Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109799/10/Ki/An

Linz, 17.08.2004

 

 

 VwSen-109799/10/Ki/An Linz, am 17. August 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung von Frau S S, W, L vom 1.6.2004, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J H und Mag. Dr. T H, R, W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 19.5.2004, GZ: III-S-3.779/04/G, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 13.8.2004 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Straferkenntnis vom 19.5.2005, GZ: III-S-3.779/04/G, die Berufungswerberin für schuldig befunden, sie habe am 9.2.2004 um 13.28 Uhr in Wels, Warteraum des W, W, G S , (Unfallabteilung) sich gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl sie am 9.2.2004 um 12.50 Uhr in Wels, Kreuzung Rablstraße - Karl Loy-Straße, Fahrtrichtung Norden, den KKW mit dem behördlichen Kennzeichen gelenkt hat. Außerdem habe sie an der Unfallstelle, Wels, Kreuzung Rablstraße/Karl Loy-Straße, vor dem Transport mit der Rettung ins Krankenhaus, ebenfalls die Durchführung eines Alkotestes verweigert.

Sie habe dadurch § 5 Abs.2 StVO 1960 iVm § 99 Abs.1 lit. b StVO 1960 verletzt.

Gemäß § 99 Abs.1 lit. b StVO 1960 wurde über sie eine Geldstrafe in Höhe von 1.200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Tage) verhängt.

Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 120 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen das Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 1.6.2004 Berufung mit dem Antrag, das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abzuändern, dass das Verfahren eingestellt werde, in eventu das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben.

 

Im Wesentlichen begründet die Berufungswerberin ihr Vorbringen, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen wäre, den Alkotest durchzuführen.

 

I.3. Die Bundespolizeidirektion Wels hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 13.8.2004. An dieser Berufungsverhandlung nahmen die Berufungsweberin im Beisein ihres Rechtsvertreters sowie ein Vertreter der Bundespolizeidirektion Wels teil. Als Zeugen wurden der Meldungsleger, jener Arzt, welcher eine Untersuchung der Berufungswerberin bezüglich gesundheitliche Befähigung zur Durchführung des Alkotestes vorgenommen hatte, sowie die Schwester der Berufungswerberin einvernommen.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Verkehrsunfallkommandos der Bundespolizeidirektion Wels vom 25.3.2004 zugrunde. Danach wurde am 9.2.2004 das Verkehrsunfallkommando um 12.45 Uhr von einem Verkehrsunfall verständigt und sind die Meldungsleger um 12.53 Uhr an der Unfallstelle eingetroffen. Bei dem Verkehrsunfall handelte es sich um eine Kollision mit einem anderen Fahrzeug, offensichtlich traf die Beschuldigte an diesem Verkehrsunfall kein Verschulden. Die Berufungswerberin wurde zur Durchführung eines Alkotests mittels mitgeführtem Messgerät aufgefordert, sie erklärte jedoch, dass sie Schmerzen hätte. Nachdem ein Rettungsfahrzeug eingetroffen ist, um die Berufungswerberin ins Krankenhaus zu bringen, nahmen die Meldungsleger zunächst von der Weiterführung des Alkotestes Abstand, im AKH Wels jedoch wurde Frau S wiederum aufgefordert, einen Alkotest durchzuführen, dies nachdem ein Aufnahmearzt eine Untersuchung durchgeführt und festgestellt hat, dass sie in der Lage sei, den Alkotest durchzuführen. Mangels ausreichendem Blasvolumen (vier Versuche) wurde letztlich der Test abgebrochen und der Beschuldigten eine Verweigerung des Alkotestes zur Last gelegt.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung rechtfertigte sich die Berufungswerberin weiterhin, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, den Test durchzuführen. Sie habe Schmerzen verspürt, außerdem sei ihr übel und schwindlig gewesen. Sie habe verlangt, dass ihr Blut abgenommen werde, dies sei ihr jedoch verweigert worden. Jedenfalls habe sie an diesem Tag und auch davor keinen Alkohol zu sich genommen. Als Beweis hiefür legte sie einen fachärztlichen Befund vom 13.2.2004 vor. Eine Untersuchung des CDTect ergab einen Wert von 0,96 % (Referenzwert 2,5 %).

 

Sämtliche Zeugen erklärten bei ihrer Einvernahme, dass sie bei Frau S keinerlei Alkoholisierungssymptome festgestellt hätten. Der Aufnahmearzt erklärte zwar, dass die Berufungswerberin seiner Auffassung nach zur Durchführung des Alkotestes in der Lage gewesen wäre, er vertrat jedoch die Auffassung, dass eine Alkoholisierung von Frau S nicht gegeben gewesen wäre. Die Schwester von Frau S erklärte überdies, dass sie selten Alkohol trinke, dies allenfalls bei Feiern.

 

Weiters wurde in bei der Bundespolizeidirektion Wels aufliegende Vormerkungen bezüglich Verwaltungsstrafen Einsicht genommen, Frau S hat keine einschlägigen Vormerkungen.

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtigt sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1.) ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2.) als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Nach dem 1. Satz der zitierten Bestimmung ist es rechtlich irrelevant, ob beim Lenker Alkoholisierungssymptome vorlagen oder nicht, wesentlich ist, dass das Messgerät am Ort der Aufforderung zur Verfügung steht, sodass die Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe im Zuge einer Amtshandlung erfolgen kann, die unmittelbar an das Lenken (bzw. die anderen angeführten Tätigkeiten) anschließt. Dieser zeitliche Zusammenhang erhellt daraus, dass der Gesetzgeber in Hinsicht auf diese Tätigkeiten auf die Gegenwart abgestellt hat. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte diese Bestimmung den planquadratmäßigen Atemalkoholkontrollen eine gesetzliche Grundlage bieten.

 

Im gegenständlichen Falle wurde das Verkehrsunfallkommando um 12.45 Uhr vom gegenständlichen Verkehrsunfall verständigt und es sind die Beamten dann um 12.53 Uhr an der Unfallstelle eingetroffen.

 

In einem ähnlich gelagerten Fall (der Verkehrsunfall fand um 17.30 Uhr statt, die Beamten sind um 17.42 Uhr bei der Unfallstelle eingetroffen) hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die vorliegende Amtshandlung nicht unmittelbar an das Lenken durch den Beschwerdeführer angeschlossen habe, weshalb eine Aufforderung nach dem 1. Satz des § 5 Abs.2 StVO 1960 nicht zulässig war. Eine Bestrafung wurde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben (VwGH 2004/02/0043-6 vom 20.4.2004).

 

Nachdem auch im vorliegenden Falle die Aufforderung zum Alkotest nicht unmittelbar an das Lenken durch die Berufungswerberin anschloss, war daher diese - ohne Feststellung irgendwelcher Symptome, welche eine Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung begründen würden - unzulässig.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

Nachdem, wie oben dargelegt wurde, im vorliegendem Falle eine Aufforderung nach dem 1. Satz des § 5 Abs.2 StVO 1960 nicht zulässig war, andererseits keine Umstände hervorgekommen sind, welche die Vermutung einer Alkoholisierung der Berufungswerberin beim Lenken des Fahrzeuges begründen würden, wird festgestellt, dass sie die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat. Der Berufung war daher Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

 


Beschlagwortung:

Aufforderung gem. § 5 Abs.1 1. Satz StVO nur zulässig, wenn zeitliches Naheverhältnis zum Lenker vorliegt.

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