Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109801/6/Ki/Ri VwSen109802/6/Ki/Ri

Linz, 05.08.2004

 

 

 VwSen-109801/6/Ki/Ri
VwSen-109802/6/Ki/Ri Linz, am 5. August 2004

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufungen des F S, S V, W vom 7. 5. 2004 gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 29.4.2004, VerkR96-7396-2003/Her bzw. VerkR96-7396-1-2003/Her, wegen Übertretungen des KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 4. 8. 2004 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I. Bezüglich Straferkenntnis VerkR96-7396-2003/Her vom 29.4.2004 wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Bezüglich Straferkenntnis VerkR96-7396-1-2003/Her vom 29.4.2004 wird die Berufung hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Strafausspruch wird jedoch behoben, diesbezüglich wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen und gemäß § 21 Abs.1 VStG eine Ermahnung erteilt.

III. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 2 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 21 Abs.1, 24 und 51 VStG

zu III: §§ 65 und 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit Straferkenntnis VerkR96-7396-2003/Her vom 29.4.2004 hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 28. 10. 203 (gemeint wohl: 2003) um 14.15 Uhr den Kraftwagenzug, LKW PE und Anhänger auf der A8 Innkreisautobahn gelenkt, wobei anlässlich einer Kontrolle auf Höhe von km 20,800 im Gemeindegebiet von Pichl bei Wels festgestellt wurde, dass er das Schaublatt des letzten Tages der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, dem Kontrollbeamten auf Verlangen nicht vorgelegt habe, obwohl der Fahrer dem Kontrollbeamten jederzeit die Schaublätter der laufenden Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen muss. Er habe dadurch § 102 Abs.1 KFG iVm EG-VO 3821 Art. 15 Abs.7 und § 134 Abs.1 KFG 1967 verletzt. Gemäß § 134 Abs.1 KFG wurde eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 Euro (10% der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

Mit Straferkenntnis VerkR96-7396-1-2003/Her vom 29.4.2004 wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe als Geschäftsführer der D Gmbh und somit als der gemäß § 9 VStG verantwortliche Vertreter des Zulassungsbesitzers des LKW mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg, der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land über Aufforderung vom 1.3.2004 nicht das Schaublatt für den 28.10.2003 vorgelegt, obwohl der Zulassungsbesitzer verpflichtet ist, die Schaublätter ein Jahr, gerechnet vom letzten Tag der Eintragung aufzubewahren und der Behörde auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen. Er habe dadurch § 103 Abs.4 KFG und § 134 Abs.1 KFG verletzt. Gemäß § 134 Abs.1 KFG wurde eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 Euro (10% der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

Der Rechtsmittelwerber erhob gegen beide Straferkenntnisse jeweils mit Schreiben vom 7. 5. 2004 Berufung, diese Berufungen wurden samt der Verfahrensakte dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt, wodurch dessen Zuständigkeit ausgelöst wurde. Der Oö. Verwaltungssenat hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

 

 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 4.8.2004. Zu dieser Verhandlung ist ausschließlich die Mutter des Berufungswerbers als bevollmächtigte Vertreterin erschienen, der Berufungswerber selbst war dienstlich verhindert.

 

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde die Mutter des Berufungswerbers auch zeugenschaftlich einvernommen.

 

Zu I.:

 

Gemäß Art. 15 Abs. 7 EWG - VO 3821/85 muss der Fahrer dem zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit das Schaublatt für die laufende Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen können.

 

Der Berufungswerber wurde am Dienstag, den 28. 10. 2003 einer Kontrolle unterzogen. Bei dieser Kontrolle wurde festgestellt, dass das Schaublatt vom letzten Tag der vorangegangenen Woche fehlte.

 

Der Berufungswerber rechtfertigte sich damit, dass er Inhaber der Donau Trans Gmbh sei und am 28. 10. 2003 ausnahmsweise das Fahrzeug gelenkt habe. Der Fahrer dieses Fahrzeuges habe wegen Pflegebedürftigkeit von erkrankten Angehörigen vom 27. 10. an frei gehabt und er habe deshalb für diesen Fahrer einspringen müssen. In der vorangegangenen Woche sei er nicht gefahren.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung legte die Mutter des Berufungswerbers entsprechende Dispositionsblätter vor als Beleg dafür, dass der Berufungswerber tatsächlich in der vorangegangenen Woche keinen LKW gelenkt hat und sie bestätigte diese Angaben in der Folge bei ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme. Ihre Aussage war glaubwürdig und es bestehen seitens der Berufungsbehörde keine Bedenken, die Angaben in Zweifel zu ziehen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erk. vom 30.1.2004, Zl. 2003/02/0269, ausgesprochen, dass dann keine Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Vorlage des Schaublattes besteht, wenn er zum fraglichen Zeitpunkt keinen LKW gelenkt hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dieser Entscheidung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 13. Dezember 1991 in der Rechtssache C-158/90, Sammlung der Rechtsprechung 1991, Seite I-06035, zur Regelung des Artikel 15 Abs. 7 der Verordnung 3821/85 Bezug genommen, wo Folgendes ausgeführt wurde:

"Aus dem Zusammenhang der fraglichen Bestimmung und dem Zweck der Regelung, zu der sie gehört, ergibt sich somit als Voraussetzung einer wirksamen Kontrolle, dass der Fahrer ein Schaublatt für den letzten Lenktag der letzten Woche vor der Kontrolle, an dem er gefahren ist, vorlegt, um insbesondere eine Kontrolle der Einhaltung der vorgeschriebenen wöchentlichen Ruhezeiten zu ermöglichen. Ist der Fahrer während einer Woche vor der Woche, in der die Kontrolle stattfand, oder am letzten Kalender- oder am letzten Werktag der letzten Woche, in der er gefahren ist, nicht gefahren, so ist es nach dem Zweck der Regelung nicht erforderlich, dass er ein Schaublatt für diese Zeiträume vorlegt."

 

Das durchgeführte Berufungsverfahren hat ergeben, dass der Rechtsmittelwerber in der Woche vor dem 28.10.2003 tatsächlich keinen LKW gelenkt hat und er somit nicht zur Vorlage eines entsprechenden Schaublattes verpflichtet gewesen ist bzw er ein solches Schaublatt auch nicht vorlegen konnte.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

Es war daher in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

zu II.:

 

Gemäß § 103 Abs. 4 KFG hat der Zulassungsbesitzer die Schaublätter 1 Jahr, gerechnet vom Tag der letzten Eintragung aufzubewahren und der Behörde auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen.

 

Es bleibt unbestritten, dass der Berufungswerber von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zur Vorlage des verfahrensgegenständlichen Schaublattes aufgefordert wurde und auch, dass er das Schaublatt nicht vorgelegt hat.

 

Die Mutter des Berufungswerbers erklärte im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung, dass das entsprechende Schaublatt abhanden gekommen sei, dies aber aus ihrem Verschulden. Ihr Sohn habe ihr das einzelne Schaublatt übergeben, es sei aber nunmehr unauffindbar. Grundsätzlich würden sämtliche Schaublätter gebündelt und entsprechend aufbewahrt.

 

Dazu wird festgestellt, dass der Berufungswerber als Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG verantwortlicher Vertreter des Zulassungsbesitzers jedenfalls dafür Sorge zu tragen hätte, dass kein Schaublatt abhanden kommt. Das von der Mutter eingestandene Verschulden vermag ihn nicht zu entlasten, zumal er als verantwortlicher Geschäftsführer dafür Sorge zu tragen hat, dass den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Der Schuldspruch ist sohin zu Recht erfolgt.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Berufungswerbers geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Bestimmung des § 21 Abs.1 VStG die Behörde nicht zur Ermessensausübung ermächtigt (VwGH 26.5.1986, 86/08/0042 ua).

 

Diese Bestimmung ist somit als eine Anordnung zu verstehen, die die Behörde im Rahmen der gesetzlichen Gebundenheit ermächtigt, bei Zutreffen der entsprechenden Kriterien von einer Strafe abzusehen bzw mit einer Ermahnung vorzugehen. Für die Annahme, dass der Behörde in Fällen, in denen die tatbestandsbezogenen Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG erfüllt sind, eine Wahlmöglichkeit zwischen einem Strafausspruch und dem Absehen von der Strafe offen stehe, bleibt bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung kein Raum.

 

Um § 21 Abs.1 VStG anwenden zu dürfen, müssen zwei Kriterien kumulativ erfüllt sein, nämlich das Verschulden darf nur geringfügig und die Folgen der Übertretung dürfen nur unbedeutend sein.

 

Im vorliegenden Falle hat der Berufungswerber auftragsgemäß eine Reihe von Schaublättern vorgelegt, lediglich das Schaublatt vom 28.10.2003 konnte er nicht mehr vorlegen, da dieses offensichtlich abhanden gekommen ist. Wenn auch ein Verschulden, wie breits dargelegt wurde, nicht ausgeschlossen werden kann, so ist im vorliegenden konkreten Falle dieses doch so geringfügig, dass es einer Anwendung des § 21 Abs.1 VStG nicht im Wege steht. Auch die Folgen der Nichtvorlage sind im vorliegenden Falle unbedeutend, zumal das Verfahren durchaus auch ohne Vorlage dieses Schaublattes durchgeführt werden konnte und überdies aus der Anzeige abzuleiten ist, dass die Eintragungen auf diesem Schaublatt offensichtlich ordnungsgemäß waren bzw. dass auch sonst keine Gesetzwidrigkeiten festgestellt werden konnten.

 

Der Berufungswerber hatte somit, er ist überdies verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, einen Anspruch auf die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG, es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

zu III:

Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 
 

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