Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109762/18/Bi/Be

Linz, 18.06.2004

 

 

 VwSen-109762/18/Bi/Be Linz, am 18. Juni 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau K R, M, R, vertreten durch RA G R, R, W, vom 5. Mai 2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 20. April 2004, VerkR96-1247-2004, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 17. Juni 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:
 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1b StVO 1960 eine Geldstrafe von 581 Euro (8 Tage EFS) verhängt, weil sie am 10. November 2003 (gemeint wohl: 11. Oktober 2003) gegen 22.50 Uhr den Pkw, Kz. , auf dem Parkplatz vor dem Lokal "Blue" im Ortsgebiet von Sattledt gelenkt habe, wobei sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem BAG von 0,91%o befunden habe.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 58,10 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen



Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 17. Juni 2004 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Bw, ihres rechtsfreundlichen Vertreters RA G R sowie der Zeugen RI W K, C S, E S, W S, K K und A W durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist entschuldigt nicht erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie habe sich damals nur kurz, höchstens ca 15 Minuten, im Lokal aufgehalten und dort nichts getrunken. Die Zeugenaussage von Herrn S sei unrichtig, wobei dafür die eidesstättige Erklärung des Zeugen A W vom 3. Mai 2004 vorgelegt wurde - dieser bestätigte, bei einem Gespräch mit dem Zeugen am 21. März 2004, bei dem auch K K anwesend gewesen sei, vom Zeugen S gehört zu haben, er habe diese Aussage nur gemacht, weil ihn die Bw wegen Sperrzeitenüberschreitung angezeigt habe, sie habe damals aber nichts getrunken und sich maximal 20 Minuten im Lokal aufgehalten gehabt.

Weiters weist die Bw auf die unterschiedlichen Aussagen der Zeugen S und S hin und führt aus, E S sei eine Ex-Freundin des Zeugen S, daher bestehe ein Naheverhältnis. Zumindest nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" sei im Zweifel von den günstigeren Angaben auszugehen; die Erstinstanz habe dazu aber kein medizinisches SV-Gutachten eingeholt.

Beantragt wird die Zeugeneinvernahme von A W und K K - seinem Antrag auf neuerliche Einvernahme von W S sei die Erstinstanz auch nicht nachgekommen - im übrigen die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung nach Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt und die Zeugen RI K, S, S, S, K und W unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht gemäß § 289 StGB einvernommen wurden.

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass sich die Bw am 11. Oktober 2003 in den Abendstunden im Lokal Blue in Sattledt aufgehalten hat, wo sie mit den Zeuginnen S und S zusammentraf. Wie lange die Bw dort war und wann genau sie ins Lokal gekommen ist, konnte schon deshalb nicht geklärt werden, weil die
Angaben von höchstens 10 bis 15 Minuten bis zu zwei Stunden und mehr reichten, wobei sich aber herausstellte, dass zB der Zeuge S die von ihm gemachten Zeitangaben, die er am 11. Dezember 2003, also exakt zwei Monate nach dem Vorfall, von sich aus dem Meldungsleger mitteilte, von einer Kellnerin "übernommen" hatte, also nicht selbst wahrgenommen hat. Ebenso wenig ergaben sich konkrete Anhaltspunkte für von der Bw konsumierten Alkohol im Lokal während ihrer Anwesenheit. Die Zeugen, die im erstinstanzlichen Verfahren Alkoholkonsum behauptet hatten, relativierten ihre Angaben insofern, als die Bw zwar zB zwei Gespritzte bestellt und vor sich stehen gehabt hätte bzw dass sechs Gespritzte in den angeblichen Aufzeichnungen des Gastwirts S aufgetaucht seien. Der Zeuge konnte diese angeblichen Aufzeichnungen aber nicht vorlegen und räumte auch ein, er habe die Bw nicht beim Trinken dieser sechs Gespritzten gesehen. Ebenso konnte die Zeugin S ihre Angaben im erstinstanzlichen Verfahren, die Bw hätte zwei Gespritzte und einen Cocktail konsumiert, nicht aufrecht halten, weil die Bw angeblich im Lokal unterwegs war und nicht immer neben ihr saß. Der Zeugin S, die mit der Bw unmittelbar vor dem Verlassen des Lokals gesprochen hat, ist nach eigenen Angaben nicht aufgefallen, dass die Bw Getränke bezahlt hätte. Abgesehen davon, dass die Aufzeichnungen von Konsumationen in diesem Lokal, das mittlerweile geschlossen wurde, relativ unübersichtlich erscheinen - wenn jemand gleich bei Erhalt des Getränkes bezahlt hat, wurde angeblich nichts aufgeschrieben, sondern nur bei Rückständen, unbekannten Gästen oder Stammgästen, die offenbar auf einmal eine größere Rechnung bezahlten - blieben die meisten bisherigen Aussagen unbeweisbar bzw tauchten erhebliche Widersprüche zwischen einzelnen Zeugenaussagen, zB S und S, auf.

Die Zeugen W und K bestätigten, der Zeuge S habe ihnen gegenüber geäußert, wenn die Bw ihm gegenüber boshaft sei und ihn wegen Sperrzeitenüberschreitungen anzeige - was diese heftig dementiert hat - zeige er eben auch sie an, zB wegen eines Alkoholkonsums vor zwei Monaten. Im Übrigen dürfte dieses Gespräch unter erheblichem Alkoholeinfluss der Beteiligten bei einer Mostkost stattgefunden haben. Der Zeuge S ließ aber keinen Zweifel daran, dass das Verhältnis zwischen ihm und der Bw insofern angespannt ist, als diese ihn zuletzt wegen gefährlicher Drohung angezeigt habe und diesbezüglich auch ein Gerichtsverfahren anhängig ist. Er hat aber eingeräumt, dass seine Anzeige bei der Gendarmerie hauptsächlich auf die Anzeigen der Bw zurückzuführen ist, wobei er offenbar nicht damit gerechnet hat, dass diese Anzeige Folgen in Form des ggst Verfahrens und der Entziehung der Lenkberechtigung haben könnte.

Am Rande zu bemerken ist, dass die Zeuginnen S und S (und nach von der Bw dementierten Aussagen des Zeugen S auch die Bw) dessen Ex-
Freundinnen sind, sodass auch diesbezüglich Unstimmigkeiten zwischen diesen Personen und erhebliche Glaubwürdigkeits-Zweifel angebracht sind.

Der Meldungsleger hat ausgeführt, im Lokal seien bei der Unfallsaufnahme keine Erhebungen hinsichtlich eines Alkoholkonsums der Bw erfolgt. Auch eine Befragung auf dem Parkplatz habe diesbezüglich nichts ergeben. Die Vermutung der Alkoholisierung habe sich deshalb ergeben, weil sich der Unfall nach einem Lokalbesuch der Bw ereignet habe. Konkret auf Alkohol habe damals aber nichts hingedeutet. Erst zwei Monate nach dem Unfall sei der Zeuge S von sich aus zum GP gekommen und habe von auf in eigenen Notizen aufgetauchten sechs Gespritzten gesprochen. Es habe damals aber gegen ihn wegen bestimmter Vorkommnisse im Lokal vonseiten der Gendarmerie Erhebungen gegeben und die Gendarmerie sei dem Zeugen S damals "auf die Zehen gestiegen". Er habe sich bei der Anzeigeerstattung geäußert, er sei nicht für alles verantwortlich, was ihm vorgeworfen werde und erstatte daher seinerseits Anzeige, insbesondere gegen die Bw. Warum er zwei Monate später auf einen Alkoholkonsum der Bw vor dem so lange zurückliegenden Unfall komme, habe der Zeuge gegenüber dem Meldungsleger allerdings offengelassen. Der Meldungsleger habe das aber so verstanden, dass es in der Bekanntschaft zwischen dem Gastwirt, der Bw und der Zeugin S Schwierigkeiten gegeben habe.

Zusammenfassend steht unbestritten fest, dass die Bw nach dem Lokalbesuch den auf dem Parkplatz vor dem Lokal abgestellten Pkw kurz vor 22.45 Uhr - der Meldungsleger konnte sich nur an die Zeit der Verständigung der Gendarmerie 22.50 Uhr erinnern, nicht aber an die genaue Unfallzeit - in Betrieb genommen und beim Ausparken den Pkw der Zeugin S beschädigt hat. Für die Fahrerflucht wurde sie rechtskräftig bestraft. Ob sie sich beim Unfall in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat, konnte im Rahmen des Beweisverfahrens nicht geklärt werden. Insbesondere der im erstinstanzlichen Verfahren als Grundlage herangezogene Konsum von sechs Gespritzten durch die Bw sind, unabhängig von einer ebenso unklärbaren Trinkzeit, so fraglich, dass sie als Basis für ein Verwaltungsstrafverfahren ungeeignet sind.

In rechtlicher Hinsicht war daher gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG wegen der erheblichen Zweifel an der tatsächlichen Konsumation der angeführten Alkoholmenge durch die Bw zu deren Gunsten davon auszugehen, dass die ihr zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 
 

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