Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109681/8/Sch/Wü

Linz, 02.06.2004

VwSen-109681/8/Sch/Wü Linz, am 2. Juni 2004

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des DI B F, vertreten durch die H & P Anwaltsgesellschaft mbH, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 1. März 2004, VerkR96-19649-2003/Pos, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 11. Mai 2004 zu Recht erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
  2. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 72,80 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 1. März 2004, VerkR96-19649-2003/Pos, über Herrn DI B F, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10a und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 364 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden verhängt, weil er am 5. Mai 2003 um 2.30 Uhr im Gemeindegebiet St. Lorenz auf der A1 bei Strkm. 267,500 in Fahrtrichtung Wien als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 60 km/h überschritten habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 36,40 Euro verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Unbestritten ist, dass mit dem oa Kfz eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen wurde. Seitens der Tatortbehörde wurde auf Grund der vorgelegten Anzeige eine Aufforderung an den Zulassungsbesitzer, die b P H P- und A B GmbH, den Lenker zum Vorfallszeitpunkt bekannt zu geben, abgefertigt. Auf dem diesbezüglichen Aktenstück findet sich folgender Aktenvermerk:

"AV: Lenker: F B

Fa. Adresse. Telefonat mit Hr. F, 4.6.2003 Pl".

An den nunmehrigen Berufungswerber ist hierauf eine Aufforderung zur Rechtfertigung bezüglich des erwähnten Geschwindigkeitsdeliktes ergangen, eine Reaktion hierauf seitens des Genannten findet sich nicht im Akt. Das Verfahren wurde gemäß § 29a VStG in der Folge an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als zuständige Wohnsitzbehörde abgetreten, die eine Strafverfügung erlassen hat.

Dagegen wurde rechtzeitig Einspruch erhoben, in welchem erstmals vorgebracht wurde, der Berufungswerber sei nicht Lenker des Fahrzeuges gewesen, wobei festzuhalten ist, dass die Übertretung am 5. Mai 2003 begangen wurde, der Einspruch mit 3. November 2003 datiert ist, also eine Bestreitung der Täterschaft erstmals ca. 6 Monate nach dem Vorfall erfolgte. Eine konkrete andere Person ist im Einspruch nicht benannt.

Eine geraume Zeit danach, datiert mit 1. März 2004, ist dann das angefochtene Straferkenntnis erlassen worden.

In der dagegen erhobenen Berufung vom 19. März 2004 wurde wiederum vorgebracht, der Berufungswerber sei nicht Fahrzeuglenker gewesen. Erstmals wurde dezidiert eine andere Person als Lenkerin benannt, nämlich die Mutter des Genannten, Frau B F. Beigelegt wurde eine "Eidesstättige Erklärung", in der die Genannte angibt, zum Vorfallszeitpunkt Lenkerin des Fahrzeuges gewesen zu sein.

Anlässlich der eingangs erwähnten Berufungsverhandlung hat der Berufungswerber hinsichtlich des Telefongespräches mit der Sachbearbeiterin der Tatortbehörde angegeben, dass er habe wissen wollen, worum es bei der Lenkeranfrage dem Grunde nach gegangen sei. Es sei ihm mitgeteilt worden, dass mit dem angefragten Fahrzeug zu schnell gefahren worden sei und er eine Lenkerauskunft zu erteilen hätte. Er habe sich nicht als Lenker des Fahrzeuges zum angefragten Zeitpunkt deklariert, vielmehr habe er lediglich Aufklärung über die möglichen Konsequenzen eines derartigen Geschwindigkeitsdeliktes erbeten. Allerdings habe er keine detaillierten Antworten bekommen. Im Anschluss an die Aufforderung zur Rechtfertigung habe er sich persönlich zur Behörde begeben und von der Sachbearbeiterin mitgeteilt bekommen, dass sie ihm für den Lenker halte, was sie aus dem vorangeführten Telefonat ableitete. Sie habe ihm auch mitgeteilt, dass das Verfahren an die BH Linz-Land abgetreten würde, diese sei die für ihn zuständige Behörde.

Angesichts des gegebenen Sachverhaltes steht fest, dass der Berufungswerber mehrere Gelegenheiten gehabt hatte, weit vor Erlassung des Straferkenntnisses, also nicht erst der Berufungsschrift, eine konkrete Person als Lenker zu benennen. Die erste Gelegenheit war das Telefongespräch nach erfolgter Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe. Die Berufungsbehörde geht davon aus, dass dabei schon der Eindruck erweckt wurden sein dürfte, dass der Berufungswerber selbst der Lenker gewesen war. Anders lässt sich der Aktenvermerk der Sachbearbeiterin nicht erklären. Es kann allerdings auch nicht gänzlich ein Missverständnis ausgeschlossen werden, dagegen spricht aber, dass bei dem Telefonat über die Halter- bzw. Zulassungsbesitzereigenschaft sinnhafterweise wohl kaum gesprochen worden sein dürfte, da der Zulassungsbesitzer, in dem Fall eine juristische Person, der Behörde ohnedies bekannt war. Diesbezüglich noch eine weitere Klärung herbei zu führen wäre demnach entbehrlich gewesen. Auch kann davon ausgegangen werden, dass die weitere Vorgangsweise der Behörde anders verlaufen wäre, wenn zweifelsfrei festgestanden wäre, dass der Anrufer sich nicht als Lenker deklariert hatte. Diesfalls wäre das Verfahren wegen § 103 Abs. 2 KFG 1967 geführt worden, wohl mit der üblichen Einholung einer Firmenbuchauskunft über die nach außen hin vertretungsbefugte Person, also den handelsrechtlichen Geschäftsführer der oa GesmbH.

Der Berufungswerber hat auch die Gelegenheit zur Lenkerbekanntgabe nicht genützt, als er eine Aufforderung zur Rechtfertigung als verdächtiger Lenker im Hinblick auf die Geschwindigkeitsüberschreitung, etwa zweieinhalb Monate nach dem erwähnten Telefonat, erhalten hat. Dieser Schluss ist deshalb gerechtfertigt, zumal sich im vorgelegten Akt keinerlei Hinweis auf die Reaktion des Berufungswerbers hierauf findet. Aber auch die Angaben des Berufungswerbers selbst über die erfolgte Vorsprache bei der Behörde belegen, dass keine andere Person als Lenker benannt worden ist. Dies gilt auch für den Einspruch gegen die erlassene Strafverfügung. Erst in der Berufungsschrift ist von der Mutter des Berufungswerbers als Lenkerin die Rede.

Es kann dahingestellt werden, ob der Rechtsmittelwerber bewusst "taktieren" wollte, um damit einer Bestrafung seiner Person oder einer anderen hintanzuhalten. Für die Beweiswürdigung im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Genannten spielt dieses insofern aber eine Rolle, als nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes es der Lebenserfahrung entspricht, dass in zeitlich geringerem Abstand zur Tat gemachte Angaben des Beschuldigten eine höhere Glaubwürdigkeit aufweisen als spätere, sollten erstere auch belastend, letztere entlastend sein (VwGH 16.11.1988, 88/02/0145 ua).

Lässt jemand, der als Lenker eines Kfz mit Wahrscheinlichkeit in Frage kommt, mehrere Gelegenheiten aus, eine Person als Lenker zu benennen, so kann die Annahme nicht unschlüssig sein, dass er selbst der Lenker gewesen ist. Die Lenkereigenschaft eines Beschuldigten kann nämlich nicht nur im Wege einer Aufforderung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 ermittelt werden, vielmehr handelt es sich bei der Feststellung, wie ein Kfz gelenkt hat, um einen Akt der Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs. 2 AVG (VwGH 29.3.1989, 88/03/0116 ua).

In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass ein entsprechendes Interesse des Berufungswerbers, nicht als Lenker festgestellt zu werden, auch darin gelegen sein könnte, dass er angesichts der massiven Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem gesetzlichen zwingenden Entzug der Lenkberechtigung zu rechnen hatte (bzw. die allenfalls benannte andere Person). Lebensnahe kann bei solchen Delikten eine geringere Bereitschaft zum Eingeständnis der Täterschaft angenommen werden, als etwa bei geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitungen, die erfahrungsgemäß in der Regel mit niedrigen Verwaltungsstrafen abgetan werden.

Der Berufungswerber hat in der eingangs erwähnten Verhandlung angegeben, es sei bei ihm durchaus üblich, dass gelegentlich auch seine Mutter als Lenkerin des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges fungiert. Sie begleite ihn bei geschäftlichen Reisen, so sei es auch am Vorfallstag gewesen, wo sie dann laut Angaben des Berufungswerbers, aber auch laut erwähnter eidesstättiger Erklärung, das Fahrzeug gelenkt habe.

Die Genannte ist zur Berufungsverhandlung als Zeugen geladen worden, aber krankheitsbedingt nicht erschienen.

Somit liegt zwar gegenständlich keine Zeugenaussage ihrerseits für die Berufungsentscheidung vor, der Oö. Verwaltungssenat geht aber davon aus, dass sich eine solche mit den Angaben des Berufungswerbers bzw. der erwähnten Erklärung gedeckt hätte. Es soll nicht unterstellt werden, dass es sich dabei lediglich um die Gefälligkeitsangaben handeln könnte, die im Hinblick auf das Geschwindigkeitsdelikt ohnedies keine Folgen haben könnten, da bezüglich einer allfälligen Verfolgung der Genannten längst Verjährung im Sinne des § 31 Abs. 2 VStG entgegensteht. Vielmehr kann naheliegend nicht ausgeschlossen werden, dass - zumal die Mutter des Berufungswerbers, wie behauptet, das gegenständliche Kfz des öfteren lenkt - die konkrete Fahrt mit einer anderen verwechselt wird und damit diese Angaben - unter Berücksichtigung des Verhaltens des Berufungswerber im erstbehördlichen Verfahren - entsprechend zu relativieren sind.

Angesichts der gegebenen Beweislage ergibt sich zusammenfassend für die Berufungsbehörde der Schluss, dass die Lenkereigenschaft des Rechtsmittelwerbers iSd einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Beweiswürdigung (vgl. etwa VwGH 20.12.1996, 93/02/0177/ua) hinreichend erwiesen ist.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass massive Geschwindigkeitsüberschreitungen, wie im gegenständlichen Fall, oftmals nicht nur mehr eine abstrakte, sondern schon eine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen. Solche Übertretungen werden von einem Fahrzeuglenker in der Regel nicht mehr versehentlich begangen, sonder schon - zumindest bedingt - vorsätzlich in Kauf genommen.

Die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von 364 Euro (Strafrahmen bis 726 Euro) kann angesichts dessen als nicht überhöht angesehen werden.

Zu berücksichtigen war auch, dass dem Berufungswerber keinerlei Milderungsgründe, insbesondere nicht jener der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, zugute kamen, zumal er laut Aktenlage wegen zwei Übertretungen des KFG 1967 und einer der StVO 1960 vorgemerkt aufscheint.

Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers wurden trotz Aufforderung im Rahmen des Verfahrens nicht gemacht, so dass die Erstbehörde von einer Schätzung in der Höhe von 1.400 Euro monatlich netto Einkommen ausgegangen ist. Dieser Annahme wurde im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten, weshalb sie auch vom Oö. Verwaltungssenates zu Grunde gelegt werden konnte. Es kann demnach erwartet werden, dass der Berufungswerber zur Bezahlung der Verwaltungsstrafe ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung in der Lage sein wird.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

S c h ö n

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt.

VwGH vom 18.02.2005, Zl.: 2004/02/0374-5

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