Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-109685/15/Bi/Be

Linz, 30.07.2004

VwSen-109685/15/Bi/Be Linz, am 30. Juli 2004

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn S R, vertreten durch RA Dr. G K, vom 30. März 2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 9. März 2004, VerkR96-1832-2002, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 13. Juli 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als der Schuldspruch des Straferkenntnisses bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 70 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 40 Stunden herabgesetzt werden.

II. Der Kostenbeitrag für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 7 Euro, ein Kostenbeitrag für das Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG,

zu II.: §§ 64 f VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 87 Euro (48 Stunden EFS) verhängt, weil er am 2. Dezember 2001 um 20.20 Uhr im Ortsgebiet von Lambach auf der B1, Strkm 233.163, in Fahrtrichtung Lambach als Lenker des Kraftfahrzeuges um 26 km/h schneller als 50 km/h gefahren sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 8,70 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 13. Juli 2004 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, der Zeugen Insp. A G und Insp. P B und des technischen Amtssachverständigen Ing. H R durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist nicht erschienen. Der Bw hat seinen rechtsfreundlichen Vertreter entschuldigt, jedoch erklärt, das Vertretungsverhältnis sei weiter aufrecht. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er hätte aus der Stillstandposition bis zum Messpunkt niemals eine Geschwindigkeit von 79 km/h erreichen können. Dazu habe er einen Lokalaugenschein beantragt, der auch zur Klärung der Sichtverhältnisse beitragen hätte können. Dem Antrag sei nicht entsprochen worden. Die Zeugin habe als Messort km 223.400 angegeben, was eine Messentfernung von 237 m bedeute. Bis zur Einmündung in die G-K, von der er gekommen sei, bleibe eine Strecke von 133 m. Gegen die technische Möglichkeit einer Erreichung von 79 km/h auf 133 m sprächen die Werksangaben für einen Diesel-Golf. Er brauche dazu mindestens 200 m, weshalb die Beweiswürdigung der Erstinstanz unrichtig sei. Er könne nur eine Irrtum bei der Messung vermuten, sein Fahrzeug als jenes, das die Geschwindigkeit überschritten habe, sei nicht zweifelsfrei indiziert. Die Behörde habe auch nicht berücksichtigt, dass die Straße eisnass und dadurch die Beschleunigungsmöglichkeit eingeschränkt gewesen sei. Beantragt wird Verfahrenseinstellung, in eventu Strafreduzierung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle unter Beiziehung eines technischen Amtssachverständigen, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Straferkenntnis berücksichtigt und die beiden Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB vernommen wurden.

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Bw - von ihm unbestritten - als Lenker des Pkw VW Golf, Baujahr 1997, Dieselmotor mit 66 KW oder 90 PS, auf der B1 von Edt bei Lambach kommend im Ortsgebiet Lambach unterwegs war, wobei dort die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h einzuhalten war. Rechtsseitig der B1 befindet sich bei km 223.430, OG Lambach, der Bahnhof Lambach mit einem Vorplatz samt Bushaltestelle. Aus der damaligen Fahrtrichtung des Bw gesehen rechts kurz vor der Zufahrt zum Bahnhofsvorplatz befindet sich die blaue Kilometrierung 223,4.

Nach den übereinstimmenden Angaben der Zeugen sowie des Bw war bei km 223,430 der Standort des Meldungslegers Insp. G (Ml), der mit dem laut Eichschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen zuletzt vor dem Vorfallstag, dem 2. Dezember 2001, am 15. Juni 2000 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2003 ordnungsgemäß geeichten Lasergeschwindigkeitsmessgerät LTI 20.20 TS/KM-E, Nr. 5998, laut vorliegendem Messprotokoll nach Absolvierung der vorgeschriebenen Einstiegstests beim Einschalten des Gerätes von 20.00 Uhr bis 20.30 Uhr Lasermessungen des auf ihn zukommenden Verkehrs auf der B1 durchführte. Der Gegenverkehr wurde nach Angaben des Ml nicht gemessen, weil diesbezüglich keine Anhaltung möglich gewesen wäre.

Nach der Zeugenaussage des Ml, der sich ebenso wie die Zeugin Insp. B nicht mehr erinnern konnte, ob der Pkw des Bw tatsächlich bei der Kreuzung der B1 mit der Fischlhamerstraße bei km 223.0 von der Fischlhamerstraße kommend in die B1 eingebogen ist, hat der Ml die Geschwindigkeit des vom Bw gelenkten Pkw mit 79 km/h auf eine Messentfernung von 267 m gemessen. Der Ml hat seine damaligen handschriftlichen Aufzeichnungen in der Verhandlung vorgewiesen.

Beide Zeugen bestätigten, der Pkw sei daraufhin von Insp. B am Standort des Ml angehalten worden, und beide konnten sich deshalb noch an den Bw erinnern, weil er sie sofort beschimpft und ihnen vorgeworfen habe, sie seien zu solchen Messungen unfähig.

Der Ml stand am Beginn der Bushaltestelle und visierte den von links ankommenden Pkw zwischen den eingeschalteten Scheinwerfern an. Er wurde nach eigenen Angaben bei seiner Schulung im Jahr 1999 für die Bedienung von Lasermessgeräten geschult und hat seither solche Messungen ständig durchgeführt. Er konnte sich nicht mehr erinnern, ob der Bw die Display-Anzeige zu sehen verlangt hat, allerdings sei jedenfalls von der Messentfernung gesprochen worden, weil der Bw daraufhin zurückgefahren sei und die Meter nachkontrolliert habe. Dann sei er zurückgekommen und habe erklärt, das könne alles nicht stimmen. Das verwendete Lasermessgerät sei das beim GP Gunskirchen immer noch in Verwendung stehende und es habe damit keine technische Probleme gegeben, es sei auch noch nie zu einer außerordentlichen technischen Überprüfung gekommen. Es habe auch kein Hinweis auf eine Funktionsuntüchtigkeit- oder ungenauigkeit bestanden. Der erzielte Geschwindigkeitswert sei für ihn ohne Zweifel diesem Pkw zuzuordnen gewesen. Deshalb sei dann auch Anzeige erstattet worden.

Die Zeugin Insp. B hat inhaltlich die Angaben des Ml bestätigt und ebenfalls ausgeführt, der Bw habe sich geweigert, ein Organmandat zu bezahlen. Es habe weder geregnet noch habe Nebel geherrscht; ob die Straße nass gewesen sei, konnte sie nach so langer Zeit nicht mehr sagen.

Beim Ortsaugenschein an der Kreuzung B1 - Fischlhamerstraße hat der Bw angegeben, er sei auf der Fischlhamerstraße zunächst bis zur Haltelinie gefahren, um nach links einzubiegen, und als der ihm zunächst liegende Fahrstreifen der B1 frei gewesen sei, bis vor den rechten Fahrstreifen der B1, FR Lambach, um den aus Richtung Wels kommenden Verkehr vorbeizulassen. Dort habe er den Pkw zum Stillstand gebracht und dann beschleunigt. Es seien keine Eisplatten auf der Fahrbahn, aber es sei nass und kalt gewesen. Er sei bei der ersten Einfahrt zum Bahnhof angehalten worden.

Der Amtssachverständige hat die Entfernung von der gegenüber der Einmündung der Fischlhamerstraße in die B1 angebrachten blauen Kilometrierung 223.0 bis zum vom Bw gezeigten Wegfahrpunkt aus dem Stillstand zugunsten des Bw mit großzügig 20 m geschätzt und damit die dem Bw günstigstenfalls verbleibende Beschleunigungsstrecke bis zum Messpunkt bei km 223.163 (km 233.430 minus 267 m) mit 143 m errechnet.

Das erzielte Lasermessergebnis von 79 km/h hat der SV als den Zulassungsbestimmungen für solche Lasergeschwindigkeitsmessgeräte entsprechend ordnungsgemäß erachtet, zumal keine Error-Anzeige auf dem Display ersichtlich war und die Messentfernung und die vom Ml geschilderte Bedienung den Zulassungsbestimmungen des BEV (Zl. 43427/92 vom 17.12.1992 und Zl. 43427/92/1 vom 13.3.1994) entsprachen. Beim sich nach Abzug von 3 km/h von der gemessenen, unter 100 km/h liegenden Geschwindigkeit ergebenden Wert von 76 km/h ging der SV von der tatsächlich gefahrenen und dem Bw vorzuwerfenden Geschwindigkeit aus. Zur Beschleunigungsmöglichkeit des vom Bw gelenkten Diesel-Golfs hat der SV ausgeführt, er habe bei seinen Berechnungen, da die Fahrzeugdaten aus dem Akt nicht ersichtlich gewesen seien, zugunsten des Bw einen VW Golf Diesel mit 54 PS zugrunde gelegt und errechnet, dass ein solcher auf eine Strecke von 133 m bei einer Beschleunigung von 1,81 m/sec² von 0 auf 79 km/h eine Zeit von 12,12 Sekunden benötigt hätte. Gehe man davon aus, dass der tatsächlich gelenkte Pkw 90 PS hatte und eine Strecke von 143 m zur Verfügung stand, sei ein Erreichen von 79 km/h auf zur Verfügung stehenden 143 m aus technischer Sicht jedenfalls nachvollziehbar.

Der Bw hat in der Verhandlung den Ausführungen des SV grundsätzlich zugestimmt, dass mit seinem Fahrzeug ein solcher Geschwindigkeitswert auf diese Strecke zu erreichen ist, hat aber darauf bestanden, es komme bei der Beschleunigung auf seine Fahrweise bei den damaligen Fahrbahnverhältnissen an. Er hat dezidiert beantragt, seine damalige Beschleunigung mit dem damals gelenkten Pkw, mit dem er auch zur Verhandlung gefahren sei, persönlich nachzuvollziehen und zu zeigen, dass er damals höchstens 52 km/h erreicht haben könne. Weiters beantragte er die zeugenschaftliche Einvernahme eines Zeugen, den er schon im Verfahren vor der Erstinstanz - allerdings ohne jemals einen Namen oder eine Anschrift konkret zu


nennen - geltend gemacht habe. Der Zeuge sei als Geschäftsmann nicht in der Lage, sein Geschäft einfach zuzusperren und deshalb habe er ihn nicht einfach zur Verhandlung mitbringen können, obwohl er nicht bestritt, dass er bereits in der seinem Rechtsvertreter bereits am 15. Juni 2004 zugegangenen Ladung dezidiert aufgefordert worden war, "allfällige weitere der Wahrheitsfindung dienlichen Behelfe und Beweismittel mitzubringen oder so zeitig bekannt zu geben, dass sie bis zur Verhandlung herbeigeschafft werden können."

Beide Beweisanträge waren abzuweisen, zum einen mit Hinweis auf die Belehrung des Bw in der Ladung, zum anderen, weil der Bw auch in der Verhandlung nicht bereit war, den angeblichen Zeugen namentlich zu nennen, sodass der Schluss nahe liegt, dass dieser Antrag lediglich der Verfahrensverzögerung dienen hätte sollen. Selbst wenn tatsächlich der Bw als Lenker seines eigenen Pkw sein behauptetes damaliges Fahrverhalten "nachvollzogen" hätte, wäre damit kein zur Widerlegung der schlüssigen Aussagen der beiden Zeugen sowie der gutachtlichen Ausführungen des Sachverständigen geeigneter Gegenbeweis erfolgt. Dass ein schlüssiges, mit logischen Denkgesetzen durchaus im Einklang stehendes Sachverständigengutachten nur auf gleicher fachlicher Ebene zu widerlegen ist, und eine "Fahrübung" des Bw zweieinhalb Jahre nach der Beanstandung ein Messergebnis eines geeichten, funktionstüchtigen und ordnungsgemäß verwendeten Lasermessgerätes zu widerlegen nicht in der Lage wäre, steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat außer Zweifel (vgl VwGH 28.9.1988, 88/02/0030; ua).

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren.

Auf der Grundlage des Beweisverfahrens steht außer Zweifel, dass sich km 223.163 der B1 im Ortsgebiet befindet, sodass eine Geschwindigkeit von höchstens 50 km/h erlaubt gewesen wäre. Der vom Ml unter Beachtung der technischen Bestimmungen und der Zulassung erzielte und dem vom Bw gelenkten Pkw eindeutig zuzuordnende Geschwindigkeitswert von (nach Abzug) 76 km/h war dem Tatvorwurf insofern zugrunde zulegen, als von einer Überschreitung der im Ortsgebiet erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 26 km/h auszugehen war.

Der Bw hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand zweifelsfrei erfüllt und, da ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO bis zu 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit der Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen reicht.



Die Erstinstanz hat weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe gefunden (im dem Akt beigelegten Verzeichnis scheinen zwei Vormerkungen aus dem Jahr 1997 auf) und der Strafbemessung ein geschätztes Einkommen des Bw von 1.400 Euro netto bei fehlenden Sorgepflichten und Vermögen zugrunde gelegt.

Da die angeführten Vormerkungen bereits getilgt sind, war von der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Bw auszugehen, die einen wesentlichen Milderungsgrund darstellt. Er bezieht nach eigenen Angaben eine Pension von 1.268 Euro und ist für zwei Kinder sorgepflichtig.

Auf dieser Grundlage war die Strafe herabzusetzen.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung und ist auch den finanziellen Verhältnissen des Bw angemessen. Die Strafe liegt im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und hält general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens angemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Beweisverfahren ergab Richtigkeit des Tatvorwurf;

Strafherabsetzung wegen Unbescholtenheit

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum