Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109812/8/Zo/Hu

Linz, 13.09.2004

 

 

 VwSen-109812/8/Zo/Hu Linz, am 13. September 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn J G vom 8.6.2004, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach, vom 28.5.2004, VerkR96-912-2004, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.8.2004 und 2.9.2004 und sofortiger Verkündung zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 51e sowie 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 31.3.2004 um 17.00 Uhr auf der Rohrbacher Straße B127 bei Strkm. 31,400 in Fahrtrichtung Rohrbach als Lenker eines PKW mit dem Kennzeichen verbotenerweise vor einer unübersichtlichen Kurve einen anderen PKW überholt habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 begangen, weshalb gegen ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 72 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 7,20 Euro verpflichtet.

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass dem Verwaltungsstrafakt nicht zu entnehmen sei, worin das Fehlverhalten seines Überholmanövers liege. Es sei zwar von einem Kurvenverlauf die Rede, es gebe aber keine Feststellungen über Sichtweiten oder Behinderungen anderer Fahrzeuge, weshalb die Bestrafung nicht gedeckt sei. Tatsächlich bestehe im Überholbereich ausreichende Sicht, um auf allfällig entgegenkommende Fahrzeuge zeitgerecht zu reagieren und das Überholmanöver gefahrlos zum Abschluss zu bringen.

 

Beim Überholmanöver habe er die Fahrbahnmitte nicht überschritten, die Fahrbahnbreite betrage etwa 10 m und auch ein etwaiger überholender Gegenverkehr sei durch sein Überholmanöver nicht behindert worden.

 

3. Die Bezirkshauptfrau von Rohrbach hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.8.2004 und Durchführung eines Lokalaugenscheines am 2.9.2004. Dabei wurden der Berufungswerber, sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach gehört und der Anzeiger B.I. H als Zeuge einvernommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 31.3.2004 um 17.00 Uhr seinen PKW auf der B127 in Fahrtrichtung Rohrbach. Im Bereich von Strkm. 31,400 überholte er einen vor ihm fahrenden PKW. Dieser Überholvorgang wurde mit einer Videokamera aufgezeichnet, aus den Aufzeichnungen ergibt sich, dass der Berufungswerber den Überholvorgang in etwa im Bereich von km 31,330 bis 31,350 eingeleitet hat. Das Wiedereinordnen auf den rechten Fahrstreifen erfolgte in etwa bei Strkm. 31,500. Im Zuge des Überholvorganges hat der Berufungswerber die Mittelleitlinie ca. mit einer Reifenbreite überfahren, wobei er aber im Bereich von Strkm. 31,500 bereits wieder vollständig auf dem rechten Fahrstreifen eingeordnet war.

 

Die B127 ist im gegenständlichen Bereich ca. 10 m breit, wobei in jede Fahrtrichtung aber nur ein Fahrstreifen vorhanden ist. Diese Fahrstreifen sind durch eine Leitlinie getrennt. Die Straße beschreibt in Fahrtrichtung des Berufungswerbers gesehen eine leichte Rechtskurve, wodurch die Sicht nach vorne eingeschränkt wird. Beim Lokalaugenschein wurde festgestellt, dass von jener Stelle aus, an welcher der Berufungswerber den Überholvorgang eingeleitet hat, also ca. zwischen km 31,330 und 31,350 aus der Position des Berufungswerbers die Fahrbahn bis zur jenen Stelle, an welcher er sich wieder vollständig auf dem rechten Fahrstreifen eingeordnet hatte, also in etwa bei km 31,500 zur Gänze eingesehen werden kann. Dabei kann trotz der Rechtskurve der rechte Fahrstreifen bis zum rechten Fahrbahnrand eingesehen werden, der linke Fahrstreifen entsprechend dem Straßenverlauf deutlich weiter. Es ist zwar zu berücksichtigen, dass für den Berufungswerber durch das vor ihm fahrende zu überholende Fahrzeug am Beginn des Überholvorganges eine Sichtabdeckung nach vorne gegeben ist, wobei aber aufgrund der Fahrstreifenbreite der Berufungswerber bereits beim Einleiten des Überholvorganges zur Gänze seitlich versetzt neben dem vor ihm fahrenden Fahrzeug (welches ziemlich weit rechts gefahren ist) gefahren ist. Die Sichtabdeckung nach vorne durch das zu überholende Fahrzeug konnte daher nur den rechten Fahrbahnrand und auch diesen nur auf eine kurze Strecke vor diesem Fahrzeug betreffen. Insgesamt hat der Lokalaugenschein ergeben, dass der Berufungswerber die Fahrstrecke, welche er vom Einleiten des Überholvorganges bis zum vollständigen Wiedereinordnen auf den rechten Fahrstreifen benötigte, jedenfalls zur Gänze einsehen konnte.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen, z.B. vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen, nicht überholen; es darf jedoch überholt werden, wenn die Fahrbahn durch eine Sperrlinie geteilt ist und diese Linie vom überholenden Fahrzeug nicht überragt wird.

 

5.2. Vorerst ist darauf hinzuweisen, dass im Straferkenntnis - vermutlich aufgrund eines Schreibfehlers - ein falsches Kennzeichen angeführt ist. Aufgrund einer rechtzeitigen und richtigen Verfolgungshandlung, nämlich der Strafverfügung, hätte dieser Fehler aber jedenfalls von der Berufungsinstanz saniert werden können und nicht zur Aufhebung des Straferkenntnisses geführt.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. die Entscheidung vom 18.6.1997, 97/03/0029, mit weiteren Judikaturnachweisen) kommt es für eine Übertretung des § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 darauf an, ob der überholende Kraftfahrzeuglenker in der Lage ist, jenes Straßenstück zu Beginn des Überholvorganges zur Gänze zu überblicken, das er für diese Maßnahme einschließlich des ordnungsgemäßen Wiedereinordnens seines Fahrzeuges auf dem rechten Fahrstreifen benötigt. Ist dies der Fall, so kann von einer unübersichtlichen Straßenstelle im Sinne des § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 nicht gesprochen werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob im Zeitpunkt des Überholvorganges Gegenverkehr herrschte oder nicht oder darauf, ob durch einen eventuellen Gegenverkehr andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden könnten.

 

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung sowie der oben dargestellten Ergebnisse des Lokalaugenscheines hat der Berufungswerber jedenfalls die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung im Sinne des § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 nicht begangen. Das Verwaltungsstrafverfahren war daher gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

 

Zu II.:

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses entfallen sämtliche Kostenbeiträge.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 
 

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