Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109687/2/Ki/Da

Linz, 08.04.2004

 

 

 VwSen-109687/2/Ki/Da Linz, am 8. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des A S, vom 2.4.2004 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23.3.2004, VerkR96-3163-2004, betreffend Zurückweisung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung als verspätet (Übertretung des KFG 1967) zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat gegen den Berufungswerber wegen einer Übertretung des KFG 1967 eine Strafverfügung (VerkR96-3163-2004 vom 10.2.2004) erlassen. Diese Strafverfügung wurde am 19.2.2004 durch Hinterlegung zugestellt.

 

Ein gegen diese Strafverfügung erhobener Einspruch wurde mit dem nunmehr in der Präambel zitierten Bescheid als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Begründet wird diese Entscheidung damit, dass die Strafverfügung am 19.2.2004 ordnungsgemäß beim Postamt 3350 Haag hinterlegt worden wäre, die zweiwöchige Einspruchsfrist habe mit Ablauf des 4.3.2004 geendet, während der Einspruch erst am 8.3.2004 per Fax eingebracht worden sei.

 

2. Nunmehr erhob der Rechtmittelwerber gegen den Bescheid am 2.4.2004 Berufung mit der Begründung, dass der Einspruch gegen die Strafverfügung seiner Meinung nach rechtzeitig gewesen sei, da sein Vater in seinem Auftrag bereits am 3.3.2004 bei Frau B (Bezirkshauptmannschaft Linz-Land) telefonisch Einspruch erhoben habe. Dabei sei vereinbart worden, dass Frau B eine Notiz mache und der schriftliche Einspruch wegen seiner Abwesenheit und der erforderlichen Unterschrift nachgereicht werden könne.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs. 2 Z1 VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

In diesem Verfahrensakt findet sich ein Aktenvermerk vom 3.3.2004, wonach Herr S, der Vater des Berufungswerbers, am 3.3.2004 der Unterfertigten (Frau B) telefonisch mitgeteilt habe, dass sein Sohn auf Grund einer schweren Krankheit und mehrerer Operationen die Lehrstelle verloren habe und nur über eine Notstandshilfe von 8,90 (gemeint wohl Euro) täglich verfüge. Herr S habe ersucht, von einer Strafe Abstand zu nehmen.

 

5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung gemäß § 49 Abs.3 leg.cit zu vollstrecken.

 

Gemäß § 10 Abs.1 VStG können sich unter anderem die Beteiligten, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden.

 

Gemäß § 10 Abs.2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs.3 von Amts wegen zu veranlassen.

 

Gemäß § 13 Abs.1 AVG, in der Fassung BGBl I/10/2004, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden oder sonstige Mitteilungen, sofern in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, bei der Behörde schriftlich oder, soweit es der Natur der Sache nach tunlich erscheint, mündlich eingebracht werden. Dies kann in jeder technischen Form geschehen, die die Behörde zu empfangen in der Lage ist. Einem mündlichen Anbringen ist unabhängig von der technischen Einbringungsform jedes Anbringen gleich zu halten, dessen Inhalt nicht zumindest in Kopie zum Akt genommen werden kann. Als Kopie gilt jede inhaltlich unverfälschte Wiedergabe des Originals.

 

Durch die im oben angeführten BGBl verlautbarte Änderung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 ist hinsichtlich der bisherigen Regelung des § 13 Abs.1 insoferne eine Änderung eingetreten, als nunmehr ausschließlich entweder eine schriftliche oder eine mündliche Einbringungsform festgelegt wurde. Weiters wurde klargestellt, dass einem mündlichen Anbringen unabhängig von der technischen Einbringungsform jedes Anbringen gleichzuhalten ist, dessen Inhalt nicht zumindest in Kopie zum Akt genommen werden kann.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. vertritt die Auffassung, dass nunmehr durch die Änderung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 auch eine telefonische Einbringung als mündliche Eingabe im Sinne des § 13 Abs.1 AVG zu verstehen ist und somit grundsätzlich der noch innerhalb der Einspruchsfrist gelegene telefonische Einspruch, welcher durch den Vater des Berufungswerbers am 3.3.2004 erfolgte (die zitierte Änderung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes trat mit 1.3.2004 in Kraft) noch als rechtzeitig anzusehen ist.

 

Zu prüfen war ferner, ob der Vater des Berufungswerbers tatsächlich bevollmächtigt war, den Einspruch einzubringen. Aus dem im Akt aufliegenden Aktenvermerk vom 3.3.2004 geht nicht hervor, ob der Vater tatsächlich bevollmächtigt gewesen wäre. In sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs.3 AVG wäre jedoch seitens der Behörde die Behebung eines diesbezüglichen Mangels (Vorlage der Vollmacht) von Amts wegen zu veranlassen.

 

In seiner nunmehrigen Berufung führt der Rechtsmittelwerber jedoch ausdrücklich an, dass sein Vater den telefonischen Einspruch in seinem Auftrag erhoben hat. Die Berufungsbehörde geht davon aus, dass diese Angaben einer schriftlichen Vollmacht im Sinne des § 10 Abs.1 AVG gleichkommen und der Vater somit zur Erhebung des Einspruches bevollmächtigt war.

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass der gegenständliche Einspruch gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3.3.2004 noch vor Ablauf der Einspruchsfrist am 4.3.2004 eingebracht wurde und dass der Vater des Berufungswerbers zur Einbringung des Einspruches von diesem bevollmächtigt war. Der Berufungswerber wurde sohin durch die Zurückweisung seines Einspruches als verspätet in seinen Rechten verletzt, weshalb der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben war.

 

In weiterer Folge wird durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land das ordentliche Verfahren (§ 49 Abs.2 VStG) einzuleiten sein.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

Beschlagwortung:

Einspruch gegen Strafverfügung nunmehr grundsätzlich auch telefonisch zulässig (gilt als Spezialfall eines mündlichen Anbringens).

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