Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109744/6/Br/Da

Linz, 09.06.2004

 

 

VwSen-109744/6/Br/Da Linz, am 9. Juni 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau B K, geb. , E, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 31. März 2004, Zl. VerkR96-9841-2002/O/Pos, wegen Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG, nach der am 7. Juni 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.  

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 117/2002 - VStG.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
 


Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.1 VStG.
 

Entscheidungsgründe:
 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider die Berufungswerberin wegen einer Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von 58 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie als Zulassungsbesitzerin des PKW's mit dem Kennzeichen trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 18.3.2002, Zl. VerkR96-701-2002, zugestellt am 20.3.2003, nicht binnen zwei Wochen darüber Auskunft erteilt habe, wer dieses Kraftfahrzeug am 10.1.2002 um 15.10 Uhr im Gemeindegebiet Pregarten, auf der B 124, Strkm 6,861 lenkte und auch nicht bekannt gegeben hat wer die diesbezügliche Auskunft erteilen könne.

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch unter Hinweis auf VwGH 28.9.1988, Zl. 88/02/0007 u. VwGH v. 30.3.1979, Zl. 1839/77 - wonach es einem Organ der Straßenaufsicht zuzumuten sei anzeigewesentliche Daten richtig darzustellen - offenbar auf die implizite Annahme, dass der Meldungsleger tatsächlich das Kennzeichen richtig erfasste und die Berufungswerberin demnach die Lenkerauskunft in gesetzeswidriger Weise nicht erteilt habe.

 

 

2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht erhobenen Berufung, worin sie abermals auf einen Ablesefehler hinweist. Dies unter dem Hinweis auf Ungereimtheiten in der Fahrzeugart und die Farbbezeichnung. Ihr Fahrzeug sei am fraglichen Tag in der Garage gestanden, so die Berufungswerberin in ihrer Verantwortung.

 

 

3. Die Erstbehörde hat den Akt dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt; dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war angesichts strittiger Sachverhaltselemente in Wahrung der nach Art.6 EMRK garantierten Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

3.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme und Erörterung des erstinstanzlichen Verfahrensaktes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Die Berufungswerberin war durch ihren Ehegatten vertreten, während ein Vertreter der Behörde erster Instanz die Nichtteilnahme mit terminlichen Gründen entschuldigte. Beweis erhoben wurde ergänzend durch Besichtigung des Fahrzeuges.

 

 

4. Beim Fahrzeug der Berufungswerberin handelt es sich offenkundig um kein von seiner Größe als Minivan zu bezeichnendes Fahrzeug. Dieses schwarz lackierte Fahrzeug ist an den Türen bis zu Hälfte mit einer dunkelgrau erscheinenden Plastikverkleidung versehen. Ebenfalls sind in dieser Höhe reichende und in gleicher Art gestaltete Stoßstangen angebracht. Als silbern kann lediglich ein ca. 5 cm breites und ca. 50 cm langes Chromband mit dem Typenlogo in der Mitte am vorderen Bereich der Motorhaube bezeichnet werden.

Demgegenüber findet sich auf dem auf Seite 18 im Akt erliegenden Handzettel des Meldungslegers als nähere Fahrzeugbeschreibung "silber/dunkel Minivan" vermerkt.

Diese Aufzeichnung wurde offenbar im Zuge einer Lasermessung angefertigt, wobei sich aus der Anzeige die Messdistanz mit 120 m ergibt, wobei weder die Messrichtung noch eine Beschreibung des Lenkers (ob männlich oder weiblich) aus der Anzeige hervorgeht.

Die Berufungswerberin verantwortet sich von Anfang an im Ergebnis inhaltsgleich dahingehend, dass ihr Fahrzeug zu dieser Zeit nicht gefahren, sondern in der Garage abgestellt gewesen wäre.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde hierzu noch ergänzt, dass sie zu diesem Zeitpunkt das damals fünf Monate alte Kind noch stillte und daher wenig mobil gewesen sei.

Dieser Verantwortung war letztlich auch zu folgen. Schon die Anzeigedaten lassen es hier durchaus wahrscheinlich erscheinen, dass dem Meldungsleger - entgegen der schablonenhaften Beweiswürdigung durch die Behörde erster Instanz - sehr wohl ein Ablesefehler unterlaufen sein könnte. Immerhin steht die Bezeichnung des Fahrzeuges als Minivan im offenkundigen Widerspruch zu jenem Erscheinungsbild als es auf das optische und eher groß wirkende Fahrzeug real zutrifft.

Schließlich ist auch die Verantwortung der Berufungswerberin, nämlich als damals stillende Mutter überwiegend zu Hause gewesen zu sein, einerseits durchaus lebensnahe und glaubwürdig, wenn daran orientiert behauptet wird, das Fahrzeug müsse zur fraglichen Zeit in der Garage gestanden sein. Andererseits wird dies durch die an sich schon widersprüchlichen Beschreibungen des Fahrzeuges unterstrichen.

Mit Blick darauf ist es wohl verfehlt sich im Rahmen der Beweiswürdigung auf gänzlich anders gelagerte Fälle in der Judikatur zurückzuziehen und in Wahrheit damit eine einzelfallbezogene Beweiswürdigung zu unterlassen.

Im Erkennen des Grundsatzes "im Zweifel für die Beschuldigte" hätte bei sorgfältiger Würdigung der Verantwortung der Berufungswerberin in Verbindung mit der Überprüfung deren Angaben, das Verfahren bereits vor zwei Jahren beendet werden können.

Schließlich ist zu bemerken, dass mit dieser Fortführung ein erheblicher Verfahrensaufwand betrieben wurde, welcher mit den Zielen einer ökonomischen und wirkungsorientierten Verwaltungsführung nur schwer in Einklang zu bringen ist.

 

5. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 5. Juli 1996, Zl. 96/02/0075 mwN) liegt dieser Bestimmung wohl die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der (die) verantwortliche Lenker(in) eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen.

Die Berufungswerberin hat hier im Rahmen des Beweisverfahrens untermauert, dass sie im Sinne des § 5 Abs.1 VStG an der Nichtbenennung des Lenkers kein Verschulden treffen konnte, indem eben ein Lenker mangels Lenkeigenschaft nicht benannt werden konnte. Wie oben bereits ausgeführt, vermag mit einem Hinweis auf die Judikatur, wonach grundsätzlich den Angaben von Meldungslegern gefolgt werden kann die auf den Einzelfall vorzunehmende Beweiswürdigung nicht umgangen werden.

 

5.1. Rechtlich folgt daraus iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG, dass selbst schon bei bloßem Zweifel am Tatvorwurf von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. B l e i e r