Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109856/14/Ki/Da

Linz, 25.11.2004

 

 

 VwSen-109856/14/Ki/Da Linz, am 25. November 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des J S, J, K, vom 7.7.2004 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 1.7.2004, VerkR96-1095-2004-Hof, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach Durchführung von mündlichen Berufungsverhandlungen am 23.9.2004 und 23.11.2004 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten-beiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Straferkenntnis vom 1.7.2004, VerkR96-1095-2004-Hof, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 26.4.2004 um 16.07 Uhr im Ortsgebiet von Julbach auf der Ulrichsberger Landesstraße L 1552, bei Strkm. 6.280, als Wartepflichtiger mit dem Rennrad, Marke Simplon Pride durch Einbiegen auf der Kreuzung vor der sich das Vorschriftszeichen "VORRANG GEBEN" befindet einem im Vorrang befindlichen Fahrzeug den Vorrang nicht gegeben und dieses dadurch zu unvermitteltem Bremsen genötigt. Er habe dadurch § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.4 StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 37 Stunden verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 8 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 7.7.2004 Berufung, er bestreitet eine Vorrangverletzung begangen zu haben.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung von mündlichen Berufungsverhandlungen am 23.9.2004 und am 23.11.2004. Bei der Verhandlung am 23.9.2004 war lediglich der Berufungswerber anwesend, bei der weiteren Verhandlung war ebenfalls anwesend eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach und es wurde Herr H K als Zeuge einvernommen.

 

Weiters wurde eine Kopie der Tachoscheibe des von Herrn K gelenkten Sattelkraftfahrzeuges betreffend 26.4.2004 beigeschafft.

 

Die Verhandlung am 23.9.2004 wurde an Ort und Stelle durchgeführt.

 

An Ort und Stelle konnte festgestellt werden, dass die L 1552 (Ulrichsberger Landesstraße) im Bereich des vorgeworfenen Tatortes ansteigend in Form einer eher spitzwinkeligen Linkskurve Richtung Ortszentrum Julbach verläuft. Im Bereich dieser Kurve mündet die Hinterschlager Landesstraße in die Ulrichsberger Landesstraße ein, für die Lenker auf der Hinterschlager Landesstraße ist der Vorrang durch das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" abgewertet, im Bereich der Zufahrt zu dieser Kreuzung aus der Hinterschlager Landesstraße aus gesehen besteht Einsicht auf den aus Richtung Peilstein kommenden Verkehr. Die Steigung der Ulrichsberger Landesstraße im Bereich der genannten Kurve beträgt ca. 8 %.

 

Der Berufungswerber bestreitet die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung, er habe sich zur Vorfallszeit mit einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h der Kreuzung genähert und konnte bereits im Zuge der Annäherung in die Ulrichsberger Landesstraße einsehen. Zu dem Zeitpunkt, als er die Kreuzung passiert habe, habe sich das Sattelkraftfahrzeug noch weit von der Kreuzung entfernt befunden, sodass er diese ohne den Vorrang zu verletzen passieren konnte. Das Sattelkraftfahrzeug dürfte ca. 80 - 100 m entfernt gewesen sein, bis der Berufungswerber selbst die Kreuzung erreicht habe, dürfte das Sattelkraftfahrzeug, welches relativ langsam unterwegs gewesen sei, noch eine Strecke von ca. 10 m zurückgelegt haben.

 

Der Lenker des Sattelkraftfahrzeuges, Herr K, führte bei seiner Befragung aus, dass sein Sattelkraftfahrzeug mit 32.000 Liter Diesel beladen gewesen sei. Er habe sich der besagten Kreuzung mit einer Geschwindigkeit von etwa 30 km/h genähert. Er habe wegen des Vorfalles sein Fahrzeug nicht ablenken müssen, habe jedoch eine Bremsung, welche stärker ausgefallen sei als eine normale Betriebsbremsung, vorgenommen, er habe das Sattelkraftfahrzeug auf eine Geschwindigkeit von ca. 20 km/h herabbremsen müssen. Er habe, als der Radfahrer die Kreuzung passiert hatte, schon in die Kurve eingelenkt gehabt.

 

Aus der eingeholten Kopie der gegenständlichen Tachoscheibe kann ersehen werden, dass das Sattelkraftfahrzeug zur Vorfallszeit tatsächlich auf eine Geschwindigkeit von ca. 20 km/h herabgebremst wurde, ein abruptes Bremsmanöver kann jedoch aus dieser Tachoscheibe nicht abgeleitet werden.

 

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Auffassung, dass der Zeuge wohl subjektiv das Verhalten des Berufungswerbers als Vorrangverletzung empfunden haben könnte, sodass ihm keine vorsätzliche falsche Zeugenaussage vorgeworfen werden kann, objektiv gesehen jedoch eher das Vorbringen des Beschuldigten der Tatsache entsprechen dürfte. Jedenfalls hat der Zeuge selbst ausgeführt, dass er sein Fahrzeug nicht ablenken musste, er habe lediglich eine stärkere als eine Betriebsbremsung vornehmen müssen. In Anbetracht der örtlichen Verhältnisse einerseits (8 %ige Steigung, spitzwinkelige Kurve) und des Umstandes, dass das Fahrzeug doch schwer beladen war (32.000 l Treibstoff) andererseits, erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass objektiv betrachtet auch kein unvermitteltes Bremsen im Sinne des § 19 Abs.7 StVO 1960 erforderlich gewesen wäre. Dazu kommt, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung es doch eher unwahrscheinlich ist, dass sich ein Radfahrer vorsätzlich einer Gefahr aussetzt, nämlich dass er einem Schwerfahrzeug den Vorrang nimmt.

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 19 Abs.4 StVO 1960 haben, wenn vor einer Kreuzung das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" oder "Halt" angebracht ist, sowohl die von rechts als auch die von links kommenden Fahrzeuge den Vorrang.

 

Gemäß § 19 Abs.7 StVO 1960 darf, wer keinen Vorrang hat (der Wartepflichtige) durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

 

Wie bereits dargelegt wurde, ist die Frage, ob der Vorrangberechtigte wegen einer Vorrangverletzung sein Fahrzeug unvermittelt bremsen oder ablenken musste, unter Einhaltung objektiver Kriterien zu klären.

 

Im vorliegenden Falle haben sich im Berufungsverfahren Zweifel dahingehend ergeben, ob tatsächlich, wie vorgeworfen wurde, der Beschuldigte einem anderen Fahrzeuglenker den Vorrang nicht gegeben hat. Die Aussagen des Belastungszeugen lassen eher den Schluss zu, dass sich dieser lediglich subjektiv beeinträchtigt gefühlt hat, ein objektiver Nachweis, dass tatsächlich eine Vorrangverletzung stattgefunden haben soll, konnte nicht erbracht werden.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Nachdem, wie bereits dargelegt wurde, der dem Beschuldigten zur Last gelegte Sachverhalt nach Durchführung aller aufgenommenen Beweise nicht erwiesen werden kann, war jedenfalls nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

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