Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-109703/39/Zo/Hu

Linz, 24.03.2005

 

 

 VwSen-109703/39/Zo/Hu Linz, am 24. März 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn G H, vertreten durch Rechtsanwälte H, E und O, vom 13.4.2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 29.3.2004, VerkR96-2861-2003, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7.6.2004 sowie am 9.3.2005 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Betrag von 232,40 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe).

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 3.10.2003 um ca. 22.30 Uhr auf der Selker Landesstraße, Gemeinde Pregarten, in Fahrtrichtung Kefermarkt, den Kombi gelenkt habe, wobei er bei Strkm 2,125 einen Verkehrsunfall verschuldete, bei welchem er verletzt wurde und sich am 4.10.2003 um 00.52 Uhr im LKH Freistadt, in das er aufgrund seiner bei diesem Verkehrsunfall erlittenen Verletzungen eingeliefert worden ist, gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf dessen Aufforderung geweigert habe, sich der Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt mit dem Alkomat zu unterziehen, obwohl er aufgrund des Alkoholgeruches seiner Atemluft verdächtig war, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 Z1 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von 1.162 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Tage) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 116,20 Euro verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber vorbringt, dass er sich aufgrund der beim Unfall erlittenen Verletzungen in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand befunden habe. Er habe eine schwere Gehirnerschütterung, verbunden mit einem offenen Nasenbeinbruch und einer Rissquetschwunde im Kinnbereich erlitten. Nach dem Anprall auf dem steinernen Kreuzstock habe er einen Unfallschock mit einhergehender Bewusstlosigkeit erlitten. Die Anprallgeschwindigkeit des Fahrzeuges habe zwischen 70 und 80 km/h betragen. Der Zeuge B sei erst zur Unfallstelle gekommen, als er sich bereits im Rettungsfahrzeug befunden habe. Im Übrigen habe dieser als Gendarmeriebeamter keine ausreichende fachliche Kompetenz, um konkrete Ausführungen zu seiner Zurechnungsfähigkeit zu machen. Diese Frage wäre mit Hilfe eines ärztlichen Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie zu lösen gewesen.

 

Auch die Aussagen des bei der Behandlung im Krankenhaus anwesenden Dr. M liefern keinen positiven Anhaltspunkt dafür, dass er tatsächlich zurechnungsfähig gewesen sei. Es sei eben eine Gehirnerschütterung medizinisch objektiviert worden und während seiner Behandlung habe er auch noch lokale Betäubungsspritzen erhalten, was zusätzlich zu einer Beeinträchtigung seines körperlichen Zustandes geführt habe.

 

Die Erstinstanz habe die verhängte Strafhöhe nicht begründet, insbesondere seien keine Feststellungen hinsichtlich seines Verschuldensgrades getroffen worden. Dies sei im Hinblick auf die §§ 20 und 21 VStG aber von wesentlicher Bedeutung, weil nach Vorliegen der Voraussetzungen eben ein Anspruch auf Anwendung dieser Bestimmungen besteht. Es seien Milderungsgründe vorgelegen, jedoch keine Erschwerungsgründe. Im Übrigen habe die Behörde zwar bei der Geldstrafe die Mindeststrafe verhängt, bei der Ersatzfreiheitsstrafe jedoch nicht die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe von zwei Wochen, sondern eine solche von 16 Tagen. Sie habe nicht begründet, warum die Verhängung einer höheren Ersatzfreiheitsstrafe notwendig gewesen sei.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7.6.2004 und am 9.3.2005, wobei der Berufungswerber und die Erstinstanz gehört wurden sowie die Gendarmeriebeamten B und G, der Arzt Dr. M und Herr L unter Erinnerung an die Wahrheitspflicht als Zeugen einvernommen wurden. Das Einsatzprotokoll des Roten Kreuzes vom gegenständlichen Verkehrsunfall, der Ambulanzbericht des LKH Freistadt betreffend die Behandlung des Berufungswerbers und die Stellungnahme der Frau Dr. S vom 25.6.2004 wurden mit Zustimmung des Berufungswerbers verlesen und ein Gutachten durch die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Freistadt zur Frage der Zurechnungsfähigkeit erstattet, welches in der Verhandlung erörtert wurde.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 3.10.2003 um 22.30 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen auf der Selker Landesstraße. Bei Strkm 2,125 kam er links von der Fahrbahn ab und stieß gegen einen Baum sowie einen steinernen Kreuzstock. Dabei wurde das Fahrzeug schwer beschädigt, der Berufungswerber erlitt eine commotio cerebri s.i., einen offenen Nasenbeinbruch sowie eine Rissquetschwunde im Bereich des Kinnes.

 

Der Berufungswerber gab zum Unfall an, dass er seinen Pkw mit ca. 100 km/h auf der Selker Landestraße lenkte, die Straße sei feucht und es sei neblig gewesen. Es sei ein Hase plötzlich vor ihm über die Fahrbahn gelaufen und er habe eine Vollbremsung durchgeführt, wobei das Fahrzeugheck zu schleudern begonnen habe. Er sei dann gegen ein Steinmarterl und eine Birke geprallt. An die weiteren Vorgänge könne er sich nur bruchstückhaft erinnern. Er vermutet, dass er mit dem Kopf auf das Lenkrad geprallt sei und habe keine Ahnung, wie er aus dem Auto gekommen sei. Er sei in der Rettung wieder zu sich gekommen. Ob die Gendarmerie anwesend war, wisse er nicht. Er habe überhaupt nichts mitbekommen und sei zum nächsten Mal im Krankenhaus wieder zu sich gekommen.

 

Der Zeuge RI B gab an, dass bei seinem Eintreffen die Rettung bereits an der Unfallstelle anwesend war und der vermutliche Fahrzeuglenker, Herr H, bereits versorgt wurde. Der Fahrzeuglenker sei gegen ein steinernes Marterl gefahren, die Windschutzscheibe sei herausgedrückt gewesen und er habe vermutet, dass der Berufungswerber mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe geschleudert worden sei. Er habe auch am Kopf stark geblutet. Der Zeuge habe im Rettungsfahrzeug kurz mit dem Berufungswerber gesprochen, wobei dieser als Unfallursache einen Sekundenschlaf angegeben habe. Herr H habe sich nach seinem Fahrzeug und seinem Handy erkundigt. Nach dem Räumen der Unfallstelle seien sie ebenfalls ins Krankenhaus gefahren. Diese Angaben hinsichtlich der Unfallaufnahme wurden von RI G im Wesentlichen bestätigt, wobei dieser noch ausführte, dass der Berufungswerber neben dem Unfallhergang auch seine Daten, also Name und Wohnadresse auf Befragen angegeben habe.

 

Herr L gab zum Verkehrsunfall an, dass er von unbekannten Burschen geweckt und eben auf den Unfall aufmerksam gemacht worden sei. Diese hätten ihm gesagt, dass der Fahrzeuglenker noch im Auto sitze. Er sei nach einigen Minuten zur Unfallstelle gekommen, zu dieser Zeit sei Herr H bereits neben dem Auto gestanden. Herr H habe vorerst angegeben, dass jemand anderer mit dem Fahrzeug gefahren sei, weshalb sie nach dieser Person gesucht hätten. Sie hätten versucht, Herrn H in eine Schocklagerung zu bringen, er sei aber nicht liegen geblieben, schließlich sei es ihnen gelungen, ihn auf eine Bank vor dem Haus zu setzen. Der Berufungswerber habe vorerst mit der Rettung nicht mitfahren wollen. Ob Herr H unmittelbar nach dem Unfall bewusstlos gewesen ist, konnte der Zeuge nicht angeben, als er zur Unfallstelle kam, sei er jedenfalls neben dem Fahrzeug gestanden. Der Berufungswerber habe auf ihn einen geschockten Eindruck gemacht, genauer konnte er das Verhalten des Berufungswerbers nicht beschreiben.

 

Aus dem Einsatzprotokoll des Roten Kreuzes Freistadt ergibt sich, dass der Berufungswerber in das Landeskrankenhaus Freistadt transportiert wurde. Hinsichtlich seiner Bewusstseinslage ist "verändert" angegeben.

 

Der Berufungswerber schildert seine Behandlung im Krankenhaus sowie die weitere Amtshandlung wie folgt:

 

Er sei im Krankenhaus wieder zu sich gekommen und dort von einem Arzt behandelt worden. Er habe eine Betäubungsspritze bekommen und sei am Kinn genäht worden. Nach der Behandlung sei er zur Toilette gegangen, nachdem er zurückgekommen sei, sei er von Gendarmeriebeamten auf den Verkehrsunfall angesprochen worden. Diesen habe er den Unfallhergang geschildert und ihnen auch gesagt, dass er starke Kopfschmerzen habe. Die Gendarmeriebeamten hätten ihm gesagt, dass sie ihm den Führerschein abnehmen würden, er hätte auch gesagt, dass er einen Alkotest machen wolle, die Gendarmeriebeamten hätten aber gesagt, er dürfe dies nicht. Er wisse nicht, ob er vorher von den Gendarmeriebeamten zum Alkotest aufgefordert worden war. Er habe das Krankenhaus am 5. Oktober vormittags verlassen und sei dann noch drei Wochen wegen der Kopfschmerzen im Krankenstand gewesen.

 

Bei der Behandlung habe er auch Spritzen bekommen, er wisse aber nicht, wie viele. Er habe den Gendarmeriebeamten gesagt, dass er zwei Bier getrunken habe, auch der Alkomat habe sich im Krankenhaus befunden und er wollte zu diesem auch hingehen.

 

Später habe er sich noch einmal wegen der Nase untersuchen lassen, wegen der Gehirnerschütterung sei er nicht mehr extra bei einem Neurologen gewesen.

 

Der Arzt Dr. M gab an, dass er gemeinsam mit Frau Dr. S die Untersuchung und Behandlung durchgeführt habe. Herr H habe eine Rissquetschwunde am Kinn und einen offenen Nasenbeinbruch erlitten. Er habe auf Befragen den Unfallhergang schildern können. Im Verhalten des Berufungswerbers habe er während der Untersuchung keine besonderen Auffälligkeiten wahrgenommen. Die Rissquetschwunde sowie der Nasenbeinbruch seien unter lokaler Betäubung genäht worden. Bei der Untersuchung sei auch ein Schädelröntgen durchgeführt worden, um allfällige Kopfverletzungen festzustellen. Solche seien aber nicht vorhanden gewesen. Die Diagnose "Gehirnerschütterung" im Unfallbericht erklärte der Zeuge damit, dass diese vermutlich deshalb aufgenommen worden sei, weil nicht klar war, ob das verlangsamte Verhalten auf eine eventuelle Alkoholisierung oder doch auf eine Gehirnerschütterung zurückzuführen ist. Der Berufungswerber habe bei der Untersuchung verlangsamt gewirkt.

 

Der Zeuge habe nach Abschluss der Behandlung auch die Aufforderung zum Alkotest wahrgenommen, wobei der Berufungswerber sinngemäß gesagt habe, dass er diesen nicht machen wolle. Er habe immer wieder gefragt, was mit seinem Auto sei. Er sei über die rechtlichen Konsequenzen einer Verweigerung aufgeklärt worden und auch der Zeuge habe auf ihn eingeredet, dass er doch den Alkotest machen soll. Aus medizinischen Gründen sei ihm dieser jedenfalls möglich erschienen. Aufgrund der Verletzung bei der Nase sei es zwar möglich, dass die Nasenatmung behindert ist, ein Alkotest wäre aber aus seiner Sicht durchführbar gewesen. Der Berufungswerber habe die Aufforderung zum Alkotest verstanden, ob ihm auch die Konsequenzen der Verweigerung klar waren, kann der Zeuge nicht beurteilen. Der Berufungswerber habe eher verwirrt reagiert, insbesondere habe sein ständiges Nachfragen nach dem Auto nicht zur Situation gepasst. Die lokale Betäubung habe eher keine Auswirkungen auf das sonstige Verhalten. Patienten mit lokaler Betäubung können ohne Weiteres selbstständig gehen, der Berufungswerber sei am 5. Oktober wieder entlassen worden, die stationäre Aufnahme sei bei einem offenen Nasenbeinbruch notwendig. Sie diente auch zur Beobachtung hinsichtlich der Gehirnerschütterung. Eine weitere Untersuchung durch einen Neurologen im Hinblick auf die Gehirnerschütterung erschien nicht erforderlich. Die Behandlung habe ungefähr eine Stunde gedauert, er kann sich nicht an Alkoholgeruch erinnern, der Berufungswerber habe aber den Verkehrsunfall geschildert und eben angegeben, dass er drei Bier getrunken habe. Es sei aus seiner Sicht praktisch ausgeschlossen, dass der Zustand des Patienten nach der Behandlung schlechter ist als vorher, dies auch im Hinblick auf das Wahrnehmungs- bzw. Erinnerungsvermögen. Hinsichtlich der Diagnose "commotio cerebri" war offenbar unklar, ob eine solche vorliegt. Es habe sich um eine Vermutungsdiagnose gehandelt, eine Überprüfung der Pupillenreaktion habe stattgefunden, wobei das Ergebnis aus dem Ambulanzbericht ersichtlich sein müsse.

 

Der Zeuge führte weiters an, dass er während der Behandlung mit dem Berufungswerber ganz normal reden konnte und adäquate Antworten bekommen habe. Das Verhalten des Berufungswerbers sei zu jenem Zeitpunkt "gekippt", als er von der Gendarmerie zum Alkotest aufgefordert worden war. Er habe dann lauter gesprochen und das Gespräch immer wieder auf sein Fahrzeug geführt. Während der Behandlung könne er sich an derartiges nicht erinnern. Der Zeuge habe nach seinem Eindruck die Aufforderung zum Alkotest verstanden, damit meint er, dass dem Berufungswerber klar gewesen sei, was er hätte machen sollen. Der Berufungswerber dürfte aber die Konsequenzen einer Verweigerung nicht richtig mitbekommen haben. Der weitere Aufenthalt des Berufungswerbers im Krankenhaus sei unauffällig gewesen, ein Durchgangssyndrom sei nie aufgetreten.

 

Die Gendarmeriebeamten schildern die Amtshandlung im Krankenhaus wie folgt:

Der Berufungswerber habe einen Alkoholkonsum von zwei Bier angegeben und es sei nochmals über die Unfallhergang gesprochen worden. Der Arzt habe erklärt, dass ein Alkotest möglich sei, weshalb der Berufungswerber eben zum Alkotest aufgefordert wurde. Dies habe er sinngemäß mit den Worten verweigert, dass er keinen Alkotest machen wolle. Die Amtshandlung habe sicherlich 10 Minuten gedauert, der Berufungswerber habe auch zwischendurch gesagt, dass er den Alkotest machen wolle und es sei ihm der Ablauf des Tests erklärt worden. Letztlich habe er diesen aber doch nicht durchgeführt. Er sei über die rechtlichen Konsequenzen der Verweigerung aufgeklärt worden und hat dann gesagt, dass er keinen Test machen will. Es ist dann die Amtshandlung für beendet erklärt worden. Der Berufungswerber sei eher aufgeregt gewesen und habe immer wieder gefragt, was mit seinem Auto los sei. Seine Stimmung habe insofern geschwankt, als er teilweise eher weinerlich, dann aber auch wieder beinahe aggressiv geworden sei.

 

Insoweit stimmen die Aussagen beider Gendarmeriebeamten im Wesentlichen überein, eine Diskrepanz ergibt sich zu der Frage, ob der Alkomat bereits ins Krankenhaus gebracht worden ist oder sich noch im Fahrzeug befand.

 

Entsprechend dem Ambulanzbericht des LKH Freistadt wurde folgende Diagnose erstellt:

Commotio cerebri s.i.

Fract. aperta ossis nasi

Vlc. reg. mentalis

Als Therapie wurde die stationäre Aufnahme zur Beobachtung, Bettruhe, Blutdruck-, Puls- und Pupillenkontrollen zweistündlich durchgeführt, weiters eine Wundversorgung in Lokalanästhesie, Hautnaht, Pflaster, Reinigung und Schutzverband.

 

Entsprechend dem Befund wurde der 24-jährige Patient von der Rettung liegend in die Ambulanz gebracht. Nach Abnahme der Verbände zeigt sich eine kleine Rissquetschwunde im Bereich des Nasenrückens sowie eine zweite Rissquetschwunde im Bereich des Kinnes. Diese werden in Lokalanästhesie versorgt, der Patient ist grob neurologisch unauffällig, Pupillenreaktion seitengleich, er reagiert adäquat auf Ansprache, hat nach eigenen Angaben drei große Bier getrunken. Die Gendarmerie bittet um Alkotest.

 

Hinsichtlich des Erstgespräches ist angeführt, dass der Patient über "Kopfweh" klagt und als Zuweisungsdiagnose "commotio cerebri" angeführt ist. Der Bewusstseinszustand des Berufungswerbers wird mit wach/ansprechbar, orientiert, beschrieben, er kann sich mitteilen und ist mobil. Im fortlaufenden Pflegebericht ist angeführt, dass der Patient zur Beobachtung auf die Station kommt, zweistündlich Blutdruck-, Puls- und Pupillenkontrolle durchgeführt wird, am 4.10. um 10.00 Uhr wird er als selbstständig und mobil beschrieben und am 5.10. entlassen. Blutdruck, Puls und Pupillen wurden um 01.00 Uhr, 02.30 Uhr und 05.10 Uhr kontrolliert und waren bis auf eine leichte Tachykardie unauffällig.

 

Frau Dr. S gab in ihrer Stellungnahme vom 25.6.2004 an, dass sie sich hinsichtlich des Aufenthaltes des Berufungswerbers an keine Zwischenfälle erinnern könne. Er sei sowohl während der Erstuntersuchung und Versorgung in der Ambulanz als auch während des eintätigen Beobachtungszeitraumes auf der Station orientiert, ansprechbar und kooperativ gewesen. Einzelheiten seien ihr nicht in Erinnerung. Aus der Krankengeschichte sei zu entnehmen, dass der Aufenthalt komplikationslos verlaufen sei. Die Diagnose sei aufgrund der Anamnese und des geschilderten Unfallherganges erstellt worden, der Berufungswerber habe sich eine Verletzung im Kopfbereich zugezogen und an einige Details des Unfalles nicht erinnern können, sodass sie von der Diagnose einer "commotio" ausgehen musste und der Berufungswerber zur Beobachtung stationär aufgenommen wurde.

 

Unter Zugrundelegung dieser schriftlichen Unterlagen sowie der Aussagen der einvernommenen Zeugen erstattete die Sachverständige folgendes Gutachten:

Beim Berufungswerber scheint als Folge des Verkehrsunfalles eine commotio cerebri mit möglicherweise kurz dauernder veränderter Bewusstseinslage vorgelegen zu sein. Diese Diagnose scheint auf die Anamnese und dem Unfallhergang gestellt worden zu sein. Hinweise auf die von Herrn H angegebene Bewusstlosigkeit ergeben sich nicht. Im Protokoll des Rettungswageneinsatzes sei als Bewusstseinslage "verändert" angekreuzt gewesen und nicht bewusstlos. Auch Herr L habe zwar eine veränderte Bewusstseinslage, aber keine Bewusstlosigkeit angegeben. Diese veränderte Bewusstseinslage kann theoretisch auf ein sogenanntes Durchgangssyndrom zurückzuführen sein und somit als Unfallfolge aufgetreten sein, aber auch eine Alkoholisierung als Ursache gehabt haben. Aus dem Ambulanzbericht gehen keinerlei Auffälligkeiten hinsichtlich der Bewusstseinslage hervor. Der Berufungswerber wird während der ganzen Untersuchung und Behandlung als unauffällig beschrieben, er hat sich kooperativ verhalten und man habe mit ihm völlig normal reden können. Auch aus den Schilderungen des Herrn H bei der Berufungsverhandlung geht hervor, dass er die Behandlung sehr wohl verstanden habe. Als er jedoch zur Alkomatuntersuchung aufgefordert wurden, wird sein Verhalten von den Zeugen als auffällig beschrieben, er sei aufgeregt gewesen, mit schwankender, weinerlicher Stimmungslage und habe wegen seines Autos geklagt.

 

Eine commotio cerebri ist definitionsgemäß eine kurzzeitige, also wenige Minuten bis eine viertel Stunde, in seltenen Fällen eine Stunde andauernde Bewusstlosigkeit, jedoch kein tiefes Koma. Sie führt zu einer reversiblen Hirnschädigung ohne morphologisch fassbare Veränderungen und ohne psychopathologische und neurologische Dauerfolgen. Die Dauer der obligaten initialen Bewusstlosigkeit, der anschließenden Bewusstseinstrübung und Durchgangssyndrom ist - ebenso wie bei der contusio cerebri - ein Indikator für den Schweregrad des Schädel-Hirntraumas.

 

Herr H wird während der Behandlung als angepasst und geordnet beschrieben, er hat die Untersuchung und Behandlung akzeptiert und es liegen keine Hinweise vor, dass während dieser Zeit eine organisch psychische Beeinträchtigung im Sinne eines hirnorganischen Psychosyndroms vorgelegen sei. Ein solches ist aufgrund der Aktenlage nicht verifizierbar. Es lässt sich für den Zeitpunkt der Amtshandlung hinsichtlich Aufforderung zur Atemluftalkoholuntersuchung das nachträgliche Auftreten eines hirnorganischen Psychosyndroms in schlüssiger Weise nicht annehmen. Ein Durchgangssyndrom tritt primär nach dem Unfall auf und ebbt dann wieder ab, nicht aber umgekehrt. Es müsste daher zu Behandlungsbeginn stärker und vor allem merkbar gewesen sein und erst nicht ca. zwei Stunden nach dem Unfall aufgetreten sein. Die für die Zeitdauer der Amtshandlung beschriebenen Auffälligkeiten scheinen sich entsprechend der vorliegenden Unterlagen ausschließlich auf die Amtshandlung zu beschränken, d.h. vorher (Behandlungsdauer von ca. einer Stunde) und nachher (Beobachtungen auf der Station) werden derartige "organisch-psychische" Auffälligkeiten nicht beschrieben.

 

Es ergeben sich zusammenfassend keine schlüssigen Hinweise, dass bei Herrn H zum Zeitpunkt der Amtshandlung eine derartige organisch-psychische Beeinträchtigung vorgelegen sei, dass er nicht in der Lage gewesen sein könnte, die Aufforderung zur Alkomatuntersuchung zu verstehen bzw. die Folgen einer Verweigerung einzusehen und dementsprechend zu handeln.

 

Dieses Gutachten wurde mit dem Berufungswerber und seinem Rechtsvertreter erörtert, wobei die Sachverständige noch ausführte, dass die lokale Betäubung auf die Zurechnungsfähigkeit keinen Einfluss haben konnte. Auch der "Unfallschock" könne keine Rolle spielen, weil der Berufungswerber zumindest während der Behandlung im Krankenhaus völlig unauffällig war und sich auch bei der Befragung durch die Gendarmerie noch am Unfallsort bereits wieder beruhigt hatte, sodass für die Frage der Zurechnungsfähigkeit um 00.52 Uhr ein allfälliger Unfallschock unmittelbar nach dem Unfall keine Rolle mehr spielt.

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung ist noch darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob sich der Alkomat tatsächlich bereits im Krankenhaus befunden hat oder noch im Gendarmeriefahrzeug, für die Entscheidung nicht von wesentlicher Bedeutung ist. Hinsichtlich der vom Berufungswerber behaupteten Bewusstlosigkeit ist davon auszugehen, dass er zumindest wenige Minuten nach dem Verkehrsunfall beim Eintreffen des Zeugen L neben dem Fahrzeug gestanden ist. Auch im Rettungsfahrzeug kann eine Bewusstlosigkeit aufgrund des Protokolles über den Rettungseinsatz ausgeschlossen werden. Sofern überhaupt eine Bewusstlosigkeit vorgelegen ist, kann diese also nur wenige Minuten gedauert haben.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind die Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

  1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder
  2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Die Gendarmeriebeamten haben den Berufungswerber mehrmals zur Durchführung des Alkotests aufgefordert, dieser hat ihn letztlich verweigert und die Amtshandlung wurde für abgeschlossen erklärt. Selbst wenn der Berufungswerber zwischendurch gesagt hätte, dass er den Alkotest machen wolle, so ändert dies nichts an der Strafbarkeit seines Verhaltens, weil er eben jedenfalls gar nicht versucht hat, den Alkotest tatsächlich durchzuführen. Er hat daher die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Hinsichtlich des Verschuldens ist bezüglich der Zurechnungsfähigkeit des Berufungswerbers auf das ausführliche Gutachten zu verweisen, welches sich auf umfangreiche Erhebungen stützt und gut nachvollziehbar ist. Dieses Gutachten ist daher schlüssig. Der Berufungswerber kann sich also nicht auf eine mangelnde Dispositionsfähigkeit berufen. Sonstige Umstände, welche sein Verschulden ausschließen würden, liegen nicht vor, sodass gemäß § 5 Abs.1 VStG jedenfalls von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Berufungswerber ist bisher unbescholten, was einen wesentlichen Strafmilderungsgrund bildet. Eine in einem hohem Grad herabgesetzte Dispositionsfähigkeit im Sinne des § 3 Abs.2 VStG lag aufgrund des schlüssigen Gutachtens nicht vor, sonstige Strafmilderungsgründe sind ebenfalls nicht ersichtlich. Andererseits liegen auch keine Straferschwerungsgründe vor. Von einem erheblichen Überwiegen der Strafmilderungsgründe im Sinne des § 20 VStG ist daher nicht auszugehen. Das Verhalten des Berufungswerbers weicht auch nicht in so hohem Maß von jenem typisierten Unrechtsgehalt des § 5 Abs.2 StVO ab, dass § 21 VStG angewendet werden könnte.

 

Zu berücksichtigten ist, dass Anlass für die Aufforderung zum Alkotest das Lenken eines Kraftfahrzeuges und der dabei verschuldete Verkehrsunfall waren. Wenn man bedenkt, dass die Verpflichtung zur Durchführung eines Alkotestes auch für die Lenker von Fahrrädern bzw. Motorfahrrädern im gleichen Umfang besteht wie für die Lenker von Pkw und zwar auch unabhängig davon, ob ein Verkehrsunfall verursacht wurde oder nicht, und auch für die Lenker von Fahrrädern vom Gesetzgeber der selbe Strafrahmen vorgesehen wurde, so ist es durchaus gerechtfertigt, für den Lenker eines Pkw, welcher in weiterer Folge den Alkotest verweigert, die Strafe auch über der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe festzusetzen. Auch die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers hätten nicht dagegen gesprochen. Selbstverständlich ist aufgrund des im Verwaltungsstrafverfahren geltenden Verschlechterungsverbotes eine Erhöhung der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe nicht möglich, andererseits ist aber die mit zwei Tagen über der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe unter Abwägung dieser Umstände nicht überhöht. Es musste daher die Berufung auch hinsichtlich der Strafhöhe abgewiesen werden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum