Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-109775/12/Zo/Pe

Linz, 21.09.2004

 

 

 VwSen-109775/12/Zo/Pe Linz, am 21. September 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn M H, T, vom 26.4.2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 8.4.2004, VerkR96-34796-2003, wegen zwei Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 13.9.2004 zu Recht erkannt:

 

  1. Hinsichtlich Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Schuldspruch bestätigt, es wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt.
  2.  

  3. Hinsichtlich Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  4.  

  5. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 51e und 21 Abs.1 VStG.

zu II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu III.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 3.12.2003 gegen 14.15 Uhr das Sattelkraftfahrzeug, auf der A 1 in Fahrtrichtung Wien gelenkt habe, wobei er bei km 267,450 einen Verkehrsunfall verschuldet habe, bei dem Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs beschädigt wurden (zwei Baken). Obwohl sein Verhalten mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand, habe er es unterlassen

  1. sein Fahrzeug sofort anzuhalten und
  2. ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter von der Beschädigung und der Bekanntgabe seiner Identität zu verständigen.

Der Berufungswerber habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 zu Punkt 1 sowie nach § 31 Abs.1 StVO 1960 zu Punkt 2 begangen, weshalb über ihn Geldstrafen sowie entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen verhängt wurden und er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages verpflichtet wurde.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass er beim gegenständlichen Vorfall nach der ersten Schrecksekunde bei der erstbesten Gelegenheit mit seinem Sattelkraftfahrzeug angehalten habe. Er hätte nicht mitten auf der Autobahn anhalten können, sondern habe eben bei der erstbesten sich bietenden Gelegenheit sein Sattelkraftfahrzeug angehalten. Er hat dann zuerst sein Fahrzeug nach Schäden besichtigt und während er noch damit beschäftigt war, sei bereits der Gendarmeriebeamte zu ihm gekommen und habe ihm vorgeworfen, dass er "Fahrerflucht" begangen hätte.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.9.2004, bei welcher der Berufungswerber gehört sowie der Meldungsleger, R M, unter Ermahnung an die Wahrheitspflicht als Zeuge einvernommen wurde. Die Erstinstanz hat an der Verhandlung entschuldigt nicht teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 3.12.2003 um ca. 14.15 Uhr das Sattelkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen (Anhänger) auf der A 1 in Fahrtrichtung Wien. Er hat während der Fahrt versucht die Straßenkarte zu lesen, wobei er vermutlich seinen Lkw etwas nach rechts verlenkt hat. Im gegenständlichen Bereich begann eine Absperrung des Pannenstreifens mittels Leitbaken, wobei der Berufungswerber mit seinem Sattelkraftfahrzeug gegen zwei Leitbaken gefahren ist und diese dadurch beschädigt hat. Die Absperrung des Pannenstreifens reicht bis zur Auffahrt der Betriebsumkehr der Autobahnmeisterei, im Bereich dieser Auffahrt sowie an diese angrenzend ist am Rand des Pannenstreifens eine Betonleitwand aufgestellt, der Berufungswerber hat sein Sattelkraftfahrzeug unmittelbar am Ende dieser Betonleitwand angehalten. Dazu ist festzuhalten, dass er mit dem Sattelkraftfahrzeug bis an den äußersten Rand des Pannenstreifens gefahren ist, um eben nicht in die erste Fahrspur hineinzuragen bzw. von dieser noch einen minimalen seitlichen Sicherheitsabstand einzuhalten. Der Abstand zwischen der Unfallstelle und dem Anhalteort betrug max. 900 m.

 

Nach dem Anhalten ist der Berufungswerber aus dem Sattelkraftfahrzeug ausgestiegen und hat vorerst den Schaden an seinem Fahrzeug besichtigt. Er hat festgestellt, dass der Nebelscheinwerfer herausgefallen war und war gerade damit beschäftigt, diesen wieder zu befestigen, als bereits der Gendarmeriebeamte an der Unfallstelle eingetroffen ist.

 

Von den Gendarmeriebeamten war festgestellt worden, dass am Beginn der Sperre des Pannenstreifens zwei Leitbaken umgefahren waren, wobei ein kleiner Plastikteil auch auf der ersten Fahrspur gelegen ist. Sie haben daher diesen Teil auf den Pannenstreifen geräumt und sind dann auf der Autobahn weitergefahren, wobei sie bereits nach wenigen Minuten auf das abgestellte Sattelkraftfahrzeug des Berufungswerbers gestoßen sind. Der Berufungswerber hat dem Gendarmeriebeamten gegenüber den Unfall sofort eingeräumt. Er hat sich auch ihm gegenüber dahingehend gerechtfertigt, dass er bei der ersten Möglichkeit zum gefahrlosen Anhalten ohnedies stehen geblieben sei und sich zuerst um den Schaden an seinem Fahrzeug gekümmert hätte. Er hätte dann ohnedies noch beabsichtigt, zur Unfallstelle zurückzugehen um allfällige Beschädigungen zu besichtigen bzw. die entsprechende Meldung zu erstatten.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 4 Abs.1 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht,

  1. wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,
  2. wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen,
  3. an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

 

Gemäß § 31 Abs.1 StVO 1960 dürfen Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs nicht beschädigt oder unbefugt angebracht, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert werden.

 

5.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Verpflichtung, nach einem Verkehrsunfall sofort anzuhalten streng auszulegen. Es ist auch dann sofort anzuhalten, wenn damit eine Behinderung des übrigen Verkehrs verbunden sein könnte. Der Berufungswerber hat daher die ihm in Punkt 1 vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht begangen, weil er eben sein Sattelkraftfahrzeug nicht sofort nach dem Verkehrsunfall angehalten hat.

 

Unabhängig davon ist zu beurteilen, ob bzw. in welchem Ausmaß den Berufungswerber auch ein Verschulden trifft. Nach den auf den Lichtbildern und bei der mündlichen Verhandlung festgestellten örtlichen Verhältnissen hätte der Berufungswerber das Fahrzeug nur dann sofort anhalten können, wenn er dies auf der rechten Fahrspur der - bekanntermaßen stark befahrenen - A 1 Westautobahn gemacht hätte. In weiterer Folge hätte er im Bereich einer Auffahrt der Betriebsumkehr anhalten können, wobei er dort wiederum möglicherweise Einsatzfahrzeuge behindert hätte. Er hat dann das Fahrzeug unter bewusster Abschätzung der Verkehrsverhältnisse sowie der örtlichen Situation an der ersten Stelle angehalten, an welcher dies gefahrlos möglich war. Der Berufungswerber hat sich bewusst bemüht, keine übertrieben große Gefahrensituation auf der Autobahn durch das notwendige Anhalten seines Sattelkraftfahrzeuges zu schaffen. Dem Berufungswerber trifft daher an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung nur ein ganz minimales Verschulden, welches gravierend hinter jenem Verschuldensgrad zurückbleibt, welcher üblicherweise mit einer "Fahrerflucht" verbunden ist. Die Übertretung hat auch keine negativen Folgen nach sich gezogen, weshalb von der Verhängung einer Strafe abzusehen und lediglich eine Ermahnung zu erteilen war.

 

Der Umstand, dass der Berufungswerber eine rechtskräftige Vormerkung wegen § 4 Abs.1 StVO aus dem Jahr 2000 aufweist, ändert daran nichts, weil diese rechtskräftige Vormerkung zwar einen Straferschwerungsgrund darstellen würde, auf die Beurteilung des Verschuldensgrades des Berufungswerbers aber keinen Einfluss hat. Diese Vormerkung schließt daher die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG nicht aus.

 

Hinsichtlich der dem Berufungswerber vorgeworfenen Übertretung des § 31 Abs.1 VStG ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff "ohne unnötigen Aufschub" nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes so zu verstehen ist, dass die Meldung nach Durchführung der am Unfallsort notwendigen Maßnahmen bzw. nach vergeblichem Versuch der Beteiligten, einander ihren Namen und Anschrift nachzuweisen, zu verstehen ist. Anders als bei einem Unfall mit Personenschaden kann die Meldung in einem relativ kurz an den Unfall anschließenden Zeitraum erstattet werden (siehe z.B. VwGH vom 3.10.1990, 90/02/0094). Es wäre daher jedenfalls ausreichend gewesen, wenn der Berufungswerber nach der provisorischen Behebung des Schadens am Fahrzeug zur Unfallstelle zurückgekehrt wäre, diese geräumt hätte und dann die Straßenmeisterei verständigt hätte. Erst dann, wenn die für diese Maßnahmen erforderliche Zeit ungenützt verstrichen ist und der Berufungswerber den Straßenerhalter oder die Gendarmerie trotzdem nicht verständigt, liegt eine Übertretung des § 31 Abs.1 StVO 1960 vor. Nachdem im gegenständlichen Fall bereits wenige Minuten nach dem Verkehrsunfall die Gendarmerie vom Unfall Kenntnis erlangt hat, war es nicht mehr erforderlich, dass der Berufungswerber diese verständigt. Die Meldung des Verkehrsunfalles innerhalb weniger Minuten war im gegenständlichen Fall unter Beachtung der o.a. Judikatur aber nicht erforderlich. Der Berufungswerber hat daher keine Übertretung des § 31 Abs.1 StVO 1960 begangen, weshalb Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses einzustellen war.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Z ö b l

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum