Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109752/21/Zo/Pe

Linz, 27.10.2004

 

 

 VwSen-109752/21/Zo/Pe Linz, am 27. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn E H, vom 6.5.2004, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 26.4.2004, VerkR96-1411-2004, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 14.10.2004 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten einen Betrag von 10 Euro als Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren zu bezahlen (das 20 % der verhängten Geldstrafe).

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 2.1.2004 um 15.45 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen in Wels auf der Grieskichnerstraße bei der Kreuzung mit K.-Görlichplatz in Fahrtrichtung Süden gelenkt habe, wobei er den im dortigen Kreisverkehr fahrenden Fahrzeuglenker trotz des Vorschriftszeichens "Vorrang geben" durch Einbiegen zu unvermitteltem Bremsen seines Fahrzeuges genötigt habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.4 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 50 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 5 Euro verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass er seit 37 Jahren ca. 20.000 km pro Jahr unfallfrei fahre. Er sei als Lokführer bei der ÖBB beschäftigt und würde daher Gesetze und Vorschriften einhalten. Er ist kein Selbstmordkandidat und fährt deshalb nicht mit seinem Auto freiwillig mit der Fahrertür einem anderen vor die Stoßstange. Er ist nur deshalb in den Kreisverkehr eingefahren, weil das andere Fahrzeug rechts geblinkt hat. Würde jeder Autofahrer warten, bis das im Kreisverkehr befindliche Fahrzeug aus diesen ausfährt, so würde der Sinn des Kreisverkehrs, nämlich eine Verkehrsbeschleunigung im Kreuzungsbereich, nicht erreicht, sondern es käme erst recht zu Stauungen. Er glaube zwar nicht, dass der andere Fahrzeuglenker bewusst geblinkt habe, aber es sei bei jedem Kreisverkehr festzustellen, dass mindestens jeder fünfte Autofahrer beim Einbiegen unbewusst rechts blinkt, wahrscheinlich aus Gewohnheit beim Rechtsabbiegen. Er sei außerdem nicht so knapp vor diesem Auto in den Kreisverkehr eingefahren, weil es ja sonst zu einem Zusammenstoß gekommen wäre. Hätte nicht der andere Autofahrer gehupt, so wäre ihm die ganze Situation gar nicht aufgefallen. Er sei sich keiner Schuld bewusst, weshalb er die Strafe nicht akzeptieren könne.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14.10.2004. Diese wurde an Ort und Stelle im Rahmen eines Lokalaugenscheines durchgeführt, der Berufungswerber wurde gehört sowie die beiden Zeugen K und J unter Erinnerung an die Wahrheitspflicht einvernommen. Weiters wurde eine Luftbild der gegenständlichen Straßenstelle angeschafft, welches im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert wurde.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 2.1.2004 um 15.45 Uhr seinen Pkw in Wels auf der Grieskirchnerstraße in Richtung Süden zur Kreuzung mit dem Karl-Görlichplatz. Dieser ist als Kreisverkehr ausgebildet, wobei der Außendurchmesser dieses Kreisverkehrs ca. 25 m und der Durchmesser des inneren Kreises ca. 6 bis 8 m beträgt. Sämtliche in den Kreisverkehr einmündende Straßen (insbesondere auch die Eferdingerstraße) sind durch das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" gemäß § 52 Z23 StVO 1960 abgewertet.

 

Der Berufungswerber fuhr ohne anhalten mit geringer Geschwindigkeit (nach seinen Angaben ca. 10 km/h) in den Kreisverkehr ein. Gleichzeitig lenkte der Zeuge K seinen Pkw aus Richtung Süden kommend mit einer Geschwindigkeit von 20 bis 30 km/h bereits im Kreisverkehr. Der Abstand zu dem gerade in den Kreisverkehr einfahrenden Fahrzeug des Berufungswerbers betrug geschätzt zwischen 5 und 10 m. Der Zeuge musste seinen Pkw stark - fast bis zum Stillstand - abbremsen, um einen Verkehrsunfall mit dem in den Kreisverkehr eingefahrenen Berufungswerber zu verhindern. Er machte den Berufungswerber durch Hupzeichen auf den Vorfall aufmerksam.

 

4.2. Unbestritten ist, dass der Zeuge sein Fahrzeug abbremsen musste. Strittig ist jedoch insbesondere, ob der Zeuge während des Befahrens des Kreisverkehrs den rechten Blinker betätigt hatte oder nicht. Die Frage, ob der Berufungswerber sein Fahrzeug von der Eferdingerstraße oder von der Grieskirchnerstraße kommend in den Kreisverkehr gelenkt hatte, ist letztlich nicht von entscheidender Bedeutung, weil beide Straßen durch das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" abgewertet sind und nur wenige Meter von einander entfernt in den Kreisverkehr münden.

 

Sowohl der Berufungswerber als auch die Zeugen machten bei der mündlichen Verhandlung einen besonnenen und grundsätzlich glaubwürdigen Eindruck. Aus folgenden Überlegungen ist trotzdem den Angaben der Zeugen zu folgen:

Der Zeuge K beabsichtigte von Anfang an, den Kreisverkehr zum Umkehren zu verwenden und diesen daher zur Gänze zu durchfahren. Es ist deshalb sehr unwahrscheinlich, dass er im Kreisverkehr rechts geblinkt hat. Beim Einfahren in den Kreisverkehr von Richtung Süden kommend ist die Fahrstreifenverschwenkung nach rechts nur ganz gering. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass der Zeuge bereits beim Einfahren in den Kreisverkehr rechts geblinkt hätte. Auch während des Lokalaugenscheines haben das nur ganz wenige Fahrzeuglenker gemacht, was wohl mit der baulichen Ausgestaltung dieses Kreisverkehrs zusammenhängt. Letztlich darf nicht übersehen werden, dass die beiden Zeugen bewusst die Zeit für die Anzeigeerstattung aufgewendet haben, was sie wohl kaum getan hätten, wenn der Zeuge K selbst durch das angebliche Blinken eine Verkehrsübertretung begangen hätte. Auch der Umstand, das beide Zeugen unter Wahrheitspflicht bei der mündlichen Verhandlung den Sachverhalt unabhängig von einander im Wesentlichen gleich geschildert haben, spricht dafür, dass sich dieser tatsächlich so zugetragen hat. Der Berufungswerber hingegen hat sich bei der Farbe des vom Zeugen gelenkten Fahrzeuges geirrt. Es ist daher durchaus wahrscheinlich, dass er sich auch hinsichtlich des Blinkens geirrt hat.

 

Ob der Berufungswerber letztlich von der Eferdingerstraße oder von der Grieskirchnerstraße in den Kreisverkehr eingebogen ist, hat für die Beweiswürdigung keinen wesentlichen Einfluss. Es ist aber doch festzuhalten, dass auch der vom Berufungswerber angegebene Ort des Zusammentreffens der beiden Fahrzeuge (nämlich in etwa auf Höhe des Eckes der Kreuzung mit der Haidestraße) unter Berücksichtigung der vom Berufungswerber angegebenen Geschwindigkeit von nur 10 km/h eher dafür spricht, dass er auf der Grieskirchnerstraße in den Kreisverkehr eingebogen ist. Wäre er mit nur 10 km/h von der Eferdingerstraße in den Kreisverkehr eingebogen und wäre es dabei zu dieser Vorrangverletzung gekommen, hätte er sein Fahrzeug wohl bereits deutlich früher anhalten können.

 

Es ist daher insgesamt den Angaben der Zeugen zu folgen, weshalb als erwiesen anzusehen ist, dass der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Vorrangverletzung begangen hat und der Zeuge K beim Befahren des Kreisverkehrs nicht rechts geblinkt hat.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 19 Abs.7 StVO 1960 darf der Wartepflichtige durch kreuzen, einbiegen oder einordnen die Vorrangberechtigten weder zu unvermittelten Bremsen noch zum Ablenken ihres Fahrzeuges nötigen.

 

Ist vor einer Kreuzung des Vorschriftszeichen "Vorrang gegeben" oder "Halt" angebracht, so haben gemäß § 19 Abs.4 StVO 1960 sowohl die von rechts als auch die von links kommenden Fahrzeuge den Vorrang.

 

5.2. Wie bereits oben ausgeführt wurde, ist als erwiesen anzusehen, dass der Berufungswerber durch das Einbiegen in den Kreisverkehr den im Kreisverkehr befindlichen Zeugen zum Abbremsen seines Fahrzeuges genötigt hat. Er hat damit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Umstände, die das Verschulden des Berufungswerbers ausschließen würden, wurden im Verfahren nicht vorgebracht. Es ist daher gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Im gegenständlichen Fall konnte durch das Abbremsen des Zeugen ein Verkehrsunfall vermieden werden. Die Tat hat damit keine tatsächlichen negativen Folgen nach sich gezogen. Der Oö. Verwaltungssenat geht davon aus, dass sich der Berufungswerber hinsichtlich des Blinkens des im Kreisverkehr befindlichen Fahrzeuges geirrt hat. Es wird dem Berufungswerber also nur fahrlässiges Verhalten vorgeworfen. Die Verhängung einer geringfügigen Geldstrafe erscheint unter diesen Voraussetzungen erforderlich, um den Berufungswerber in Zukunft zu einer erhöhten Aufmerksamkeit beim Befahren von Kreuzungen zu verhalten.

 

Als strafmildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten, während keine Straferschwerungsgründe vorliegen. Im Hinblick auf die gesetzlich vorgesehene Höchststrafe von 726 Euro erscheint die verhängte Geldstrafe von 50 Euro auch unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen 1.800 Euro, Sorgepflichten für Gattin und Kind und kein Vermögen) durchaus angemessen. Eine Herabsetzung der Geldstrafe erscheint auch aus generalpräventiven Gründen nicht möglich, weil auch der Allgemeinheit gezeigt werden muss, dass Vorrangverletzungen spürbar sanktioniert werden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 
 

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