Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109708/2/Ki/Da

Linz, 22.04.2004

 

 

 VwSen-109708/2/Ki/Da Linz, am 22. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des P S, S, S, vom 3.4.2004 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22.3.2004, VerkR96-29866-2003, betreffend Zurückweisung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung als verspätet (Übertretung der StVO 1960) zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat gegen den Berufungswerber wegen einer Übertretung der StVO 1960 eine Strafverfügung (VerkR96-29866-2003 vom 18.9.2003) erlassen. Diese Strafverfügung wurde vom Sohn des Berufungswerbers am 30.9.2003 übernommen.

 

Ein gegen diese Strafverfügung erhobener Einspruch wurde mit dem nunmehr in der Präambel zitierten Bescheid als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass ein Einspruch bis spätestens 14.10.2003 zur Post gegeben bzw. beim Amt überreicht hätte werden müssen. Ein vom Berufungswerber eingebrachtes Fax vom 1.10.2003 sei kein Einspruch sondern lediglich ein Ersuchen um Überprüfung des Radarfotos. Laut Poststempel auf dem Briefumschlag des (schriftlichen) Einspruches sei dieser jedoch erst am 14.1.2004 aufgegeben worden, weshalb die Strafverfügung wegen Ablaufes der Einspruchsfrist in Rechtskraft erwachsen und zu vollstrecken sei.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Rechtsmittelwerber per Telefax am 3.4.2004 Berufung, er vertritt die Auffassung, dass sein Ersuchen um Überprüfung des Radarfotos sehr wohl als Einspruch zu werten sei, dies werde auch von jedem deutschen Gericht so gewertet.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Von der Durchführung einer Berufungsverhandlung wurde abgesehen, weil sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z4 VStG).

 

5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen.

Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung gemäß § 49 Abs.3 leg.cit zu vollstrecken.

Der Berufungswerber hat am 1.10.2003, das ist innerhalb der zweiwöchigen Einspruchsfrist gegen die Strafverfügung, eine Telefaxkopie der gegenständlichen Strafverfügung an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck übermittelt und darauf findet sich der Vermerk "Bitte Foto senden, diverse Fahrer für dieses Fahrzeug".

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat in der Folge Kopien der Radarfotos beigeschafft und diese dem Berufungswerber übermittelt.

Mit Schreiben vom 13.1.2004 hat der Berufungswerber daraufhin eine Stellungnahme abgegeben und abschließend ersucht, die weitere Verfolgung einzustellen.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat daraufhin den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, dass das Telefax vom 1.10.2003 kein Einspruch sondern lediglich ein Ersuchen um Überprüfung des Radarfotos gewesen sei. Der Einspruch sei erst am 14.1.2004 aufgegeben worden, weshalb die Strafverfügung wegen Ablaufes der Einspruchsfrist in Rechtskraft erwachsen sei.

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die ursprünglich am 1.10.2003 an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck übermittelte Telefaxkopie der Strafverfügung mit dem Ersuchen Fotos zu übersenden, als Einspruch gegen die Strafverfügung gewertet werden kann.

Jedenfalls muss ein Einspruch die Strafverfügung, gegen die er sich richtet, bezeichnen und erkennen lassen, dass Einspruch erhoben werden soll. Eine Begründung ist zulässig, aber nicht notwendig.

In Ablehnung einer überspitzten formalistischen Anwendung der Verfahrensgesetze kommt es jedoch nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den Inhalt einer Eingabe an, um zu beurteilen, welches Begehren einem Anbringen wirklich zu Grunde liegt.

Für die Beurteilung von Anträgen kommt es sohin nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte, nicht das Gewollte (VwGH 2001/14/0229 vom 28.1.2003).

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in dem zitierten Erkenntnis ferner ausgeführt, dass das Erklärte allerdings der Auslegung zugänglich ist. Parteierklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, das heißt es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt.

Im gegenständlichen Falle hat der Berufungswerber seinen Einspruch zwar nicht ausdrücklich als solchen bezeichnet, aus dem Umstand, dass er innerhalb der Einspruchsfrist an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck herangetreten ist, Fotos zu senden, da, wie aus der Erklärung zu entnehmen ist, diverse Fahrer das Fahrzeug benutzt haben sollen, ist jedoch dem Anbringen der objektive Erklärungswert beizumessen, dass der Rechtsmittelwerber mit der Strafverfügung nicht einverstanden gewesen ist und er die Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens anstrebt, mit anderen Worten, dass sehr wohl ein Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben worden ist.

Nachdem diese Erklärung innerhalb der Einspruchsfrist erhoben worden ist, war somit der Berufung Folge zu geben und es ist durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck das ordentlichen Verfahren (§ 49 Abs.2 VStG) einzuleiten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Ob Einspruch gegen eine Strafverfügung erhoben wurde, ist nicht vom Wortlaut der Eingabe sondern am objektiven Erklärungswert zu messen.

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