Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109755/6/Sch/Pe

Linz, 23.06.2004

 

 

 VwSen-109755/6/Sch/Pe Linz, am 23. Juni 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn G E vom 21. April 2004, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 2. April 2004, VerkR96-6639-2003, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 22. Juni 2004 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 14 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 2. April 2004, VerkR96-6639-2003, über Herrn G E, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) eine Geldstrafe von 70 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 21 Stunden verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, Citroen, mit dem Kennzeichen der Behörde, nämlich der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, trotz Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe vom 31. Juli 2003, zugestellt am 12. August 2003, keine Auskunft darüber erteilt habe, wer das gegenständliche Kraftfahrzeug am 27. April 2003 um 17.26 Uhr gelenkt habe, zumal er im Schreiben vom 18. August 2003 angegeben habe, dass er vermutlich das Fahrzeug gelenkt habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 7 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Eingangs wird, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, auf die Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen, denen sich die Berufungsbehörde anschließt.

 

Zu den Einwendungen des Rechtsmittelwerbers in der Berufungsschrift bzw. in der o.a. Berufungsverhandlung ist zu bemerken:

 

Gegenständlich hat die - hinsichtlich des mit dem auf den Berufungswerber zugelassenen Kraftfahrzeuges begangenen Geschwindigkeitsdeliktes örtlich zuständige - Strafbehörde eine Lenkerauskunft iSd § 103 Abs.2 KFG 1967 vom Berufungswerber verlangt. Es wurde daraufhin mitgeteilt, er "habe das Fahrzeug vermutlich gelenkt".

 

Das Verwaltungsstrafverfahren betreffend dieses Geschwindigkeitsdeliktes wurde von dieser Behörde und später nach Abtretung gemäß § 29a VStG an die Erstbehörde vorerst weitergeführt und nach Erlassung des verfahrensgegenständlichen Straferkenntnisses eingestellt.

 

Der Ansicht des Berufungswerbers, es hätte keine höhere Strafe verhängt werden dürfen als jene betreffend die Geschwindigkeitsüberschreitung - es war hier eine Strafverfügung erlassen worden, die beeinsprucht wurde - kann nicht beigetreten werden. Hier handelt es sich ohne Zweifel um zwei völlig verschiedene Übertretungen, die an sich nichts miteinander zu tun haben, woran der Umstand nichts ändert, dass in der Regel - so auch hier - ein solches Delikt Grund für eine Anfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 ist. Eine höhere Strafe dürfte nur dann nicht verhängt werden, wenn nach Erlassung der Strafverfügung wegen desselben Deliktes nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens ein Straferkenntnis zu ergehen hat (vgl. § 49 Abs.2 letzter Satz VStG).

 

Von einem Fall eines Verstoßes gegen das Verbot der reformatio im peius kann gegenständlich nicht die Rede sein, zumal das Straferkenntnis wegen eines anderen Deliktes erlassen wurde.

 

Auch die Einrede der Verfolgungsverjährung, wie sie bei der Verhandlung erhoben wurde, ist unberechtigt. Die Erstbehörde hat mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30. Dezember 2003 den Berufungswerber erstmals eine Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 zur Last gelegt. Bezug genommen wurde dabei auf das Auskunftsbegehren vom 31. Juli 2003, zugestellt am 12. August 2003. Die Frist des § 31 Abs.2 VStG hätte im Fall einer innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Auskunftsbegehrens nicht erteilten Auskunft mit Ablauf dieser Frist begonnen. Gegenständlich wurde eine mit 18. August 2003 datierte und am nächsten Tag bei der anfragenden Behörde einlangende unzureichende - siehe die von der Erstbehörde zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Auskunft erteilt. Die Verfolgungsverjährungsfrist begann daher mit letzterem Datum und liegt somit die erwähnte Aufforderung zur Rechtfertigung innerhalb der einschlägigen Frist, deren Weiterlauf mit diesem Verfahrensschritt unterbrochen worden ist. Der Zeitpunkt des Deliktes, welches Grund des Auskunftsverlangens war, spielt keine Rolle, wenngleich daraus nicht abgeleitet werden kann, dass eine Behörde quasi unbegrenzt Auskunftsverlangen über vergangene Lenkzeitpunkte an einen Zulassungsbesitzer richten dürfte.

 

Der Berufung konnte sohin dem Grunde nach kein Erfolg beschieden sein.

 

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Der Zweck des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt nicht nur darin, einen etwaigen einer Verwaltungsübertretung schuldigen Lenker festzustellen. Es sollen darüber hinaus nämlich auch im Zusammenhang mit der Ausforschung von Zeugen und Straftätern geordnete und zielführende Amtshandlungen ermöglicht werden.

 

Das beträchtliche öffentliche Interesse an dieser Bestimmung hat der Bundesverfassungsgesetzgeber dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er einen Teil hievon in Verfassungsrang erhoben hat.

 

Übertretungen des § 103 Abs.2 KFG 1967 können daher nicht als "Bagatelldelikte" mit geringfügigen Geldstrafen abgetan werden.

 

Mit der erwähnten Verfassungsbestimmung hat der Bundesverfassungsgesetzgeber im Jahr 1986 durch die 10. KFG-Novelle den gegen die alte Fassung des § 103 Abs.2 KFG 1967 vorgebrachten Bedenken gegen dessen Verfassungsmäßigkeit - sie haben zur Behebung der Bestimmung durch den VfGH geführt - die Grundlage entzogen.

 

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 70 Euro kann unter diesem Blickwinkel nicht als überhöht angesehen werden. Sie wird auch dem Umstand gerecht, dass der Berufungswerber nach der Aktenlage als unbescholten anzusehen ist, also ihm der entsprechende Milderungsgrund zugute kommt. Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

 

Angesichts der relativen Geringfügigkeit der verhängten Verwaltungsstrafe braucht auf die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers nicht weiter eingegangen zu werden; es muss von jedem Verkehrsteilnehmer bzw. Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges erwartet werden, dass er derartige Strafen zu bezahlen in der Lage ist.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

S c h ö n