Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109652/8/Bi/Be

Linz, 21.05.2004

 

 

 VwSen-109652/8/Bi/Be Linz, am 21. Mai 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn R, vom 9. März 2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 17. Februar 204, VerkR96-9848-2003, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 17. Mai 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht erkannt:
 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Kostenvorschreibung eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z3 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 9 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 58 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil er am 1. August 2003 um 17.29 Uhr den Pkw in Thalheim auf der B138 gelenkt habe, wobei er auf Höhe des Strkm 2.600 die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie verbotenerweise überfahren habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 5,80 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 17. Mai 2004 wurde an Ort und Stelle eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des


Bw sowie des Meldungslegers GI W S (Ml) durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt.

3. Der Bw bestreitet im Wesentlichen, die angeführte Sperrlinie überfahren zu haben und begründet dies damit, seine Tochter habe ihn noch auf das weithin sichtbare Gendarmeriefahrzeug aufmerksam gemacht. Er habe sich hinter einem deutschen Pkw befunden und sie hätten sich nach Passieren der Ampelkreuzung vor die auf dem rechten Fahrstreifen befindlichen Fahrzeugen eingeordnet.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung bei der vom Ml angeführten Zufahrt zum Betriebsgebiet am Thalbach, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Straferkenntnis berücksichtigt, die Örtlichkeit besichtigt und der Ml zeugenschaftlich einvernommen wurde.

Nach den Aussagen des Ml, der die aus Richtung Wels ankommenden Fahrzeuge von seinem Standort kurz nach km 2,6, der ersten Zufahrt zum Betriebsgebiet am Thalbach, wo er das Gendarmeriefahrzeug aus der Sicht des ankommenden Verkehrs am rechten Fahrbahnrand mit Blickrichtung Wels abgestellt und darin sitzend den Verkehr beobachtet hatte, fuhr der Bw zunächst auf dem in seiner Fahrtrichtung linken Fahrstreifen, überfuhr dann die an die dortige Sperrlinie anschließende Sperrfläche zur Gänze und ordnete sich dann erst auf dem verbleibenden rechten Fahrstreifen ein. Dass der Bw die Sperrlinie, die die beiden Richtung Sattledt führenden Fahrstreifen von den in Richtung Wels führenden Fahrstreifen trennt, unmittelbar nach der Kreuzung beginnt und in die laut Zeugenaussage befahrene Sperrfläche übergeht, überfahren hätte, hat der Ml nie behauptet. Ob sich vor dem Pkw des Bw ein Fahrzeug befunden hat und ob das Befahren der Sperrfläche mit der gesamten Fahrzeugbreite oder nur teilweise erfolgt war, konnte der Ml nicht mehr sagen. Eine Anhaltung wurde nicht durchgeführt, weil der Ml allein und dort eine Anhaltung aus Verkehrsgründen nicht möglich war.

Der Bw bestätigte, seine Tochter habe ihn auf das dort auffällig abgestellte weiße Fahrzeug hingewiesen und er habe sich durch einen Blick auf den Tacho vergewissert, dass er die erlaubte Geschwindigkeit einhielt. Er habe möglicherweise bei einer Verzögerung des Umspurens den Beginn der Sperrfläche verletzt, aber sicher nicht die gesamte Sperrfläche befahren.

Die Besichtigung der genannten Örtlichkeit ergab, dass sich dort kurz vor km 2,6 eine ampelgeregelte Kreuzung befindet, wobei zwei Fahrstreifen geradeaus in Richtung Sattledt führen. Der Bw benutzte nach übereinstimmenden Aussagen den in seiner Fahrtrichtung gesehen linken Fahrstreifen.



Nach der Kreuzung führen zunächst beide Fahrstreifen, getrennt vom Verkehr in der Gegenrichtung durch eine Sperrlinie, weiter, jedoch verjüngen sie sich dann in den verbleibenden rechten Fahrstreifen. Dieser Bereich ist vom Verkehr in Richtung Wels durch eine Sperrfläche getrennt, die nach der Kreuzung einen tropfenförmigen Verlauf hat und sich in Richtung Sattledt verjüngend in eine Leitlinie übergeht. Eine Sperrlinie ist dort nicht vorhanden.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 9 Abs.1 StVO 1960 dürfen Sperrlinien (§ 55 Abs.2) nicht überfahren, Sperrflächen (§ 55 Abs.4) nicht befahren werden.

Sperrlinien sind gemäß § 55 Abs.2 StVO Längsmarkierungen im Sinne von nicht unterbrochenen Linien.

Sperrflächen sind gemäß § 55 Abs.4 StVO schräge, parallele Linien (Schraffen), die durch nicht unterbrochene Linien begrenzt sind.

Im gegenständlichen Fall befindet sich unmittelbar nach der Ampelkreuzung eine Sperrlinie und daran anschließend eine Sperrfläche, die kurz vor dem Standort des Ml in eine Leitlinie übergeht.

Nach h Auffassung besteht § 9 Abs.1 1.Satz StVO aus zwei verschiedenen Anordnungen, nämlich eine, die Sperrlinien betrifft, die andere bezüglich Sperrflächen. Es handelt sich daher um zwei verschiedene Tatbilder, die keineswegs so vermischt auszulegen sind, dass am Rand einer Sperrfläche sich eine Sperrlinie befindet, die eben nicht überfahren werden darf. In diesem Fall wäre nämlich die Regelung, dass Sperrflächen nicht befahren werden dürfen, hinfällig gewesen.

Die Anschuldigung in der Anzeige betrifft - nach der Zeugenaussage des Ml in der Verhandlung nicht nachvollziehbar - ein Überfahren einer Sperrlinie gemäß dem 1. Tatbild des § 9 Abs.1 1. Satz StVO. Die Tatortbehörde Wels-Land hat sich dieser Formulierung angeschlossen und mit der Strafverfügung vom 25.9.2003 eine Verfolgungshandlung hinsichtlich Sperrlinie gesetzt. Das Verfahren wurde gemäß § 29a VStG am 9. Oktober 2003 an die Wohnsitzbehörde des Bw abgetreten. Der Ml hat in seinem Bericht vom 7.11.2003 diese Anschuldigung insofern übernommen, als er wieder von einer Sperrlinie ausgeht; ebenso bei seiner Zeugenbefragung vom 23.12.2003. Am 17. Februar 2004 erging das angefochtene Straferkenntnis, wieder mit der Anlastung, der Bw habe die Sperrlinie überfahren. Mit 1. Februar 2004 ist aber gemäß § 31 Abs.2 VStG Verfolgungsverjährung hinsichtlich der Sperrfläche eingetreten. Nunmehr hat sich in der Verhandlung ergeben, dass der Bw nicht die Sperrlinie, sondern die Sperrfläche überhaben habe.

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.



Da das Beweisverfahren im ggst Fall nicht ein Überfahren der Sperrlinie sondern ein Befahren der Sperrfläche ergab, der Tatvorwurf aber nie ein Befahren einer Sperrfläche gemäß § 9 Abs.1 StVO zum Inhalt hatte und dieser Umstand auch nicht nachholbar ist, war spruchgemäß zu entscheiden. Naturgemäß fallen dabei Verfahrenskosten nicht an.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

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