Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260227/2/WEI/Bk

Linz, 25.08.1998

VwSen-260227/2/WEI/Bk Linz, am 25. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Siegfried G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 2. Oktober 1997, Zl. Wa 96-25/08-1996/SF/MM, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Strafverfahren zu Spruchpunkt 1. bis 4. werden gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 2. Oktober 1997 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Beauftragter für wasserrechtliche Angelegenheiten der Johann V Ges. m.b.H. & Co. KG., P, S 15, Ihre übernommene Aufsichtsverpflichtung bei der Betriebsanlage in P, S 15, nicht mit der gebotenen Sorgfalt wahrgenommen, sodaß an den nachfolgend angeführten Tagen bestimmte Bedingungen und Auflagen der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 24. Juli 1991, Wa-100722/20-1991/Spi/Rö, erteilten Bewilligung zur Errichtung einer Schlammtrennanlage auf dem Grundstück Nr. 52/1, Kat. Gem. Kufhaus, Gemeinde Pinsdorf, und auch zur Einbringung der beim Betrieb der Schlammtrennanlage anfallenden Abwässer in die Verbandskläranlage des Abwasserverbandes Kläranlage Traunsee-Nord bzw. zur Niederschlags- und Oberflächenwasserbeseitigung auf dem Grundstück 19/4, Kat.Gem. Kufhaus, Gemeinde Pinsdorf, nicht eingehalten wurden:

1.: Maß der Wasserbenutzung in qualitativer Hinsicht - Spruch I., A), 2.:

Sulfat (Ableitungsgrenzwert lt. Bescheid: 300 mg/l bzw. 2000 g/d) Datum 11.7.1996 16.7.1996 19.7.1996 20.7.1996 21.7.1996 22.7.1996

 

Sulfatkonzentration in mg/l 1200 1100 750 430 530 630

 

Sulfatfracht in g/d 15.600 14.300 9.750 5.590 6.890 4.410 AOX (Ableitungsgrenzwert lt. Bescheid: 0,1 mg/l bzw. 0,8 g/d) Datum 18.6.1996 16.7.1996 19.7.1996 20.7.1996 21.7.1996 22.7.1996

 

AOX-Konzentration in mg/l 0,56 0,89 0,49 0,30 0,32 0,37

 

Fracht in g/d --11,6 6,4 3,9 4,2 2,6 Gesamte Kohlenwasserstoffe (Ableitungsgrenzwert lt. Bescheid: 20 mg/l bzw. 130 g/d) 19.7.1996 20.7.1996

 

38 mg/l bzw. 46,5 mg/l bzw.

 

494 g/d 604,5 g/d 2.: Entgegen Spruch I., F) Nebenbestimmungen, III., Punkt 15., wurden vom Februar 1996 bis 18. Juni 1996 keine Aufzeichnungen bezüglich der erforderlichen Kalibrierung der pH-Sonden im Wartungsbuch eingetragen.

3.:

Entgegen Spruch II., F) Nebenbestimmungen, Punkt 6., war am 18.6.1996 das Regenwasserbecken nahezu voll, womit die geforderte 80 % Reserve keinesfalls gegeben war.

4.: Entgegen Spruch II., F) Nebenbestimmungen, Punkt 8., wurden vom Dezember 1995 bis 18. Juni 1996 für die durchgeführten Kanalspülungen die geforderten Analysen des Oberflächenwassers an jedem Entnahmetag vor Befüllen des ersten Kanalspülwagens anhand der Aufzeichnungen im Betriebsbuch nicht mehr geführt." Durch diese Tatanlastungen erachtete die belangte Behörde § 137 Abs 2 lit h) iVm § 32 Abs 4 WRG 1959 und § 9 Abs 2 VStG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen "gemäß § 137 Abs. 2 lit. h) WRG. 1959" (richtig wäre: Strafrahmen des § 137 Abs 2 WRG 1959) Geldstrafen zu 1) von S 3.500,-- und zu 2) bis 4) von je S 500,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen zu 1) von 4 Stunden und zu 2) bis 4) von je 1 Stunde. Weiters setzte die belangte Behörde einen einheitlichen Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren von 1) bis 4) von S 500,-- fest und schrieb den Betrag von S 11.900,-- für die chemischen Analysen vor.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 7. Oktober 1997 eigenhändig zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 16. Oktober 1997, die am 20. Oktober 1997 bei der belangten Behörde einlangte und mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird. Der Inhalt der Berufung gegen das ergangene Straferkenntnis lautet:

"BERUFUNG Wa 96-25/08-196/SF vom 02.10.1997 Sehr geehrter Herr S, ich erhielt am 07.10.1997 Ihr Straferkenntnis bezüglich Übertretung des § 137 Abs. 2 lit. h sowie § 32 Abs. 4 Wasserrechtsgesetz 1995.

Ich möchte Sie in Kenntnis setzen, daß der § 32 Abs. 4 durch den Verwaltungsgerichtshof am 29.07.1997 mit Wirkung 30.07.1997 aufgehoben wurde.

Weiters wurde der § 137 Abs. 2 lit. h durch die Wasserrechtsgesetznovelle 1997 mit 1.10.1997 außer Kraft gesetzt.

Wie Sie wissen dürften, besteht die Verpflichtung nach der günstigsten Gesetzeslage zu strafen, ich ersuche Sie daher, die gegen mich gerichtete Straferkenntnis aufzuheben sowie das Verfahren einzustellen.

Mit freundlichen Grüßen eh Unterschrift" 1.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung abgesehen.

2. Der wesentliche Sachverhalt ist dem angefochtenen Straferkenntnis in Verbindung mit der Aktenlage zu entnehmen. Der Bw hat den Tatsachenfeststellungen der belangten Strafbehörde in der Berufung nichts mehr entgegengesetzt. Das angefochtene Straferkenntnis hat sich auch mit den Einwendungen des Bw eingehend auseinandergesetzt. Der erkennende Verwaltungssenat kann daher von dem unbestrittenen Sachverhalt ausgehen, den die Strafbehörde zugrundegelegt hat und der auch durch die Aktenlage hinreichend dokumentiert wird. Zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen wird auf das angefochtene Straferkenntnis verwiesen.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten unter Berücksichtigung der Berufung festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt unbestritten feststeht und nur Rechtsfragen zu beurteilen sind.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 in der zu den angelasteten Tatzeiten (Dezember 1995/Februar 1996 bis 18.06.1996 und 18.06. bis 22.07.1996) anzuwendenden Fassung BGBl Nr. 252/1990 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer eine bewilligungspflichtige Einleitung in eine Kanalisation (§ 32 Abs 4) ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen vornimmt.

Wer als Indirekteinleiter gemäß § 32 Abs 4 WRG 1959 idF BGBl Nr. 252/1990 Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation vornahm, bedurfte nach dem ersten Satz des Absatz 4 bei Zustimmung des Kanalisationsunternehmens dann keiner wasserrechtlichen Bewilligung, wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen waren.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 26. Juni 1997, G 51/95-12 ua Zlen., die Worte "dann" und ",wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen sind" im ersten Satz und den dritten Satz des § 32 Abs 4 WRG 1959 idF der WR-Novelle 1990 unter Fristsetzung als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung tritt danach mit Ablauf des 31. Dezember 1997 in Kraft. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht in Wirksamkeit. Die Bestimmung des § 32 Abs 4 WRG 1959 idF BGBl Nr. 252/1990 war daher auf andere als Anlaßfälle weiterhin anzuwenden (vgl Art 140 Abs 7 B-VG). Der Einwand des Bw betreffend die Aufhebung des § 32 Abs 4 WRG 1959 geht ins Leere, da nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes nur die Anlaßfälle begünstigt wurden und die Vorschrift weiterhin bis 31. Dezember 1997 anzuwenden wäre.

4.2. Der Gesetzgeber hat allerdings mit der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 (BGBl I Nr. 74/1997) den § 32 Abs 4 WRG 1959 aufgehoben und eine Neuregelung für Indirekteinleiter im § 32b WRG 1959 geschaffen (vgl nunmehr auch die am 12. Juli 1998 in Kraft getretene Indirekteinleiterverordnung - IEV BGBl II Nr. 222/1998). Auch die Strafbestimmung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 wurde völlig neu gefaßt. Die neue Regelung stellt auf die vom BMLF mit Verordnung gemäß § 33b Abs 3 WRG 1959 erlassenen Emissionsbegrenzungen und auf die vom Kanalisationsunternehmen zugelassenen Abweichungen ab. Strafbar ist nunmehr die Nichteinhaltung dieser Begrenzungen oder schlicht die Einleitung ohne Zustimmung des Kanalisationsunternehmens. Zusätzlich wurden die Unterlassung der Mitteilung nach § 32b Abs 2 WRG 1959 und die Nichtvorlage von Nachweisen über die Beschaffenheit der Abwässer gemäß § 32b Abs 3 WRG 1959 mit Strafe bedroht.

Die Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 ist nach ihrem Art IV Abs 1 großteils mit 1. Oktober 1997 in Kraft getreten. Art I Z 18a, Z 19a sowie Z 36a bis 36g wurden von diesem Termin ausgenommen. Damit ist für die verbindende Kraft der in diesen Ziffern genannten Bestimmungen gemäß Art 49 Abs 1 B-VG der Tag nach Ablauf des Tages, an dem das Stück des Bundesgesetzblattes herausgegeben und versendet wurde, maßgeblich. Art I Z 19a regelt den neuen § 32b WRG 1959, dessen Kundmachung abweichend von der Übergangsvorschrift bereits am 12. Juli 1997 verbindlich geworden ist. Die korrespondierende neue Strafbestimmung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 wurde in Art I Z 59b der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 geregelt, der allerdings nach der Übergangsbestimmung erst am 1. Oktober 1997 in Kraft trat. Der alten Fassung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959, die nach der Tatzeit auf den gegenständlichen Fall anzuwenden wäre (vgl § 1 Abs 1 VStG), wurde damit derogiert.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde dem Bw den 2. Deliktsfall der Altfassung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959: Einleitung in eine Kanalisation entgegen einer Bewilligung angelastet und auf die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 24. Juli 1991, Wa-100722/20-1991/Spi/Rö, vorgeschriebenen qualitativen Konsens sowie auf Nebenbestimmungen bzw Auflagenpunkte abgestellt. Konsequenterweise hätte die Strafbehörde dabei nicht den insofern nicht einschlägigen § 32 Abs 4 WRG 1959, sondern die bezogenen Bescheidvorschreibungen als verletzte Rechtsvorschriften nennen müssen. Die spätesten Tatzeitpunkte liegen gegenständlich im Jahr 1996. Das Straferkenntnis wurde erst am 2. Oktober 1997 verfaßt und am 7. Oktober 1997 erlassen. In diesem Zeitpunkt war die Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 bereits zur Gänze in Kraft getreten, weshalb auch die Strafbestimmung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 in ihrer Altfassung nach der Wasserrechtsnovelle 1990 weggefallen ist. Zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom 2. Oktober 1997 stand bereits der neue Straftatbestand des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 idF der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 in Kraft und war die Altfassung, auf die sich das angefochtene Straferkenntnis in allen Spruchpunkten bezieht, nicht mehr anzuwenden.

Gemäß § 1 Abs 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. Dieser Günstigkeitsvergleich ist primär nach der Strafdrohung und dann nach den Gesamtauswirkungen zu beurteilen. Hat der Gesetzgeber das strafrechtliche Unwerturteil nachträglich milder geregelt oder ganz abgeschafft, so ist das günstigere Recht anzuwenden. Ein Verhalten, das im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz nicht mehr strafbar ist, kann nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr geahndet werden (vgl ua VwGH 24.4.1995, 94/10/0154; VwGH 21.9.1995, 93/18/0139; 11.10.1995, 95/03/0194).

Da der § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 in seiner Altfassung abgeschafft wurde und die an seine Stelle getretene neue Strafbestimmung inhaltlich nicht mehr auf konsenslose oder konsenswidrige Einleitungen abstellt, hat der Gesetzgeber mit der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 ein anderes Unwerturteil geschaffen und die Strafbarkeit des bisher erfaßten Verhaltens nicht aufrechterhalten. Die Strafbarkeit des im Tatzeitpunkt noch nach der Altfassung strafbaren Verhaltens war zum Zeitpunkt des Straferkenntnisses erster Instanz im Grunde des § 1 Abs 2 VStG nicht mehr gegeben. Die belangte Strafbehörde hat daher zu Unrecht ihr Straferkenntnis auf die Altfassung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 gestützt. Die Anwendung der Neufassung dieser Strafbestimmung und damit die Beurteilung der Einleitung anhand der einschlägigen Emissionsverordnungen war im Grunde des § 1 Abs 1 VStG, der die Rückwirkung auf den Tatzeitpunkt ausschließt, noch nicht möglich.

4.3. Die Spruchpunkte 2. bis 4., die auf die Nichteinhaltung bestimmter Nebenbestimmungen der wasserrechtlichen Bewilligung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 24. Juli 1991 abstellen und diese Verstöße offenbar als eine Begehungsform der Einleitung "entgegen einer Bewilligung" schlechthin begreifen, wären auch bei Anwendbarkeit der Altfassung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 aufzuheben gewesen. Denn die bezogenen Auflagepunkte haben mit dem Inhalt der gegenständlichen Bewilligung weder in qualitativer, noch in quantitativer Hinsicht etwas zu tun und können auch nicht als Bedingungen ieS angesehen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar zur insofern vergleichbaren Strafbestimmung des § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 unter Berufung auf Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 565 Rz 8 Anm zu lit g) ausgesprochen, daß auch der Verstoß gegen die im Bewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nach dieser Bestimmung strafbar wäre (vgl VwGH 23.5.1995, 94/07/0091, 0092 und VwGH 25.4.1996, 95/07/0204). Der Verwaltungsgerichtshof begründete seine Ansicht aber nicht näher und Raschauer beruft sich lediglich auf die Formulierung "entgegen einer Bewilligung". In der formulierten Allgemeinheit erscheint diese Rechtsansicht aber zweifelhaft, zumal nach der Verwaltungsrechtslehre grundsätzlich zwischen der Bewilligung als dem Hauptinhalt eines Bescheides und den davon losgelösten Auflagen im engeren Sinne zu unterscheiden ist, die für den Fall der Inanspruchnahme der Bewilligung zu erfüllen sind und sog. bedingte Polizeibefehle darstellen (vgl näher mwN Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. A, 1996, 555 ff; ferner VwGH 20.12.1994, 92/04/0276). Deshalb werden Auflagenverstöße bzw die Nichteinhaltung bescheidförmiger Verbote oder Gebote häufig durch besondere Bestimmungen mit Strafe bedroht (vgl etwa § 367 Z 25 und § 368 Z 14 GewO 1994 oder § 174 Abs 1 Z 20 ForstG oder § 108 Abs 1 Z 1 FrG 1997). Nach der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 sieht nunmehr auch das WRG 1959 im neu geschaffenen § 137 Abs 3 lit j) eine entsprechende Strafbestimmung vor, die ausdrücklich auf die Nichteinhaltung von Auflagen und Nebenbestimmungen, die gemäß § 105 WRG 1959 in Bescheiden vorgeschrieben wurden, abstellt.

Die oben zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes betrafen allerdings ohnehin Sachverhalte, die im engen sachlichen Zusammenhang mit der erteilten Bewilligung standen. So ging es im bezeichneten Erkenntnis vom 23. Mai 1995 um die Einleitung von unzureichend vorgeklärten Abwässern, weil die Ableitung in einen Bach erfolgte, obwohl die Belüftung für die biologische Kläranlage außer Betrieb war. Die Nichteinhaltung dieser "Auflage" beeinträchtigte die Funktionsweise der Kläranlage und stand damit im unmittelbaren Zusammenhang zur vorgenommenen Einwirkung. Im Erkenntnis vom 25. April 1996 ging es um eine unter "Auflagen bzw. Bedingungen" bewilligte Trockenbaggerung, für die in sog. Auflagenpunkten eine bestimmte Vorgangsweise vorgeschrieben worden war, die nicht eingehalten wurde. Auch insofern war ein direkter Konnex zur Berechtigung gegeben. Diese "Auflagen" waren ebenfalls keine im engeren Sinne, sie gehörten vielmehr zum Hauptinhalt des jeweiligen Bewilligungsbescheides, weil sie die Bewilligung inhaltlich näher determinierten oder als Bedingungen angesehen werden konnten. In den vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fällen waren daher die angelasteten Verstöße ohne Bedenken als Einwirkung auf ein Gewässer "entgegen einer Bewilligung" zu subsumieren.

4.4. Anders verhält es sich im vorliegenden Berufungsfall, weil geforderte Aufzeichnungen im Wartungsbuch oder Analysen des Oberflächenwassers nur als Auflagen, die eine wasserrechtliche Bewilligung ieS und damit den Hauptinhalt nicht betreffen, angesehen werden können. Auch die Nebenbestimmung im Spruchabschnitt II., F) Punkt 6. betreffend ein Speichervolumen von 80 % im Auffangbecken (Regenwasserbecken) kann nicht als Bedingung für die Einleitung von Abwässern in die Verbandskläranlage, sondern nur als Auflage im Sinne einer selbständigen Verpflichtung im Falle der Inanspruchnahme der wasserrechtlichen Bewilligung angesehen werden. Die Einhaltung solcher Auflagen muß durch eine eigenständige Strafnorm, wie sie nunmehr im § 137 Abs 3 lit j) WRG 1959 zu finden ist, gewährleistet werden. Außerdem hat das WRG 1959 schon bisher im zehnten Abschnitt "Von der Aufsicht über Gewässer und Wasseranlagen" die Regelung des § 134 vorgesehen, die im Interesse der Entlastung der Wasserrechtsbehörden die Eigenkontrolle für bestimmte Wasserberechtigte regelt und ihnen die Befundvorlage vorschreibt. Der § 134 Abs 2 (iVm Abs 1) WRG 1959 verpflichtet die im Sinne des § 32 WRG 1959 Wasserberechtigten das Maß ihrer Einwirkung auf ein Gewässer sowie den Betriebszustand und die Wirksamkeit der bewilligten Abwasserreinigungsanlagen auf ihre Kosten durch geeignete Sachverständige oder Unternehmungen hygienisch und technisch überprüfen zu lassen. Nach VwSlg 9532 A/1978 = ÖWWV 1978/79, 187 fallen auch Kanalisationsanlagen unter die Bestimmung des § 134 Abs 2 WRG 1959, wobei das Maß der Einwirkung auf ein Gewässer zu überprüfen ist. Ob und inwieweit diese Prüfung bei bloßen Indirekteinleitern mit bewilligten Vorreinigungsanlagen, die an sich als Wasserberechtigte nach § 32 Abs 1 iVm Abs 4 WRG 1959 idF BGBl Nr. 252/1990 anzusehen sind, möglich ist, erscheint aber zweifelhaft.

Zur Durchsetzung der möglicherweise in wasserrechtlichen Bescheiden weiter konkretisierten Verpflichtungen nach dem § 134 WRG 1959 sind besondere Strafbestimmungen im § 137 Abs 2 lit w) und Abs 4 lit h) leg.cit. vorgesehen. Diese Sonderstrafbestimmungen lassen es ebenso wie nunmehr der seit der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 neu geschaffene § 137 Abs 3 lit j) WRG 1959 systematisch-logisch als unzulässig erscheinen, die Mißachtung von Nebenbestimmungen in wasserrechtlichen Bewilligungsbescheiden als ein Verhalten "entgegen einer Bewilligung" zu deuten.

5. Im Ergebnis ist festzustellen, daß die dem Bw angelasteten Taten im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz nicht strafbar waren, weshalb keine Verwaltungsübertretungen vorlagen, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen waren. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Beilagen Dr. W e i ß

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