Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109704/2/Bi/Be

Linz, 27.04.2004

 

 

 VwSen-109704/2/Bi/Be Linz, am 27. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn P M, vom 5. April 2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 26. März 2004, VerkR96-17732-1-2003, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
 

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 14,40 Euro, ds 20% der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG,

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 9 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 72 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil er am 30. April 2003 um 12.25 Uhr den Kombi in Ungenach auf der B413 in Richtung Vöcklabruck gelenkt und dabei bei einem Überholvorgang die zwischen km 49.385 und km 49.700 befindliche Sperrlinie überfahren habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 7,20 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über


steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, es sei richtig, dass er im Zuge des Überholmanövers die Sperrlinie überschritten habe. Das sei aber zwangsläufig gewesen, weil Herr seine Geschwindigkeit während des Überholtwerdens erhöht habe.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Zeuge M den Bw angezeigt hat, weil er als Lenker des Kombi, eines Chevrolet, am 30. April 2003 um 12.25 Uhr auf der B143 bei km 49.600, Gemeinde Ungenach, in Fahrtrichtung Vöcklabruck den Zeugen, der einen Pkw als mittleres von drei Fahrzeugen gelenkt habe, unmittelbar vor einer unübersichtlichen Linkskurve überholt habe. Er sei hinter einem VW Golf und vor einem KleinLkw auf der B143 unterwegs gewesen, als zwischen Oberleim und Gasthaus H Keller in der unübersichtlichen Linkskurve, in der beide Fahrstreifen durch eine Sperrlinie getrennt seien, der Bw unmittelbar vor Beginn der Sperrlinie und vor Beginn der Linkskurve die drei Fahrzeuge überholt habe. Laut Schilderung des Zeugen sei der Bw nach der unübersichtlichen Linkskurve ca 20 m vor dem Gegenverkehr wieder auf den rechten Fahrstreifen gefahren. Der Überholvorgang sei ihm so gefährlich erschienen, dass er Anzeige erstattet habe.

Der Bw hat sich im Rahmen der Lenkerauskunft selbst als Lenker bezeichnet. Der Zeuge wurde am 23. Juli 2003 unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen und führte aus, die drei Fahrzeuge hätten einen Abstand von jeweils 20 bis 25 m eingehalten und er sei mit 70 km/h unterwegs gewesen. Auf Höhe der Sperrlinie, die sich ca 200 m vor der unübersichtlichen Linkskurve befinde, habe der Bw zu überholen begonnen, wobei er ihn im Kurvenradius, den vor ihm fahrenden Golf schon nach dem Kurvenradius überholt habe. Der gesamte Überholvorgang habe sich im Bereich der Sperrlinie ereignet.

Der Bw hat sich damit verantwortet, er habe nicht bei km 49,600 überholt, sondern schon am Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h damit begonnen, wobei er die Fahrgeschwindigkeit so erhöht habe, dass sie am Ende des Überholvorganges 100 bis 110 km/h betragen habe. Der Lenker, den er überholen wollte, habe gleichfalls beschleunigt, weshalb sich das Überholmanöver bis knapp vor die unübersichtliche Linkskurve gezogen habe. Dabei habe er auch die Sperrlinie überfahren. In der Kurve habe er wieder auf den rechten Fahrstreifen zurückgelenkt und nach der Kurve den VWGolf überholt.

Am 6. Oktober 2003 fand eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle statt, bei der außer dem Verhandlungsleiter der Bw, der Zeuge Mayr und der technische Amtssachverständige Ing. H anwesend waren. Gegenstand waren die dem Bw zur Last gelegten Tatvorwürfe, nämlich § 16 Abs.2 lit.b StVO (er habe bei km 49.600 unmittelbar vor einer unübersichtlichen Linkskurve ein mehrspuriges Kfz überholt) und § 9 Abs.1 StVO (Überfahren der Sperrlinie im Zuge des Überholmanövers).

In der Verhandlung wurde geklärt, dass sich bei km 49.250 das Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h und des Überholverbotes, bei km 49.385 der Beginn der Sperrlinie in Richtung Vöcklabruck, kurz nach km 49.600 rechts der Sperrlinie eine Leitlinie und bei km 49.700 das Ende der Sperrlinie befinden.

Nach eigenen Angaben hat der Bw bei km 49.250 den Überholvorgang begonnen und bei km 49.385 beendet. Er sei mit Vollgas gefahren, der Chevrolet habe 192 PS und sei halb beladen gewesen.

Der Zeuge Mayr führte aus, der Überholvorgang habe etwas vor der Sperrlinie oder direkt beim Beginn der Sperrlinie begonnen und sei nach der Sperrlinie beendet worden. Das Ende sei bei der Einmündung einer Schotterstraße in die B143 gewesen, in der Natur km 49.650.

Der Sachverständige errechnete unter Zugrundelegung eines Überholweges von 207 m ab km 49.250 ein Ende des Überholvorganges bei km 49.457, wobei die Überholsichtweite von knapp 200 m zusätzlich für den Bw gegeben gewesen sei. Bei einem Sicherheitsabstand von 20 m und einer Fahrzeuglänge von 5 m bei Geschwindigkeiten von 72 km/h bzw 110 km/h ergibt sich eine Überholzeit von 10,5 Sekunden und eine Überholstrecke von 320 m. Der Sachverständige konnte die Aussagen des Zeugen über den Beginn des Überholvorganges nachvollziehen, wobei aber keine ausreichende Sicht auf den Gegenverkehr bestanden habe, zumal für den Bw erkennbar sein musste, dass er alle drei Fahrzeuge in einem Zuge überholen werde müssen. Ein Abbrechen des Überholvorganges durch Schneiden des jeweils überholten Fahrzeuges, allerdings unter Inkaufnahme eines jähen Abbremsens und Ablenkens dieses Fahrzeuges, wäre theoretisch möglich gewesen.

Zusammenfassend führt der Sachverständige aus, dass der im Punkt 1) geschilderte Überholvorgang eines einzelnen Fahrzeuges gefahrlos möglich gewesen sei. Der im Punkt 2) geschilderte Vorgang sei aus technischer Sicht nachvollziehbar, allerdings sei die erforderliche Überholsichtweite, nämlich bis km 50.020, nicht beachtet worden. Auf dieser Grundlage wurde das Verwaltungsstrafverfahren im Punkt 1) eingestellt, Punkt 2) wurde Spruchpunkt des angefochtenen Straferkenntnisses.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 9 Abs.1 StVO 1960 dürfen Sperrlinien nicht überfahren, Sperrflächen nicht befahren werden. Befinden sich eine Sperrlinie und eine Leitlinie nebeneinander, so



hat der Lenker eines Fahrzeuges die Sperrlinie dann zu beachten, wenn sie dem von ihm benützten Fahrstreifen näher liegt.

Der Bw hat sich damit verantwortet, er habe zwar die Sperrlinie überfahren, allerdings nur, weil der überholte Lenker, der Zeuge M, beschleunigt habe.

Bei einem Beginn des Überholvorganges nach Aussagen des Bw bei km 49.250 und dem Überholen von drei hintereinanderfahrenden Fahrzeugen ist unter Zugrundelegung des vom Sachverständigen errechneten Überholweges von zumindest 207 m (bei einem einzelnen überholten Fahrzeug) oder 320 m bei der geschilderten Kolonne unter Zugrundelegung einer Geschwindigkeit von etwas über 70 km/h der überholten Fahrzeuge und 110 km/h des Bw geradezu zu erwarten, dass die bei km 49.385 beginnende Sperrlinie überfahren wird. Das Ende des Überholvorganges eines einzelnen überholten Fahrzeugs wurde vom Sachverständigen mit km 49.457 errechnet, der Beginn der Sperrlinie befindet sich bei km 49.385. Somit reicht der Überholweg auch bis über den Beginn der Sperrlinie hinaus, wenn keiner der Überholten beschleunigt und dadurch den Überholweg verlängert.

Wenn nur das mittlere von drei Fahrzeugen beschleunigt, kann sich im Übrigen keine Verlängerung des Überholweges ergeben; dass auch der Lenker des VW Golf beschleunigt hätte, hat der Bw nie behauptet.

Im Übrigen hätte der Bw, sollte der Zeuge M beim Überholtwerden sein Fahrzeug beschleunigt haben, unter Bedachtnahme auf den Zweck der Sperrlinie, nämlich den Schutz des entgegenkommenden Verkehrs, nicht einfach die Sperrlinie überfahren dürfen, sondern hätte das Überholmanöver abbrechen und sich auf den rechten Fahrstreifen einordnen müssen. Eine Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens am Überfahren der Sperrlinie im Sinne des § 5 Abs.1 VStG ist dem Bw damit nicht gelungen, sodass er den ihm zur Last gelegten Tatbestand zweifellos erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses mildernde oder erschwerende Umstände nicht berücksichtigt - der Bw weist keine einschlägigen Vormerkungen auf - und die Angaben des Bw über seine finanziellen Verhältnisse zugrundegelegt (1000 Euro monatlich als kfm. Angestellter, keine Sorgepflichten, kein Vermögen).

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz damit den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgend einer Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, entspricht den Kriterien des § 19 VStG und hält general-


sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Anhaltspunkte für eine Herabsetzung fanden sich nicht.

Die Ersatzfreiheitsstrafe ist gemäß dem gesetzlichen Strafrahmen im Verhältnis zur Geldstrafe ohne Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Bw angemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

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