Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109756/2/Kei/Da

Linz, 24.11.2004

VwSen-109756/2/Kei/Da Linz, am 24. November 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des M Z, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H H, Mag. W B und Dr. G L, L, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21. April 2004, Zl. VerkR96-2763-1-2003 BE, zu Recht:

  1. Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.
  2. Statt "' 64" wird gesetzt "§ 64".

    Rechtsgrundlage:

    § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

  3. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 60 Euro, zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet:

"Sie haben am 23.04.2003 um 10.05 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen samt Anhänger auf der L 537, Sattledterstraße bei Strkm 1,705 im Ortsgebiet von Edt bei Lambach Fahrtrichtung Steinerkirchen a.d.Tr. mit einer Geschwindigkeit von 96 km/h gelenkt und haben die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 46 km/h überschritten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 20 Abs. 2 StVO 1960

Daher wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe: Euro 300,-- gem. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

Ersatzfreiheitsstrafe: 96 Stunden

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.

Ferner haben Sie gemäß ' 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) zu entrichten:

Euro 30,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 330,-- Euro."

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung vor (auszugsweise Wiedergabe):

"In der umseits näher bezeichneten Rechtssache erhebt der Beschuldigte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21.04.2004, GZ VerkR96-2763-1-2003 BE, zugestellt am 22.04.2004, durch seine bevollmächtigten Vertreter in offener Frist vollinhaltlich Berufung an die Verwaltungsstrafbehörde II. Instanz und stellt die Anträge, die Verwaltungsstrafbehörde II. Instanz möge der Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land aufheben und das gegen den Beschuldigten anhängige Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

Zur Begründung wird ausgeführt:

Der Beschuldigte hat die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen. Der Beschuldigte hat dies von Anfang des Verfahrens an wiederholt vorgebracht. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat das unter derselben Geschäftszahl wie jetzt geführte Verfahren daher zurecht am 20.10.2003 gemäß § 45 Abs. 1. Verwaltungsstrafgesetz eingestellt. Die Einstellung vom 20.10.2003 stellt einen Bescheid dar (vgl. z.B. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 15. Aufl., Anmerkung 9 zu § 45 VStG).

Da nach der Einstellung keine neuen Beweisergebnisse hervorgekommen sind, ist das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 21.04.2004 schon deshalb rechtswidrig, weil eine rechtskräftige Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens vorliegt und über denselben Sachverhalt nicht zwei mal zu entscheiden ist und keine Abänderung der ersten rechtskräftigen Entscheidung zum Nachteil des Beschuldigten erfolgen darf.

Die dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegende Anzeige des Gendarmeriepostens G vom 23.04.2003 weist als angeblichen Täter Herrn M Z, geb. am, aus. Es werden in der Anzeige auch 'Angaben des Verdächtigen - Z M' angeführt.

Es liegen keine Beweisergebnisse dafür vor, dass der Beschuldigte M Z, geb. am, die Verwaltungsübertretung begangen hat. Tatsächlich wurde die angebliche Verwaltungsübertretung nicht vom Beschuldigten begangen.

Die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz setzt sich mit dieser entscheidungswesentlichen Frage überhaupt nicht auseinander und hat dazu auch keine Feststellungen getroffen und ihrer gesetzlichen Feststellungs- und Begründungspflicht nicht entsprochen.

Eine Verfolgungshandlung hinsichtlich der Verwaltungsübertretung, die nunmehr Gegenstand des angefochtenen Straferkenntnisses bildet, wurde von der Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist gegenüber dem Beschuldigten nicht gesetzt. Die Strafverfügung der Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz ist beim Zustellpostamt am 10.11.2003 eingelangt. Dass die Postbeförderung dieses Schriftstückes drei Wochen gedauert haben soll, widerspricht jeder Lebenserfahrung. Eine Bestrafung wegen der behaupteten Verwaltungsübertretung scheidet somit schon wegen Verjährung aus.

Ungeachtet des übrigen Vorbringens ist für den Beschuldigten nicht erkennbar, wo der 'Tatort' liegen soll, an dem die angebliche Verwaltungsübertretung begangen worden sein soll. Die Angabe 'im Ortsgebiet von E auf der L 537, bei Strkm. 1,705' ist für den Beschuldigten unschlüssig und nicht genau identifizierbar. Ebenso wenig ist für den Beschuldigten aufgrund dieser Angaben nachvollziehbar, ob der angebliche 'Tatort' tatsächlich im Ortsgebiet liegen soll.

Nach dem Aktenvermerk der Verwaltungsbehörde I. Instanz vom 27.11.2003 ist nicht einmal klar, auf welchen Straßenzug sich diese Angaben beziehen sollen. Der Aktenvermerk der Verwaltungsbehörde I. Instanz vom 27.11.2003 wäre aber selbst dann, wenn er inhaltlich hinreichend bestimmt wäre, kein geeignetes Beweismittel dafür, dass der angebliche 'Tatort' im Ortsgebiet liegen soll. Die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz wäre verpflichtet gewesen, sowohl die durch Verordnung festgelegten Grenzen des Ortsgebietes als auch die ordnungsgemäße Kundmachung dieser Verordnung zu erheben.

Dies umso mehr, als nach der dem Verfahren zugrundeliegenden Anzeige vom 23.04.2003 die Verwaltungsübertretung darin bestehen soll, dass 'die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit' überschritten worden sein soll. Dass der 'Tatort' im Ortsgebiet liegen soll, wird in der Anzeige nicht behauptet.

Die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz wäre daher verpflichtet gewesen, zu erheben, ob und welche Geschwindigkeitsbeschränkung am angeblichen 'Tatort' tatsächlich verordnet ist und ob diese ordnungsgemäß kundgemacht ist. All dies ist unterblieben.

Aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse steht somit weder fest, wo der 'Tatort' gelegen sein soll, noch, welche Geschwindigkeit am angeblichen 'Tatort' zum angeblichen 'Tatzeitpunkt' zulässig war. Auch zu diesen entscheidungswesentlichen Fragen hat die Verwaltungsbehörde I. Instanz keine hinreichenden Feststellungen getroffen und ihrer gesetzlichen Feststellungs- und Begründungspflicht nicht entsprochen.

Ungeachtet des übrigen Vorbringens ist darauf zu verweisen, dass sich die Anzeige vom 23.04.2003 nicht auf einen Anhänger mit dem Kennzeichen bezieht. Auch sonst liegen für eine diesbezügliche Verwaltungsübertretung keine Beweisergebnisse vor. Der Beschuldigte hat diesen Anhänger nicht verwendet. Eine Bestrafung des Beschuldigten ist somit unzulässig. Auch zu dieser entscheidungswesentlichen Frage hat die Verwaltungsbehörde I. Instanz keine hinreichenden Feststellungen getroffen und ihrer gesetzlichen Feststellungs- und Begründungspflicht nicht entsprochen.

Ungeachtet des übrigen Vorbringens wird ausdrücklich auch geltend gemacht, dass keine ordnungsgemäße Geschwindigkeitsmessung vorliegt.

Nach den Angaben in der Anzeige vom 23.04.2003 soll eine Geschwindigkeitsmessung mit 'Laser-Gerät' der Type LTI 20.20 TS/KM-E vorgenommen worden sein. Aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse steht nicht fest, dass die Bedienungsvorschriften für dieses Messgerät (siehe Beilage) eingehalten wurden.

Aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse steht insbesondere nicht fest, dass die Örtlichkeit des angeblichen 'Tatortes' für eine ordnungsgemäße Messung im Sinne der Verwendungsbestimmungen geeignet war. Hervorzuheben ist insbesondere, dass gemäß Punkt 2. 5. der Verwendungsbestimmungen für das Laser-Gerät Fahrzeuggeschwindigkeiten nur an geraden Straßenstücken gemessen werden dürfen, damit die systematischen Winkelfehler nicht zu groß werden.

Gemäß Punkt 2. 6. der Verwendungsbestimmungen ist die einwandfreie Funktion des Lasergerätes durch genau festgelegte Kontrollen vor Beginn der Messungen und während der Messungen zu überprüfen. Die Durchführung der Kontrollen ist durch ein Protokoll zu belegen. Aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse steht nicht fest, ob und welche dieser Kontrollen tatsächlich durchgeführt wurden. Ein entsprechendes Protokoll wurde dem Beschuldigten nie zur Kenntnis gebracht.

Aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse steht auch nicht fest, dass Punkt 2. 8. der Verwendungsbestimmungen für das Lasermessgerät eingehalten worden wäre, sodass nicht feststeht, von welchem Fahrzeug das Messergebnis verursacht wurde.

Auch zu diesen entscheidungswesentlichen Fragen hat die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz keine hinreichenden Feststellungen getroffen und ihrer gesetzlichen Feststellungs- und Begründungspflicht nicht entsprochen. Tatsächlich liegt die behauptete Geschwindigkeitsübertretung nicht vor.

Schließlich wird ungeachtet des übrigen Vorbringens ausdrücklich auch geltend gemacht, dass die von der Verwaltungsbehörde I. Instanz verhängte Strafe bei weitem überhöht ist und nicht den gesetzlichen Strafzumessungsgründen entspricht. Die von der Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz behaupteten 'generalpräventiven Erwägungen' allein rechtfertigen die verhängte Strafhöhe nicht. Zu den Familienverhältnissen, den Einkommens- und den Vermögensverhältnissen des Beschuldigten liegen keinerlei Feststellungen der Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz vor. Auch zu diesen entscheidungswesentlichen Fragen hat die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz keine hinreichenden Feststellungen getroffen und ihrer gesetzlichen Feststellungs- und Begründungspflicht nicht entsprochen."

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 11. Mai 2004, Zl. VerkR96-2763-1-2003 Be/Ba, Einsicht genommen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nach Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird.

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.

Das Verschulden des Bw wird - ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor - als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG. Da die Schuld nicht geringfügig ist und somit eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte diese Bestimmung nicht angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

Zur Strafbemessung:

Dem gegenständlichen Verwaltungsakt ist nicht zu entnehmen, dass eine die Person des Bw betreffende Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vorliegt. Der Oö. Verwaltungssenat geht davon aus, dass keine solche Vormerkung vorliegt. Diese Beurteilung hat zur Konsequenz, dass der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wird davon ausgegangen, dass der Bw ein geringes Einkommen hat, dass er kein Vermögen hat und dass er sorgepflichtig ist für die Ehefrau und für zwei Kinder.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Geschwindigkeitsüberschreitung wird wegen der durch die potentielle Gefährdung von Menschen beeinträchtigten Verkehrssicherheit als beträchtlich qualifiziert.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Die Höhe der durch die belangte Behörde verhängten Strafe ist insgesamt angemessen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

5. Da in jeder Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Keinberger

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 18.03.2005, Zl.: 2005/02/0009-5

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