Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260208/2/WEI/Bk

Linz, 17.12.1997

VwSen-260208/2/WEI/Bk Linz, am 17. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des F vom 14. November 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 31. Oktober 1996, Zl. Wa 96-1710-1996/däu, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 2 lit x) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis der belangten Behörde vom 31. Oktober 1996 wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Der Beschuldigte, F, wohnhaft in ist dem ihm gemäß § 138 Abs 2 Wasserrechtsgesetz 1959 (Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990) erteilten wasserpolizeilichen Auftrag vom 17.10.1995, Wa10-1063-7-1995/St-Sk, nämlich entweder a) bis spätestens 31.12.1995 den wasserseitigen Damm entlang des Biotopteiches auf dem Grundstück Nr. KG D, abzutragen, wobei auf eine einheitliche höhenmäßige Herstellung der abgesenkten Dammkrone zu achten wäre, oder b) bis spätestens 31.12.1995 unter Vorlage von entsprechenden Projektsunterlagen um die Erteilung der nachträglichen wasserrechtlichen Bewilligung für diese Anlage im Hochwasserabflußbereich anzusuchen, nicht nachgekommen, weil er bis zumindest 8.5.1996 keine dieser beiden Maßnahmen durchgeführt hat.

Verwaltungsübertretung: § 138 Abs 2 Wasserrechtsgesetz 1959 (Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990) iVm § 137 Abs 2 Einleitung WRG 1959 Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird gegen den Beschuldigten gemäß § 137 Abs 2 Einleitung Wasserrechtsgesetz 1959 (Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990) eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 Schilling - im Nichteinbringungsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden - verhängt. Gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 werden die Kosten des Verfahrens erster Instanz mit 300 Schilling festgesetzt." 1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 4. November 1996 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende Berufung vom 14. November 1996, die am 15. November 1996 rechtzeitig bei der belangten Behörde einlangte und mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt wird. 2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. Oktober 1995, Zl. Wa 10-1063-7-1995/St-Sk, wurde dem Bw zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes ein wasserpolizeilicher Alternativauftrag gemäß § 138 Abs 2 WRG 1959 im Spruchpunkt I wie folgt erteilt:

"I. Wasserpolizeilicher Auftrag: Herrn F, wird aufgetragen, entweder a) den wasserseitigen Damm entlang des Biotopteiches auf dem Gst.Nr. , KG. D, abzutragen, wobei auf eine einheitliche höhenmäßige Herstellung der abgesenkten Dammkrone zu achten wäre, oder b) unter Vorlage von entsprechenden Projektsunterlagen um die Erteilung der nachträglichen wasserrechtlichen Bewilligung für diese Anlage im Hochwasserabflußbereich anzusuchen.

Diesem Auftrag ist unverzüglich, spätestens aber bis zum 31.12.1995 zu entsprechen und der Bezirkshauptmannschaft Schärding anzuzeigen.

Rechtsgrundlage: § 138 Abs.2 in Verbindung mit §§ 38 und 98 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG. 1959)." 2.2. Begründend wird auf Ermittlungen der Wasserrechtsbehörde verwiesen, wonach der errichtete wasserseitige Damm entlang des Biotopteiches innerhalb des 30-jährlichen Hochwasserabflußbereiches des Altbachgerinnes des T liege. Der Aktenvermerk vom 4. Juli 1995, Wa 10-1063-6-1995/Ru-Sk, wird zum ergänzenden Bestandteil der Begründung erklärt. Diesem etwas unübersichtlichen und unklaren Aktenvermerk ist im wesentlichen der folgende S a c h v e r h a l t ergänzend zu entnehmen:

Der Bw errichtete einen Biotopteich auf der Parzelle KG D, rechtsufrig des Altbachgerinnes des T. Für den Fall eines 30 jährlichen Hochwassers rechnete man mit Abflußmengen von 2,5 m3/sec, die im Bereich des Biotopteiches zu beidufrigen Vorlandabflüssen führen, weil sie vom Bachquerschnitt nicht mehr geschlossen abgeführt werden können. Die Geländeverhältnisse am rechten und linken Ufer wären ähnlich gewesen. Den ursprünglichen Zustand nahm man mit einer rechten Uferkronenhöhe von rund 30 cm über dem normalen Wasserspiegel an. Der rechte Vorlandstreifen hätte etwa die Breite des errichteten Dammes von 4 m am Böschungsfuß betragen. Beim Lokalaugenschein wurde die Dammhöhe mit rund 80 cm über Normalwasserstand festgestellt. Dies läge rund 20 cm über dem Niveau nach dem vom Bw eingereichten Projekt für die naturschutzbehördliche Bewilligung. Der geplante Wasserspiegel des Biotopteiches läge etwa auf der Höhe des Normalwasserstandes des T. Im Vergleich zu den ursprünglichen Abflußverhältnissen würden Hochwassermengen nunmehr zum linken Vorland abgedrängt und wäre mit einer spürbaren Anhebung der Hochwasserspiegellagen zu rechnen. Herr D, der Eigentümer der betroffenen Parzelle war damit nicht einverstanden. Mangels einvernehmlicher Lösung erschien es den Amtssachverständigen notwendig, den Damm bis annähernd auf das ursprüngliche Geländeniveau abzutragen. Der Teichwasserspiegel nach dem naturschutzrechtlichen Projekt wäre auch bei abgesenkter Dammkrone möglich, allerdings würde der Biotopteich bei Hochwässern kurzzeitig geflutet. Deshalb wäre unbedingt auf eine einheitliche Herstellung der abgesenkten Dammkrone entlang des Biotopteiches zu achten. Im letzten Satz dieses Aktenvermerkes wird dann im Zusammenhang mit der Fristsetzung bis 31. Dezember 1995 konkret von der Abtragung des Dammes bis auf ein Niveau von maximal 30 cm über Normalwasserstand des T gesprochen.

2.3. Mit Strafverfügung vom 8. Mai 1996 hat die belangte Behörde dem Bw im wesentlichen den gleichen Tatvorwurf wie im Straferkenntnis gemacht. Dagegen brachte er durch seinen Rechtsvertreter den näher begründeten Einspruch vom 24. Mai 1996 ein, in dem er behauptete, er hätte den Damm entlang des Biotops grundsätzlich abgetragen, wisse aber nicht, welche Höhe das Gelände hat. Aus dem wasserpolizeilichen Auftrag ergebe sich in keiner Weise, in welcher Höhe der Damm abzutragen ist. Der Auftrag sei so unbestimmt, daß eine Bestrafung rechtlich nicht zulässig sei. Eine genaue Definition des Auftrages wäre nur bei Zugrundelegung einer Maßangabe im Verhältnis zum umliegenden Gelände oder zum Wasserspiegel möglich.

Über eine Überprüfung der Situation an Ort und Stelle berichtete der Amtssachverständige Ing. B der belangten Behörde mit Schreiben vom 11. Juli 1996 in der Weise, daß gegenüber dem vorgefundenen Zustand nach Aktenvermerk vom 4. Juli 1995 keine Veränderung feststellbar gewesen wäre. Der im Rechtshilfeweg über Ersuchen der belangten Behörde als Zeuge einvernommene T, Amtssachverständiger für Hydrologie, bestätigte im wesentlichen diese Einschätzung. Er präzisierte, daß wesentliche Veränderungen der bachseitigen Dammkrone jedenfalls nicht vorgenommen wurden. Die Dammkrone des Biotopteiches entspreche keinesfalls der ursprünglichen rechtsufrigen Uferkrone des betroffenen Gerinnes (gemeint: T). Nivellatorische Nachmessungen wurden allerdings nicht vorgenommen.

In seiner Stellungnahme vom 29. Oktober 1996 verwies der Bw darauf, daß zu keinem Zeitpunkt eine Vermessung erfolgte und daß der wasserpolizeiliche Auftrag viel zu unbestimmt wäre. Die Bezugnahme auf das umliegende Gelände oder den Wasserspiegel der umliegenden Gewässer wäre unterlassen worden, weshalb nicht festgestellt werden könnte, inwieweit der Bw dem Auftrag entsprochen hätte.

2.4. In der Folge erließ die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis vom 31. Oktober 1996. Sie räumt in der Begründung des Straferkenntnisses ein, daß der wasserpolizeiliche Auftrag zwar keine genaue höhenmäßige Angabe über die Abtragung des Dammes enthält. Es wäre aber im Verfahren klar ersichtlich gewesen, daß es sich um den höhenmäßig nicht genau definierten Damm handeln müßte. Die vorgeschriebene Maßnahme, nämlich die Abtragung des gegenständlichen Dammes, hätte nach allgemeiner Lebenserfahrung auch ohne genaue höhenmäßige Vorgabe befolgt werden können. Da die Amtssachverständigen keine Veränderung gegenüber dem Zustand vom 4. Juli 1995 feststellen konnten, müsse davon ausgegangen werden, daß der Beschuldigte keine Abtragung des Dammes in irgendeiner Weise vorgenommen hatte. Die Angaben des Beschuldigten wurden als Schutzbehauptungen gewertet. Die Nichtbefolgung des wasserpolizeilichen Auftrages wäre daher erwiesen.

2.5. In der Berufung wird ergänzend vorgebracht, daß dem Bw mit Bescheid der belangten Behörde vom 1. Februar 1995 im Verfahren zu N01-2035-1994 die naturschutzbehördliche Genehmigung für das gegenständliche Biotop erteilt worden wäre. Im Spruchpunkt 6. wäre festgehalten worden, daß der zwischen dem Bach und dem Teich liegende Damm flächendeckend zu bepflanzen wäre. Daraus ergäbe sich logisch, daß zwischen Bach und Teich ursprünglich ein Damm vorhanden war.

Zum wasserpolizeilichen Auftrag wird abermals bemerkt, daß in keiner Weise zu entnehmen sei, auf welche Höhe der Damm abzusenken ist. Aus der Anordnung der einheitlichen höhenmäßigen Herstellung der abgesenkten Dammkrone lasse sich nur die Absenkung, nicht aber deren Ausmaß ableiten. Der Spruch sei daher zu unbestimmt, um vollzogen zu werden. Der Damm könne aufgrund des Spruches je nach Belieben beispielsweise um 5, 20 oder 50 cm abgesenkt werden. Der Verstoß gegen den wasserpolizeilichen Auftrag könne infolge der Unbestimmtheit nicht definiert werden.

Die Feststellung der belangten Behörde, daß keine Änderung gegenüber dem am 4. Juli 1995 vorgefundenen Zustand ersichtlich gewesen wäre, wird unter Hinweis auf die Zeugenaussage des Ing. M bekämpft. Dieser habe ausgesagt, daß wesentliche Veränderungen der bachseitigen Dammkrone nicht vorgenommen wurden. Es könne daher nicht festgestellt werden, daß überhaupt keine Änderung stattgefunden hätte. Die Aussage des beschuldigten Bw, der ja nicht angegeben hätte, eine wesentliche Veränderung vorgenommen zu haben, sei in keiner Weise widerlegt. Der Bw habe eine geringfügige Reduktion der Höhe vorgenommen. Das Straferkenntnis wird daher im Ergebnis für rechtswidrig gehalten. Die belangte Behörde müßte einen bestimmten wasserpolizeilichen Auftrag erlassen, dessen Ausführung überprüft werden kann und vollziehbar ist. Erst dann wäre die Bestrafung eines allfälligen Verstoßes möglich.

2.6. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt und im Vorlageschreiben unter teilweiser Wiederholung der Begründung des Straferkenntnisses die Abweisung der Berufung beantragt. 3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung der Berufung festgestellt, daß im wesentlichen Rechtsfragen zu beurteilen sind und das angefochtene Straferkenntnis bereits nach der Aktenlage aufzuheben ist.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 2 lit x) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer einem ihm gemäß § 138 Abs 2 WRG 1959 erteilten Auftrag nicht nachkommt.

Nach § 138 Abs 2 WRG 1959 hat die Wasserrechtsbehörde in allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung als denen, die unter § 138 Abs 1 WRG 1959 fallen, eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb der um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen oder die Neuerung zu beseitigen ist. Ein Alternativauftrag wird dann erteilt, wenn die konsenslose Neuerung nachträglich von der Wasserrechtsbehörde - wenn auch unter Vorschreibungen - bewilligt werden kann (vgl näher Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 1993, 582, Rz 14 zu § 138 WRG; Rossmann, Wasserrecht, 2. A, 1993, 366 f Anm 3).

Unter eigenmächtigen Neuerungen ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung oder Aufrechterhaltung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre oder die wegen Unvereinbarkeit mit dem WRG gar nicht bewilligungsfähig sind (vgl dazu im einzelnen mit Nachw Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 577, Rz 6 zu § 138 WRG). Im Hochwasserabflußbereich errichtete bauliche Herstellungen sind bewilligungspflichtige Anlagen iSd § 38 WRG 1959.

Die andauernde Nichterfüllung eines wasserpolizeilichen Auftrages ist ein Unterlassungsdelikt mit der Wirkung eines Dauerdelikts, bei dem auch die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes pönalisiert wird und die Verjährung erst mit dessen Beseitigung (Beendigung des strafbaren Verhaltens) beginnt (vgl näher Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A, 1996, 909f, Anm 4 zu § 31 VStG und 914 ff, E zu § 31 Abs 2 VStG). Im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Tatzeitraum bei Dauerdelikten oder fortgesetzten Delikten kalendermäßig eindeutig zu umschreiben (vgl Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch, 5. A, E 13 ff zu § 44a Z1 VStG). Im vorliegenden Fall ist aus dem Spruch ein Tatzeitraum vom 1. Jänner 1996 bis 8. Mai 1996 ableitbar.

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach dem § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, daß eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den Erk verst Sen VwSlg 11466 A/1984 und VwSlg 11894 A/1985). Im Bescheidspruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechts nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch, 5. A, 971).

Diese Anforderungen gelten in gleicher Weise für bescheidförmige Auflagen, Aufträge oder Anordnungen, deren Gebote oder Verbote zum Gegenstand eines Straftatbestandes gehören. Ihr Inhalt bildet nämlich einen Teil der verweisenden Strafnorm. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher wiederholt ausgesprochen, daß es für die spruchmäßige Zuordnung des Tatverhaltens der ausdrücklichen bescheidmäßigen Bezeichnung und der wörtlichen Anführung solcher Auflagen bedarf, die einen Teil der Strafnorm bilden (vgl etwa VwGH 25.4.1995, 93/04/0112; VwGH 20.9.1994, 94/04/0041; VwGH 26.4.1994, 93/04/0244; VwGH 29.3.1994, 93/04/0255; VwGH 19.6.1990, 89/04/0249; ferner VwGH 22.12.1987, 87/07/0135). Im Hinblick auf das strenge strafrechtliche Gesetzlichkeitsprinzip (nullum crimen sine lege) müssen bescheidförmige Auflagen oder Aufträge, die einen Blankettstraftatbestand inhaltlich ausfüllen, so klar gefaßt sein, daß sie dem Verpflichteten zweifelsfrei die Grenzen des erlaubten Verhaltens und damit den Unrechtsgehalt der Zuwiderhandlung erkennen lassen (vgl bereits VwSlg 9979 A/1979; VwGH 27.3.1990, 89/04/0119; VwGH 25.2.1993, 92/04/0164; VwGH 23.5.1995, 95/04/0035; VwGH 18.6.1996, 96/04/0008).

Auch wasserpolizeiliche Aufträge müssen sowohl im Hinblick auf ihre Vollstreckbarkeit durch Ersatzvornahme (vgl dazu näher die Judikatur bei Hauer/Leukauf, Handbuch, 5. A, 1162 f, E 12a bis 12h zu § 4 Abs 1 VVG) als auch in strafrechtlicher Hinsicht ausreichend bestimmte Gebote enthalten, damit sie als taugliche Grundlage für eine Verwaltungsübertretung herangezogen werden können. Dabei muß der Auftrag die Verpflichtung zur Beseitigung der eigenmächtig vorgenommenen Neuerung inhaltlich klar umschreiben. Enthält ein Bescheid keinen klaren Auftrag, ist ein Zuwiderhandeln nicht strafbar (vgl VwGH 11.7.1996, 93/07/0173; VwGH 29.6.1995, 94/07/0007).

4.3. Die Berufung ist mit ihrem Vorbringen zur besonderen Unbestimmtheit des gegenständlichen wasserpolizeilichen Auftrages der belangten Behörde vom 17. Oktober 1995, Zl. Wa 10-1063-7-1995/St-Sk, im Recht. Es trifft nämlich zu, daß sich das Ausmaß der Absenkung der Dammkrone aus dem Auftrag nicht ableiten läßt. Die Anordnung spricht zunächst mißverständlich vom "wasserseitigen Damm entlang des Biotopteiches". Diese Formulierung wirft schon folgende, auch nach Lektüre der Begründung des wasserpolizeilichen Auftrages nicht beantwortbare Fragen auf: Welches Wasser ist mit "wasserseitig" gemeint, das Wasser des Biotopteiches oder das des Altgerinnes des T? Gibt es noch einen anderen Damm als den "wasserseitigen"? Da geeignete örtliche Beziehungen nicht dargestellt wurden, bleiben diese Fragen offen.

In weiterer Folge ist die Rede von der Abtragung dieses wasserseitigen Dammes entlang des Biotopteiches auf einem näher bezeichneten Grundstück, wobei allerdings einschränkend die einheitliche höhenmäßige Herstellung der abgesenkten Dammkrone angeordnet wird. Während man nach Lektüre des ersten Satzes mit der belangten Strafbehörde noch meinen könnte, daß einfach der höhenmäßig nicht genau definierte Damm entlang des Biotopteiches zur Gänze abzutragen ist, zwingt die Bezugnahme auf die einheitliche höhenmäßige Herstellung der abgesenkten Dammkrone im zweiten Gliedsatz eindeutig zur Annahme, daß der Damm nicht zur Gänze, sondern nur teilweise abgetragen werden muß. Auch wenn man ergänzend die Angaben im Aktenvermerk vom 4. Juli 1995 berücksichtigt, so zeigt sich, daß die gänzliche Abtragung des vom Bw entlang seines Biotopteiches errichteten Dammes offenbar nicht für erforderlich gehalten wurde. Wenn auch zuvor noch weitgehend unbestimmt von einer Abtragung "bis annähernd auf das ursprüngliche Geländeniveau" die Rede war, ist wenigstens dem letzten Satz des Aktenvermerks zu entnehmen, daß die Amtssachverständigen an eine Abtragung bis auf das Niveau von maximal 30 cm über den Normalwasserstand des T am aufwärtigen Ende des Biotopteiches dachten. Eine derartige spruchmäßige Präzisierung hat die belangte Behörde in ihrem wasserpolizeilichen Auftrag leider unterlassen. Damit erreicht aber das Bestimmtheitsdefizit ein auch im Wege zulässiger Auslegung nicht mehr sanierbares Ausmaß. Der wasserpolizeiliche Auftrag trifft nämlich zu der für die Überprüfbarkeit der Leistung entscheidenden Höhenlage der abgesenkten Dammkrone keine bestimmte Anordnung. Das Ausmaß der vorgeschriebenen Änderungen in der Natur wird nicht dargestellt, der Leistungsumfang bleibt offen und damit zweifelhaft. Der erkennende Verwaltungssenat teilt die Ansicht der Berufung, daß ein derart unbestimmter wasserpolizeilicher Auftrag einer Vollstreckung nicht zugänglich ist, weil die höhenmäßige Reduktion der Dammkrone letztlich beliebig erfolgen kann. Umso weniger kann eine derart mangelhaft und undeterminiert gebliebene Anordnung den strengen Kriterien der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Prinzip nullum crimen sine lege entsprechen und als Grundlage für eine Blankettstrafnorm in Betracht kommen.

Daran vermag auch der nach der Aktenlage ohnehin nicht eindeutig erweisbare Hinweis der belangten Strafbehörde etwas zu ändern, wonach der Beschuldigte überhaupt keine Maßnahme entsprechend dem wasserpolizeilichen Auftrag gesetzt hätte. Denn ein unzureichend determinierter Auftrag begründet keinerlei strafrechtlich geschützte Verpflichtungen. Da er mangels normativer Kraft unwirksam und damit absolut nichtig ist, muß er auch nicht wenigstens tendenziell erfüllt werden.

5. Im Ergebnis war im Hinblick auf die qualifizierte Undeutlichkeit des wasserpolizeilichen Auftrages davon auszugehen, daß die angelastete Tat keine Verwaltungsübertretung bildete. Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß