 7, 11, 13 und 16 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten von 43,40 Euro einen Betrag von 86,80 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der verhängten Geldstrafen);
  2. Hinsichtlich der Punkte 3, 8 und 14 entfällt der Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich auf 44,50 Euro.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 51e und 45 Abs.1 Z1 und 2 VStG.

zu II. und III.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 51e und 19 VStG.

zu IV.: § 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis dem Berufungswerber vorgeworfen, dass dieser am 20.11.2002 um 16.41 Uhr den Pkw auf der B 310 in Richtung Freistadt gelenkt hat, wobei er

  1. bei Strkm. 21,200 der genannten Straße im Ortschaftsbereich von Anitzberg, Gemeinde Hagenberg i.M., trotz zweier Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung die Fahrbahnmitte überfahren hat;
  2. bei Strkm. 21,350 der genannten Straße im Ortschaftsbereich von Anitzberg, Gemeinde Hagenberg i.M., den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens nicht angezeigt hat, sodass sich andere Straßenbenützer auf den bevorstehenden Vorgang nicht einstellen konnten;
  3. bei Strkm. 21,540 der genannten Straße im Ortschaftsbereich von Anitzberg, Gemeinde Hagenberg i.M., die auf einer Freilandstraße zulässige Höchstgeschwindigkeit laut der im nachfahrenden Zivilstreifenfahrzeug eingebauten Providaanlage um 37 km/h überschritten hat;
  4. bei Strkm. 22,045 der genannten Straße im Ortschaftsgebiet von Loibersdorf, Gemeinde Unterweitersdorf, die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit laut der angeführten Providaanlage um 37 km/h überschritten hat;
  5. bei Strkm. 24,600 der genannten Straße im Ortschaftsbereich von Matzelsdorf, Gemeinde Neumarkt i.M., das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) missachtet hat, indem er bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h laut der angeführten Providaanlage eine Geschwindigkeit von 105 km/h gefahren ist;
  6. bei Strkm. 24,855 der genannten Straße im Ortschaftsbereich von Matzelsdorf, Gemeinde Neumarkt i.M., die auf der Fahrbahn aufgebrachte Sperrlinie überfahren hat;
  7. bei Strkm. 25,110 der genannten Straße im Ortschaftsbereich von Matzelsdorf, Gemeinde Neumarkt i.M., nicht soweit rechts gefahren sind, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, weil er mit der halben Fahrzeugbreite die Fahrbahnmitte überfahren hat;
  8. bei Strkm. 25,600 der genannten Straße im Gemeindegebiet von Neumarkt i.M., die auf einer Freilandstraße zulässige Höchstgeschwindigkeit laut der angeführten Providaanlage um 46 km/h überschritten hat;
  9. bei Strkm. 26,200 der genannten Straße im Gemeindegebiet von Neumarkt i.M. den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens nicht angezeigt hat, sodass sich andere Straßenbenützer auf den bevorstehenden Vorgang nicht einstellen konnten;
  10. bei Strkm. 26,500 der genannten Straße im Gemeindegebiet von Neumarkt i.M. trotz zweier Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung, die Fahrbahnmitte überfahren hat;
  11. bei Strkm. 26,560 der genannten Straße im Gemeindegebiet von Neumarkt i.M. die auf der Fahrbahn aufgebrachte Sperrlinie überfahren hat;
  12. bei Strkm. 26,600 der genannten Straße im Gemeindegebiet von Neumarkt i.M. den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens nicht angezeigt hat, sodass sich andere Straßenbenützer auf den bevorstehenden Vorgang einstellen konnten;
  13. bei Strkm. 27,080 der genannten Straße im Gemeindegebiet von Neumarkt i.M. die auf der Fahrbahn aufgebrachte Sperrfläche befahren hat;
  14. bei Strkm. 27,180 der genannten Straße im Ortsgebiet von Neumarkt i.M. die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit laut der angeführten Providaanlage um 68 km/h überschritten hat;
  15. bei Strkm. 27,210 der genannten Straße im Ortsgebiet von Neumarkt i.M. sich auf den Fahrstreifen für Linksabbieger eingeordnet hat, die Fahrt jedoch nicht im Sinne der auf der Fahrbahn angebrachten Richtungspfeile fortgesetzt hat, sowie
  16. bei Strkm. 27,235 der genannten Straße im Ortsgebiet von Neumarkt i.M. die auf der Fahrbahn aufgebracht Sperrlinie überfahren hat.

 

Der Berufungswerber habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt, wobei gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 folgende Strafen verhängt wurden:

 

verletzte Rechtsvorschrift

Geldstrafe

Ersatzfreiheitsstrafe

1.

§ 7Abs.3 StVO 1960

36 Euro

12 Stunden

2.

§ 11 Abs.2 StVO 1960

36 Euro

12 Stunden

3.

§ 20 Abs.2 StVO 1960

145 Euro

48 Stunden

4.

§ 20 Abs.2 StVO 1960

145 Euro

48 Stunden

5.

§ 52 lit.a Z10a StVO 1960

109 Euro

36 Stunden

6.

§ 9 Abs.1 StVO 1960

36 Euro

12 Stunden

7.

§ 7 Abs.1 StVO 1960

36 Euro

12 Stunden

8.

§ 20 Abs.2 StVO 1960

290 Euro

4 Tage

9.

§ 11 Abs.2 StVO 1960

36 Euro

12 Stunden

10.

§ 7 Abs.3 StVO 1960

36 Euro

12 Stunden

11.

§ 9 Abs.1 StVO 1960

36 Euro

12 Stunden

12.

§ 11 Abs.2 StVO 1960

36 Euro

12 Stunden

13.

§ 9 Abs.1 StVO 1960

36 Euro

12 Stunden

14.

§ 20 Abs.2 StVO 1960

436 Euro

6 Tage

15.

§ 9 Abs.6 StVO 1960

36 Euro

12 Stunden

16.

§ 9 Abs.1 StVO 1960

36 Euro

12 Stunden

 

Dieses Straferkenntnis stützt sich auf eine Nachfahrt mit einem Zivilstreifenfahrzeug der Gendarmerie, wobei die Übertretungen mittels Providaanlage dokumentiert und auf Video festgehalten wurden.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber Folgendes ausführt:

"Wie aus dem Video hervorgeht, wurde dieses am 1.1.2000 zu verschiedenen Zeitpunkten aufgenommen. Folglich haben sämtliche Überschreitungen, wie im angefochtenen Straferkenntnis in den Punkten 1) bis 16) angeführt, am 1.1.2000 und nicht am 20.11.2002 stattgefunden. Die Verwaltungsübertretungen sind deshalb verjährt.

 

Sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17.3.2003 als auch im angefochtenen Straferkenntnis vom 9.2.2004 wird als Tatzeitpunkt ausschließlich 20.11.2002, 16.41 Uhr, angeführt. Wie aus der Anzeige der Verkehrsabteilung Außenstelle Neumarkt/Mühlkreis hervorgeht, haben lediglich die Übertretungen gemäß Straferkenntnispunkte 1) bis 4) um 16.41 Uhr stattgefunden. Die Straferkenntnispunkte 5) bis einschließlich 8) haben um 16.44 Uhr stattgefunden. Die Straferkenntnispunkte 9) bis einschließlich 16) haben um 16.45 Uhr stattgefunden. Daraus folgert, dass der Tatzeitpunkt bei den Straferkenntnispunkten 5) bis einschließlich 16) sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im gegenständlichen Straferkenntnis unrichtig ist.

 

Die Bestimmung des § 44a lit.a VStG erfordert, dass die als erwiesen angenommene Tat entsprechend zu konkretisieren ist, wozu auch die Feststellung der genauen Tatzeit gehört (VwGH 15.5.1979, 1503/78 ua.). Die als erwiesen angenommene Tat im Sinne des § 44a lit.a VStG ist durch Festsetzung der Zeit der Begehung zu präzisieren. Der Feststellung der Tatzeit kommt im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Verfolgung unter dem Gesichtspunkt der Verjährung und zur Verhinderung, dass der Täter wegen derselben Handlung nochmals zur Verantwortung gezogen wird, besondere Bedeutung zu (VwGH 15.3.1979, 2932/78 ua.). Der Spruch des Straferkenntnisses hat daher grundsätzlich auch die Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat zu umfassen (VwGH 5.7.1962, 1085/61).

 

In einem Fall, in dem angenommen wird, dass jemand durch verschiedene selbstständige Taten (Einzeldelikte) mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat, ist im Spruch der Vorschrift des § 44a lit.a VStG hinsichtlich jeder Einzeltat zu entsprechen, das heißt, jede Einzeltat ist dort im Besonderen nach der Zeit ihrer Realisierung zu umschreiben (VwGH 6.9.1966, 2250/65).

 

Aufgrund des Umstandes, dass der Tatzeitpunkt nicht nur, wie oben bereits aufgezeigt, 20.11.2002 falsch ist, sondern auch die Uhrzeit für sämtliche Delikte mit 16.41 Uhr nicht korrekt ist, ergibt sich, dass die Gefahr der Doppelbestrafung jedenfalls gegeben ist.

 

Zusammengefasst bedeutet dies, dass ab den Straferkenntnispunkten 5) bis einschließlich 16) aufgrund des Umstandes, dass der Tatzeitpunkt falsch angeführt ist, das gegenständliche Straferkenntnis in diesen Punkten jedenfalls mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet ist, was zur Aufhebung führen muss.

 

Zu Straferkenntnispunkt 1): Unrichtig ist die Behauptung, dass ich bei Strkm. 21,200 der genannten Straße (B310) im Ortschaftsbereich von Anitzberg trotz zwei Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung die Fahrbahnmitte überfahren hätte. Vielmehr habe ich mich am linken Fahrstreifen befunden, zumal ich ein Überholmanöver durchgeführt habe. Das gilt auch für Punkt 10.

 

Zu Straferkenntnispunkt 2): Entgegen der Ansicht der Anzeiger habe ich selbstverständlich bei Strkm. 21,350 im Ortschaftsbereich von Anitzberg den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens durch Setzen des linken Blinkers für den nachfolgenden Verkehr angezeigt.

 

Auch wenn die Behörde davon ausgeht, dass ich beim Überholen nicht den Blinker gesetzt hätte, liegt keine Strafbarkeit vor, zumal, wird ein Fahrzeug mit großem Geschwindigkeitsunterschied überholt, sind überholendes und überholtes KFZ entsprechend weit voneinander entfernt und befinden sich auch andere (entgegenkommende) Fahrzeuge, die behindert oder gefährdet werden könnten, nicht im Nahbereich, so muss der Fahrstreifenwechsel nicht durch Blinken angezeigt werden (ständige Judikatur des VwGH). Die Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs.2 setzt die konkrete Behinderung oder Gefährdung anderer Straßenbenützung voraus, die Anzeigepflicht besteht dann nicht, wenn andere Straßenbenützer durch den beabsichtigten Vorgang weder behindert noch gefährdet werden können (VwGH 24.10.1984, 84/02B/0009; ua.).

 

Aufgrund es Umstandes, dass keine anderen Fahrzeuge auf den gegenständlichen Strkm. 21,350 und im Nahbereich vorhanden waren und ich die höchstzulässige Geschwindigkeit jedenfalls eingehalten habe, war, wie zuvor ausgeführt, ein Setzen des linken Blinkers für einen bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens nicht vorgeschrieben, sodass dieser Punkt jedenfalls aufzuheben ist. Dies gilt auch für die Punkte 9 und 12.

 

Zu Straferkenntnispunkt 3): Hinsichtlich sämtlicher mir vorgehaltenen Geschwindigkeitsüberschreitungen ist festzuhalten, dass die im Zivilstreifenfahrzeug eingebaute Providaanlage keineswegs über die gesetzlich vorgeschriebene Eichung zum Tatzeitpunkt verfügt hat, sodass sämtliche Geschwindigkeitsüberschreitungen, welche mir im gegenständlich angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen werden, falsch sind, sodass bereits aus diesem Grund die gegenständlichen Straferkenntnispunkte rechtswidrig und aufzuheben sind.

 

Insbesondere wird mir unter Punkt 3) vorgeworfen, dass ich bei Strkm. 21,540 die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 37 km/h überschritten hätte, wobei hier die in Betracht kommende Messtoleranz bereits abgezogen worden sei (Anzeige). Nicht nachvollziehbar ist daher, welche Geschwindigkeit ich tatsächlich eingehalten habe, zumal dies weder aus dem Straferkenntnis noch aus der Anzeige noch aus der Aufforderung hervorgeht. Diese Tatsachenfeststellung ist daher unrichtig. Vielmehr hätte die Behörde von einer Geschwindigkeit von 137 km/h ausgehen müssen und die 10 %ige Toleranz abziehen müssen, sodass mir lediglich eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 23 km/h vorgeworfen werden könnte.

 

Zu Straferkenntnispunkt 4): Hier darf auf das unter Punkt 3) Angeführte verwiesen werden.

 

Zu Straferkenntnispunkt 5): Hier ist ebenfalls die 10 %ige Messtoleranz unter Hinweis auf das zu Punkt 3) Ausgeführte abzuziehen, sodass von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von maximal 24 km/h auszugehen gewesen wäre. Des Weiteren ist das Straßenverkehrszeichen ‚zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h' nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden, zumal aufgrund der bestehenden Verordnung für diesen Straßenabschnitt, das Straßenverkehrszeichen am falschen Ort errichtet wurde.

 

Zu Straferkenntnispunkt 6): Völlig unrichtig ist, dass ich ein auf der Fahrbahn bei Strkm. 24,855 aufgebrachte Sperrlinie überfahren hätte. Diese Vorhalt ist in keinster Weise nachvollziehbar und entspricht nicht den Tatsachen. Es existiert auch keine ordnungsgemäß kundgemachte Verordnung für diese Sperrlinie im gegenständlichen Straßenbereich. Das gilt auch für die Punkte 11 und 16.

 

Zu Straferkenntnispunkt 7): Vorab wird festgehalten, dass auch dieser Tatvorwurf nicht nachvollziehbar und daher falsch ist. Ich habe niemals die Fahrbahnmitte bei Strkm. 25,110 überfahren.

 

Die Tatumschreibung einer Übertretung nach § 7 Abs. StVO erfordert einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Lenker gefahren ist, und andererseits die konkrete Angabe, wie weit ihm dies zumutbar und möglich war (VwGH 22.11.1985, ZfVB 1986/3/1350; 14.2.1988, ZfVB 1990/2/766; 15.12.1993, 92/03/0249).

 

Im gegenständlich angefochtenen Straferkenntnis ist in Punkt 7) keine einzige dieser Feststellungen getroffen worden, sodass bereits aus diesem Grund inhaltliche Rechtswidrigkeit gegeben ist und dieser Punkt aufzuheben sein wird. Ergänzend wird jedoch noch festgehalten, dass ich auch keine anderen Straßenbenützer gefährden konnte, zumal außer dem hinter mir offensichtlich nachfahrenden Gendarmeriebeamten keine anderen Verkehrsteilnehmer auf der Straße waren, sodass eine Gefährdung oder Belästigung anderer Straßenbenützer in keinster Weise vorgelegen hat bzw. dies gar nicht nachvollziehbar ist.

 

Zu Straferkenntnispunkt 8): Hierbei darf auf das zu Punkt 3) Angeführte verwiesen werden. Es wäre mir maximal eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 31 km/h vorzuhalten gewesen.

 

Zu Straferkenntnispunkt 13): Vorgehalten wird mir, dass ich bei Strkm. 27,080 der B310 die auf der Fahrbahn aufgebrachte Sperrfläche befahren hätte. Dieser Vorhalt ist völlig unrichtig und entspricht nicht den Tatsachen. Ergänzend wird festgehalten, dass ich eine etwaige Sperrfläche nicht befahren, sondern lediglich wenn überhaupt nur überfahren habe, was gemäß § 9 Abs.1 StVO jedenfalls nicht strafbar ist.

 

Jedenfalls beruht die gegenständliche Sperrfläche auf keiner ordnungsgemäß kundgemachten Verordnung. Es existiert auch keine Verordnung über diese Sperrfläche bzw. ist diese derart unverständlich und unzweckmäßig, sodass ein Überfahren bzw. Befahren auch nicht rechtswidrig ist (ZVR 1992/88).

 

Zu Straferkenntnispunkt 14): Hierbei ist ebenfalls festzuhalten, dass unter Berücksichtigung der Messtoleranz von 10 % nur von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 56 km/h ausgegangen werden darf, zumal sich im gesamte Akt die tatsächliche Geschwindigkeit, welche der Überschreitung zugrunde zu legen wäre, nicht vorhanden ist. Des Weiteren wird nochmals darauf verwiesen, dass zum Tatzeitpunkt die verwendete Providaanlage keine rechtsgültige Eichung hatte, sodass bereits aus diesem Grund auch inhaltliche Rechtswidrigkeit in diesem Punkt vorliegt.

 

Aus den gegenständlichen Fotos sowie am Videoband ist klar ersichtlich, dass der Strkm. 27,180 bzw. das sich im Akt befindliche Foto die Geschwindigkeit noch vor Beginn des Ortsgebietes festhält, sodass ich mich bei dieser mir vorgehaltenen Überschreitung noch auf Freilandgebiet mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h befunden habe, sodass lediglich eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 18 km/h bei Berücksichtigung der 10 %igen Messtoleranz eine Überschreitung von 6 km/h mir vorgeworfen werden kann.

 

Zu Straferkenntnispunkt 15): Dieser Vorhalt ist völlig unrichtig und in keinster Weise nachvollziehbar. Niemals habe ich mich zum Linksabbiegen eingeordnet und nicht in diesem Sinne meine Fahrt fortgesetzt.

 

Ergänzend wird jedoch festgehalten, dass eine Rechtswidrigkeit dieses Verhaltens nur dann vorgelegen haben kann, wenn dadurch andere Straßenbenützer gefährdet worden wären. Dies ist jedenfalls auszuschließen, zumal keine anderen Straßenbenützer auf der Fahrbahn unterwegs waren. Bereits aus diesem Grund ist eine Strafbarkeit auszuschließen.

 

Zu den Straferkenntnispunkten 11) und 16) sowie 15) und 13) muss festgehalten werden, dass Sperrlinien, Sperrflächen usw. ein Verkehrsverbot ausdrücken und zu ihrer Rechtswirksamkeit einer Verordnung der Behörde bedürfen. Solche Verordnungen müssen auf die im § 44 Abs.2 und 3 bezeichneten Weise kundgemacht werden (VwGH 16.10.1986, ZfVB 1987/3/1336; 29.1.1987, ZfVB 1987/5/2167). Aufgrund des Fehlens dieser Verordnungen sind sämtliche in den zuvor genannten Straferkenntnispunkten mir gemachten Vorwürfe rechtswidrig, sodass diese Punkte jedenfalls aufzuheben sein werden.

B e w e i s :

R B, Angestellte, ,

K M, Angestellter, Adresse wird noch bekannt gegeben,

Beischaffung und Ansicht des gegenständlichen Videobandes, welches

mit der angeführten Providaanlage hergestellt wurde,

beizuschaffende Lichtbilder,

beizuschaffende Verordnungen bezugnehmend auf die

Straferkenntnispunkte

 

5), 6), 11), 13), 14), 15) und 16),

 

Ortsaugenschein,

 

Eichschein betreffend für verwendete Providaanlage,

 

PV,

 

weitere Beweise vorbehalten.

 

Festzuhalten ist weiters, dass in der Anzeige auf Seite 2 angeführt wird, dass ausdrücklich die Messtoleranz nicht berücksichtigt ist und die Geschwindigkeit mittels Tachometers des Dienstfahrzeuges abgelesen wurden. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass hier ein nicht geeichter Tachometer verwendet wurde, sodass die mir vorgehaltenen Geschwindigkeitsübertretungen, wenn nur nach dem Tacho abgelesen wird, nicht rechtsverbindlich sind, da der Tacho kein Messgerät gemäß § 100 Abs.5a StVO und § 134 Abs.3 KFG darstellt. Es kann sich hierbei daher lediglich um Anhaltspunkte handeln. Es finden sich keine Feststellungen im gegenständlichen Straferkenntnis, dass mit dem verwendeten Dienstkraftwagen jemals Vergleichsmessungen mit Radar- oder Lasergeräten durchgeführt wurden. Zusammengefasst ergibt dies, dass die mir in sämtlichen Straferkenntnispunkten vorgehaltenen Geschwindigkeitsüberschreitungen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet sind, sodass sie auch aus diesem Punkt aufzuheben sind.

B e w e i s : Eichschein über den Pkw-Tachometer,

sämtliche Überprüfungsprotokolle,

Sachverständigengutachten aus dem Gebiet des Eich- und

Vermessungswesens,

wie bisher,

weitere Beweise vorbehalten.

 

Zusammenfassend zeigt sich daher, dass die mir von der Behörde gegenüber gemachten Vorwürfe in dieser Form nicht vorliegen und mangels Unrechtsgehaltes bzw. Verschuldens nicht vorhanden sind.

 

Aufgrund des oben Ausgeführten zeigt sich weiters, dass das angefochtene Straferkenntnis rechtswidrig und unrichtig ist und stelle ich daher aus all diesen Gründen nachstehenden

 

A N T R A G :

 

Die Berufungsbehörde möge der Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis VerkR96-4553-2002 vom 9.2.2004 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren in sämtlichen Punkten gegen mich einstellen."

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15.6.2004, bei welcher in die Videoaufzeichnung eingesehen, der Berufungswerber gehört sowie BI P nach Erinnerung an die Wahrheitspflicht als Zeuge einvernommen wurde. Weiters wurde in die den jeweiligen Verkehrsbeschränkungen zu Grunde liegenden Verordnungen Einsicht genommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 20.11.2002 um 16.41 Uhr den Pkw auf der B 310 in Richtung Freistadt. Ab 16.39 Uhr erfolgte die Aufzeichnung der Nachfahrt mit dem Zivilstreifenfahrzeug mittels Providaanlage. Aus diesem Video ergibt sich Folgendes:

 

Bezüglich Punkt 1 ist ersichtlich, dass der Berufungswerber mit seinem Pkw im Bereich von Strkm. 21,200 auf dem linken von zwei Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung mehrere Fahrzeuge überholt hat. Er hat einige Zeit nach dem Abschluss des Überholvorganges sein Fahrzeug wieder auf den rechten Fahrstreifen gelenkt. Er hat in diesem Bereich die Fahrbahnmitte bzw. die Sperrlinie, die zur Trennung für den Fahrstreifen für den Gegenverkehr angebracht ist, nicht überfahren.

 

Hinsichtlich Punkt 2 wird festgehalten, dass der Berufungswerber nach dem Abschluss des Überholvorganges den Fahrstreifenwechsel nach rechts nicht angezeigt hat. Der Geschwindigkeitsunterschied zum überholten Fahrzeug und der Abstand zu diesem war bereits relativ groß. Wenige hundert Meter nach dieser Straßenstelle verengen sich die beiden Fahrstreifen auf einen Fahrstreifen, wobei der rechte Fahrstreifen endet. Auch in diesem Bereich hat der Berufungswerber nicht geblinkt.

 

Bezüglich Punkt 3 (Geschwindigkeitsüberschreitung bei Strkm. 21,540) ergibt sich, dass in etwa zwischen Sekunde 26 und Sekunde 36 während der Nachfahrt der Abstand in etwa gleich geblieben ist, danach hat er sich verkürzt. Die höchste in diesem Bereich angezeigte Fahrgeschwindigkeit betrug 144 km/h, es handelt sich hier um den Ortschaftsbereich Anitzberg.

 

Zu Punkt 4 ist festzuhalten, dass um 16.41 Uhr und 43 Sekunden, das ist der Zeitpunkt, zu dem das Fahrzeug des Berufungswerber sich auf Höhe der Ortstafel Loibersdorf befindet, die Geschwindigkeit 101 km/h beträgt. Zwei Sekunden später befindet sich das nachfahrende Fahrzeug auf Höhe der Ortstafel Loibersdorf und die angezeigte Geschwindigkeit beträgt noch 92 km/h. In weiterer Folge verringert sich die Geschwindigkeit beider Fahrzeug bis auf ca. 66 km/h. Während dieser Nachfahrt ist der Abstand augenscheinlich annähernd gleichgeblieben. Vor dem Beginn des Ortsgebietes ist der Abstand des nachfahrenden Fahrzeuges eher etwas geringer geworden ist. In der ersten Phase im Ortsgebiet war der Abstand annähernd gleich. In weiterer Folge wurde die Geschwindigkeit deutlich reduziert.

 

Von 16.44 Uhr und 10 Sekunden bis 16.44 Uhr und 36 Sekunden fand eine Nachfahrt im gleichbleibenden Abstand in einer 70 km/h-Beschränkung statt, wobei die höchste aufgezeichnete Geschwindigkeit 111 km/h betragen hat. Um 16.44 Uhr und 36 Sekunden endet die 70 km/h-Beschränkung (Punkt 5 des Straferkenntnisses).

 

Hinsichtlich Punkt 6 der Anzeige (Überfahren der Sperrlinie bei km 24,855) ist ersichtlich, dass der Berufungswerber direkt im Kreuzungsbereich der B 310 mit der Lasberger Landesstraße die unmittelbar vor bzw. nach der Kreuzung angebrachte Sperrlinie ca. um eine Reifenbreite überschritten hat.

 

Hinsichtlich Punkt 7 der Anzeige ergibt sich, dass der Berufungswerber die Linkskurve bei Strkm. 25,110 "geschnitten" hat, wobei er im Kurvenscheitelpunkt mit der gesamten Fahrzeugbreite auf dem linken Fahrstreifen war. Die rechten Reifen des Fahrzeuges waren im Bereich der Mittelleitlinie. Diese Übertretung hat lt. Videoaufzeichnung um 16.44 Uhr und 38 Sekunden stattgefunden. Es ist eine Geschwindigkeit von 129 km/h eingeblendet.

 

Hinsichtlich Punkt 8 der Anzeige ergibt sich aus den Videoaufzeichnungen, dass der Berufungswerber von der vorher angegebenen Geschwindigkeit von 129 km/h weg sein Fahrzeug beschleunigt hat, wobei er um 16.44 Uhr und 51 Sekunden zu bremsen begonnen hat. Der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen hat sich bis zu diesem Bremsvorgang nicht wesentlich geändert. Die höchste dabei angezeigte Geschwindigkeit betrug 154 km/h. In weiterer Folge hat der Berufungswerber seine Geschwindigkeit wieder reduziert und fuhr hinter einem anderen Pkw nach. Um 16.45 Uhr und 17 Sekunden kommt der Berufungswerber in jenen Bereich, bei welchem wiederum zwei Fahrstreifen in seine Fahrtrichtung vorhanden sind. Lt. Anzeige (Punkt 9) handelt es sich dabei um Strkm. 26,200. In diesem Bereich hat der Berufungswerber das vor ihm fahrende Fahrzeug zu überholen begonnen, wobei er den Fahrstreifenwechsel am Beginn des Überholvorganges nicht anzeigt hat.

 

Hinsichtlich Punkt 10 ist festzuhalten, dass der Berufungswerber nach dem Überholvorgang nicht sofort auf den rechten Fahrstreifen gewechselt hat, sondern noch ein Stück auf dem linken Fahrstreifen geblieben ist. Die Sperrlinie, welche diesen Fahrstreifen vom Gegenverkehr trennt, hat er allerdings nicht überfahren.

 

Hinsichtlich Punkt 11 ergibt sich aus der Videoaufzeichnung, dass der Berufungswerber um 16.45 Uhr und 27 Sekunden die in der dortigen Linkskurve angebrachte Sperrlinie mit etwas mehr als einer Reifenbreite überfahren hat.

 

Hinsichtlich Punkt 12 der Anzeige ist festzuhalten, dass der Berufungswerber im Bereich von Strkm. 26,600 wiederum vom linken auf den rechten Fahrstreifen gewechselt hat, ohne diesen Fahrstreifenwechsel anzuzeigen.

 

Punkt 13 der Anzeige: Auf dem Video ist ersichtlich, dass der Berufungswerber um 16.45 Uhr und 41 Sekunden die in der Fahrbahnmitte angebrachte Sperrfläche ca. mit der halben Fahrzeugbreite überfahren hat.

 

Hinsichtlich Punkt 14 der Anzeige ergibt sich aus der Videoaufzeichnung, dass der Berufungswerber um 16.45 Uhr und 32 Sekunden eine Geschwindigkeit von 127 km/h eingehalten hat. Die Nachfahrt mit annähernd gleichem Abstand dauert bis 16.45 Uhr und 43 Sekunden, wobei eine höchste Geschwindigkeit von 125 km/h festgestellt wurde. Ab 16.45 Uhr und 43 Sekunden, das ist unmittelbar bevor der Berufungswerber in das Ortsgebiet Neumarkt einfährt, hat sich der Abstand zum nachfahrenden Fahrzeug bereits augenscheinlich merkbar reduziert. Um 16.45 Uhr und 46 Sekunden beträgt die gemessene Geschwindigkeit noch 86 km/h, wobei sich zu dieser Zeit bereits beide Fahrzeuge deutlich im Ortsgebiet befinden.

 

Hinsichtlich Punkt 15 der Anzeige (Befahren des Linksabbiegestreifens) ist auf den Videoaufzeichnungen nicht eindeutig ersichtlich, ob bzw. inwieweit der Berufungswerber diesen befahren hat.

 

Hinsichtlich Punkt 16 der Anzeige ergibt sich aus der Videoaufzeichnung, dass der Berufungswerber bei der gegenständlichen Linkskurve nicht den rechten Fahrbahnrand eingehalten hat. Aufgrund der Fahrlinie des Fahrzeuges ist zu schließen, dass er die bei km 27,235 angebrachte Sperrlinie überfahren hat, wobei das konkrete Überfahren der Sperrlinie auf der Videoaufzeichnung nicht ersichtlich ist bzw. jener Bereich, in welchem der Berufungswerber wiederum zur Gänze auf den rechten Fahrstreifen gefahren ist.

 

Folgende Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Freistadt betreffen die in der Anzeige angeführten Verwaltungsübertretungen. Hinsichtlich Punkt 4 des Straferkenntnisses die Verordnung VerkR10-23-2000 vom 6.9.2000, hinsichtlich Punkt 5 des Straferkenntnisses die Verordnung vom 3.1.1997, VerkR10-13-1996, hinsichtlich der Punkte 6, 13, 15 und 16 des Straferkenntnisses die Verordnung vom 13.9.1996, VerkR10-411-1996, hinsichtlich Punkt 11 des Straferkenntnisses die Verordndung vom 20.3.1998, VerkR10-13-1998 sowie hinsichtlich Punkt 14 des Straferkenntnisses die Verordnung vom 30.9.1996, VerkR10-13-1996.

 

Auf den Videoaufzeichnungen ist die jeweilige Kilometrierung bei den vorgeworfenen Tatorten nicht eindeutig ersichtlich, es ist aber erkennbar, dass sämtliche Verkehrsbeschränkungen durch die entsprechenden Verkehrszeichen und Bodenmarkierungen kundgemacht sind.

 

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. In folgenden Punkten war der Berufung stattzugeben:

 

Zu den Punkten 1 und 10:

Der Berufungswerber hat die Sperrlinie nicht überfahren. Es sind zwei Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung vorhanden, wobei sich der Berufungswerber nach dem Überholvorgang nicht sofort auf den rechten Fahrstreifen eingeordnet hat. Dies stellt allenfalls eine - kurzeitige - Übertretung des § 7 Abs.1 StVO 1960 dar, die dem Berufungswerber vorgeworfene Übertretung des § 7 Abs.3 StVO 1960 hat er aber nicht begangen, weshalb das Verwaltungsstrafverfahren in diesen Punkten gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen war.

 

Zu den Punkten 2 und 12:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. Erkenntnis vom 14.5.1997, 97/03/0017) ist das Anzeigen des Fahrstreifenwechsels nach dem Überholen dann nicht erforderlich, wenn ein anderer Straßenbenützer, der sich auf den angezeigten Vorgang einzustellen hätte bzw. gefährdet oder behindert werden könnte, nicht gegeben ist. Dabei ist auf den Geschwindigkeitsunterschied zwischen dem Überholten und dem überholenden Fahrzeug und die Entfernung des überholenden Fahrzeuges zu den zunächst befindlichen Kraftfahrzeugen Rücksicht zu nehmen.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil der Wechsel auf den rechten Fahrstreifen erst einige Zeit nach den Überholvorgängen erfolgte und auch das nachfahrende Gendarmeriefahrzeug einen deutlichen Abstand zum Berufungswerber hatte. Es waren also keine anderen Straßenbenützer vorhanden, auf deren Fahrverhalten der Fahrstreifenwechsel des Berufungswerbers nach rechts einen Einfluss gehabt haben könnte. Die Anzeige des Fahrstreifenwechsels war daher nicht erforderlich, weshalb diese Punkte gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen waren.

 

Zu Punkt 9:

Der Berufungswerber hat den Fahrstreifenwechsel vor dem Überholvorgang nicht angezeigt. Dies stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. 96/02/0224 vom 4.10.1996) eine Übertretung des § 15 Abs.3 StVO, nicht aber eine solche nach § 11 Abs.2 StVO 1960 dar. Dem Berufungswerber wurde aber hier die unterlassene Anzeige des Fahrstreifenwechsels nach § 11 Abs.2 StVO 1960 vorgeworfen, ohne auf den Überholvorgang einzugehen. Diese Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs.2 StVO 1960 hat er aber nicht begangen, weshalb dieser Punkt gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen war.

 

Zu Punkt 15:

Es ist auf dem Video nicht eindeutig ersichtlich, ob der Berufungswerber den Linksabbiegestreifen tatsächlich befahren hat. Diese Verwaltungsübertretung kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit bewiesen werden, weshalb das Verfahren in diesem Punkt gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

5.2. Hinsichtlich der Punkte 3, 4, 5, 6, 7, 8, 11, 13, 14 und 16 des angefochtenen Straferkenntnisses ist der Tatbestand in objektiver Hinsicht erwiesen. Hinsichtlich des Verschuldens des Berufungswerbers wird gemäß § 5 Abs.1 VStG fahrlässiges Verhalten angenommen. Dies wird im Einzelnen wie folgt begründet:

 

Zu den Punkten 3, 4, 5, 8 und 14:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt.

 

Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a. Z10a StVO 1960 "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Das Nachfahren hinter einem anderen Fahrzeug im annähernd gleichbleibenden Abstand und Ablesen der dabei eingehaltenen Geschwindigkeit vom Tachometer des nachfahrenden Fahrzeuges stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine geeignete Methode zur Feststellung der Fahrgeschwindigkeit dar. Die Videoaufzeichnungen ergeben eindeutig in allen Fällen eine erhebliche Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit. Es ist aufgrund des Akteninhaltes davon auszugehen, dass der Tachometer des nachfahrenden Zivilstreifenfahrzeuges nicht geeicht war, weshalb eine Messtoleranz von 10 % vom angezeigten Wert abzuziehen ist. Eine exakte ziffernmäßige Festlegung der vom Berufungswerber jeweils eingehaltenen Geschwindigkeit ist für das Verwaltungsstrafverfahren nicht erforderlich. Es ist aber für die Strafbemessung die ungefähre Überschreitung festzustellen. Diese betrug bei den Punkten 3 und 5 ungefähr 30 km/h und bei den Punkten 4 und 8 annähernd 40 km/h.

 

Hinsichtlich der Überschreitung am Ortsbeginn von Neumarkt i.M. ist festzuhalten, dass sich hier der Abstand des nachfahrenden Fahrzeuges ungefähr zu jenem Zeitpunkt verringert, als der Berufungswerber ca. auf Höhe der Ortstafel war. Die höchste angezeigte Geschwindigkeit betrug 125 km/h bereits 3 Sekunden später (also nach weniger als 100 m) betrug die angezeigte Geschwindigkeit "nur" noch 86 km/h. Damit ist erwiesen, dass der Berufungswerber seine Geschwindigkeit unmittelbar bei der Einfahrt in das Ortsgebiet Neumarkt i.M. stark reduziert hat. Aufgrund der bis unmittelbar vor der Ortstafel eingehaltenen Geschwindigkeit von über 100 km/h ist aber eine wesentliche Überschreitung auch am Ortsbeginn Neumarkt i.M. erwiesen. Eine ziffernmäßig exakte Festlegung wird für das Verwaltungsstrafverfahren nicht durchgeführt, es ist auf Grund der oben geschilderten Umstände aber eine Überschreitung von zumindest 40 km/h als erwiesen anzusehen.

 

Zu den Punkten 6, 11, 13 und 16:

Gemäß § 9 Abs.1 StVO 1060 dürfen Sperrlinien nicht überfahren, Sperrflächen nicht befahren werden.

 

Diese Übertretungen sind aufgrund der Videoaufzeichnungen erwiesen.

Hinsichtlich Punkt 16 ist das konkrete Überfahren der Sperrlinie in diesem Bereich wegen der schlechten Qualität der Videoaufzeichnung nicht eindeutig zu erkennen. Aus der Fahrlinie des Berufungswerbers ergibt sich aber, dass er zumindest mit den linken Reifen von links kommend wieder über die Sperrlinie zur Gänze auf den rechten Fahrstreifen zurückgefahren ist, wobei die Sperrlinie gerade in diesem Bereich kurz unterbrochen ist. Er muss daher logischerweise unmittelbar vorher die Sperrlinie überfahren haben.

 

Zu Punkt 7:

Gemäß § 7 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

 

Auch diese Übertretung ergibt sich eindeutig aus den Videoaufzeichnungen.

Der Spruch ist entgegen dem Berufungsvorbringen in diesem Punkt ausreichend konkret, weil angeführt ist, dass der Berufungswerber die Fahrbahnmitte mit der halben Fahrzeugbreite überfahren hat. Es wäre für ihn aber - zumindest unter Einhaltung einer angepassten Geschwindigkeit - problemlos möglich gewesen, den rechten Fahrstreifen zu befahren.

 

Die Korrektur des Spruches hinsichtlich der Tatzeit war notwendig, um die einzelnen Verwaltungsübertretungen noch genauer zu konkretisieren. Aus der gesamten Formulierung des erstinstanzlichen Schuldspruches ergibt sich, dass es sich um Übertretungen im Zuge einer Fahrt auf einer Länge von ca. 6 km gehandelt hat. Es musste daher auch dem Berufungswerber klar sein, dass er nicht alle Übertretungen innerhalb einer Minute gesetzt hat. Er hat von Anfang an gewusst, um welchen Vorfall es sich handelte und konnte sich zielgerichtet verteidigen. Es bestand auch zu keiner Zeit die Gefahr einer neuerlichen Verfolgung wegen der auf dieser Fahrt gesetzten Übertretungen. Die übrigen Spruchkorrekturen ergaben sich daraus, dass dem Berufungswerber hinsichtlich der jeweiligen Geschwindigkeitsüberschreitungen diese nicht ziffernmäßig exakt vorgeworfen werden mussten.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Über den Berufungswerber scheint eine einschlägige Vormerkung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Jahr 2001 auf. Diese ist hinsichtlich der ihm nunmehr vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitungen als straferschwerend zu werten. Zwei weitere Vormerkungen vom 9.12.1999 sind nicht einschlägig und daher auch nicht als straferschwerend zu berücksichtigen. Sonstige Straferschwerungs- oder Strafmilderungsgründe liegen nicht vor. Der Strafbemessung wird zu Grunde gelegt, dass der Berufungswerber über ein monatliches Einkommen von ca. 1.200 Euro verfügt und für ein Kind sorgepflichtig ist.

 

Sowohl aus general- als auch aus spezialpräventiven Erwägungen ist die Verhängung spürbarer Strafen für sämtliche dem Berufungswerber vorgeworfenen Übertretungen erforderlich. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der Berufungswerber über eine längere Fahrstrecke praktisch sämtliche Verkehrsbeschränkungen beharrlich ignoriert hat.

 

Hinsichtlich der Punkte 6, 7, 11, 13 und 16 beträgt die verhängte Geldstrafe nur 5 % der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe von 726 Euro. Diese Strafen sind daher jedenfalls angemessen.

 

Hinsichtlich der Punkte 4 und 5 erscheinen die verhängten Strafen im Hinblick auf die deutliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit angemessen. Die Erstinstanz hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass deutliche Geschwindigkeitsüberschreitungen zu einer erheblichen Erhöhung der Gefahren des Straßenverkehrs führen.

 

Hinsichtlich der Punkte 3, 8 und 14 ist zu berücksichtigen, dass die Überschreitung der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht in der von der Erstinstanz vorgeworfenen Höhe erwiesen ist. Die ursprünglich verhängten Geldstrafen konnten daher teilweise deutlich herabgesetzt werden. Auch diese herabgesetzten Strafen erscheinen ausreichend, um den Berufungswerber in Zukunft von der Begehung ähnlicher Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Z ö b l

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